Ich habe Fragen an Eckhard Holzhausen gestellt, der Züchter bei Bayer Crop Science ist:
Hallo Eckard Du arbeitest für die Firma Bayer Crop Science und bist Züchter.
Kannst du dich bitte kurz vorstellen und deine Arbeit beschreiben?
Hallo Willi, ich bin nach der Ausbildung zum Landwirt und Studium der Agrarwissenschaften seit mehr als 30 Jahren in der Pflanzenzüchtung tätig. Zunächst war ich bei der Firma Asgrow für den Aufbau des Feldversuchswesens für Mais und Sonnenblumen beschäftigt. Asgrow war die erste von einigen Pflanzenzüchtungsfirmen, die von Monsanto übernommen wurde als dieses Unternehmen sich strategisch auf die Biotechnologie und Pflanzenzüchtung ausrichtete.
Ich war bei Monsanto damit beschäftigt Mais für Nord-Europa zu züchten und neue Zuchtprogramme aufzubauen.
Seit der Übernahme durch Bayer bin ich mit der Optimierung unsere globalen Zuchtprogramme beschäftigt. Das zunächst für die Maisprogramme aber seit letztem Jahr für alle Ackerkulturen, die bei Bayer bearbeitet werden.
Vielen erscheint es ungewöhnlich das ein Pflanzenschutzunternehmen auch Züchtungen betreibt. Hat Bayer das schon immer gemacht oder erst mit dem Kauf von Monsanto begonnen?
Auch die Agrarsparte von Monsanto war ursprünglich ein Pflanzenschutzunternehmen, das dann aber seinen Forschungsfokus auf Biotechnologie und Pflanzenzüchtung ausgerichtet hat. Auch Bayer hat schon lange Pflanzenzuchtprogramme betrieben, aber hatte seinen Fokus stärker auf den Pflanzenschutz gelegt.
In der öffentlichen Meinung gelten Firmen wie Bayer, Syngenta wie auch andere ursprüngliche Pflanzenschutzunternehmen als rein profitorientiert. Sie züchten die Pflanzen so das mit deren Kauf auch schon Pflanzenschutzmittel mit gekauft werden müssen. Wie ist deine Meinung dazu?
Dieses Bild von solchen Koppelgeschäften hält sich hartnäckig. Zunächst ist es wichtig zu erwähnen, dass Unternehmen -egal welcher Größe- wirtschaftlich erfolgreich arbeiten müssen, um in die Entwicklung neuer Lösungen investieren zu können. Die Entwicklung von Pflanzensorten, die Eigenschaften haben, die den Einsatz bestimmter Pflanzenschutzmittel ermöglichen, kann eine sehr effektive Lösung sein. Aber jede dieser Sorten kann man auch anbauen, ohne diese Möglichkeit zu nutzen. Es besteht nie ein Zwang mit der Sorte ein bestimmtes Pflanzenschutzmittel zu verwenden, aber es kann wie gesagt eine sehr effiziente Lösung sein.
Neulich hat sich Eckart von Hirschhausen zum Thema Artenvielfalt und Sorten geäußert. In der Sendung wissen vor 8 macht er die Aussage das in den letzten 100 Jahren 75% der genetischen Vielfalt landwirtschaftlicher Kulturpflanzen verloren gegangen ist. Wie ist diese Aussage einzuordnen?
Da hat der Herr Hirschhausen eine sehr pauschale Aussage zu einem sehr komplexen Thema, gemacht und es kam so rüber, als ob die Pflanzenzüchter für den Verlust an Artenvielfalt verantwortlich sind.
Es ist richtig, dass sich die globale Agrarproduktion auf weniger Kulturarten stützt, als das vor 100 Jahren der Fall war. Innerhalb der großen Kulturen wie Weizen, Mais, Reis und Soja ist die Sortenvielfalt aber sehr viel größer als vor 100 Jahren. Der Zuchtfortschritt bei den großen Kulturen ermöglicht die notwendigen Mengen auf geringerer Fläche zu erzeugen und hat damit das Potential Fläche für andere Kulturarten oder auch für Renaturierung zur Verfügung zu stellen.
Herr Hirschhausen hat sich aber einem wichtigen Thema gewidmet, denn insgesamt ist ein Verlust an Diversität zu beklagen und es ist auch unsere Aufgabe genetische Vielfalt zu erhalten. Bayer unterstützt Genbanken aktiv bei ihrer Arbeit.
In welchen Kulturen ist Bayer heute züchterisch aktiv? Welche Zielsetzungen werden dabei, neben dem Ertrag, sonst noch verfolgt?
Bei den Ackerbaukulturen betreibt Bayer seit langem Zuchtprogramme für Mais, Soja, Weizen, Reis, Baumwolle sowie für Sommer- und Winterraps. Seit kurzem sind wir damit beschäftigen wir uns mit weiteren Ölpflanzen, die das Potential haben Rohstoffe zu liefern, die heute aus Erdöl gewonnen werden. Zu diesen Pflanzen gehören zum Beispiel der Leindotter, der vor der Ausbreitung des Rapsanbaus eine wichtige Ölpflanze in Europa war.
Bayer ist auch in der Gemüsezüchtung tätig und bearbeitet in dem Bereich mehr als 20 Kulturen für den Freiland- und Gewächshausanbau.
Wer arbeitet heute noch an Züchtungen kleinere Kulturen wie zum Beispiel im Gemüsebau? Was ist mit Kopfsalat, Bohnen, oder Kräuterpflanzen?
Bayer ist auch in der Gemüsezüchtung tätig und bearbeitet in dem Bereich mehr als 20 Kulturen für den Freiland- und Gewächshausanbau.
Die Züchtung hat sich im Laufe der Jahrzehnte verändert. Von der reinen Selektion ist man zur Mutationszüchtung gekommen, die mit Radioaktivität oder Chemikalien arbeitet. Seit einigen Jahren wird weltweit mit einer Methodik gearbeitet, die man verkürzt als „Genschere“ bezeichnet. Kannst Du uns das näher erläutern?
Pflanzenzüchtung wird betrieben, seit der Mensch sesshaft wurde und Ackerbau betreibt. Sie ist darauf ausgerichtet die angebauten Pflanzen auf den menschlichen Nutzen hin zu verbessern.
Voraussetzung für Zuchtfortschritt ist es genetische Vielfalt zu nutzen. Gezielte Kreuzung von Zuchtmaterial war der bedeutendste Schritt, um am Beginn eines Züchtungsgangs Vielfalt zu erzeugen, aus der dann selektiert werden kann. Bei jeder Kreuzung kommt es zu Mutationen, die erbliche Eigenschaften hervorbringen können, die bei den Kreuzungseltern nicht vorhanden sind. Diese Mutationen erzeugen aber nur sehr selten positive Eigenschaften.
Der Einsatz von Radioaktivität oder Chemikalien ermöglicht es die Anzahl von Mutationen sehr stark zu erhöhen, um damit die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen neue positive Eigenschaften zu finden. Diese Methode ist aber sehr ungerichtet.
Mit neuen Methoden wie der Genschere CRISPR/Cas können im Gegensatz dazu sehr gezielt an bekannten Stellen im Genom Punktmutationen vorgenommen werden.
Arbeitet Bayer auch mit der Genschere CRISPR/Cas? Wie weit ist sie überhaupt verbreitet?
Bayer nutzt zunehmend Genomeditierung, um neue Eigenschaften zu entwickeln. Die Neuen Genomischen Technologien (NGT) werden zum Beispiel genutzt, um Inhaltsstoffe von Gemüse gezielt zu verbessern. Bis zur Markteinführung solcher Sorten wird es aber noch ein wenig dauern.
Immer wieder ist bei der Züchtung von Kennzeichnung die Rede. Alles, was mit Gentechnik hergestellt wurde, muss in Europa gekennzeichnet sein. Gehört die Mutationszüchtung nicht auch zu Gentechnik und müsste gekennzeichnet werden?
Die Regulierungen für diese neuen Technologien hinken der Entwicklung in der Forschung hinterher. Besonders in der EU sind die Diskussionen über die Regulierung der Neuen Genomischen Technologien und der mit ihnen erzeugten Sorten nicht abgeschlossen. Sie werden sehr kontrovers diskutiert und auch die Pflicht zur Kennzeichnung ist noch unklar.
Für Sorten, die mit NGTs erzeugte Eigenschaften haben, die auch durch natürliche Mutation entstehen könnten, sollten nicht stärker reguliert werden, als Sorten, die durch ungerichtete Mutagenese erzeugt wurden.
Im Zusammenhang mit den NGTs wird auch die Monopolisierung durch Patente diskutiert. Was meinst du dazu?
Für Unternehmen und Forschungseinrichtungen ist ein stabiler Schutz des geistigen Eigentums unerlässlich, um weitere Investitionen in Forschung und Entwicklung zu sichern. Neue Technologien wie Genom-Editierung bieten Chancen, erfordern jedoch erhebliche Investitionen. Der Schutz von Pflanzeninnovationen durch Patente ist daher entscheidend, um nachhaltige Investitionen in die Züchtung zu gewährleisten.
Ein angemessenes System zum Schutz des geistigen Eigentums sollte sowohl Sortenschutzrechte als auch Patente umfassen – beides ist wichtig.
Eine wirtschaftliche Studie hat gezeigt, dass 80 % des Wertes eines patentierten Merkmals in Raps-Saatgut den Landwirten und nachgelagerten Nutzern zugutekommen. Patente fördern somit nicht nur die Einnahmen der Unternehmen, sondern kommen vor allem der Gesellschaft zugute. Bayer ist bereit, Bedenken der Landwirtschaft hinsichtlich Patenten anzugehen, da wir sie als wichtiges Instrument für nachhaltige Forschung sehen.
Schon heute fördert Bayer den Zugang zu Patenten für kleine Gemüsezüchter in Europa und ist Mitbegründer der Agricultural Crop Licensing Plattform (ACLP).
Patente und faire Lizenzen fördern Innovationen und erweitern die Auswahlmöglichkeiten für Landwirte. Bayer setzt sich für eine konsistente Anwendung der bestehenden Patentierbarkeitskriterien ein und ist offen für Dialoge über die Bedeutung von Patenten für die Gesellschaft, Züchter und Landwirte.
Lieber Eckhard, vielen Dank für deine Antworten. Nun können sich die Leser eine eigene Meinung bilden.


Es hätte mich interessiert, detailierter auf die Frage „Patente oder Sortenschutz“ einzugehen.
Das man Verfahren patentiert, erscheint mir logisch, aber nach meinem Eindruck haben wir mit den klassischen Sortenschutzrechten ein gutes und funktionierendes System, dass die Züchterrechte gut berücksichtigt. Warum eine Patentierung von Sirten notwendig oder gesellschaftlich vorteiohaft sein soll, erkenne ich nicht.
Wie immer ein klares Bekenntnis zu monopolartigen Strukturen mit entsprechender Lobbymacht im Bereich Lebensmittelerzeugung. Ich freue mich schon auf das superprofitable, immergleiche Supergemüse an jedem Ort der Welt, dargereicht in der immergleichen Gemüseecke den immergleichen Verteilzentren. Wer da rumkritelt hat entweder nicht genügend Bayer Aktien oder ist ein Fortschritts-Muffel. Oder er gönnt den Bewohnern von Regionen mit unabhängiger Züchtung von Pflanzen und Nutztieren einfach kein besseres Leben.
Sie werden Ihrem Nicknamen voll gerecht.
„Lobbymacht“ hin oder her … die Lösungen für die Ernährung werden nie mehr aus dem kleinbäuerlichen Bereich kommen. In China ist die Züchtung staatlich organisiert und gesteuert. Der Hauptaugenmerk liegt auf der Intensivierung und Ertragssteigerung. China strebt aus guten Gründen und Erfahrungen Ernährungssouverenität an. Und auch dort wird diese Entwicklung zu „immer gleichen Gemüseecken mit Einheitsgemüse“ führen. In Bzug auf genmanipulierte Pflanzen ist China mit Abstand das Land mit den meisten Projekten zu diesen Themen … weit vor Amerika und Europa. Die müssen schon auf Grund ihrer Flächenknappheit so agieren. Das Bunte wird trotzdem bleiben, bei uns wie dort. Es wird sich auf kleine Projekte, Stadtgärten, Erhaltungsprojekten alter Sorten usw. und natürlich im Haus- und Kleingartenbereich erhalten.
Fakt ist aber, dass bislang der Kauf des Schädlingsfreien Einheitsgemüses zu „günstigen“ Preisen von den meisten Menschen den Mühen des Selbstgärtnerns vorgezogen werden.
Ich wäre da etwas entspannter @ Stadtmensch, wer bunt und selbsterzeugt will, kann das bislang auch weitgehend umsetzen.
@Stadtmensch
Dann geh doch zu Netto! Ihre Aufregung in Ehren aber haben Sie auch Vorschläge und Wünsche wie es anders laufen sollte? Wenn ich meine Mitmenschen beobachte, wollen Sie genau das, was Sie beschrieben haben. Und das alles möglichst billig.
Nein, kostenlos! Wir sollten den Zwischenschritt LEH weglassen und alle gleich an die Tafel(n) gehen.
BASF hat nach dem 2. Weltkrieg geholfen, Pflanzen/Getreide zu züchten, dass seitdem in D kein Hunger mehr da ist – was vorher jeden Winter der Fall war.
Bayer-Züchtungen und die anderer finde ich daher richtig gut.
Wir müssen halt bei jeder möglichen Gelegenheiten darauf hinweisen, dass der Hunger bekämpft wurde, WEIL es Pflanzenzüchtungen gibt.
Klar,
das nannte man Güne Revolution.
Deswegen ist es ja große Dummheit von denen, die ohne dieses High Tech hungern würden, es zu kritisieren.
Äh,
könnten wir ohne dem so viel Flüchtlinge, Asylbewerber aufnehmen?
IG-Farben vorher ? …
Klar. Reine Menschenliebe. Ohne diese Firmengeschichte wäre der zweite von zwei Weltkriegen, die aufs deutsche Konto gehen, vielleicht milder verlaufen und die Sieger hätten nicht so eine schlechte Laune gehabt. Einfach nochmal probieren jetzt mit #Kriegstüchtigkeit.
genau das will ich nicht😥
Alle großen Firmen befinden sich momentan in einer Transformation hin zu kompletten „agricultural solutions“ Anbietern. Pflanzenschutz, Züchtung/“genetic traits“ und digitale Lösungen (precision farming und so) aus einer Hand. Gerade letztere hat man in Deutschland nicht so auf dem Schirm, in anderen Märkten spielen diese mittlerweile schon eine größere Rolle.
Ich bin Eckhard Holzhausen und dir, Willi, für dieses Interview dankbar. Sehr deutlich, sehr sachbezogen, sehr klar und verständlich erläutert Eckhard Holzhausen wesentliche Aspekte der Pflanzenzüchtung. Das ist deshalb so wichtig, um solche unsäglichen Äußerungen eines Dr. Eckard von Hirschhausen zum Thema Züchtung, Sorten und Artenvielfalt in seiner Sendung »WISSEN VOR 8« sachlich zu begegnen.
Wir können Unternehmen wie BAYER oder SYNGENTA sowie LIMGRAIN dankbar sein, dass sie sich in der Pflanzenzüchtung so stark engagieren. Dass ein solches Engagement für diese Unternehmen wirtschftlich sinnvoll sein muss, ist selbstverständlich. Leider wird das aber von einer breiten Öffentlichkeit nicht so gesehen.
Die Unternehmen sind ja bestimmt historisch gewachsen, weil sie erfolgreicher mit der gezielten Züchtung sind wie die Bauern, die Saatgut getauscht haben.
zu diesem Zweck getauscht haben.
Sehr geehrter Herr Wintz,
ich stimme Ihrem Dank an bayer, Syngenta und Limagrain zu. Aber vergessen wir nicht, dass mittelständische Züchtungsunternehmen nicht weniger engagiert sind.
Ein tolles Gespräch mit sehr viel Fachinformation zum Thema! Sehr gut und man kann seinen Wissenshorizont zur Züchtung etc. noch erweitern! Habe ja selbst mal einige Zeit bei der RWZ Köln/Gera mit Getreide-und Grasvermehrung zu tun gehabt…