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Die Wiederentdeckung der Heimat

Hier ist der Alois. Ich reibe mir verwundert die Augen. Denn wir haben in Deutschland nun ein „Heimat-Ministerium“. Ich frage mich, was das nun soll mit der neuen „Heimat-Politik“?

Eigentlich sollte ich mich darüber freuen, wenn die Heimat sozusagen wiederentdeckt wird. Denn als Bauer  ist mir die Heimat sehr wichtig. Schließlich ist mein Bauernhof immer noch die Heimat meiner Familie. Die „Huimat“ (Allgäuer Begriff für Heimathof) zu bekommen, bedeutet eine Existenz zu haben – und auch die soziale Anerkennung in Dorf und Region. Diesen Heimat-Sinn haben nicht nur Bauern, sondern alle Menschen, weil wir alle nach Besitz, Anerkennung und Sicherheit streben. Das für mich dann auch die Definition für Heimat: Da wo ich eine wirtschaftliche Existenz habe und anerkannt bin!

Doch meine bäuerliche „Huimat“ und viele andere Höfe verloren durch Agrarpolitik, Fortschritt und Globalisierung ihr traditionelles Existenzrecht: Wir Bauern nennen dies lapidar Strukturwandel – oder „Wachsen oder Weichen“! Das gilt aber auch für unsere ganze Volkswirtschaft. Produktivität steigern, massenhaft produzieren und immer billiger. Und dann Exportweltmeister werden, um aus fernen Ländern wachsende Gewinne zu holen. Damit ist unsere Heimat ist also ganz klar auf der Siegerstraße – finanziell auf jeden Fall.

Doch die stetige Wachstumsfassade bekommt weltweit Risse: Da gewinnt ein amerikanischer Präsident seine Wahl mit „America First“! Genau dort wo die Globalisierungsmaschinerie einst gestartet wurde. Wer erinnert sich noch an das erste Freihandelsabkommen GATT (Generel Agreement for Tariffs an Trade). Das wurde bei uns Bauern heftig diskutiert, öffnete es doch europäische Märkte für die Agrarexporte der Amerikaner.

Der Freihandel kennt aber nicht nur eine Richtung. Das bekamen die Amerikaner zu spüren. Beispiel: Der Verfall der amerikanischen Automobilindustrie in der Region Detroit. Die verlassenen Automobilarbeiter wählten wohl auch darum Trump, der „make America great again“ ganz praktisch angeht und den Freihandel mit Strafzöllen attakiert.

Und jetzt machen sich auch unsere Politiker und Wirtschaftsbosse auf einmal Sorgen um unsere Heimat! Doch ich habe das Gefühl, es geht der Politik nicht wirklich um Heimat, wie es wir  Bauern und unsere Mit-Bürger verstehen. Die Politik wird wohl eher von der Angst getrieben, dass auch bei uns populistische „Trump-Männer“ mit dem Thema punkten könnten.

Die tiefgreifenden Ursachen für diese Entwicklung will man als wohlhabende Industrienation nicht so gern sehen. Denn sonst müstsen wir auch akzeptieren, dass die Flüchtlinge, die in unsere „reiche Heimat“ strömen, ihre Heimat aufgegeben und verloren haben. Man könnte auch ganz sarkastisch sagen: Globalisierung spielt eine Heimat gegen die andere aus. Eigentlich so, wie bei uns Bauern mit dem Strukturwandel: Wo der eine wächst, muss ein anderer ausweichen oder zusperren.

Ich glaube sehr wohl, dass „Heimat“ die Menschen – und nicht nur uns Bauern – emotional bewegt. „Heimat-Politik“ könnte also ein Schritt in die richtige Richtung sein. Ich bin gespannt, was das neue Heimat-Ministerium und der neue Heimat-Minister bewirken werden? Ob sie dabei an uns Bauern denken werden? Da bin ich skeptisch. Die CSU, welche ja den „Heimat-Minister“ stellt, will schon mal „Investoren aus China“ bremsen, um

Zitat: „…strategisch relevante europäische Kernindustrien und Technologien zu schützen“.

Ich frage mich: Gehört unsere Landwirtschaft und die Ernährungssicherheit nicht zu den heimatlichen Kernkompetenzen? Denn uns Bauern schützt schon lange niemand mehr vor der Globalisierung. Da geht es uns wohl irgendwie gleich, wie den Bauern in den Entwicklungsländern. Hauptsache billig, egal woher die Lebensmittel kommen.

Euer Alois

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32 Kommentare

  1. Für die neue „Kompetenz“ hat Herr Seehofer sich lt. FAZ erstmal 90 neue Beamtenstellen genehmigt, angeführt von einem Staatssekretär mit Monatsgehalt > 13.000 Euro.
    Als wenn man den Menschen mit Geld und Beamtenstellen wieder Wurzeln verleihen könnte… Einmal mehr ist Politik nicht die Lösung, sondern das Problem. Auch das sind indirekte Kosten der Merkelschen Einwanderungspolitik: der aberwitzige Versuch, die, die schon länger hier leben, wieder in ihr Land zu integrieren. Wenn man sich die Integration der Einwanderer viel Geld kosten lässt, muß man natürlich auch für die Intergration der Alteingesessenen Geld ausgeben. Hanebüchener Unfug.
    Was – wie Heimat – echten Wert hat, kann man nicht kaufen. Mit Steuergeld und Schulden schon mal gar nicht.

    • Alois Wohlfahrt sagt

      Klasse Tilman 🙂
      Heimatpolitik ist also der Versuch uns Einheimische wieder zu integrieren!

      • Ja, angeheizt durch den politischen Wettbewerb. Die Politik erfindet sich immer neue Aufgaben, um das Geld der Steuerzahler zu versenken. Eine Umverteilung zieht die nächste nach sich.

    • Ehemaliger Landwirt sagt

      Als ich noch ein Kind war, haben die Frauen über 40 alle ein Kopftuch getragen.
      Wenn man den Frauen heutzutage wieder bei bringen könnte, dass ein Kopftuch eine alte heimische Tradition ist und nicht ein Zeichen islamischer Unterdrückung von Frauen, könnte man glatt auf die 90 Beamtenstellen samt dem Staatssekretär verzichten. 🙂

      • Paulus sagt

        @Ehemaliger, nur Frauen über 40?
        Ich habe meine Frau in Frankreich kennengelernt, da war sie so Mitte/Ende 20, hatte einen Motorroller und trug wie in der Vespawerbung selbstverständlich ein Kopftuch. Diese Gewohnheit hat sie erst abgelegt, nachdem Kopftücher eine andere Bedeutung bekamen.
        Erstaunlicherweise ist es zumindest in Ostbelgien wieder chic, ein Kopftuch genauso zu tragen wie es früher üblich war. Das hat schon was. Und immer wenn sie das Kopftuch abnahm und ihr langes Haar mit ihren zarten Fingern durchfuhr schmolz ich dahin …

        • Ehemaliger Landwirt sagt

          Also meine Frau fuhr mit 20 einen R5 und keine Vespa,
          deshalb trug sie kein Kopftuch.

          Jetzt fällt mir ein, ich hab noch eine Vespa im Stall stehen, könnte ich reaktivieren und meine Frau mit Kopftuch draufsetzen, lange brünette Haare hätte sie auch noch.

          Aber ich lass das doch sein, womöglich käme noch ein Urlauber aus NRW vorbei, der auf lange Haare unter einem Kopftuch steht. 😉

  2. Ehemaliger Landwirt sagt

    >>Der Freihandel kennt aber nicht nur eine Richtung. Das bekamen die Amerikaner zu spüren. Beispiel: Der Verfall der amerikanischen Automobilindustrie in der Region Detroit. Die verlassenen Automobilarbeiter wählten wohl auch darum Trump, der „make America great again“ ganz praktisch angeht und den Freihandel mit Strafzöllen attakiert.<<

    Die Amerikanische Automobilindustrie muss sich auch mal fragen, warum in der 5th Avenue in New York jeder einen Mercedes vor der Tür stehen hat und kein PKW aus Detroit?

    https://www.auto-motor-und-sport.de/news/trump-droht-bmw-35-prozent-strafsteuer-importmodelle-usa/

    • Alois Wohlfahrt sagt

      Aber zum Thema Landwirtschaft und Heimat hat der gute Kolumnenschreiber auch nichts parat. Heimische Landwirtschaft bzw. heimatliche Landwirtschaft spielt scheinbar in unserer Gesellschaft keine Rolle mehr.

      • Ich seh das so sagt

        Man darf wohl bei einem Berliner Weltstadt-Bobo schon zufrieden sein, wenn er Heimat dort sieht, wo Kartoffel noch im Boden wachsen und nicht im Sande von Ägypten. Wobei zu vermuten ist, daß er das bei der Kaufentscheidung schon wieder vergessen hat. 😉

  3. Friedrich sagt

    Mit dem Heimatministerium will man doch nur der AFD die Stimmen abjagen. Vor der Bundestagswahl wollte man 5 Mrd. Euro auf dem Land investieren. Jetzt sind es nur noch 1,5 Mrd. Euro. Dieser Regierung geht es nur um den Machterhalt und um sich selbst. Mit dieser fünftklassischen Regierung werden wir wohl keinen Staat machen können. Von der Digitalisierung auf dem Lande wird wohl so schnell auch nichts werden. Alles leere Worthülsen. Letztlich geht es jetzt erst einmal für die CSU um die Landtagswahl in Bayern im Herbst. Dafür verspricht man jetzt alles und nach der Wahl ist dann alles vergessen.—-
    Wie es mit der Liberalisierung der Märkte weitergeht ist auch noch einmal zu Überdenken, denn die Asiaten können immer billiger als wir . Was nützt es uns Exportweltmeister zu sein , wenn die Käuferländer in EU-Europa hier alles anschreiben lassen und die sogenannten Targetschulden sich schon auf fast eine Billion angehäuft haben. Das ist so , als wenn wir alles im Supermarkt anschreiben lassen und wissen , daß wir es nie bezahlen werden. Unsere Politiker verschließen bei allen unangenehmen Dingen die Augen und hoffen , daß die nachfolgenden Katatrophen die Nachfolger beseitigen müßen. Die Bauern spielen bei diesen Leuten keine Rolle mehr , denn hier kann man später keinen Job bekommen , aber eben in der Industrie und so hat man sich von der Großindustrie abhängig gemacht und ist erpressbar. Die Dieselautofahrer spüren
    das mit dem Wertverlust ihrer Autos auch gerade. So läßt man die Leute eben hängen , um ja nicht mit der Industrie anzuecken. Solche Politiker brauchen wir nicht.

    • Alois Wohlfahrt sagt

      Ich sehe auch die Gefahr, dass die Heimatpolitik der Groko nur dazu dient am rechten politischen Rand zu fischen. Dann aber wird außer Polemik nichts dabei rüberkommen. Und der rechte Rand wird davon am meisten profitieren.

      • Ehemaliger Landwirt sagt

        Es ist die Frage, was ist der rechte politische Rand?
        Eine konservative politische Einstellung, die nur vage die Flüchtlingspolitik der letzten Jahre kritisiert hat, hat ja genügt um rechtschaffende Bürger in die Rechte Ecke zu stellen.

        CDU/CSU und die SPD würde es gut tun, konservativen Wählern wieder eine Heimat in der Partei zu geben, Wähler die dieses Land aufgebaut haben, die nicht die Zukunft in 600.000 jungen schwarzafrikanischen Männern sehen die noch nie eine Schule besucht, noch nie eine Arbeit kennen gelernt haben und noch nie politisch verfolgt waren.

        Der Erfolg der AFD, ist in der Schwäche der so genannten, etablierten Parteien zu suchen.

  4. Altbauer Jochen sagt

    Heimat ist für mich da ,wo meine Vorfahren
    gerackert haben um mir mein Leben zu ermöglichen.
    Heimat ist für mich da, wo ich mein Leben lang gearbeitet
    habe um meinen Kindern eine Heimat zu geben.
    Heimat heißt ein Zuhause zu haben in einem Umfeld von
    Menschen zu denen ich Vertrauen habe.
    Uns Bauern ist es im ländlichen Bereich noch oft gegeben.
    Der Staat hat aber Sorge zu tragen das es überall so sein kann.

    • Inga sagt

      So ist es Jochen,

      du beschreibst es mit Beackern des Bodens für das Wurzelwachstum

      andere benennen das Verwurzeln oder verwurzelt sein.

  5. fingerphilosoph sagt

    In einem Leitbild wird immer der Wunsch, die Utopie formuliert, also grundsätzlich das, was realiter nicht existiert. Und die Politiker präsentieren dem Bürger vor allem Leitbilder, keine Realitäten.

    Wenn ein Unternehmen in ihr Leitbild schreibt, dass eine achtsame Streitkultur gepflegt wird, heißt das nichts anderes, als dass man in dieser Firma das Maul zu halten hat. Gibt sich das Unternehmen im Leitbild als „besonders familienfreundlich“ aus, heißt das, es wird von dir erwartet, dass du Tag und Nacht für diese Firma bereit stehen und das ganze Familienleben der Firma opfern musst, die im Gegenzug vielleicht einen Betriebskindergarten bereitstellt.

    Wenn sich die Politik „soziale Gerechtigkeit“ auf die Fahne schreibt, heißt das im Klartext, dass die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden. Wenn vom „Schutz der Natur und Umwelt“ die Rede ist, heißt das, dass mehr CO2 in die Luft gepumpt wird als vorher. Wenn von „Demokratie“ die Rede ist, heißt das, dass sich überhaupt nichts ändert, egal, wen oder was du wählst, sondern dass in irgendwelchen Thinktanks die Zukunft schon längst beschlossen wurde und du mit deinem Stimmzettel in Wahrheit keinen Anteil an diesen Entscheidungen hast.

    Wenn jetzt also in der Politik plötzlich von „Heimat“ die Rede ist, dann deshalb, weil die meisten Menschen entwurzelt und entfremdet sind, Fremdbeziehungen führen und für ihren Job jedes Jahr einmal umziehen oder um den Globus jetten. Wenn in der Politik von „Heimat“ die Rede ist, dann heißt das, dass die „Heimat“ so für die meisten nicht mehr existiert.

    • Alois Wohlfahrt sagt

      Mit der Heimat ist es so, wie mit vielen Dingen: erst durch den Verlust wird man sich dem Wert des Verlorenen bewusst.

  6. bauerhans sagt

    ich sehs pragmatisch:
    um einen aus der csu loszuwerden,damit die chancen der partei bei 50+ gewahrt bleiben,wurde der nach berlin geschickt.

    • Alois Wohlfahrt sagt

      Die Person des Heimatministers ist erst einmal unwichtig. Die spannende Frage ist: dient die neue Heimatpolitik nur als Feigenblatt oder ist sie der Anfang einer Umkehr?

      • fingerphilosoph sagt

        Der Mensch ist noch nie umgekehrt, nicht mal in 2000 Jahren Christentum, obwohl da ständig von Umkehr die Rede ist. Warum also jetzt?

        Weil wir in unserer westlichen Kultur plötzlich die Erfahrung machen, dass nun ANDERE auf UNSERE Heimat zugreifen, wo wir es doch für absolut normal halten, dass wir immer nur auf die Heimat von ANDEREN zugreifen?

        • Alois Wohlfahrt sagt

          Ok, vielleicht ist der Begriff Umkehr nicht zielführend. Wenn diese neue Heimatpolitik aber mehr als Symbolik sein soll, müsste sie praktische Änderungen herbeiführen. Wie z.b. heimatliche Produkte bevorzugen. Aber wenn halt globale Produkte billiger sind und noch mehr Rendite bringen, dann müsste ein Untenehmer oder Politiker nach heimatlichen Werten handeln. Es müsste also ein Wertewandel in Gang gesetzt werden. Das wäre tatsächlich etwas Neues.

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