Bauer Willi
Kommentare 17

Naturbelassene, regionale Weidemilch…

…mit kurzen Transportwegen und von „glücklichen Kühen“ will der Kunde haben. Zumindest, in Umfragen.

Die Realität sieht anders aus: (Zitat) „Die rund 4 000 Liter Milch, die diese Kühe pro Tag produzieren, liefert die Familie Troue nun wieder ausschließlich an die Molkerei – auch wenn Lena Troue sich das anders gewünscht hätte: Die Direktvermarktung der Hofmilch in drei Supermärkten, einem Café und einem Hofladen hat sich nicht rentiert. Die Nachfrage der Kunden blieb deutlich hinter den Erwartungen zurück. Deshalb musste Lena Troue das Projekt aufgeben.“ (Zitatende)

https://www.kreiszeitung.de/lokales/diepholz/bruchhausen-vilsen-ort52437/wieder-gibt-direktvermarkter-12345588.html

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17 Kommentare

  1. Thomas Apfel sagt

    Es gibt drei Wege, auf denen sich Direktvermarktung rechnet.:
    1. Große Betriebe im Großstadtumfeld mit einer kapitalintensiven aggressiven Verkaufsstrategie die kleinere Konkurrenten schnell und effektiv vom Markt schießt. Das ist beim Spargel- und Erdbeeranbau im Osten so gelaufen.
    2. Große überwiegend indirekt vermarktende Landwirtschaftsbetriebe, die einen Teil ihrer Produkte (z.B. Milch) direkt verkaufen. Diese Betriebe sind groß genug Kapital für einen kleinen Betriebsbereich Direktvermarktung einzusetzen und sind darin oft sehr erfolgreich.
    3. Der Standort spielt die größte Rolle. So ist mir ein überwiegend indirekt vermarktender Obstbaubetrieb bekannt, der aber an 3 gut ausgebauten Standorten an Bundesstraßen auch sehr erfolgreich direkt vermarktet. Er hat sich mit einem mittelgroßen Milchbauern aus der Umgebung zusammengetan, und an jedem Standort einen Milchautomaten aufgestellt. Das wird sehr gut angenommen und je Automat und Tag durchaus 200 – 300 l umgesetzt. Der Hauterwerb ist das für den Milchbauern sicher nicht, aber ein weiteres Standbein.
    In meiner Nachbarschaft arbeitet ein für die Verhältnisse im Osten kleiner bäuerlicher Familienbetrieb, Ackerbau, Obst und Milchvieh mit Milchverarbeitung und 100 % Direktvermarktung der Milch. Der Betrieb war für die Qualität seiner Erzeugnisse bekannt und in der DV erfolgreich. Die Kehrseite dieser Diversifizierung war, die Familienmitglieder haben sich fast totgearbeitet. Das Erste was der Hofnachfolger gemacht hat war, das Abschaffen jeglichen Viehs, Erweiterung im Ackerbau und Intensivierung im Obstanbau. Die Direktvermarktung wird es noch solange geben, wie das Elternpaar diese Arbeiten macht und organisiert. Er wird die DV nicht weiterführen.
    Auch seine Mutter war, wenn man sich mit ihr unterhält, froh, dass endlich Jemand die Entscheidung getroffen hat, das Vieh abzuschaffen.

    • bauerhans sagt

      „…die Familienmitglieder haben sich fast totgearbeitet.“

      genau das beobachte ich hier auf betrieben und wenn ich das anspreche,werde ich schief angeschaut.
      die jüngere generation hat da ganz andere vorstellungen und ist nicht mehr bereit dazu!

  2. Paulus sagt

    Der Artikel lässt so einiges offen, wie das bei Lokalnachrichten halt so üblich ist.

    Meine Frau kauft ausschließlich Milch bei einem Bauern in Ostbelgien, der Preis wurde kürzlich von 2,00 € auf 2,20 oder 2,30 €/l erhöht. Da ich keine Milch trinke weiß ich noch nicht einmal ob die pasteurisiert ist oder nicht. Jedenfalls erfolgt der Hofverkauf nach alter Väter Sitte ausschließlich in selbst mitgebrachten Milchkannen. Das ist dort noch üblich und zu gewissen Zeiten ist da richtig was los. Es ist übrigens kein Biobetrieb.

    Wenn ich mir vorstelle, dass man an fünf Milchautomaten lediglich 30 l/Tag verkauft
    kann die Rechnung nicht aufgehen. Um das zu erkennen muss man kein Milchbauer sein. Als Laie stelle ich mir gerade vor was da so alles eingepreist werden muss:
    1. Erfordert die Anschaffung der Automaten eine Investition
    2. Ein Rewemarkt wird für die Aufstellung wohl auch einen Beitrag verlangen.
    Schließlich kostet der Betrieb der Automaten (Kühlung usw.) ja auch noch Geld
    3. Dürfte es sich bei den Glasflaschen um ein Mehrwegprodukt handeln, sodass auch der Aufwand für deren Reinigung etc. zu Buche schlägt.
    4. Sind auch die Kosten für die Beschickung der Automaten und ggf. Rücknahme/Entsorgung nicht verkaufter Milch zu berücksichtigen.
    5. Kommt da noch der Posten Diverses, wie z.B. eigenes Marketing, Werbekostenzuschuss für Rewe-Prospekte usw. hinzu.

    Und das für 1,50 €/l ??? Die Zahl unten rechts, in der betriebswirtschaftliche Rechnung möchte ich sehen.

    Auch wenn ich jetzt manche Bauern mal wieder gegen mich aufbringe. Ich halte es für unfair, den undankbaren Verbraucher als Verursacher hinzustellen.
    Ich denke, in diesem Fall war es eher das eigene Unvermögen. Erwartungshaltung und Realität lassen sich nun mal nicht immer in Einklang bringen.
    Und jetzt kommt mir bitte nicht mit dem Spruch, höhere Preise lassen sich nicht erzielen oder so. Ein nachprüfbares Beispiel dafür, dass es möglich ist hatte ich voraus geschickt.

    • bauerhans sagt

      Paulus,bauern produzieren unelastisch unflexibel.
      verbraucher geben fürs essen gern wenig aus.

    • Schmeckt gut sagt

      Paulus, der risikobereite Bauer hat also selbst Schuld, weil er so blöd war und den Verheißungen der Direktvermarktermissionare geglaubt hat. Hier macht es sich jemand aber sehr einfach. Diese Vermarktungsform soll doch die LW in D retten. Funktioniert nur leider in strukturschwachen Regionen nicht. Die Logistikkosten sind hier zu hoch. Meine Erfahrungen decken sich 1:1 mit denen der Obstbäuerin. Und Eckhard ist anscheinend sprachlos.

    • Ferkelhebamme sagt

      Landwirte sind Unternehmer. Ich gehe mal stark davon aus, dass hier auch zuvor eine Wirtschaftlichkeitsanalyse durchgeführt wurde, die landwirtschaftlichen Buchstellen können hierzu Durchschnittszahlen z.B. der Verkaufsmengen von ähnlichen Projekten aus der Praxis liefern. Hier scheint der Break-Even-Point aufgrund mangelnder Nachfrage nicht erreicht worden zu sein. Da gilt es herauszufinden, warum man Durchschnittswerte, die woanders erreicht werden, nicht schafft und gegenzusteuern. Oder ganz schnell aufzuhören.
      Wer naiv und blauäugig meint, auf angebliche Trends einfach nur aufspringen zu müssen und zu blindem Aktionismus greift, kann übel auf die Nase fallen. Erinnert mich an die Sauenhalter, die jetzt schon Bewegungs-Abferkelbuchten gebaut haben, obwohl es noch keine Richtlinien gab. Die werden nach momentanem Stand der Planungen in 15 Jahren nämlich auch zu klein sein. Glückwunsch, nochmal teuer umbauen.

    • Ehemaliger Landwirt sagt

      Nein,
      der Verbraucher ist nicht immer Schuld, es ist ein Ergebnis, dass viele Bauern sehen, dass sich die vielgepriesene Direktvermarktung nur selten wirtschaftlich durchführen lässt.
      Bei Erdbeeren und Spargel funktioniert das recht gut, wenn sie ihre Verkaufsstände gut Platzieren können. Baumärkte sind gut, da will der Ehemann seine Lieben mit Erdbeeren überraschen, der Ehemann ist nicht so preisbewusst wie die Ehefrau.

      Bruchhausen-Vilsen hat über 9.000 Einwohner, genug Käufer wären vorhanden.

      Du und deine Frau, ihr seid offensichtlich bereit in Belgien für den Liter Milch 2,30 Euro zu bezahlen, aber erkläre mich nicht, dass die breite Masse dies tut, dies ist bei diesem Betrieb zu sehen. Die Realität und das ist richtig, die stimmt nicht immer mit dem was gesagt wird, überein.

      Vor ein paar Jahren war eine Familie vom Norden von Rheinland Pfalz zu Besuch. Bei einer Rundfahrt durch das Elsass besuchten wir einen großen Supermarkt (CORA) in Straßburg und die Hausfrau stellte fest, das alles sündhaft teuer wäre. (Der Kopfsalat kostete 1 Euro mehr als beim ALDI). Man könnte auch fragen, warum bei uns alles so billig ist, war meine Antwort.

  3. Uta Kettner sagt

    Das ist sehr schade.
    Man sieht ganz deutlich, dass es zwischen Denken, Sagen und Handeln einen großen Unterschied gibt.
    Es kommen zum Ditektvermarkter viel mehr Leute, welche sich mit der Landwirtschaft in der Region auskennen.
    So ist es auch bei uns. Viele, die zu uns an die Milchzapfstellle kommen, haben früher etwas mit Landwirtschaft zu tun gehabt oder kommen vom Dorf.

  4. Michael Gorke sagt

    Also den „Umweg“ zum Hofladen musste ja bei diesem Angebot niemand in Kauf nehmen. Ich denke der Preis ist einfach zu hoch gewesen, wenn man es mit der Biomilch aus der Tüte vergleicht.

  5. bauerhans sagt

    hier hatte ein landwirt einen biosupermarkt gegründet,der sehr stark besucht wird.
    im nahe gelegen Herford hatte der biosupermarkt gerade geschlossen,weil es sich nicht mehr rechnete.

  6. Bergbäuerin sagt

    In unserer Gegend gibt es gleich mehrere Bauernmolkereien, die gut gehen:
    http://www.milchhof-wurzinger.at/
    https://www.gutesvombauernhof.at/oesterreich/mobile-startseite/mobil-detailseite.html?hid=1058242&no_cache=1
    https://www.gutesvombauernhof.at/oesterreich/mobile-startseite/mobil-detailseite.html?hid=1058242&no_cache=1
    Die beliefern LEH, Bauernläden und -märkte, Lagerhäuser; Wurzinger beliefert auch Altersheime und Schulen. Das funktioniert seit vielen Jahren, und die Nachfrage steigt tendenziell. Wir sind allerdings auch eine Tourismusregion.
    Vielleicht ist das der späte Lohn dafür, dass Agrarkommissar Franz Fischler Österreich schon Anfang der 1990er Jahre als Feibkostladen Europas beworben hat.

    • Oberländer sagt

      Liebe Bergbäuerin
      ich freue mich über jeden Direkt-Vermarkter der gutes Geld
      verdient .
      Ihr Österreicher seit wesentlich stärker Eurer Region verbunden
      als das hier bei uns der Fall ist.
      Und “ made in Austria “ ist in aller Regel mit bester Qualität zu
      verbinden.

      • Bergbäuerin sagt

        Ja, aber dieses Verbundensein mit der Region auf dem Feld des Lebensmittelkonsums ist die Frucht jahrzehntelanger Überzeugungsarbeit. Das begann aus der Not in den 1990er Jahren, vor dem von unserer Landwirtschaft gefürchteten EU-Beitritt. Damals, am Beginn der „Geiz ist geil“ – Epoche, war Deutschland stolz auf seine neoliberale hoch industrialisierte effiziente Landwirtschaft, mit welcher wir eben nie und nimmer hätten mithalten können. Und jetzt ist eure Stärke zur Achillesferse geworden: Es gibt auf der einen Seite noch billigere Konkurrenz, und auf der anderen Seite stellt sich die grünbewegte Bevölkerung auch noch gegen euch. Da ist der Einzelne natürlich ziemlich machtlos. Die Probleme einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen, wie Bauer Willi das tut, ist natürlich da einmal ein wichtiger Schritt der Solidarisierung und Vernetzung. Aber mit Problemdarstellung verkauft man noch nichts. Man müsste noch mehr herausstreichen, worin die deutsche Landwirtschaft besser ist als die Billigkonkurrenz – Stichwort strenge Gesetze und Kontrollen. Deutsche Ställe mit osteuropäischen vergleichen, ganz konkret mit Fakten und mit Bildern! Wenn die Herkunftsländer der Billignahrungsmittel ökologisch und tierrechtlich schlechter aufgestellt sind, dann darf man das auch darstellen und herausstreichen – in vielen Wiederholungen und Variationen. Und das deutsche Vorbild dagegen setzen. Mit Jammern wird man nichts erreichen.

  7. Obstbäuerin sagt

    Auf den Kunden zu schimpfen finde ich kontraproduktiv, weil wir wollen sie ja für uns gewinnen. Das wird aber immer schwieriger, denn der LEH hat einfach mehr Möglichkeiten aufgrund seiner komfortablen finanziellen Ausstattung. Die Ansprüche des LEH an Qualität, Aussehen und Verfügbarkeit von Mengen an den Produzenten steigen ständig, während der Preis nicht mithält. Die Erzeuger müssen sich jedoch anpassen, damit sie überhaupt noch gelistet werden. Mit der steigenden Qualität, die der Kunde im Supermarkt vorfindet, schwindet aber der Antrieb zusätzliche Wege in Kauf zu nehmen, um das gleiche Produkt im Hofladen zu kaufen. Zum Glück ist das bei Erdbeeren noch nicht gelungen, obwohl die Sorten im LEH schon wesentlich besser schmecken als noch vor ein paar Jahren.
    Bei uns sterben die Direktvermarkter einen unbemerkten Tod. Weder von der Presse erwähnt noch von der Kommune als Verlust wahrgenommen. Jede Nische wird von polnischen Händlern belegt und die Verdrängung deutscher Erzeuger mit EU-Recht gerechtfertigt. Mein Frust angesichts der Entwicklung der letzten 10 Jahre in unserer Region ist nicht mehr steigerungsfähig.

    • bauerhans sagt

      unser erdbeerbauer produziert für edeka im grossen umkreis,verkauft aber auch über den fruchtgrossmarkt bundesweit und einige verkaufsbuden.
      der erbeergrossbauer aus der nähe von rostock verkauft nur über seine buden,um die höchste wertschöpfung zu erreichen.

  8. Oberländer sagt

    Schade um das viele Geld und die wertvolle Zeit die hier verbrannt
    wurden.
    Die Geiz ist geil Mentalität liegt in unserm Land halt nachhaltig bei
    deutlich über 90 der Bevölkerung.
    Einen guten Lohn beansprucht man für sich , wo der des Lebensmittelproduzenten bleibt ist für die meisten sch******egal.

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