Bauer Willi
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ZDF Weizen-Doku und die Agrarpolitik: Die Story bestimmt die Fakten?

Ein sehr  lesenswerter Gastbeitrag von Sebastian Lakner (zur Person siehe unten)

Ende Februar 2018 lief auf ZDF Zoom eine Dokumentation mit dem Titel „Der Wahnsinn mit dem Weizen – Die Folgen unserer Agrarpolitik“. Das Thema des Films war der Import von europäischen Agrarprodukten in den Senegal. Die Autorin des Films, Katarina Schickling vertritt hierin die These, dass durch die agrarpolitische Förderung der EU die Märkte in Afrika mit Weizen „überschwemmt“ und damit in Unordnung gebracht werden. Der Film zeigt, dass die Importe aus der EU die heimischen Produkte wie Hirse, Sorghum oder Maniok verdrängt, aber wie hängt das mit der EU Agrarpolitik zusammen? Meiner Ansicht nach stellt Frau Schickling zwar einige interessante Fragen und zeigt Entwicklungsprobleme im Senegal auf, insofern ist der Film interessant. Allerdings ist die Analyse dieses Problems völlig falsch.

1) Ist die Agrarpolitik an Exporten in Entwicklungsländer Schuld?

Betriebsprämien: Die sogenannte Betriebsprämie wird pro Hektar bezahlt und zusätzlich gibt es Geld für Umweltschutz“ (Min.2). Das ist zwar richtig, allerdings stellt sich die Frage, inwieweit die Betriebsprämie zu Exporten nach Afrika führt und inwieweit diese Prämie den Preis für Agrarprodukte beeinflusst. Der Stand der Wissenschaft zeigt, dass die Betriebsprämie die Produktion und das Exportpotenzial von Weizen in Entwicklungsländer nicht (mehr) beeinflusst. Die EU Direktzahlungen wurden 2005 „entkoppelt“ und werden seither unabhängig von den Produktionsverfahren eines Betriebes gezahlt. Eine Landwirtin oder ein Landwirt kann frei entscheiden, was auf dem Boden produziert wird, da diese Prämie ohnehin gezahlt wird.

Die Prämie wird als Einkommensstützung eingeordnet und landwirtschaftliche Haushalte könnten die Prämien einerseits für Investitionen in neue Technik auf dem Betrieb oder zur Überbrückung eines Liquiditätsengpasses nutzen (- beides wäre eine betriebliche Nutzung und würde die Produktion geringfügig beeinflussen). Man kann die Prämie privat nutzen, also etwa für einen Urlaub, für die Finanzierung des Studiums von Sohn oder Tochter oder für die Sanierung des Privathauses. Auch das wären legitime Verwendungen, die mit der Produktion gar nichts zu tun haben. Für welche Zwecke die Prämie genutzt wird, ist empirisch nicht geklärt und hängt von Präferenzen der Betriebsleiter ab. Des Weiteren wird ein Teil der Prämie über Pachtverträge an Landeigentümer weitergereicht, so dass die Prämie den landwirtschaftlichen Haushalten nicht vollständig zur Verfügung steht.

Die Behauptung, dass die Betriebsprämie die Produktion beeinflusst, ist somit wissenschaftlich nicht haltbar und hierin liegt der erste drastische Fehler der Dokumentation, der zu falschen Schlussfolgerungen führt. Die EU-Agrarpolitik ist nicht Ursache für Exporte nach Afrika.

2) Welche Rolle spielen die Subventionen der EU (noch)?

Eine wichtige Kennzahl für die Höhe der Subventionierung ist der sog. „Producer Support Estimate (PSE)“, der seit 1986 von der Organization for Economic Cooperation and Development (OECD) v.a. für Industriestaaten berechnet wird. Der Indikator drückt den Anteil der Subventionen und Marktstützungen am Betriebseinkommen aus (%PSE). Eine weiterer interessanter Indikator ist der %-Anteil der an Input oder Output gekoppelten Subventionen, da dies den Grad des Einflusses von Subventionen auf die Produktion zeigt, wohlgemerkt für die gesamte Landwirtschaft und EU-weit. Beide Indikatoren sind in der folgenden Abbildung dargestellt:

Die Abbildung zeigt deutlich, dass sowohl das %PSE insgesamt, als auch der %-Anteil an Produktion gekoppelter Subventionen zurückgegangen ist. Der Film klammert völlig aus, dass die EU mit ihrer Agrarpolitik zumindest in diesem Bereich in die richtige Richtung geht und die Landwirtschaft inzwischen überwiegend unabhängig von der Produktion subventioniert. Es sind andere Sektoren wie Milch oder Rindfleisch, in denen der Außenschutz noch hoch ist und in denen teilweise gekoppelte Zahlungen gezahlt werden. Aber in dem Film geht es um Weizen: Der Film stellt die Wirklichkeit falsch dar.

Ein wichtiger Einflussfaktor waren vor 10-15 Jahren die Exportsubventionen, die allerdings bis 2014 zurückgefahren wurden und inzwischen in der EU abgeschafft wurden. Diese Subventionen waren ein weiter wichtiger Treiber von Exporten, den es inzwischen nicht mehr gibt.

Auch hier zeigt sich, dass die EU die schädliche Wirkung von Subventionen auf Entwicklungsländer reduziert hat. Bis 2013 hat die EU die Exportsubventionen zurückgefahren, 2016 hat EU Kommissar Phil Hogan angekündigt, das Instrument der Exportsubventionen nicht mehr zu nutzen. Auch über dieses Thema schweigt der Film.

3) Sind die Weizenpreise wirklich niedriger als die Kosten?

Es gibt einen weiteren Punkt, den der Film ignoriert: Es ist ökonomisch nicht rational, die eigene Weizenproduktion mit Hilfe der Prämie zu finanzieren, sprich den Weizen zu preiswert zu verkaufen und die Verluste durch die Direktzahlung zu decken. Die entkoppelten Direktzahlungen haben den Effekt, dass Landwirtinnen und Landwirte am Markt entscheiden können, was sie anbauen, da die Prämie unabhängig von dieser Entscheidung gezahlt wird.

Es mag sein, dass es (wie in dem Film am Beispiel des Landwirts Willi Kremer-Schillings dargestellt), in einzelnen Jahren wie 2016 die Preise kurzfristig niedriger als die Kosten sind. Der Preis liegt lt. Film bei 166 €/t, fiel in dem Jahr jedoch noch weiter. Die im Film genannten Kosten von 266 €/t sind meines Erachtens etwas fragwürdig, da sie vermutlich sehr hohe Pachten enthalten – auch hier stimmen die Fakten m.E. nicht ganz. Üblicherweise werden nur variable und Direktkosten berücksichtigt, nicht jedoch Pachten. Lt. KTBL Online Tool für Kosten-Leistungsrechnung liegen die jedoch (soweit ich das nachvollziehen konnte) eher bei 138 €/t, d.h. unter dem Weizenpreis.

Aber selbst wenn im ersten Jahr so eine Situation entsteht, und der Preis zu niedrig für die eigene Kostenstruktur ist, so ist es im zweiten Jahr ökonomisch sinnvoll, zu prüfen, ob man bei einer solchen Marktlage nicht etwas anderes anbaut. (Das ist in der Praxis auch durchaus üblich.) Eine solche Entscheidung, z.B. gegen Weizen, würde den Empfang von Direktzahlungen nicht betreffen, da diese unabhängig gezahlt werden. Auch diese zentrale Anbauentscheidung wird im Film ausgeklammert.

Der Film hätten vielleicht auch den Weizenpreise im Zeitablauf zeigen sollen. Die Abbildung zeigt, dass es seit 2015 einen Preisrückgang gegeben hat, weshalb der Anteil der Subventionen am Betriebsgewinn recht hoch ist. Es gab aber zwischendurch zwischen 2010 und 2013 deutlich höhere Preise, siehe Abbildung. Gerade in den Jahren vorher wurde im Ackerbau auch gutes Geld verdient.

Die Preise am Weltmarkt sind in den letzten Jahren gesunken, da sich die Ertragslage in vielen Hauptanbaugebieten wie Russland, Kasachstan, die Ukraine, Kanada und die USA stabil war und mehr produziert wurde, so dass sich die Lagerbestände erholt haben. Niedrige Preise signalisieren eine entspannte Versorgungslage, was zunächst für Konsumenten und potenziell hungergefährdete Regionen Vorteile hat.

Man hätte z.B. auch fragen können, wie sich z.B. hohe Weizenpreise der Jahre 2010 und 2013 auf die städtische Bevölkerung Afrikas ausgewirkt haben. In Mexiko haben hohe Maispreise zu Protesten geführt, in Ägypten haben hohe Brotpreise die Demonstrationen um den arabischen Frühling mit beeinflusst, auch in anderen Regionen lässt sich dieser Zusammenhang belegen, wie eine Studie von Lagi et al. 2011 zeigt. Auf eine solche Idee kommt Frau Schickling nicht, es wird nur über das Problem zu niedriger Preise geredet.

4) Sind Weizen- und Lebensmittelimporte in Afrika wirklich „Wahnsinn“?

Der Filmbeitrag liefert zumindest zu diesem Thema eine interessante Feldstudie, in der deutlich wird, mit welchen Probleme und Herausforderungen afrikanische Landwirte umgehen. Es geht bei der Versorgung mit Grundnahrungsmitteln um die sog. Ernährungssicherheit. Hierzu leisten die Importe von Lebensmitteln einen wichtigen Beitrag, was in dem Filme auch wieder ausgeklammert wird. Wenn europäische Nahrungsmittel in Dakar im Senegal günstig angeboten werden, so ist das für die städtische Bevölkerung zunächst eine wichtige Versorgungsquelle. Dies ist vor allem dann kein Problem, wenn man von der Prämisse ausgeht, dass die Produktion von Weizen (oder anderen exportierten Nahrungsmitteln) nicht durch Subventionen beeinflusst ist.

Es gibt dann auch so etwas wie Ernährungssouveränität, die besagt, dass Menschen selbst entscheiden dürfen, wie und mit welchen Lebensmitteln sie sich ernähren. In diesem Kontext zeigt der Film ein Problem auf, das eigentlich nicht lösbar ist. Es gibt die traditionellen Ackerfrüchte wie Sorghum oder Hirse, die offenbar nicht konkurrenzfähig sind. Ökonomische Anreize sprechen somit gegen die Nutzung dieser Feldfrüchte.

Aber was bedeutet Ernährungssouveränität? Ich kann und will nicht beurteilen, ob es für die Einwohner Dakars ein Problem ist, sich mit Hilfe importierter Ware zu ernähren. Am Ende entscheiden die Konsumenten dort, welche Produkte gekauft werden.

Ein ehemaliger Kollege aus Ghana schilderte mir einmal, dass viele städtische Bewohner in Ghana die Tomaten-Konserven aus der EU gegenüber den Tomaten aus Ghana am Markt bevorzugen, weil sie vermuten, dass diese mit einem höheren Hygienestandard hergestellt sind und besser schmecken. Ob dies immer und überall so ist, will ich damit nicht sagen. Ich würde unter Ernährungssouveränität auch verstehen, dass die Konsumenten in afrikanischen Ländern bitte selbst entscheiden sollen, was sie konsumieren. Und es ist häufig eine Frage des Einkommens, ob man sich teure traditionelle Produkte leisten kann.

Man könnte hier diskutieren, ob dies z.B. einen Zollschutz rechtfertigt, wie es in dem Film anklingt. Das wird als „Infant Industry-Argument“ diskutiert. Ob ein solcher Zollschutz Erfolg hat, ist eher eine empirische Frage. Ein solcher Schutz muss nicht unbedingt für eine bessere Situation der Produzenten führen, da ein solcher Zollschutz häufig dazu führt, dass die Eliten den Nutzen eines solchen Schutzes abgreifen – sei es über steigende Importquoten oder durch marktbeherrschende Stellungen wie z.B. in der Geflügelproduktion in Nigeria. Es gibt zu diesem Thema jede Menge Literatur mit den Vor- und Nachteilen, nichts davon findet den Weg in die Weizen-Doku.

Es mag sinnvoll sein, aus entwicklungspolitischen Gründen, den Anbau von Sorghum oder Hirse zu fördern, damit die Landwirte im Senegal eine Perspektive haben. Dieses Problem zeigt der Film auf. Aber das Gegenüberstellen von der „guten traditionellen Hirse“ und den „bösen EU-Weizenimporten“ ignoriert die Marktentscheidungen der Menschen in Dakar.

5) Fazit: Wissenschaft ist wichtig für solche politischen Debatten

Auf all diese Details wäre von Seiten der Wissenschaft mit Sicherheit hingewiesen worden. Es gibt viele Kollegen, die im Bereich Agrarentwicklungspolitik eine große Expertise aufweisen. Es wäre bei weiteren Recherchen für einen solchen Filme immer grundsätzlich anzuraten, unabhängige Wissenschaftler mit einzubeziehen. Das ist zwar ein wenig ein Argument pro domo, aber es hilft nichts, solche Fehler passieren nicht, wenn man vorher unabhängige Wissenschaftler fragt.

Frau Schickling hat zwar mit Willi Kremer-Schillings einen Experten miteinbezogen, dessen Aussagen allerdings nur teilweise im Film auftauchen (Vgl. Blogbeitrag auf Bauer Willi vom 14.03.2018). Und Herr Kremer-Schillings vertritt logischerweise die Sicht der produzierenden Landwirte.

Es kommen auch verschiedene Getreidehändler zu Wort, die wiederum die Sichtweise des Handels vertreten.

Francisco Mari von Brot für die Welt ist ein Entwicklungsexperte, der sich im Senegal gut auskennt, aber der die EU-Agrarpolitik nicht ausreichend kennt und daher im Film Aussagen trifft, die inhaltlich nicht nachvollziehbar oder fragwürdig sind.

Auch Staatssekretär im BMEL Hermann Onko Aeikens sagt im Film sinnvolle Dinge zum Thema Handelsvorteile, die dann allerdings nicht weiter vertieft werden. Dabei wären seine Aussagen wichtig, um das Thema Handel mit Afrika richtig einzuordnen – er ist promovierter Agrarökonom. Wissenschaftler würden vermutlich ähnliche Dinge sagen. Im Film spricht er als Vertreter der aktuellen Agrarpolitik, weshalb seine inhaltlich richtigen Anmerkungen vermutlich nicht ausreichend vertieft werden.

Die Wissenschaft hätte an der Stelle den Vorteil, grundsätzlich unparteiisch zu sein. Für Frau Schickling hätte die Einbeziehung von Experten den Vorteil, dass keine Fehler im Beitrag auftauchen.

Der Film thematisiert wichtige Problem, zeigt aber falsche Ursachen auf und schiebt die Schuld der EU-Agrarpolitik in die Schuhe. Ich vertrete auf meinem Blog immer wieder eine kritische Haltung gegenüber der EU-Agrarpolitik: Es gibt viele Gründe, eine Reduktion oder ein Auslaufen der Direktzahlungen zu diskutieren. Aber entwicklungspolitische Probleme gehören eben nicht dazu! Es ist vermutlich fair zu sagen, dass die EU-Kommission diese Probleme durch die Reformen seit 1992 weitgehend gelöst hat und in diesem Punkt liegt Frau Schickling deutlich daneben.

 

Zur Person:

Dr. Sebastian Lakner hat in Kassel/Witzenhausen und Göttingen Ökologische Landwirtschaft und Agrarwissenschaften studiert und ist promovierter Agrarökonom. Seine Arbeitsschwerpunkte sind die Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP), die ökologische Landwirtschaft und die Umwelt- und Naturschutzpolitik im Bereich der Landwirtschaft. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Agrarpolitik an der Georg-August-Universität Göttingen und betreibt den Politik-Blog „Lakners Kommentare“.

 

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79 Kommentare

  1. Maria Geisler sagt

    Dieser Artikel hat mir sehr gut gefallen. Du hast es geschafft deine Meinung zum Thema neutral und dennoch voller Kritik zu äußern.
    Du hast ausserdem einen schönen Schrift stil!

  2. Ihre Beiträge empfinde ich als sehr große Bereicherung dieses Forums, Herr Lakner, vielen Dank! Sie haben sich die Mühe gemacht, die Sendung fundiert, detailliert und überzeugend zu kritisieren, immer mit Blick auf die plakative Kernaussage „EU-Agrarsubventionen zerstören Märkte in Afrika“.

    Die ganze Diskussion erscheint mir dennoch irgendwie neokolonial. Hier zerbrechen sich Europäer den Kopf über die Probleme Afrikas. Es ist das gute Recht eines jeden Landes, seine Märkte zu schützen, wenn es volkswirtschaftlich sinnvoll ist, um erst einmal eigene Produktion und Kapitalstock aufzubauen. Das müssen und können aber nur die Afrikaner selbst entscheiden. Länder, die über Ölquellen verfügen, können es sich vielleicht leisten, auf eigene Nahrungsmittelproduktion zu verzichten. Wer keine unerschöpflichen Ölquellen hat, sollte sich vielleicht nicht vollständig von Nahrungsmittelimporten abhängig machen.

    Jedes Land sollte souverän nach eigenen Interessen entscheiden, in welchem Umfang es Agrarimporte zulässt, von denen Weizen ja nur ein Teil ist.
    Aber hinsichtlich der EU-Agrarpolitik hätte ich eine andere Frage an den Agrarökonomen:

    Ist die weltmarktorientierte Agrarpolitik mit Flächenprämien überhaupt volkswirtschaftlich sinnvoll? Ist der mit Agrarrohstoffen erzielte Außenhandelsüberschuss größer als der EU-Agrarhaushalt? Oder wäre ein geschlossener Binnenmarkt gesamtwirtschaftlich günstiger – teurer für die Verbraucher, aber preiswerter für die Steuerzahler?

  3. Gerard Peters sagt

    Resthofer: Ob Direktzahlungen die Auswahl der Kultur beeinflussen, ist ein Streit um Kaisers Bart. Flächenprämien sind Teil der betrieblichen Gesamtrechnung, die auf der (eher engen) Fruchtfolge basiert.
    Denn wie kalkuliert der praktische (konventionelle) Landwirt konkret Subventionen ein? Ein Leserkommentar dazu auf topagrar online zu dem Bericht „Biobauern fordern mehr Forschungsmittel“ vom 22.03.2018

    Heinrich Roettger · 22.03.2018 – 18:14 Uhr 10.
    Gut das der Verbraucher nicht weiß , wieviel Steuergelder in jedem kg Ökogetreide stecken.

    Wir müssen aufpassen , dass die Produkte des Ökolandbaus nicht komplett aus Transferzahlungen bestehen.Jede Tonne Getreide wird bereits mit ca 180 Euro direkt gefördert. Das übersteigt bereits die Erlöse für besten konventionellen Qualitätsweizen. Dieser wird vom Steuerzahler nur mit ca 30 Euro pro Tonne unterstützt. D.h.Für.das Biogetreide zahlt der Steuerzahler heute schon das Sechsfache.

    Topagrar.com – Lesen Sie mehr auf: https://www.topagrar.com/news/Home-top-News-Biobauern-fordern-mehr-Forschungsmittel-9131102.html

    • Eine Leserkommentar auf TopAgrar als Beleg dafür, dass die entkoppelte Prämie doch einkalkuliert wird? Jetzt echt? Ökonomisch rational ist das nicht, aber wer weiß, es gibt vielleicht auch Architekten, die kalkulieren das Kindergeld für Ihre Kinder in die Buchführung ihres privaten Architektenbüro. Kann man auch machen, ist dann aber nicht besonders zukunftsweisend. Aber richtig, ausschließen kann man das nicht. Ich würde trotzdem den meisten Landwirten unterstellen, dass sie sich rational verhalten und die Betriebsprämie nicht in die Entscheidung miteinbeziehen. In den Universitäten, den Fachhochschulen und in der Berufsausbildung wird das zumindest so gelehrt.

      • Mark sagt

        Wer Direktzahlungen, nun schon zum wiederholten mal, mit Kindergeld vergleicht, hat sich doch schon disqualifiziert.

        • @Mark: Die Direktzahlungen sind eine Einkommensbeihilfe, insofern kann man es schon vergleichen. Sie wollen es nicht begreifen. Aber macht nichts, nicht jedem ist es gegeben, nehmen Sie sich ruhig etwas Zeit, denken Sie gründlich darüber nach. Irgendwann fällt der Groschen bestimmt…

          • Mark sagt

            Die Direktzahlungen waren ursprünglich Ausgleichsleistungen, um sie Greenboxfähig zu machen, dann hat man sie umbenannt, in ihrer Wirkung sind sie annähernd gleich geblieben. Dass Sie das nicht wahrhaben wollen ist ein klassisches Beispiel für den „Realtätsverlust der wissenschaftlichen Agrarökonomie“. Die Sichtung von 500 Studien ersetzt halt nicht die Realität!

  4. AdT sagt

    Ich möchte hier an oberer Stelle auf den Artikel verweisen, den der Autor des obigen Beitrags, Dr. Sebastian Lakner, empfohlen hat:
    https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2016A81_rff_scm.pdf

    Darin kommt am Beispiel der Hühnerteile-Exporte zum Ausdruck, welche Instrumente für Entwicklungspartnerschaften der EU mit afrikanischen Ländern in Fachkreisen diskutiert werden. Das entsprechende Hintergrundwissen hat auch Bauer Willi in seinen Beiträgen zu dem Thema und auch in seinen Stellungnahmen zu der Zoomreportage aus meiner Sicht nicht erkennen lassen. Muss er ja auch nicht, aber wäre schön gewesen, wenn auch weniger polarisierend.

    • Ich denke, dass wir das Thema Schutzzölle nochmal separat thematisieren müssen, dazu ist die Bilanz in der Tat gemischt. Und das Thema Hühnerteile ist auch ein weiteres Thema, worüber man reden muss.

  5. Eckehard Niemann sagt

    Landbauforschung vTI Agriculture and Forestry Research Sonderheft 338 Special

    Auswirkungen einer Handelsliberalisierung auf die deutsche und europäische Landwirtschaft Janine Pelikan, Folkhard Isermeyer, Frank Offermann, Jürn Sanders und Yelto Zimmer

    Johann Heinrich von Thünen-Institut Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei, – Institut für Marktanalyse und Agrarhandelspolitik, – Institut für Betriebswirtschaft

    6 Zusammenfassung

    1 Einleitung

    Das Ziel der vorliegenden Studie besteht darin, die Wirkungen einer Umsetzung der aktuellen WTO-Vorschläge auf die einzelnen Produktionszweige der deutschen und europäischen Landwirtschaft aufzuzeigen. Hierfür werden die derzeitige Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Vergleich und Veränderungen infolge der Umsetzung des WTO-Modalitäten-papiers vom Dezember 2008 dargestellt. Besondere Berücksichtigung finden hierbei die sensiblen Produkte.

    2 Sensible Produkte

    2.1 Sensible Produkte haben einen großen Einfluss auf die Wirkungen eines WTO-Abkommens.

    Werden unter vereinfachten Annahmen in der EU 1 % der Produkte als sensibel definiert, dann kann bereits 27 % des Agrarhandels hiervon betroffen sein. Außerdem führen sensible Produkte zu einer unharmonischeren Zollstruktur im Ver-gleich zu den Standardkürzungen. Dies zeigt sich durch einen hohen Variationskoeffizienten. Die Verzerrungen auf den Agrarmärkten bleiben folglich in vielen Bereichen bestehen bzw. es werden neue Verzerrungen geschaffen. Durch Substitutions-beziehungen zu anderen Produkten können falsche Anreize geschaffen werden und eine Situation wie bei der „offenen Flanke“ der EU-Agrarpolitik in den 80er-Jahren entstehen.

    2.2 International vergleichende betriebswirtschaftliche Produktionskostenanalyen liefern

    Hinweise auf die Wettbewerbsfähigkeiten von Sektoren oder Nationen. Die vorliegenden Daten und Experteneinschätzungen lassen sich für die wesentlichen Produktgruppen wie folgt zusammenfassen.

    – Die mitteleuropäischen Ackerbaustandorte dürften auch bei einer fortschreiten-den Liberalisierung grundsätzlich international wettbewerbsfähig sein. Dies gilt mit Einschränkungen bei den aktuellen Preis-Kostenrelationen bereits heute für Weizen. Bei Ölsaaten liegen aktuell hingegen zum Teil deutliche Kostennachteile sowohl gegenüber anderen Rapsproduzenten, insbesondere in Australien, Kanada oder Osteuropa, als auch gegenüber den untersuchten internationalen Soja-produzenten vor. Da aber hohe Flächenkosten sowie agrarstrukturelle Nachteile die wesentlichen Ursachen für diese Kostennachteile sind, ist bei einer rückläufigen Rentabilität mit einer Überwälzung des Kostendrucks auf die Grundeigentümer sowie mit einem beschleunigten Strukturwandel zu rechnen, nicht aber mit der großflächigen Aufgabe der Landbewirtschaftung.

    – Ob allerdings unter vollständig liberalisierten Rahmenbedingungen in der EU langfristig der Anbau von Zuckerrüben wirtschaftlich betrieben werden kann, erscheint eher fraglich. Da es global noch zahlreiche Zuckerrohrstandorte gibt, auf denen die landwirtschaftliche Erzeugung intensiviert bzw. erschlossen wer-den kann, ist auch bei einem schrittweisen Wegfall der EU-Produktion kein massiver und nachhaltiger Anstieg der Zuckerweltmarktpreise zu erwarten.

    – Bei der Fleischerzeugung ist die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Geflügel- und Schweinehaltung derzeit günstiger zu beurteilen als die deutsche Rindermast. Das ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die Geflügel- und Schweinehaltung international sehr ähnlich betrieben wird. Bei der Rindermast hingegen konkurrieren die kapital- und arbeitsintensiven deutschen Systeme mit Low-input-Systemen in Übersee – letztere v. a. ermöglicht durch günstige klimatische, politische und agrarstrukturelle Rahmenbedingungen.

    – Ob die vergleichsweise günstige Beurteilung der deutschen Schweine- und Geflügelproduktion allerdings nachhaltig ist, wird wesentlich davon abhängen, ob die deutschen Erzeuger bei einer möglichen Verschärfung der rechtlichen Rahmenbedingungen den technologischen und agrarstrukturellen Wandel im Gleich-schritt mit den Konkurrenten an außereuropäischen Standorten vollziehen können.

    – Die Milchproduktion ist zunächst ähnlich ungünstig zu beurteilen wie die Rindermast, weil auch hier im globalen Vergleich wesentliche und sehr kostenwirk-same Produktionssystemunterschiede bestehen. Da aber die Expansionspotenziale der wenigen, sehr kostengünstigen Anbieter aus den verschiedensten Gründen begrenzt sind, ist auch bei einer starken Liberalisierung der Milchproduktion nicht damit zu rechnen, dass die EU in erheblichem Umfang zu einem Nettoimporteur würde.

  6. Eckehard Niemann sagt

    Thünen-Institut – Professor Isermeyer :
    ….Für den Agrarbereich ist zu erwarten, dass die Exportsubventionen schneller abgebaut werden als der Importschutz. Wenn die Exportsubventionen fallen, wird bei allen Produkten, auf denen die EU Überschüsse produziert, der Binnenmarktpreis auf Weltmarktniveau sinken. Sinkt der Selbstversorgungsgrad der EU jedoch bei einem Produkt unter 100 % (bzw. 90 %, wenn in der WTO 10 % Importquoten vereinbart sind), dann bildet sich nach den Gesetzen von Angebot und Nachfrage ein interner Gleichgewichtspreis heraus, der oberhalb des Weltmarktpreises liegt und eine weitgehende Selbstversorgung der EU gewährleistet. …
    https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/bitv/zi036670.pdf

  7. Eckehard Niemann sagt

    OXFAM
    Die EU exportiert – die Welt hungert
    Warum die EU-Agrarpolitik auf Kosten armer Länder geht
    Autorin: Marita Wiggerthale

    Nun heißt es oft, diese Kritik sei von gestern. Die europäische Agrarreform von 2003 habe mit der Einführung von der Produktion entkoppelter Direktzahlungen (Betriebsprämie)1 die gröbsten Verzerrungen abgeschafft. Es hat in der Tat auch anerkennenswerte Fortschritte beim Abbau der produktspezifischen Subventionen und der Exportsubventionen gegeben.

    Warum also wird die EU-Agrarpolitik von entwicklungspolitischer Seite weiter kritisiert? Ganz einfach: Der Umbau des Subventionssystems hat zwar in einigen Bereichen (z.B. Rindfleisch) die Produktionsanreize gesenkt, gleichzeitig aber auch durch niedrigere Rohstoffpreise, Investitionsbeihilfen oder die Ausweitung der Milchquote neue Anreize zur Überproduktion von Schweinefleisch, Geflügelfleisch und Milch geschaffen. Die EU setzt zunehmend auf eine billige Massenproduktion von Agrarrohstoffen, um auf diesem Wege die europäische Ernährungsindustrie international wettbewerbsfähig zu machen. Direktzahlungen in ihrer jetzigen Form ermöglichen dies.

    Als Folge müssen immer mehr Bäuerinnen und Bauern ihre Höfe aufgeben. Der Reformstau ist groß, der Handlungsbedarf gewaltig!

    Deswegen gilt es jetzt, die Weichen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft zu stellen. Eine Landwirtschaft, die sich für Natur-, Wasser-, Klima- und Tierschutz einsetzt, ohne die Existenz bäuerlicher Betriebe zu gefährden und entwicklungspolitischen Schaden anzurichten. (…)

    https://www.oxfam.de/sites/default/files/webfm/20110429_oxfam_cap-papier.pdf

    • 1) Vielleicht zur Klarstellung: Der Film thematisiert Weizen, und am Rande Zwiebeln und Erbese und Milchpulver. Wenn es um Rindfleisch oder Milchpulver gegangen wäre, wäre meine Reaktion vermutlich anders ausgefallen, weil Förderung und Aussenschtz komplexer sind und wir zusätzlich das Ende der Milchquote und seit 2015 neuerdings wieder Intervention haben. Das müsste man im Detail betrachten. Es geht aber um Weizen und da ist die Kritik nicht haltbar. Ich bin mir sicher, dass auch Frau Wiggethale dem sofort zustimmen würde.

      2) Ich habe mich nur im letzten Absatz zur Sinnhaftigkeit von Direktzahlungen geäußert. Das ist eine andere wichtige und spannende Diskussion. Es gibt eine Menge Kritik an den Direktzahlungen. Mein Punkt ist nur, dass die entkoppelten Direktzahlungen zumindest die Produktion nicht mehr verzerren und sich damit nicht auf den Export auswirk‘. Über alles weitere kann und muss man diskutieren.

  8. Friedrich K. sagt

    Vielen Dank, Herr Lakner für diese Einordnung des Sachverhaltes. Habe selten so etwas in Mainstream-Medien gelesen. Diese laufen wie die Lemminge falschen Informanten hinterher und werden irgendwann in der Gesellschaft nicht mehr ernst genommen.

    • Vielen Dank. Wobei ich die sog. „Mainstream-Medien“ nicht so pessimistisch sehe. Für Journalisten sind die Agrar-Themen anspruchsvoll, da hier wenig Kenntnisse vorhanden sind und zumindest zeigen manche Artikel auch das Bemühen, sich in die Situation der praktischen Landwirtschaft reinzudenken, selbst wenn es manchmal den einen oder anderen Fehler gibt. Aber das kann auch eine Chance für den Sektor darstellen. Auch Frau Schickling hat sich bemüht, die Experten für Ihr Thema zu bekommen, das kann man ihr nicht absprechen.

  9. Friedrich sagt

    @bauerhans. Die Öffentlich rechtlichen Sender erfüllen bei weitem nicht ihren Informationsauftrag, sondern stellen den Mainstream , wie alle anderen Medien in ihr Programm. Auch läßt sich ein gewisser Hang zur Theorie der 68er und der Rot/ Grünen-Politik immer stärker erkennen. Eine richtige konservative Sendung fehlt in jedem Falle. Also von Ausgeglichenheit keine Spur. Die Sender sollen sich nicht beschweren , wenn immer mehr Leute ,auch wegen der Kosten , die Sender in Frage stellen und abschaffen wollen. — Bei dem Weizenfilm wurde das Ergebnis schon vorher festgelegt und entsprechend recherschiert. Mit den einzelnen Gesprächen , wie bei unserem Willi , sollte das ganze nur untermauert werden. Die Moderatorin hat nur ihren Auftrag ausgeführt. Auch sie war nur ein billiger Jakob der Sender. Die „Täter“ sitzen in den Führungsetagen der Sender. Bekanntlich fängt der Fisch ja vom Kopf her an zu stinken.

  10. bauerhans sagt

    „Echter Dialog besteht für mich vor allem darin, dass man als ZDF……….. auf kritische Fragen antwortet.“

    ich hatte versucht,bei REPORT MAINZ eine anmerkung zu der sendung vom 20.3.18 bz. der hohen tierverluste in der schweinehaltung (13 mill. pro jahr) zu posten,was mir leider nicht gelungen war.
    alle posts werden nur nach moderation frei gegeben.

  11. Friedrich sagt

    @Paulus. Die Betriebsprämie trägt nicht zum Betriebseinkommen bei , weil wir seit dem Jahre 2000 unter Rot/Grün ohne Ende Auflagen bis heute bekommen haben , die die Betriebsprämie um einiges übersteigen. Dazu kommen noch die höheren Standards die wir hier sowieso schon immer höher hatten. Die Basis bildet immer der Weltmarktstandard. Darauf kommen dann unsere Standortkosten. Wir bekommen für unsere Früchte nur den Weltmarktpreis , haben aber hier höhere Standortkosten. Beispiel: Strom , Diesel, Dünger, Pflanzenschutzmittel, Saatgut, Investitionen, Mwst., Steuern und Abgaben, Grundsteuer, usw. und zusätzlich die Auflagen seit dem Jahr 2000. Wenn das alles überschlage , dann komme ich auf rd. 1000 Euro/ha Nachteil dem nur rd. 285 Euro/ha Prämie gegenüber stehen. Dabei ist aber noch nicht die Auflagen für die tierhaltung.

  12. Paulus sagt

    Die Betriebsprämie (schöner Euphemismus) ist Teil des Gesamteinkommens in der Landwirtschaft.
    An diesem Punkt offenbart der geschätzte Autor eine gewisse Schwäche in seiner Argumentation die er gleichzeitig nutzt, indem er sagt: „Für welche Zwecke die Prämie genutzt wird, ist empirisch nicht geklärt.“ Stimmt!
    Damit sind wir aber auch bei der nahezu Unmöglichkeit des empirischen Nachweises, das macht so manches etwas leichter. Für die Ökonomen meine ich jetzt.
    Erinnert mich ein wenig an diese Stromtarife. Ich kaufe Grünstrom und bekomme genau wie alle anderen 230 V mit 50 Hz. Zu bestimmen, aus welchen Quellen und welche Anteile ich für was auch immer verbrauche ist nicht möglich. Wenn das jetzt als Korinthenkackerei augefasst wird bin ich damit einverstanden.

    • Dass ich das so ausdrücke, hängt damit zusammen, dass es Studien gibt, die die Subventionen modellieren, aber innerhalb dieser Modellierung gleichzeitig kein Haushaltsmodell mit-modellieren. Selbst wenn man das ausklammert, so zeigt die publizierte Literatur, dass der Einfluss der Subventionen insgesamt auf die Produktivität zurückgeht. Das ist kein „sich aus der Verantwortung stehlen“, sondern die Bemühung um Präzision. Ich habe auch nicht gesagt, dass die Betriebsprämie nicht Teil des Gesamteinkommens ist, natürlich ist sie das. Aber sie berührt nicht die Produktionsentscheidung. Und wenn ich über Weizenexporte berichte (wie ZDF Zoom) und behaupte, die Agrarpolitik sei schuld, dann muss ich den Nachweis erbringen, dass es so ist. Und diesen Nachweis erbringt der Film nicht, nicht mal populärwissenschaftlich oder journalistisch, sondern gar nicht.

  13. AdT sagt

    Um es klar zu sagen, auch ich kritisiere die Zoomreportage und habe dies hier bereits ausgeführt. Mich schüttelt es aber u.a. bei folgender Aussage in dem Beitrag Lakners:

    „Die Behauptung, dass die Betriebsprämie die Produktion beeinflusst, ist somit wissenschaftlich nicht haltbar und hierin liegt der erste drastische Fehler der Dokumentation, der zu falschen Schlussfolgerungen führt. Die EU-Agrarpolitik ist nicht Ursache für Exporte nach Afrika.“

    Ist die Aussage denn richtig? Wie will man denn ausschließen, dass die Betriebsprämie die Produktion beeinflusse? Wie kann die EU-Agrarpolitik denn nicht „Ursache für Exporte nach Afrika“ sein?

    Gut möglich, dass sich die landwirtschaftlichen Betriebe in der EU ohne Betriebsprämie schneller und stärker kannibalisiert hätten und dadurch noch größere Produktivitätsfortschritte erzielt hätten – und hierdurch (größere) Rentabilität für Exporte in Drittländer ohne Subventionen.

    Die Aussage, die EU Agrarpolitik sei nicht Ursache für Exporte nach Afrika, ist mir aber zu apodiktisch. Agrar- und handelspolitische Regelungen und Maßnahmen der EU sind zwar keine hinreichende Bedingung für Auswirkungen im Zielland; nicht zuletzt hat dieses noch ein Wörtchen mitzureden. Aber auszuschließen ist es wohl kaum, dass insbesondere Betriebsprämien für die Produktion einer Hauptfrucht über den Selbstversorgungsgrad hinaus mitursächlich sind – zumal die Exportstärke der EU-Länder im Agrarsektor immer noch politisch erwünscht ist, auch wenn die Exportunterstützung verringert wurde. Es spricht sogar einiges dafür, dass die Betriebsprämien notwendige Bedingung dafür sind, dass sich die Produktion für Exporte in Drittländer rentieren.

    Dem steht auch nicht das Sinken des PSE-Index entgegen. Es erschließt sich nicht, inwieweit die Abnahme des Subventionsanteils am Betriebseinkommen in den letzten Jahren belegen soll, dass Betriebsprämien keinen Einfluss auf Exporte nach Afrika hätten. Wenn der Autor die Abnahme als Argument anführt, sagt er doch damit gerade, dass sich Subventionen auf die Exportmenge auswirken, oder verstehe ich da was komplett falsch? Er sagt damit, dass die Subventionen heutzutage in Bezug auf die Exportmenge durchaus eine Rolle spielen, nur eine geringere als früher. Aber dass sie heutzutage für die Exportstärke tatsächlich eine geringe, nicht entscheidende oder keine Rolle spielten, kann aus dem PSE nicht geschlossen werden. Eine derartige Korrelation müsste erst einmal dargelegt und nachgewiesen werden.

    Ja, und jetzt, welchen Einfluss hat denn nun die EU-Agrarpolitik auf den Sengal? Man kann es also ganz und gar nicht so leicht abtun, dass die Wirtschaft im Senegal durch die Weizenexporte geschädigt werde. Auch ich sehe, dass Entwicklungsländer von preiswerten Agrarimporten profitieren können und auf solche sogar angewiesen sind. Afrikanische Länder können die großen Agrarimporte nicht von jetzt auf gleich durch eigene Produktion ersetzen, oder wollen dies nicht, weil sie im Sinne weltweiter Arbeitsteilung lieber cash crops wie Baumwolle, Rosen oder Palmöl anbauen. Aber den Infant-Industry-Gesichtspunkt gilt es eben doch zu berücksichtigen – in der Analyse und in der Umsetzung durch faire Handelsbeziehungen. Während in der Zoomreportage diesem so wichtigen Gesuchtspunkt – Infant-Industry-Schutz und Rolle der EU bei der Entwicklungszusammenarbeit – vor Ort im typischen Stil einer Reportage nachgegangen wurde, wenn auch unzureichend, spricht ihn Sebastian Lakner nur sehr beiläufig und abstrakt an, um ihn ebenso abstrakt zu verwerfen („Ein solcher Schutz muss nicht unbedingt für eine bessere Situation der Produzenten führen, da ein solcher Zollschutz häufig dazu führt, dass die Eliten den Nutzen eines solchen Schutzes abgreifen.“).

    Dafür, dass Sebastian Lakner hier als Wissenschaftler spricht, ist seine Rezension erstaunlich oberflächlich und besteht aus viel persönlicher Meinungskundgabe. Seine Sprache ist in wichtigen Punkten fehlerhaft und sehr unpräzise. Das beunruhigt mich. Wenn Sprache unpräzise ist, ist die Richtigkeit der Schlussfolgerung Glückssache.

    Ich wünsche mir, dass Herr Lakner seine Ausführungen überarbeitet. Entweder würde er zu einer differenzierten Beurteilung kommen oder er würde uns brauchbare, nachvollziehbare Ausführungen liefern.

    • Ich werde meinen Beitrag bestimmt nicht überarbeiten, zumal das keine wissenschaftliche Publikation ist. Sie haben an einigen Punkten nicht ganz verstanden, warum es geht:

      „Es erschließt sich nicht, inwieweit die Abnahme des Subventionsanteils am Betriebseinkommen in den letzten Jahren belegen soll, dass Betriebsprämien keinen Einfluss auf Exporte nach Afrika hätten.“

      Hierbei geht es um die Subventionen insgesamt, d.h. auch in anderen Bereichen der Landwirtschaft. Wichtiger ist hierbei der Anteil gekoppelter Subventionen, die „produktionsverzerrend“ sind. Und der ist drastisch zurückgegangen, das war mein Punkt.

      Wenn Sie den Text genau lesen, stellen Sie fest, dass es eigentlich hauptsächlich um Weizen geht. Es gibt andere Bereiche, wo ein solcher Zusammenhang in geringem Maße schon vorhanden ist, der allerdings in dem Film überhaupt keine Rolle spielt. Insofern ist es völlig legitim, sich auf Weizen zu konzentrieren und in Bezug auf Weizen ist die Aussage, dass die Direktzahlungen die Produktion nicht beeinflussen richtig. Sie werden keinen anderen promovierten Agrarökonom finden, der das Gegenteil sagt.

      Über das Thema „Infant Industry“ könnte man lange diskutieren. Es gibt auch tatsächlich Einzelfälle, in denen es funktioniert. Allerdings habe ich mir einige Publikationen dazu angesehne, auch Meta-Studien, und die meisten gehen eher davon aus, dass sich keine Wettbewerbsvorteile ergeben. In der Literatur wird auch des öfteren das Argument gebracht, dass hierdurch Korruption auftreten kann. Ich wäre ein schlechter Wissenschaftler, wenn ich darauf nicht hinweisen würde.

      Und natürlich gebe ich meine Meinung kund, das ist ja nicht verboten. Allerdings begründe ich die auch. Sie dürfen gerne anderer Meinung sein, damit habe ich kein Problem.

      • AdT sagt

        Sie stellen Behauptungen auf, ohne sie zu begründen. Das hat Frau Schickling auch gemacht. Welches arg. ad hominem hat nun mehr Gewicht: promovierter aber nicht habilitierter, also ewiger einfacher Uni-Angestellter oder Studienstiflerin, die für das ZDF Reportagen drehen darf?

        „In der Literatur wird auch des öfteren das Argument gebracht, dass hierdurch Korruption auftreten kann.“

        Um den Schutz des heimischen Markts ging es doch hauptsächlich in der Sendung. Und darum, dass die EU bei der Entwicklingspartnerschaft möglicherweise nicht so genau hinschaut, weil sie ihre Interessen vertritt, oder von vornherein ihre Handelsinteressen im Handelsabkommen durchgesetzt hat. Die Aussage in der Sendung, dass Weizen subventioniert wird, war nur ein Nebenaspekt, von einer spezifischen Weizensubvention war überhaupt nicht die Rede. Dass die Subventionen sich auf den Verkaufspreis auswirken, ist nicht von der Hand zu weisen. Falsche Schwerpunktsetzung in Ihrem Beitrag, Herr Lakner. Sie ziehen die Sendung auf einen Nebenkriegsschauplatz und schneiden sich die Möglichkeit ab, zum Kern vorzudringen. Da ist es nämlich kniffliger.

        Zölle zum Schutz der wichtigsten Geschäftsfelder sind das normalste auf der Welt, auch im Freihandel nach WTO-Standard. Aber was haben Schutzzölle speziell mit Korruption zu tun?

        Auf Meinungen in der Literatur hinweisen, machen Bacheloretten. Dieses Stadium sollten wir hinter uns gelassen haben. Profis verarbeiten und gewichten das Schrifttum und argumentieren, und zwar präzise und nicht am Thema vorbei.

        • AdT sagt

          Jetzt bin ich etwas persönlich geworden. Das möchte ich eigentlich nicht. Ich habe mich vor allem an zwei Ihrer Äußerungen im Beitrag gestoßen, Herr Dr. Lakner:

          „Allerdings ist die Analyse dieses Problems *völlig falsch*.“

          „Die Behauptung, dass die Betriebsprämie die Produktion beeinflusst, ist somit *wissenschaftlich nicht haltbar* und hierin liegt der erste *drastische Fehler* der Dokumentation.“

          Zu apodiktisch. Ich finde nach wie vor, dass Ihre allgemeinen Ausführungen die konkreten Wahrnehmungen vor Ort in Senegal nicht widerlegen. Das heißt nicht, dass ich das Fazit der Sendung, in dem mit gleicher Selbstgewissheit die EU für die Pleite senegalesischer Bauern verantwortlich gemacht wird, überzeugend fände. Nein, auch Frau Schickling ist beweisfällig geblieben (wobei ich es im Journalismus in gewissem Maße für legitim halte, Machteliten eine nicht ausermittelte Behauptung entgegenzuschleudern, vor allem wenn sie auf eine Anfrage nur Allgemeinplätze von sich gegeben haben).

          Außerdem finde ich die von Ihnen verwendeten Hochwertwörter nicht angemessen. Ich weiß, es ist keine Publikation, trotzdem habe ich einen anderen Stil erlernt und erfahren. Ich sah hier, im Kontext „neuartiger Umgangsformen“, für einen Moment die wissenschaftlichen Werte nicht mehr gelebt.

          • Zunächst ist mir nochmal der Punkt wichtig, dass das keine wissenschaftliche Publikation ist, sondern mein Meinungsbeitrag. Über Sprache und Stil kann man immer diskutieren. Der Hintergrund ist der, dass dieser Text ursprünglich auf meinem eigenen Blog erschienen ist. Dort gilt der Grundsatz, dass ich meine Meinung schreibe, frei von der Leber weg.

            Sie haben schon recht, dass ich recht starke Worte verwende. Das kann man anders machen, allerdings halte ich die Ungenauigkeiten in ZDF Zoom tatsächlich für haarsträubend – ich werde gleich auf einige Ihrer Punkte inhaltlich eingehen, da hier offenbar einiges nicht klar ist. Und wenn ich für mich zu dem Urteil kommen, mehrere Versuche unternehme, der Redaktion von ZDF Zoom und Frau Schickling Fragen zu stellen, und dieses ignoriert wird, dann schreibe ich meine Kritik deutlich auf. Ich kenne eben auch einige Experten, die dieses Kritik in ähnlicher Weise für haarsträubend halten.

        • Nun ja, Sie meinen also, sich ein Urteil über meine Qualifikation bilden zu können, und beschweren sich andererseits über Ton und Umgangsform. Putzig.

          Nochmal zu den Inhaltlich:

          Die EU hat in der Partnerschaft mit ECOWAS erlaubt das Erheben von Schutzzöllen für sensiblen Märkte. Viele politische Diskussionen über Freihandelsabkommen werde ohne einen Blick in die Details geführt, der beste Beleg dafür ist die Debatte um CETA. Zur Partnerschaft mit ECOWAS würde ich folgenden Text empfehlen. Vgl: https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2016A81_rff_scm.pdf

          Sie sagen, dass sich die Subventionen auf den Verkaufspreis auswirken, führen aber nicht ansatzweise aus, wie das funktionieren soll – im Grunde wiederholen Sie die Argumentation von Frau Schickling und auch Sie haben keinen Beleg für Ihre These.

          Es gibt nur einen geringfügigen Zollschutz des EU Marktes beim Getreide, wir übernehmen weitgehend den Weltmarktpreis für Weizen. Insofern ist ein Landwirt Preisnehmer. Wenn ein Landwirt weiß, dass er die Direktzahlungen ohnehin bekommt, egal was er anbaut, dann wird er immer überlegen, was die verschiedenen Märkte verlangen und dann die Ackerfrucht anbauen, für die er einen guten Preis bekommt. Die Direktzahlungen bekommt er ohnehin. Das ist im Prinzip so etwas wie Kindergeld oder eine andere private Subvention, die die Produktivität des Landwirts nicht beeinflusst. Das hat allenfalls Wirkungen auf den Bodenmarkt, aber nicht auf die Anbauentscheidung. Und deshalb ist eben auch die Frage, ob es eine produktspezifische Subvention oder eine „entkoppelte Direktzahlung“ ist entscheidend. Und weil Frau Schickling diese Differenzierung nicht bringt, wird auch nicht deutlich, warum eine pauschale Einkommenssubvention sich nicht auf die Anbauentscheidung auswirkt, während eine spezifische Subvention für Weizen, wie wir sie bis 1992 als Preisstützung und bis 2005 als gekoppelte Direktzahlung hatten, schon auf die Anbauentscheidung wirkt.

          Und das ist eben sehr wohl der entscheidende Punkt, den Frau Schickling nicht verstanden hat und mit dem Sie sich offenbar auch etwas schwer tun.

          • AdT sagt

            Danke für den Link und Ihre vertiefenden Ausführungen.

            Der verlinkte Artikel der Stiftung Wissenschaft und Politik zeigt, dass der Ansatz von Frau Schickling, wie ich ihn verstanden habe, so falsch nicht war, wenn es darin heißt:

            „Bei Umsetzung der EPAs muss der vorgese-
            hene Überprüfungsmechanismus verwirk-
            licht werden, damit sich die tatsächlichen
            Wirkungen der Abkommen erfassen lassen.“

            Interessant ist auch folgende Passage (auf Hühnerteile bezogen):

            „Eine freiwillige Exportbeschränkung der G20
            könnte das Gegenstück zum Importschutz
            durch westafrikanische Staaten selbst sein. […]
            Eine konzertierte G20-Aktion könnte zeitlich
            begrenzt durchgeführt und von einer Wir-
            kungsanalyse flankiert werden, die erfasst,
            inwieweit sich positive Folgen für die lokale
            Produktion einstellen. Eine solche Aktion
            ist WTO-konform zu gestalten; sie wäre
            ohnehin nur auf Wunsch der afrikanischen
            Partnerländer und in enger Abstimmung
            mit ihnen realisierbar – angesichts der
            Folgen für den lokalen Konsum und einer
            möglichen Umgehung durch Schmuggel.
            »Reale« Fleischpreise in der EU. Das Konsum-
            verhalten in der EU und anderen entwickel-
            ten Ländern trägt dazu bei, dass überhaupt
            Geflügelteile in großem Ausmaß anfallen.
            Den richtigen Weg weisen hier die interna-
            tionalen Nachhaltigkeitsziele der Vereinten
            Nationen; sie fordern ein verändertes Kon-
            sumverhalten in entwickelten Ländern.
            Wünschenswert wäre eine völlige preisliche
            Internalisierung aller externen Effekte der
            Geflügelproduktion, einschließlich Um-
            weltbelastungen (etwa durch Nitrat). Dies
            würde das Fleisch verteuern, somit afrikani-
            sche Produkte wettbewerbsfähiger machen,
            den Verbrauch in Europa reduzieren und
            noch dazu positiv für die Umwelt sein.“

            Leider habe ich immer noch nicht verstanden, warum die Differenzierung zwischen produktspezifischer Subvention und „entkoppelter Direktzahlung“ so entscheidend ist. O.k., der Landwirt hat keinen subventionsbedingten Anreiz zum Weizenanbau. Aber er richtet sich selbst als Preisnehmer nach dem erzielbaren Ertrag und dem Aufwand, also der Differenz. In den Ertrag kann er schon mal die Direktzahlung einrechnen. Das kann er auch beim Roggen tun, aber es bleibt doch der erzielbare Ertrag entscheidend, der durch die Direktzahlung also höher ist.

            Gerade wenn beim Weizen lediglich der Weltmarktpreis wegen eines insoweit geringen Außenschutzes durch der EU (Marktordnung?) erzielbar ist, dann ist doch die Direktzahlung mit ein Grund dafür, dass der Preis für Weizen offenbar so auskömmlich ist, dass der Landwirt sich für dessen Anbau entscheidet. Wenn der (Weltmarkt-)Preis für Roggen unter Berücksichtigung der Flächenprämie günstig ist, wird der Bauer eben Roggen anbauen, und die Handelsunternehnen werden „überschüssigen“ Roggen auch in Afrika absetzen. Wenn die Preise unauskömmlich sind, wird etwas anderes angebaut oder der Betrieb eingestellt. Dann würden die Preise wieder steigen, nach der Marktordnung müsste der Schutz nach außen erhöht werden.

            Helfen Sie mir doch bitte auf die Sprünge. Ich bin bemüht um eine ideologiefreie und lagerautarke Sicht.

            • Mark sagt

              “ Aber er richtet sich selbst als Preisnehmer nach dem erzielbaren Ertrag und dem Aufwand, also der Differenz. In den Ertrag kann er schon mal die Direktzahlung einrechnen. Das kann er auch beim Roggen tun, aber es bleibt doch der erzielbare Ertrag entscheidend, der durch die Direktzahlung also höher ist.“
              Bingo! Interessant, da ist der Jurist näher an der agrarischen Realität als der Agrarwissenschaftler….

            • Ein Landwirt rechnet die Subvention nicht mit ein, weil er die gleiche Subvention auch bekommen würde, wenn er Raps, Mais, Gerste oder Roggen anbaut. Dann wird er den schauen, welche Erträge er auf seinem Standort erzielen kann, er wird seine Kostenstruktur ansehen und Preis vergleichen und sich dann für die Kultur entscheiden, bei der er den höchsten „Deckungsbeitrag“ erzielt. Er kann übrigens auch gar nichts produzieren, auch dann bekommt er die Subvention. Insofern spielt die Subvention keine Rolle bei der Entscheidung. Und deshalb ist der Unterscheid zwischen produktgebunden oder entkoppelt entscheidend. Das ist jetzt auch das letzte, was ich dazu sagen, ansonsten kommen sie in meine Vorlesung, da erkläre ich das oder lesen Sie ein gutes Buch, z.B. Ulrich Koester (2016) Grundzüge der landwirtschaftlichen Marktlehre, Vahlen.

            • AdT sagt

              Hab gerade gesehen, dass Du Dich auch festgebissen hast. Nach Lakners Antwort auf Deinen Einwand müsste er seinen Beitrag umschreiben. Da er jetzt raus ist, weil es ihm zu anstrengend ist, z.B. so:

              „Die Behauptung, dass die Betriebsprämie die Produktion beeinflusst, ist somit wissenschaftlich nicht haltbar und hierin liegt der erste drastische Fehler der Dokumentation, der zu falschen Schlussfolgerungen führt. Die EU-Agrarpolitik ist nicht Ursache für Exporte nach Afrika. Oder auch nicht. Die von mir ins Spiel gebrachte Betriebsprämie, nee der Mark war’s, ist kein Argument. Ob man sie abschafft oder beibehält, es ist voll spekulativ, wie sich das auf die Weizenproduktion auswirkt. Ich habe den Mund zu voll genommen, und vielleicht hatte die Schlampe Recht, ABER SIE HAT MIR NICHT GEANTWORTET, DIESES ZDF-MISTSTÜCK!!!!“ 😉

            • AdT sagt

              Herr Lakner, danke für die Antwort, die aber immer noch keine Antwort auf meinen Einwand ist. Statt eine kurze Begründung zu geben, oder zumindest ein neues Stichwort, verweisen Sie auf ein Lehrbuch für Studenten??

            • Mark Rössler sagt

              Die Direktzahlungen sind ja an Voraussetzungen gekoppelt,
              man könnte genauso argumentieren, dass die Direktzahlungen und AUM die Weizenproduktionmenge der EU senken.
              Blühflächen, Leguminosen ua würden ohne diese EU Gelder zu 99% wegfallen und dort würde dann eventuell Weizen angebaut.

            • Dazu vielleicht nochmal ein Hinweis: Unsere Studierenden haben im Bachelor und Master mit agrarökonomischen Schwerpunkt mindestens 2-4 Vorlesungen oder Seminare, die mit Agrarpolitik und Weltagrarhandel zu tun haben und beschäftigen sich mehrere Semester mit diesen Themen. Wenn sich jemand spezialisiert sogar noch mehr. Das können wir nicht in diesem Forum auf die Schnelle nachholen, insofern muss ich an der Stelle passen. Einige wichtige Argumente habe ich aufgeschrieben, aber am Ende muss man sich in die Frage, wie wirkt die Agrarförderung auf die Produktion reindenken und manches davon können wir in einer Vorlesung auch mikroökonomisch erklären. Sorry, mehr geht nicht.

  14. Verpächter Piet sagt

    Sehr gut erklärt , so habe ich es bei Prof Henning in Kiel gelernt. Eierleicht , wie er sagt.

  15. fingerphilosoph sagt

    Die Stories, die erzählt werden, sind von jeweilig unterschiedlichen Interessen geprägt. Der Verbraucher erzählt eine andere Story als der Bauer. Die Medienfrau erzählt eine andere Story als der Agrarökonom. Kein Mensch, auch nicht der Wissenschaftler, nimmt die Welt objektiv, sondern immer durch seine persönlichen Interessen und Vorlieben geprägt wahr.

    Fakten sind immer Abstraktionen (Messwerte, Regeln, Gedanken) über die Realität, nie die Realität selbst. Eine von einem Pharmakonzern finanzierte Studie bringt regelmäßig andere Fakten hervor, als eine Studie, die von Pharma-Gegnern finanziert wurde. Dass Fakten objektiv sind, ist eine Mär.

    Die Story, die erzählt werden soll, bestimmt die Fakten bzw. die Auswahl der Fakten, denn auch die Auswahl der Fakten ist niemals objektiv, sondern immer den Interessen des Storytellers unterworfen.

    Auch die oben erzählte Geschichte, die ziemlich objektiv klingt, ohne deswegen objektiv zu sein, ist von den persönlichen Interessen des Erzählers geprägt. Die genannten Zahlen sind bestimmt alle ganz korrekt, und so was wirkt beeindruckend. Keine Frage. Trotzdem ist leicht zu erkennen, dass die Story von persönlichen Interessen gefärbt ist.

    Eine der Prämissen in der Story ist beispielsweise, dass es ein wünschenswertes Ziel ist, dass jeder Mensch zu jeder Zeit immer genau das essen kann, worauf er gerade Lust hat, völlig unabhängig von geografischen und klimatischen Bedingungen. Wenn der Mensch Lust auf Weizen hat, soll ihm dieser zu Verfügung stehen, ganz egal, ob er dort wächst oder nicht, wo besagter Mensch wohnt.

    Ist das wirklich ein wünschenswertes Ziel, das hier so unhinterfragt in den Raum gestellt wird? Dazu könnte man sich leicht eine Gegen-Story bringen, die die weltweiten Hin- und Hertransporte verschiedener Nahrungsmittel als enorme Ressourcenverschwendung brandmarken. Auch das ist nämlich Fakt wie ebenso Fakt ist, dass Erdöl nicht mehr allzu lange als die Energieträger für das verschwenderische Transportwesen zur Verfügung steht.

    Ein echter Dialog entsteht nur da, wo die Teilnehmer am Dialog bereit sind, von ihren jeweiligen Interessen zu sprechen und zu ihren Interessen stehen. Wenn die Teilnehmer am Dialog einander nur Fakten um die Ohren hauen, geht es in der Rgel ums Rechthaben und ums Durchsetzen der eigenen Interessen, ohne auf andere Interessen Rücksicht zu nehmen. Wo immer sich der Storyteller hinter Objektivität und Fakten versteckt, kann man davon ausgehen, dass er den Anderen seine eigene Story aufzwingen und zur allein gültigen machen will. Dass muss man im Hinterkopf haben, wenn man solche Stories liest.

    • So sieht es aus.
      Wenn Ernährungsmöglichkeiten nicht im Kontext von Ernährungsnotwendigkeiten geschehen, dann sind die Folgen mannigfaltig – bis hin zur Verbreitung chronischer Erkrankungen derer, denen die Möglichkeiten, aus welchem Grund auch immer, bedeutsamer sind als die Notwendigkeit, nach denen der Körper, mitunter durch verschiedene Symptome zum Ausdruck gebracht, verlangt. Dazu zählen aber auch chronische Ungleichgewichte in der Ökologie, die ja nichts anderes bedeutet, als mit den Möglichkeiten vor Ort dergestalt zu haushalten, dass Lebensnotwendigkeiten erfüllt werden können. Bei der Ökonomie unsererseits sieht es diesbezüglich zur Gänze anders aus, Verwerfungen und Verchronifizierungen zuhauf – die aber hinter EINER immer höher aufgetürmten Mauer von Fakten tunlichst verborgen bleiben (sollen).
      Man stelle sich mal vor, die Affen im Regenwald kämen plötzlich mit Klemmbrettern daher und täten postulieren: “Liebe Habitatbewohner, Fakt ist …“. Wie lange bliebe Regenwald habitabel für die Diversität dortigen Lebens, wenn plötzlich Fakten das Sagen hätten?

      • Thea S sagt

        Das Gleichgewicht in der Ökologie (als Natur verstanden, nicht als die Lehre) ist eine Mär, eine Folge von Kurzsichtigkeit. Selbst ein dynamisches Gleichgewicht ändert sich über die Zeit, so gibt es mittlerweile keine Saurier mehr. Moore und Heiden werden zu Wäldern, und die sind auch nicht unveränderlich. Feuer nach Blitzeinschlägen kann sie vernichten.
        „Ökologie, die ja nichts anderes bedeutet, als mit den Möglichkeiten vor Ort dergestalt zu haushalten, daß Lebensnotwendigkeiten erfüllt werden können“ gilt in Bezug auf Nahrung nur dann, wenn die Nahrung der limitierende Faktor ist. Afrikanische Herden ziehen weiter, wenn die Nahrung (fast) aufgebraucht ist. Nahrungslimitierte Populationen brechen zusammen, wenn die Nahrung zu Ende geht. Der Mensch ist nicht unbedingt nahrungslimitiert (sofern er nicht dazu gezwungen wird). Er kann entweder weiterziehen („Migration“), Konkurrenten beseitigen (Kriege, Vertreibung), sterben oder sich Nahrung besorgen. Sollten wir satten Europäer den Afrikanern nun wirklich sagen, ernähre Dich von dem was bei dir wächst? Und wenn es nicht reicht, oder Du was anderes willst, hast Du halt Pech gehabt, weil „die Ökologie“ es nicht zuläßt???

        • fingerphilosoph sagt

          Da sich der Weltraum als Lebensraum für den Menschen offenbar nicht eignet, sind auch dem Menschen Grenzen gesetzt, und zwar sogar doppelte. Einmal von den Ressourcen her wie auch von der Abfallproblematik her. Heißt es nicht, dass die Menschheit schon heute, so wie sie lebt, 1 1/2 bis 2 Erden verbraucht? Die Menschheit kann nicht dauerhaft über ihre Verhältnisse leben, das lässt die Ökologie eben in der Tat nicht zu. Was nützt es, die Grenzen, die der Planet selber setzt, permanent zu leugnen und ein System gegenseitiger Abhängigkeiten zu etablieren, das vom energetischen Standpunkt her gesehen nichts anderes als eine Art Schwarzes Loch ist?

        • Warum eigentlich immer wieder dieses Totschlagargument, ob wir Europäer andere Menschen verhungern lassen sollen, wo wir doch über derart viele Möglichkeiten der Rettung verfügen. Natürlich sollen wir niemanden verhungern lassen, aber dieses Argument blendet komplett aus, wieso andere Länder höchstwahrscheinlich erst in diese Lage geraten sind. Erst fielen die Europäer, um bei diesem Beispiel zu bleiben, in der Vergangenheit in andere Länder ein, um sich an deren Ländereien und Rohstoffen und Arbeitskräften zu bereichern und später treten sie dann auf dem Kontinent als Retter auf und versprechen Linderung der Lage vor Ort, erwähnen aber nicht den eigentlichen Ursprung der Misere. Dann werden Gelder, Bildung und Knowhow versprochen und reichlich Kredite gewährt, bis die Länder irgendwann nahezu komplett vom Ausland abhängig sind.
          Innerhalb der Mauer aus Fakten mögen wir reichen Länder uns zwar als Retter sehen, aber jenseits der Mauer bleibt der eigentliche Grund unseres Retterdaseins außen vor. Das lässt sich auch auf die Demokratie übertragen, die z. B. in den USA immer wieder als große Errungenschaft hochgehalten wird, ohne aber zu erwähnen, dass zuerst die Indianer ganz undemokratisch verfolgt und unterdrückt wurden. Gleiches zeigt sich überall dort, wo EINE Errungenschaft als Lösung angepriesen wird, weil damit endlich EIN Problem beseitigt werden kann, wie es aktuell beim Kunstfleisch aus dem Labor der Fall ist, das die Massentierhaltung beenden könnte. Nur will keiner sehen, warum es überhaupt erst zur Massentierhaltung gekommen ist. So mästet sich der Fortschritt selbst. Er vereinfacht EINE lange Verkettung von Problemen als EIN Problem, wie z. B. die Massentierhaltung, und bietet für dieses vereinfachte Problem EINE weiter fortgeschrittene Lösung an, wie z. B. das Kunstfleisch. Somit scheint irgendwann gelöst, was aber als Verkettung viele weitere Konsequenzen nach sich ziehen wird – nur werden diese nicht mehr mit den eigentlichen Problemen in Verbindung gebracht.
          Deshalb sollen die Nahrungsexporte in andere Länder nicht unterlassen werden, nur sollte man sich im Klaren sein, dass es langfristig keine Lösung ist immer mehr Länder in derartige Abhängigkeiten zu treiben. Je höher EINE Mauer errichtet wird, desto tiefer wird sie irgendwann untergraben – und einstürzen. Nur schüttelt man dann dort mit dem Kopf und versteht die Welt nicht mehr, wo zuvor EINE Mauer den eigenen Horizont bildete.

    • Ich will niemandem meine eigene Story aufzwingen, das ist ein absurder Vorwurf.

      Echter Dialog besteht für mich vor allem darin, dass man als ZDF Zoom eine Facebook-Seite macht und dort auf kritische Fragen antwortet. Frau Schickling und die ZDF Zoom-Redaktion tut dies nicht und so kommt dann keine Kommunikation zu Stande. Irgendwann suche ich mir ein Forum, um auf Ungereimtheiten in dem ZDF-Film aufmerksam zu machen.

      Natürlich suche ich mir dazu Fakten und erzähle das als Story. Allerdings suche ich nicht krampfhaft irgendetwas zusammen, sondern der Text oben beruht darauf, was viele Experten in wissenschaftlichen Journals publizieren. Wir haben Ende 2017 einen „Fitness-Check für die Gemeinsame Agrarpolitik“ publiziert, der auf über 300 Studien beruht. Dort haben wir viele Schwachpunkte der Agrarpolitik gefunden. Allerdings zeigt die Literatur, dass der schädliche Einfluss der Agrarpolitik auf Entwicklungsländern zurückgegangen ist und speziell bei Weizen seit vielen Jahren gleich null ist. Das ist natürlich eine Story und dafür suche ich mir Daten aus, die das belegen.

      Das Problem ist eher, wenn ich eine Story erzähle, die durch Fakten nicht so richtig zu belegen ist. Das ist meine Kritik an Frau Schickling. Aber Sie dürfen gerne anderer Meinung sein, nur für den Fall, dass Sie das Gefühl haben, ich würde Ihnen etwas „aufzwingen“. Und im Gegensatz zu ZDF Zoom antworte ich auf Ihren Meinungskommentar hier 😉

      • Bauer Fritz sagt

        Ich anerkenne das sehr, wenn sie schreiben, daß sie sich ein Forum gesucht haben, um argumentative Ungereimtheiten im Film aufzuklären – und hier eines gefunden haben. Allein schon die Tatsache, daß sie ihre Meinung mit wissenschaftlichen Fakten unterlegen, ehrt sie als Wissenschaftler. Da muß man noch gar nicht ihrer Ansicht sein oder ihnen zustimmen. Aber es gibt eben genug andere, die sich Wissenschaftler nennen, aber ihre persönliche Meinung als Faktum darstellen (überlicherweise ohne wissenschaftlichen Nachweis oder Untermauerung – das wäre ja dann zuviel verlangt).

        Es ehrt sie auch, daß sie sich einem öffentlichen Diskurs stellen, gefühlte 97% ihrer Zunft tun diese nicht (aus Angst vor Shitstürmen, aus Angst um ihre berufliche Karriere, aus Überheblichkeit, aus „hab ich doch nicht nötig“ oder dergleichen). Wäre schön wenn sie mal in einer Uni- oder Institutskonferenz einwerfen, daß es da draußen Menschen gibt, die an fundierten Aussagen sehr sehr interessiert wären – weil Blödsinn findet man genug in TV und sonstigen Medien. Und daß das wahre Leben (vor allem das agrarische) sich halt außerhalb der Elfenbeintürme abspielt.

        Wie sie hier ja sehen (und in den über 1000 anderen Themen auf der Seite) gibt es genug wo man als Bauer auch schon gerne öfter sähe, daß sich Wissenschaftler erklären oder Erklärungen beitragen.

        • Vielen Dank. Wir sind vermutlich als Wissenschaftler gut beraten, wenn wir deutlich zwischen Meinungen und Fakten unterscheiden. Und es ist auch klar, dass man sich auch als Wissenschaftler irren kann.

          Was die Beteiligung an der öffentlichen Diskussion angeht: Es gibt inzwischen einige Wissenschaftler und Kollegen, die sich über Blogs und sozialen Netzen an Fachdiskussionen beteiligen. Es gibt z.B. vom geschätzten Kollegen Robert Finger und seinen Kollegen in Zürich an der ETH https://agrarpolitik-blog.com und Alan Matthews aus Dublin (bzw. Dänemark) veröffentlicht seit Jahren auf http://capreform.eu Auf beiden Blogs finde ich immer wieder sehr interessante und lehrreiche Beiträge. Insofern ändert sich das auch etwas, Tatsache ist aber auch, dass das Zeit kostet 😉

      • fingerphilosoph sagt

        Vielen Dank, Herr Lakner, dass Sie mir gestatten, eine eigene Meinung zu haben. Das gestehe ich Ihnen gern auch zu. Aber mehr als eine Meinung ist ihr obiger Artikel eben auch nicht, egal mit wieviel mehr oder weniger krampfhaft zusammengesuchten Fakten bzw. Studien er untermauert ist. Weil man eben nicht nur eine einzige Meinung, sondern eine ganz Menge höchst unterschiedlicher, einander sogar widersprechender Meinungen mit Fakten und Studien untermauern kann. Dann steht eine Meinung gegen die andere. Darauf wollte ich hinweisen.

        Fakten für sich genommen, sagen überhaupt nichts aus. Sie müssen in einen Zusammenhang gestellt und interpretiert werden, und das geschieht aus einer jeweiligen Interessenlage heraus. So und nicht anders bilden sich Meinungen.
        Manche machen sich bei der Meinungsbildung mehr Mühe, indem sie Fakten und Studien bemühen, andere weniger, das ändert aber nichts daran, dass die Meinungsbildung vor allem anderen von den eigenen Interessen gelenkt ist.

        Das ist auch nicht dramatisch, solange man sich dessen bewusst ist. Problematisch wird es erst, wenn man das, was der Andere sagt, als bloße Meinung abtut, während man sich selbst im Besitz einer wie auch immer gearteten Wahrheit wähnt.

        AdT hat sich ja weiter oben die Mühe gemacht, einige Ihrer Behauptungen näher zu untersuchen und als Meinung zu entlarven, deshalb erspare ich mir das an dieser Stelle.

        • „entlarven“… Na wenn Sie meinen, dann ist ja alles gut. Bisher Sie tragen überhaupt nichts intelligentes zur Diskussion bei, insofern werde ich auf Ihre Punkte nicht eingehen. Es kann sich jeder und jede über den Text oben selbst ein Urteil bilden. Wenn Sie meine Fakten nicht überzeugen, dann ist das so.

          • fingerphilosoph sagt

            Was mich nicht überzeugt, sind nicht die Fakten, sondern die Art und Weise, wie die Fakten präsentiert werden.

            • Bauer Fritz sagt

              Es ist doch heutzutage festzustellen, daß Fakten selbst nicht mehr überzeugen. Das ist m. M. ein doch weitaus gravierenderes Problem.

              Fakten müssen aber Fakten bleiben.
              Erst dann kann man sich darüber unterhalten, wie sie interpretiert werden (richtig oder falsch, politisch oder kommerziell, schlüssig oder nicht schlüssig ….). Und erst in einem dritten Schritt die Art und Weise kritisieren, wie die Fakten präsentiert werden (sachlich oder emotionell, mit dem Megaphon oder in Gesprächslautstärke, mit persönlichen Noten oder eben nicht ….).

              Fakten sind aber dann immer noch etwas anderes als Meinungen. https://derstandard.at/2000076684974/Energetisiertes-Modern-Living-mit-Esoterik

            • Inga sagt

              Du mußt sie naturwissenschaftlich betrachten, Fingerphilosoph.

              Weil sie ja so viel Leute die Freiheit nehmen, sie auch anders zu betrachten und wahrnehmen, deswegen hat ja die Werbung so ein leichtes Spiel.

            • Inga sagt

              Ja, Bauer Fritz,
              deswegen hat es ja die Werbung so leicht, uns zu beeinflussen!

              Heute ist mir folgendes passiert:

              Heute in der Straßenbahn setze sich ein junger Vater mit kleinen Sohn neben mich. Er Sagte zu ihm, so jetzt holen wir die Mama ab. Ob sie im Altenheim arbeitet dachte ich?

              Dann sagte der Kleine zu seinem Vater, er möchte die Erdbeermarmelade haben, natürlich darfst du daran naschen.

              Natürlich war es ein Erdbeermarmeladenglas, weil auf dem Deckel Erdbeeren abgebildet waren, aber es war kein Etikett dran.
              Ich fragte, haben sie die selbst gekocht,er erwiderte, ja die ist selbst gekocht.
              Jetzt, fragte ich, mit Erdbeeren aus Südafrika?

              Nein nein, sagte er, die hat meine Oma gekocht, die hat Erdbeeren im Garten.
              Ich sagte, aber da kann sie doch jetzt gar keine ernten, jetzt in der Jahreszeit, er erwiderte, das weiß ich doch nicht.

              Da erklärte ich ihm, an den Bäumen wächst auch kein Obst, sind noch nicht mal Blätter dran. Und bei den Früchten auf den Feld und Garten ist es genau so.

              Das Getreide wächst jetzt im Feld und im Sommer von Juli bis September wird es geerntet, da sieht man dann auch Mähdrescher darum fahren.

              Die Erdbeerpflanze hat jetzt auch Winterpause, sie fängt in Frühjahr an zu blühen und ab Ende Mai bis Anfang Juli sind Früchte dran, die man ernten kann.

              Wenn man Erdbeeren in Garten hat, dann erntet man die jeden Tag, von den kleinen kocht man Marmelade und die großen udn schönen friert man ein und davon hat man das ganze Jahr was für Bowle, Erbeerquark oder Torte.
              Ihre Oma kann aber jetzt auch welche aus der Truhe genommen haben und für ihren Enkel und Urenkel Marmelade gekocht haben.

              Zwischendurch sagte er zu dem Kleinen, die dürfen wir erst öffnen wen sie kalt ist.

              Darauf erklärte ich ihm, da hat ihre Oma neben Zucker auch Gelatine oder Gelfix reingemacht und das geliert erst, wenn sie kalt ist, wenn sie noch warm ist, dann ist sie noch flüssig.

              Dann mußten sie aussteigen, und er bedankte sich bei mir.

              Warum weiß der erwachsene Enkel nicht so viel wie seine Oma?
              Was will er seinem Sohn beibringen?

              Ich wollte ihnen gerne noch erzählen, dass ich vor Jahren Anfang Januar in de Schlage vor der Supermarktkasse einen ledigen Mann (Bestimmt Ingenieur oder Architekt, jedenfalls berufsfremd, dachte ich) erlebte, der die Kassiererin fragte, sie man aus den beiden Schälchen Erdbeeren Marmelade kochen kann, diese antworte ihm, von den biedre Schälchen gar nicht, dazu brauchen sie einen ganzes Kilo!
              Oh teure Marmelade,dachte ich.

              So, nebenher habe ich erfahren, das sei Erdbeeren im Winter aus Südafrika sehr hart sein sollen, also eine harte Schale haben sollen. Außerdem soll das innere nicht schmecken.

              Also teuer, umweltunfreundlich und schmeckt nicht.

              Das wäre bestimmt eine große Enttäuschung für den jungen Mann aus dem Supermarkt,
              wenn er so viel Schälchen mit Erdbeeren gekauft hätte, dass er ein kg Erdbeeren hätte und ein kg Gelierzucker dazu, wenn es den um die Jahreszeit in dem Supermarkt überhaupt gegeben hätte, und davon Marmelade gekocht hätte.
              Das gäbe ungefähr 4 Marmeladengläser voll.

          • Paulus sagt

            Meine Antwort gilt Bauer Fritz, das geht unter seinem Beitrag leider nicht mehr.
            Fakten sind zumindest im naturwissenschaftlichen Bereich nicht interpretierbar. Was durch reproduzierbare Experimente nachgewiesen ist gilt als Fakt. Sonst wären darauf aufbauende Technologien, welcher Art auch immer nicht möglich.
            Hätte ich als Student z.B. die Hauptsätze der Thermodynamik in Klausuren philosophisch interpretiert, wäre mir ein dreimaliger Koffer, sprich Exmatrikulation sicher gewesen.
            Selbst im juristischen Bereich, so musste ich mich von meiner Tochter belehren lassen,
            gibt es praktisch keinen Spielraum zur Interpretation. Das Mädel arbeitet immerhin in Karlsruhe und sollte es wohl wissen.
            Was mich bei manchen Ökonomen irritiert ist, dass sie „wie verlangt“ mit Prognosen aufwarten, gleichzeitig gerne den Konjunktiv umgehen – und trotzdem sind sie unverzichtbar. Das betrifft jetzt wieder S. Lakner.

    • Inga sagt

      Der Verbraucher hat keine Fakten, der glaubt nur zu wissen. Ausgenommen sind die, die sich für die Materie interessieren und damit befassen. Ihm wird meistens die Meinung von der Werbung des LEH gemacht.
      Das ist für sich genommen auch ein Problem!

      Von persönlichen Interessen gefärbt, eine objektive Geschichte eines Wissenschaftlers?
      Einem Naturwissenschaftler geht doch hier um Wahrheit und nicht um Gefühle oder Ahnungen.
      Warum ist die Geschichte oben nicht objektiv? Hast du die Fakten dazu, Fingerphilosoph???
      Was liegt dem Bauer Willi denn am Herzen?
      Landw. Produkte kosten nichts, deren Preise passen nicht zu den Preisen, die wir in der Landmaschinenwerkstadt und -fabrik bezahlen müssen und auch nicht zu den anderen Konsumgütern.

      Warum ist eine mit Fakten entstandene Geschichte mit persönlichen Interessen gefärbt? Das führt doch gar nicht zum Ziel der Wahrheit, oder?

      Deine persdönlichen Prämissen der Story gelten vielleicht für uns in der westl Welt hier, aber für die Menschen in Afrika noch lange nicht. Das Ziel dazu stellst du erst mal in den Raum.
      Die in Afrika wollen satt werden um dann ihre Wirtschaft und eventuell Industrie anzukurbeln. Damit sie irgendwann vielleicht mal unser Wirtschaftspartner werden, bzw. in die Weltwirtschaft integriert werden können.

      Natürlich kritisieren wir die Energieverschwendung von den hin und hergefahrenen Gütern dieser Erde.
      Deswegen sind ja auch Erdbeeren aus Südparka verpönt.
      Das Problem muß man anderes lösen.
      Also die in Afrika bauen erst einmal eine Industrie auf, solange können sie unseren Weizen haben, nebenher wird an der dortigen Ökologie geforscht, welche Pflanze passt zu welchen Boden-, Klima- und Witterungsverhältnisse. Vielleicht Hirse und Maniok, dann werden die aber von den früher Armeleuteessen etwas herrichten zaubern können und industriell verbreiten.
      Isst du gerne Kartoffelpuffer?
      Afrika ist groß und hat viele Klimazonen. Senegal war bestimmt nur ein Beispiel.
      Es geht ja um den Welthandel und um unsere Welthandelspreise, die zu Afrikanischen Preise passen und wie wir Bauern damit trotzdem Leben und unsere Industriegüter für den Betrieb kaufen können.

      Und wenn ein Dialog darüber geführt wird, dann muß er zum Ziel führen, wie kann man Ökologie, Ökonomie und Soziologie in der Welt zusammenfassen.

      Und ernstzunehmende Journalisten müssen da genau bei Fachleuten mit Fakten zuhören und recherchieren. Sie selbst und ihr Medium nicht so wichtig nehmen. Irgendeine nebensächliche Ideologie verwirrt nur und spiegelt die falschen Tatsachen wider, denke ich.

      Ein echter Dialog ist der, bei dem es Ziele geht und nicht um Ideologien.

  16. Georg Summerer sagt

    Ein guter Beitrag. Es gibt in der Nahrungs- und Entwicklungspolitik wohl nicht den absolut
    richtigen Weg, sondern es ist immer ein Abwägen der Vor- und Nachteile. Niemals ein Schwarz ODER Weiß.
    Was soll die Regierung eines Entwicklungslandes bevorzugen: die Bevölkerung hungern oder
    Geld verdienen lassen.

    • Georg Summerer sagt

      Sorry, man sollte keinen Kommentar schreiben wenn man abgelenkt ist!
      es sollte natürlich heissen: die Bevölkerung hungern und die Bauern Geld verdienen lassen oder Importe zuzulassen und dabei zu riskieren, daß Entwicklungsprojekte der örtlichen Landwirtschaft wegen zu niedriger Nahrungsmittelpreise scheitern.

      • Inga sagt

        Das ist das Problem.

        Wie passen Ökologie, Ökonomie und Soziologie zusammen?
        Und wie gehen Entwicklungsländer damit um.

        Da stören erstmal individuelle und ideoligische Interessen; der Aufbau des Landes muß Vorang haben.

  17. Thea S sagt

    Sehr interessante und zumindest mich als Laie überzeugende Analyse. Ist die auch an Frau Schickling gegangen, und was sagt die dazu?

  18. AdT sagt

    „Die Behauptung, dass die Betriebsprämie die Produktion beeinflusst, ist somit wissenschaftlich nicht haltbar und hierin liegt der erste drastische Fehler der Dokumentation, der zu falschen Schlussfolgerungen führt. Die EU-Agrarpolitik ist nicht Ursache für Exporte nach Afrika.“

    Scharfe Analyse.

  19. Mark sagt

    Um es klar zu sagen. Auch ich kritisiere die o.g. Zoomreportage und habe dies hier bereits ausgeführt. Dem Beitrag von Herrn Lakner kann ich nur in den Punkten 4 und 5 zustimmen, 1-3 sind definitv falsch und eines Ökonomen nicht würdig. Verstehen kann man dies nur, wenn man Witzenhausen und das östereichischen Pendant dazu, das Institut für Bodenkultur in Wien, kennt.

    • Wenn Sie es ökonomisch besser wissen, dann begründen Sie bitte mal, wie entkoppelte Direktzahlungen den Weizenexport beeinflussen sollen. Ich bin gespannt auf Ihre Theorie! Ich weiß auch nicht, warum Sie die Boku kritisiere, ich arbeite seit 2005 in Göttingen 😉

      • Mark sagt

        „Die EU Direktzahlungen wurden 2005 „entkoppelt“ und werden seither unabhängig von den Produktionsverfahren eines Betriebes gezahlt.“ Die Argumentation der „Entkoppelung der Prämien“ ist doch eine Erfindung der Agrarökonomen um die Prämien argumentativ „Greenbox“-fähig zu machen, das wissen Sie doch besser als ich. Der Anteil der Prämien am Gewinn der Ackerbauern liegt irgendwo zwischen 50 und 100%, (angeblich sogar bei Großbetrieben, sonst könnte man ja die Degression umsetzen). Würden die EU-Prämien ersatzlos gestrichen, hätten wir nach einem Rumms deutlich weniger Produktionsmenge (da Grenzanbieter aus der Produktion ausscheiden müssten) und/oder wir hätten deutlich andere Preisverhältnisse. Beides hätte natürlich deutlichen Einfluss auf den Agrarimport/export.
        Im Übrigen: das Kernproblem dieser afr. Länder ist die Armut, diese Problematik können weder die europäischen Bauern noch die EU-Agrarpolitik lösen, egal wie sie sich verhalten.
        Boku habe ich erwähnt, da die nach meiner Einschätzung auf der selben ideologischen Linie liegen wie Witzenhausen. Dass die Wissenschaft neutral ist darf man getrost ins Reich der Märchen verweisen (siehe auch Ilchmann).

        • Zwei Dinge:
          1) Ist schon interessant, dass Sie so genau wissen, welche „ideologischen Linien“ an einer ganzen Universität vertreten werden. Sie machen sich allerdings nicht mal die Mühe diese Linien auch nur ansatzweise zu skizzieren.
          2) Sie fangen einen interessanten Gedanken an: Wenn wir die Betriebsprämie abschaffen, dann müssen einige Betriebe aufgeben. Und was passiert dann mit deren Fläche? Ein Teil wird vermutlich von produktiveren Betrieben übernommen, ein Teil fällt brach. Wir wissen aber nicht, in welchem Verhältnis das geschieht. Die Frage, wie viel Fläche von produktiven Betrieben übernommen wird, die auf diesen „übernommenen Flächen“ vermutlich einen höheren Ertrag erzielen, hängt wovon ab? Richtig vom Preis der Agrarprodukte. Insofern könnte es durchaus sein, dass die produzierte Menge nach dem Abschaffen die Direktzahlungen höher ist als davor. Insofern guter Anfang, aber denken Sie den Gedanken zu ende, dann merken Sie, dass die Aussagen, die ich in meinem Text treffe, vielleicht gar nicht so falsch sind.

          • Mark sagt

            „Insofern könnte es durchaus sein, dass die produzierte Menge nach dem Abschaffen die Direktzahlungen höher ist als davor“ Oder niedriger. Also haben auch entkoppelte Direktzahlungen eben doch einen Einfluss auf die Produktion. Jetzt haben Sie verstanden (hoffe ich jedenfalls).

            • Nein, die Direktzahlungen haben keinen Einfluss auf die Produktion von Weizen. Das habe ich damit auch nicht gesagt, sondern Ihnen gezeigt, dass ein solcher Effekt, egal in welcher Richtung spekulativ ist und die von Ihnen ins Spiel gebrachte Betriebsaufgabe kein Argument ist.

              Aber Sie wollen es nicht begreifen und Sie haben das Grundprinzip nicht verstanden. Ich bin raus, mir ist das zu anstrengend.

  20. Ottmar Ilchmann sagt

    „Die Wissenschaft hätte an der Stelle den Vorteil, grundsätzlich unparteiisch zu sein.“ Diese Aussage halte ich, gerade was die Agrarökonomie angeht, für ein Gerücht!

    • @Ottmar Ilchmann: Agrarökonomen sind basierend auf der ökonomischen Theorie neutral. Ich höre leider immer wieder aus der AbL Vorwürfe, irgendetwas sei „neoliberal“, gerade Ecki Niemann kommt jede Woche mit dem Vorwurf, in Göttingen sei diese oder jenes gesagt worden. Das entspricht nicht der Realität. In Göttingen sitzen keine neoliberalen Monster. Ich vertrete auch nicht die Auffassung, dass es die lupenreine weiße Wissenschaft gibt. Aber zumindest kenne ich viele aktuelle Lehrstuhlinhaber, die solche Probleme wie das im Senegal ernst nehmen und sich dann zu so einem Beitrag ohne eigenen Interessen äußern. Häufig geht es auch um die Klärung einfacher Fakten, die von Frau Schickling ignoriert wurden oder die sie nicht wusste. Wenn Du den Beitrag genau liest, vertrete ich an keiner Stelle eine fundamentalistische Position. Viele solcher Fragen sind politisch, aber man muss schon auf die ökonomischen Folgen z.B. eines Schutzzolls hinweisen. Insofern bitte auch Agrarökonomen ernst nehmen, und zwar auch die aus Göttingen!

      • Ottmar Ilchmann sagt

        Ich nehme Agrarökonomen sehr ernst, allein schon, weil sie einflussreiche Ratgeber der Politiker und vieler anderer Entscheidungstäger sind und als solche manchmal verhängnisvoll wirken. Aber als unparteiisch nehme ich sie häufig nicht wahr. Sicher nicht alle, aber viele Agrarökonomen, gerade der Göttinger Schule, tragen durchaus ideologische Scheuklappen; sie haben dann vielleicht kein Eigeninteresse, aber gewisse Denkblockaden. Das sind aber alles sehr grundsätzliche Betrachtungen, die mit dem vorliegenden Thema wenig zu tun haben, und wie überall gibt es auch Ausnahmen. Mir kam nur der Satz von den unparteiischen Ökonomen ein bisschen quer. Der erste Schritt zur Unvoreingenommenheit ist immer, die eigene Voreingenommenheit wenigstens zu erkennen. Gilt sicherlich auch für die AbL.

        • Wir könne die Frage der „Göttinger Schule“ und auch das Thema oben gerne mal persönlich beim einem Kaffee oder einem Bier vertiefen. Vielleicht trägt das ja dazu bei, dass wir ein realistischeres Bild der jeweils anderen Seite bekommen 🙂

          • Ottmar Ilchmann sagt

            Ich muss mit meiner Zeit haushalten, es gibt so viel Wichtiges zu tun. Ob´s da zum Kaffetrinken (ist mir als Ostfriese sowieso nicht so sympathisch) mit Agrarökonomen reicht? 😉

  21. bauerhans sagt

    wahrscheinlich wird dieser fachbeitrag wieder nur in der landw. fachpresse zu lesen sein,aber sicherlich nicht in der ZEIT,der SÜDDEUTSCHEN oder im STERN,das ZDF wird auch nicht darauf eingehen.

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