Monate: Januar 2019

EU-Eigentor…

Ein Eigentor beim Fußball ist ärgerlich. Aber wenn es den weltweiten Handel betrifft, ist er mehr als ärgerlich, sondern stellt eine Wettbewerbsverzerrung dar. So passiert es gerade bei Soja, das in den USA mittels Genom-Editing gezüchtet und in der das Fettsäure-Muster so verändert wurde, dass es beim Braten und Frittieren weniger Probleme macht. Dieses Verfahren gilt dort nicht als gentechnische Veränderung, das so erzeugte Soja muss also auch nicht als solches gekennzeichnet werden. Da keine artfremden Gene verwendet wurden, darf dieses Soja sogar als gentechnikfrei bezeichnet werden. Da diese Veränderung auch durch eine natürliche Mutation entstanden sein könnte, ist ein Nachweis nicht möglich. In Europa erzeugtes Erntegut, dass mittels Genom-Editing entstanden ist, muss gekennzeichnet werden. Somit kommt es zu der merkwürdigen Situation, dass ein Produkt aus den USA auf dem europäischen Markt verkauft werden darf, aber nicht in den Handel gebracht werden darf, wenn es in Europa hergestellt wurde. Man darf gespannt sein, wie die Juristen der EU dieses kniffelige Problem lösen. Wahrscheinlich überhaupt nicht, weil ja ein Nachweis über die Züchtungsmethode nicht möglich ist. https://www.lko.at/neue-züchtungstechnologien-jetzt-wirds-kompliziert+2500+2832073?env=bmxpZD0yODMxMzc4JnVpZD0xMTgyMjcyMDYy https://www.transgen.de/aktuell/2724.usa-genom-editierte-sojabohnen-ohne-gentechnik.html  

200 Mio. Menschen streiken – und keinen interessiert´s

Bildquelle: tagesschau.de Am 8. und 9. Januar haben in Indien nach inoffiziellen Angaben rund 200 Mio. Menschen gestreikt. Einer der Gründe war der Protest gegen die Nicht-Einhaltung der Regierung zur Einführung einen Mindestlohns. Beteiligt an dem Streik waren viele Branchen. Durch den indischen Bauernverband wurden viele Gleise besetzt, auf den Teeplantagen wurde nicht gearbeitet. Wenn man bei Google den Begriff “Streik Indien” eingibt, so erscheinen dort kaum Meldungen zu einem der größten Streiks, den die je Welt erlebt hat. Und das ist etwas, was mich erschreckt: Uns werden die Realitäten nicht mehr vermittelt! Der deutsche Feinstaub mag ja wichtig sein, aber dass die Inder in Massen auf die Straße gehen, wird nicht berichtet? Wir, in den Industriestaaten, haben viele Probleme. Der Hungernde nur eines: satt zu werden. Darüber sollten wir auch nachdenken. https://www.tagesschau.de/multimedia/bilder/indien816.html 200 Millionen Menschen nehmen teil am Generalstreik in Indien

Tut sich was?

Gestern war ich auf einer Pressekonferenz von IVA (Industrieverband Agrar) und WWF  (World wildlife fund). Zwei Organisationen, die doch sehr unterschiedliche Ansichten haben, treffen sich zu einem gemeimsamen Gespräch. Ich selber hatte Gelegenheit, über eine Stunde mit Prof. Weiger vom BUND zu reden. Das Ergebnis wird man in der Ausgabe 3/2019 von top agrar nachlesen.  Und von allen Seiten ist zu hören: es muss einen neuen Anfang geben in der Diskussion um die “richtige Landwirtschaft”. Wie sagte es Prof. Weiger: “Die Zeit der Sprachlosigkeit muss endlich vorbei sein”. Wie ernst es die verschiedenen Umweltorganisationen mit dem Dialog meinen, wird sich auf der am Samstag stattfindenden Demonstration “Wir haben es satt”  zeigen. Darf man hoffen, dass dort die Reden in diesem Jahr etwas versöhnlicher ausfallen?    

Deutschland ist zu grün (Video)

Das klingt erst einmal absurd. Prof. Kunz, Heinrich-Heine-Universität, erläutert aber sehr anschaulich in einem Vortrag vor der Deutschen Wildtier-Stiftung, (Video unten) warum viele Arten bei uns verloren gegangen sind. In den “unordentlichen” Landschaften in z.B.: Rumänien oder Ungarn finden sie jedoch nach wie vor günstige Habitate vor.  Ordnung und Sauberkeit spielen dabei eine wichtige Rolle. Hier mal eine kleine Auswahl aus seinem Vortrag: “Nicht alles was uns gefällt, gefällt auch den Arten”. “Naturschutz ist nicht das selbe wie Artenschutz” “Die karge Landschaft von früher wird wohl nur durch technische Eingriffe wiederhergestellt werden können” Prof. Kunz negiert nicht die Auswirkungen von Landwirtschaft und Klimawandel, sondern fügt neue, kaum diskutierte Ursachen hinzu. Wer mehr dazu lesen will, findet weitere Vorträge hier: http://www.kunz.hhu.de/vortraege.html   Aus meiner Sicht besonders empfehlenswert der Vortrag vor der Landesdelegiertenversammlung des NABU vom 20.10.2018 in Lebach/Saarland Bevor ihr Kommentare abgebt, bitte zuerst das Video vollständig ansehen. Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.Mehr erfahren Video laden YouTube immer entsperren

Öffentliches Geld…

…für öffentliche Leistungen. Das ist eine häufig gehörte Forderung, die einhergeht mit dem Vorschlag einer Streichung der bisherigen Flächenprämien. Wie könnte das gehen, ist das eine gute Idee und welche Folgen hätte das? Ich habe mir dazu mal Gedanken gemacht. Wenn wir Bauern ehrlich mit uns selbst sind, bringt das Greening für die Artenvielfalt nicht wirklich viel. Klar, die blühenden Zwischenfruchtfelder sehen schön aus, aber Zwischenfrüchte haben wir auch schon in der Zeit vor dem Greening angebaut. Ähnliches gilt für die Brache und andere Greening-Maßnahmen der ersten Säule. Die freiwilligen Agrarumweltmaßnahmen, die in der zweiten Säule angesiedelt sind und die sicherlich viel mehr für die Umwelt und Biodiversität bringen würden, werden von den Landwirten wenig in Anspruch genommen. Die Gründe sind vielfältig: die meisten Landwirte, ich auch, scheuen den bürokratischen Aufwand und die daraus folgenden Kontrollen. Außerdem ist der finanzielle Ertrag doch recht „übersichtlich“ und eigentlich nicht viel mehr als eine Aufwandsentschädigung bzw. ein Entgelt für die aus der Maßnahme einhergehende Produktionsminderung. Subventionen abschaffen – ja, das geht Jetzt soll die Gemeinsame Agrarpolitik, kurz „GAP“ genannt, reformiert …

“Wir haben es satt”

Es ist fast schon ein Ritual: Am 19. Januar 2019 wird zum 9ten Mal die Demonstration „Wir haben es satt“ durch Berlins Straßen ziehen. Zusammengefasst sind es folgende Forderungen, die aufgestellt werden: Weltweites Höfesterben stoppen +++ Für gesundes Essen für alle +++ Für Klimaschutz und Artenvielfalt +++ Für artgerechte Tierhaltung und weniger Fleischkonsum +++ Für Ernährungssouveränität und gerechten Welthandel +++ Für eine Digitalisierung ohne Konzerne und Datenklau +++ Für eine Landwirtschaft ohne Ackergifte +++ Für Entwicklungszusammenarbeit mit ökologischen Grundsätzen +++ Für eine sozialgerechte bäuerliche und ökologische EU-Agrarreform (GAP) +++ Nein zur neuen Gentechnik wie Crispr und Gene Drives +++ Für ein solidarisches Europa – Geflüchtete willkommen +++ https://www.wir-haben-es-satt.de/informieren/aufruf/ Im Wesentlichen sind es die gleichen Überschriften wie in den Vorjahren. Auch die Redner werden wohl die gleichen sein wie all die Jahre zuvor. Es sind die, die auch dem Trägerkreis angehören. https://www.wir-haben-es-satt.de/ueber-uns/traegerkreis/ Die Demo erinnert irgendwie an das Böllerschießen zu Neujahr. Das hat sich so eingebürgert, kaum einer weiß wie es dazu gekommen ist, es ist eigentlich ein überholter Brauch, ein sinnentleertes Ritual, degeneriert zum Selbstzweck …

Ein Gedicht aus Österreich

Das nachfolgende Gedicht schickte uns eben Thomas aus Leoben in Österreich.   Im Schnee stecken geblieben Ein LKW mit frischen Lebensmitteln ins Gebirge fuhr, vom Süden kommend kannte er verschneite Straßen nur, vom Hören nicht vom Sehen, und plötzlich blieb der vor mir stehen. Der Kaufhausleiter dachte sich, bekomme ich heute frische Ware nicht, wird’s eng werden die nächsten Tage, zu verschneit scheint die Wetterlage. Und hungrige Augen schauen durch den Laden, nichts frisches da, was soll man sagen, den Nahversorger um die Ecke, gibt’s nicht mehr seit Jahren. Ein einstiger Bauer den Parkplatz vom Schnee befreit, denkt er sich, was machen heit die Leit?’ Alle stampfens wild nach Hause, keiner Einziger mit nur einer Jause, „na, machens jetzt schon Fastenpause?“ fragte der Bauer im Schneegesause. „Wos willst den du, du bleda Hund, wenn kein LKW mit Essen kummt.“ „I hätt a Idee, die wird dir gefallen, verzicht aufs Essen aus riesigen Hallen, kaufs lieber beim Bauern bei dir im Ort, dann fährt dein Essen erst gar nicht fort. Kosten wird’s sicher ein bisschen mehr, dafür …

Der menschliche Wert einer Eierschachtel

Worte, die unter die Haut gehen. Geschrieben von Mirjam Lechner, deren Beruf Tiersignale & Beratung sind, aber “Schweineseelsorge” ihre Berufung, weil sie sich nicht nur um die Schweine kümmert – sondern auch um die Menschen, die von und mit Tieren leben. Hier ihr Text. Eines der schönsten Geschenke die ich im letzten Jahr erhalten habe – war eine Schachtel Eier und ein Wurstglas von einer Bäuerin, als Dank für eine Beratung im Schweinestall. Es geht mir dabei um die Wertschätzung des Gegenübers, dem zutiefst bäuerlichen Ausdruck von Dankbarkeit, in dem sie die Eier aus der eigenen Hühnerhaltung  und die Wurst aus eigener Hofschlachtung mit mir teilt. Und für die Bäuerin, dass ich diesen „Wert“ erkenne und dankbar annehme und damit auch Tierhaltung als ihren Lebensinhalt. Es stellt für mich den Wert einer neuen geschaffenen Beziehung dar, in Augenhöhe, in Vertrauen. Vertrauen gerade dann, wenn mal Not und Ratlosigkeit herrschen. Wenn man dann den Mut hatte, in einer Situation die Stalltür zu öffnen, wo es eben mal nicht so rosig ausschaut und man auf Hilfe hofft. Wer ein “Kümmerer” ist, hat …

75% Insektenbestäubung?

Gerade neulich habe ich im Fernsehen bei einer Reportage über das Insektensterben wieder mal gehört, dass “75% unserer Nahrung von Insektenbestäubung abhängig ist”. Irgendwie kam mir das komisch vor. Darum habe ich mich auf die Suche nach belastbaren Daten gemacht. Bei Wikipedia habe ich eine Statistik der FAO mit den 20 wichtigsten Nutzpflanzen und ihren Erntemengen 2016 weltweit gefunden. Das Ergebnis für die 10 Wichtigsten seht ihr oben. Rot markiert sind die Arten, bei denen die Insektenbestäubung eine Rolle spielt. Auf den Plätzen 11 bis 20 folgen: Wassermelonen (Insektenbestäuber) Bananen (Selbstbestäuber, parthenokarp) Süßkartoffeln (vegetativ) Zwiebeln (vegetativ, Insekten für Samen) Hirse (Selbstbestäuber) Äpfel (Insektenbestäubung) Gurken (Insekten oder parthenokarp) Weintrauben (Selbstbestäuber) Orangen (Selbst- und Fremdbestäuber) Kohl (Insekten- und Fremdbestäuber) Parthenokarp bedeutet “Jungfernfrüchtigkeit”, dass heißt, es ist keine Bestäubung notwendig, damit Früchte gebildet werden. In der Aufstellung oben fehlt der Raps. Er ist – weltweit gesehen – eine eher kleinere Kultur. Auch Raps wird durch Wind bestäubt, allerdings hilft die Insektenbestäubung. mehr Früchte auszubilden. Und von daher sind Honig- und Wildbienen und überhaupt alle Insekten wichtig. Gerade für uns Bauern. Nach …

Mit Vollgas vor die Wand

Zuckerrüben-Anbauer haben es zur Zeit nicht leicht. Die Quote existiert nicht mehr und so ist der Zucker dem scharfen Wind des Weltmarktes ausgesetzt. Die Preise sind weit unter die Referenzschwelle von 404 €/t gefallen. https://ec.europa.eu/agriculture/sites/agriculture/files/market-observatory/sugar/doc/price-reporting_en.pdf Die Idee bei der Festlegung der Referenzschwelle war damals, dass die EU diese Schwelle als ein Warnsignal für ein mögliches Eingreifen in den Markt ansieht. Aktuell liegt der Preis für Weißzucker in der Region 2 (Benelux, Frankreich, Deutschland, UK) bei 307 €/t, aber die Kommission sieht keine Notwendigkeit, einzugreifen. Da fragt man sich dann, was eine solche Schwelle überhaupt soll. Einen Sinn hat sie ja offensichtlich nicht. Mit schlechten Preisen kennen wir Bauern uns ja aus. Man kann auch ein oder zwei Jahre eines Preistiefs „mit Schrammen“ überstehen, wenn denn die anderen Rahmenbedingungen stabil bleiben. Aber auch das ist nicht der Fall. Ab dem nächsten Jahr sind die insektiziden Beizen verboten, die als Wirkstoff Neonicotinoide enthalten. Die wirksame Bekämpfung von Bodenschädlingen ist damit faktisch ausgeschlossen, Blattläuse und Rübenfliege können mehr schlecht als recht nur noch mit Flächenspritzungen erfasst werden, was nicht nur …