Bauer Willi
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Dankbar und demütig

Das Bild zeigt den letzten Anhänger mit Weizen, der vom Feld fährt. Selten hat die Getreideernte so lange gedauert wie in diesem Jahr. Begonnen haben wir am 24.7., beendet wurde die Weizenernte am Sonntag, dem 15.8. Da wird man demütig, wenn man jeden Tag darauf hofft, mit dem Mähdrescher losfahren zu können. In den ersten August-Tagen ging es, aber auch da leider immer nur für ein paar Stunden. Also wieder warten.

Ein Viertel unseres Weizens war mit den Unwetter im Rheinland (14.6.) ins Lager gegangen. Folglich mussten wir mit dem Mähdrescher quer zur Bearbeitungsrichtung fahren, was unglaublich mühselig und langsam vor sich ging.

Zu unser aller Erstaunen waren die Qualitäten immer noch recht ordentlich. Fallzahl von über 300 hatte nach dem vielen Regen niemand mehr erwartet, die Proteingehalte gingen von 12,2% bis 13,2%. Die Hektolitergewichte von 76 bis 78 sind nicht berauschend, für dieses Jahr sind wir aber mit allen Werten sehr zufrieden.

Und die Erträge? Die liegen rund 10% unter dem langjährigen Mittel, trotzdem sind wir zufrieden. Wir hatten keine Probleme mit der Trockenheit, im Gegenteil.: im Juni hat es 90 mm geregnet, im Juli 188 mm. Das ist das Dreifache des normalen Monatsniederschlages von rund 60 mm.

Und die Preise? In der vergangenen Woche haben wir Raps für mehr als 52 €/dt verkauft. Hier lagen die Preise in den letzten Jahren zwischen 32 und 36 € und wir haben auch Kontrakte für 38 bzw. 48 € gemacht. Jetzt ist Raps knapp. Vor allem in Kanada spricht man von Ertragseinbußen von 4 Mio. t für Canola-Raps. Grund: die extreme Hitze.

Eine ähnliche Entwicklung gibt es bei Weizen. Wir haben Kontrakte für 18 € gemacht, weil wir dies vor ein paar Monaten für einen fantastischen Preis hielten, nachdem in den Jahren davor mit 15 oder 16 € oft schon die Spitze erreicht war. Derzeit wird Brotweizen gelagert bei der Genossenschaft über 22 €/dt bezahlt. Die Gründe dafür sind vielfältig. Europa erntet weniger und vor allem mit schlechteren Qualitäten, denn immer noch steht Weizen im Feld. Russland erntet weniger, ebenso Kanada und die USA. Meinem Freund Daniel in Parana sind 70% des Mais vor der Blüte befroren. Ein Totalausfall in vielen Teilen Brasiliens.

Wer sich über die Preise für Agrarrohstoffe informieren will, hier ein nützlicher Link:

https://www.kaack-terminhandel.de/de/matif-weizen.html

In eigener Sache: zur Zeit bin ich mit meiner Frau im Urlaub am Bodensee. Wieder bei Hubert auf dem Obsthof. Es kann also mit der Freigabe von Kommentaren etwas dauern…

Und danke an meinen Kooperationspartner, der mir “freigegeben” hat.

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27 Kommentare

  1. Mark sagt

    Wir haben auch fertig. Die hohen Erwartungen angesichts der schönen Bestände Mai/Juni haben sich bei weitem nicht erfüllt, obwohl wir von Hagel und Starkregen weitgehend verschont blieben.

  2. Jürgen Donhauser sagt

    Des Einen Freud, des anderen Leid. Die Ackerbauern haben es verdient bessere Preise zu bekommen. Nur uns Schweinehalter treibt es durch hohe Futterkosten noch schneller in den Ruin. Das 28 kg Ferkel kostet in Bayern derzeit 38 €, wir geben also jeden Ferkel noch 20 € mit beim Verkauf. Wie lange hält man das durch? 🤷🏼‍♂️

  3. Reinhard Seevers sagt

    Eigentlich alles wie immer oder? Wenn man vor 40 Jahren durch die Lande fuhr war es nicht anders, die einen hatten bereits neu eingesät, die anderen noch gar nicht geerntet. Die einen ernteten 100dt, die anderen 25dt. Die einen hatten Kontrakte, die anderen verfütterten an ihre eigenen Schweine.
    Bei uns war der Termin des Brokser Heiratsmarktes der Maßstab für das Ende der Ernte (letztes Wochenende im August), wenn man bis dahin nicht fertig war, war es entweder ein schlechtes Jahr, oder man war ein schlechter Bauer….😎
    Und wenn man die Zeit des Mähbinders hinzuzieht, dann war die Erntedauer noch erheblich länger, weil sie früher begann. Die Schlagkraft ist heute so hoch, dass drei Tage Regen zwischendurch häufig kein Problem mehr sind.

    • Bauherr sagt

      Sie beginnen mit „alles wie früher…“ und liefern dann Belege dass alles anders war.
      Viel mehr Leute waren mit Ernte beschäftigt und es gab Erntedank statt Ernteverachtung.
      An jeder Ecke gab es einen kleinen Landhändler oder Genossenschaft und Märkte waren regional – nicht global.
      Düngung und Ernte sind heute GPS unterstützt und Landtechnikkonzerne können bald die Erntemenge sicher voraussagen…
      Es ist so ziemlich alles anders als früher und sie scheinen nicht viel rum zu kommen.

      • Reinhard Seevers sagt

        Lesen heißt verstehen Bauherr….es geht doch bei meinem Beitrag, wie bei dem von Willi um die Ernte, die Erntemenge, die Erntequalität, das Wetter und die Erlöse. Was Sie bringen, ist nun ein weiteres Themenfeld, deshalb ist der Hinweis aufs “nicht viel rumkommen” mit “nicht verstanden” zu kontern. 🙋‍♂️

        • Bauherr sagt

          Wie sie ja wissen, kann man in einem Agrarforum auch mal gesperrt werden, weil Dauerposter nerven die nur „kontern“ wollen.
          Es sollte darum gehen Stadtmenschen zu informieren und zu begeistern – im weitesten Sinne.
          Ihr Konter auf „Dankbar und Demut“ mit „alles wie früher“, ist noch überflüssiger als wie Kropf.

          • Reinhard Seevers sagt

            Ok, habe verstanden….Wenn ihr Beitrag den Stadtmenschen weiterbringt, umso besser: “Es ist so ziemlich alles anders als früher und sie scheinen nicht viel rum zu kommen.”
            So viel zum Kropf!

              • Stadtmensch sagt

                @Bauherr, bin gerade im Urlaub beim Biobauern und hab ein fettes Wanderpensum jeden Tag. Almgekäst und Butter gemodelt hab ich auch schon. Vertragt euch!
                🙂

  4. Bauherr sagt

    Sehr gut geschrieben und Demut und Dankbarkeit täte allen gut.
    Aber bitte nicht im religiösen Kontext sondern nur naturwissenschaftlich. Diesen komischen Katholengott habe gekündigt, weil er die grünen Kreuze nicht richtig gewürdigt hat und Biobauern bei der Verpachtung bevorzugt.

      • unkomplizierter Wurzelwicht sagt

        Super Inga – ja, der Evangelengott ist auch etwas nachlässig unterwegs, wenn man das demgemäß einordnen möchte. 🙂

        Ich gehe aber weit eher davon aus, dass für Gott alle Schäflein gleich sind unter seinem großen weiten Himmelszelt…

          • unkomplizierter Wurzelwicht sagt

            Wer an die Botschaft Jesu vom Reich Gottes glaubt, der müsste auch davon ausgehen, dass vor Gott alle Menschen gleich sind. – Zweifeln Sie daran!?

            …Wir schweifen hier aber doch etwas vom Thema ab. Wird einige langweilen.

    • Bauer Willi sagt

      Meine Frau und ich sind konfessionsverschieden. Wir beten beide. Zum gleichen Gott. Dazu muss man nicht in die Kirche gehen.

        • Paulus sagt

          Ihr Funktionäre der RKK solltet froh darüber sein. Schließlich hat Bauer Willi den Mut bewiesen eine sogen. Mischehe einzugehen. Donhauser, da wo ich herkomme war das gar nicht so einfach und erforderte durchaus Mut. Das die falschen Bräute zunächst konvertieren mussten war noch das geringste Problem.
          Wieso denke ich jetzt ausgerechnet an die Taliban?

  5. Klaus Schönleben sagt

    Es ist eben nur ärgerlich das ich wegen einem knappen Hektar noch mal den Lohner kommen lassen muss. Andererseits habe ich noch Glück, denn mein Weizen ist nicht ins Lager gegangen. Bestände die liegen sind schon am auskeimen und für mich nur noch in einer biogasanlage zu verwerten.

  6. Klaus Schönleben sagt

    Sei froh das du fertig gedroschen hast… in Franken steht noch genügend Weizen auf dem Feld. Dachte auch erst am Sonntag bin ich fertig, aber dann kam der Regen mit 3 mm. Es ist heuer einfach zum verrückt werden.

    • Bauer Willi sagt

      Wir sind auch froh… deshalb ja auch “dankbar und demütig”. Auf der Schwäbischen Alp stand am Samstag noch fast 100%. Allerdings ist die Natur dort immer etwas später.

      • Inga sagt

        Ja,
        das ist überall verschieden, im hohen Sauerland ist die Vegetation bestimmt auch später wie im Rheinland, oder?

        • Paulus sagt

          Inga, während in Aachen oder Maastricht die Mandelbäume blühten und wir im Straßencafe saßen, türmten sich an den Straßenrändern des Sauerlandes, auch innerörtlich, noch meterhoch gefrorene Schneereste. Die waren noch nicht einmal weiß, sondern aufgrund der Abgase schwarz. Kein schöner Anblick! Bis die mal weggetaut waren und die Vegetation erwachte wurde im Rheinland schon fast der erste Spargel geerntet. Ich erinnere mich noch an einen 1. Juli im Jahre x; als ich in der Früh zur Bockjagd aufbrach zeigte das Thermometer neben der Haustür null Grad. Trotzdem wurde und wird dort noch Ackerbau betrieben.

          • Inga sagt

            Wie schnell wurde es aber an dem Sommer-Tag wärmer, wenn erst die Sonne an die Hauswand scheint, oder an die Blätter im Wald.

            anders ist es Mitten im Winter, wenn Frost in der Hauswand und den Bäumen steckt, dann ruht die Natur, auch die Kulturpflanzen.

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