Bauer Willi
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Angst

Diese Geschichte ist im Original vom Bauernverband Schleswig-Holstein gepostet worden. Wir drucken diesen Text mit freundlicher Genehmigung des Urhebers hier im Blog ab. Unbedingt lesen. Bis zum Schluß. Und überlegen, ob es richtig ist, einerseits immer neue Forderungen aufzustellen, andererseits seitens des Einzelhandels die Preise immer weiter zu senken. Wir Bauern erwarten ja keine Dankbarkeit. Aber eine faire Behandlung. Oder ist das zu viel verlangt?

Eine Kuh ist krank, Mastitis. Euterentzündung, die behandelt werden muss. Antibiotika. Sofort taucht in mir all die Kritik an der Landwirtschaft auf, die mit diesem Wort zusammenhängt. Dazu kommen die Kosten: Tierarzt war schon da, das Mittel selber, dann die Zeit, das Euter ausmelken, die Milch getrennt melken, damit kein Wirkstoff in den Lebensmittelkreislauf gelangt. Eintrag ins Medikamentenbuch, das übliche.

Der Trinkmilchpreis wurde gerade um 10 Cent runterverhandelt. 10 Cent! Die Kuh bekommt trotzdem alles, was sie braucht, um gesund zu werden. Aber der Lohn der Mühe? Miese auf dem Konto, noch mehr. Urlaub? Gestrichen! Als wenn das schlimm wäre. Schlimmer ist es, dass selbst eine neue Dachrinne oder der dringende Ersatz des Eternitdaches nicht drin ist. Immerhin ist das Dach asbesthaltig, das hält länger…

War nochmal im Stall. Die Kuh frisst nicht. Bin ich jetzt ein Tierquäler, weil die Kuh leidet? Ich leide mit. Wegen der Kuh, die am Markt sowieso nichts wert ist. Wenn ich im Moment 600 Euro bekomme, ist das viel. Aber auch wegen meiner Familie, die dem Markt offenbar ebenso wenig wert ist. Wo soll das hingehen? Warum sagen die Leute eigentlich, es wäre schade, wenn ich den Hof dichtmache? Soll ich ihnen glauben? Denn wer handelt schon so, dass ich überleben könnte?

Es reicht, schon lange! Die ganze Arbeit, die Verantwortung für Tiere, Pflanzen und Familie. Ich kann Landwirt. Das habe ich gelernt. Aber das wird mit heute als Nachteil angerechnet. Jeder, wirklich jeder weiß es besser! Seien es die Lehrer meiner Kinder, Journalisten, Politiker und die vielen Aktivisten, die den „gerechten“ Kampf gegen unsere Landwirtschaft kämpfen. Sie kämpfen nicht gegen anonyme Massentierhaltung, gegen Pestizide, Gülle oder Glyphosat sondern gegen mich! Ich frage mich manchmal: Wenn es so leicht ist, warum macht dann niemand vor wie es geht?

Inzwischen misstraue ich mir selber, dass ich irgendeine Auflage vergessen habe, etwas nicht dokumentiert, kontrolliert, gemeldet, eine Frist nicht eingehalten habe. Aber da bin ich ja in guter Gesellschaft. Alle anderen misstrauen mir ja auch. Dafür bekäme ich ja (zu) viele Subventionen, höre ich selbst von Freunden. Aha, das ist dann wohl das Geld, das mir zur Dachrinne fehlt. Aber es gibt allen und jedem das Recht, sich mit Forderungen an mich zu wenden. Inzwischen überschreiten diese Forderungen die Subventionen um das Mehrfache. Leiser wird die Kritik deshalb nicht.

Ich lese, dass Milch krank macht. Ich kann nur sagen, da ist was dran. Der Milchpreis macht krank. Und die Kritik in den Medien macht krank. Fakten sind doch inzwischen egal. Acht Kilo Getreide braucht man für ein halbes Kilo Fleisch? Wer nur seinen Verstand einsetzt, der weiß, dass es gelogen ist. Fleisch und Mich sind heute gefährlich. Wer Fleisch isst, der zerstört unseren Planeten samt Klima und die Wasservorräte, die er vorher gründlich verschmutzt hat. Ich frage mich: Warum ist es meine Schuld, dass die Menschen Fleisch essen? Vor allem frage ich mich, warum wir heute so alt werden.

Aber solange es gegen mich geht, scheint all das niemanden zu stören. Ich soll aufhören? Das mache ich bald. Dann müsst ihr keine Angst mehr vor mir haben.

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44 Kommentare

  1. fleckviehzüchter sagt

    Ich habe am Wochenende unsere Silos gestrichen allein bei dem Gedanken wieviel Geld ich für den Silolack ausgegeben habe, habe ich mich gefragt ob es nicht sinnvoller wäre,
    doch aufzuhören und das Gras anstatt an meine geliebten Kühe zu verfüttern es an eine Biogasanlage zu verkaufen. Denn auch bei uns tropft die eine oder andere Dachrinne.

  2. Plabst sagt

    Jetzt wäre es Zeit mit den Verbrauchern gegen diese Ausbäutung der BauernKühe Sturm zu laufen versucht doch in den Supermärkten den Verbrauchen klarzumachen dass mit diesen Preis keine weitere Möglichkeit besteht für die Bauern zubestehen leben !
    Ganz wichtig machen mit Plakaten meine Kollegen haben nichts mitbekommen, arbeite in einem großen Verlag…
    Wenn die Bauern sich mit dem Verbraucher Städter nicht zusammen tun,,,

  3. Palla sagt

    Die Katastrophe nimmt ihren Lauf…ich kann den Frust so gut nachvollziehen!

    Es gibt auch ein Leben ohne Kühe! Auch wenn es als Vollblut-Milchviehhalter schwer ist, das zu akzeptieren!

  4. Andreas sagt

    Da ich gleich wieder in den Stall muss, konnte ich die Kommentare nur kopfschüttelnd überfliegen. Als ob Heumilch etc. irgendeinen Vorteil bringt. Nur den, dass der Verbraucher vor leeren Regalen stehen würden und die Flüchtlinge wieder aus Deutschland flüchten würden, weil Lebensmittel nicht bezahlbar sind. Das Letztere war nicht als Vorteil gemeint!

    Ich finde das gut, wenn der Bauernverband so etwas schreibt. Es wurde ja von Beratern empfohlen emotional zu werden.
    Allerdings bin ich zwiegespalten. Ist der Bauernverband wirklich für Familien da?
    Ja, ist er mit seinen Geschäftsstellen und deren Beratung.
    Nein, ist er nicht, mit Bauernpräsidenten wie J. Rukwied (J.R.) oder J. Röring (J.R.). Das sind auch Bauernkiller, weil deren Pachtpreispolitik Existenzen zerstören. Ich bin auch davon überzeugt, dass die Höfesterben wollen.

    Wie Herr Schwarz genau tickt, da bin ich mir nicht sicher.

    Dieser Milchbauer mit der kranken Kuh und wir alle, wir sind allein und können uns nur auf uns selbst verlassen. Und sein Tierarzt kommt auch nur noch dann, solange er die Rechnung zahlen kann.
    Wir erleben einen Kahlschlag in der Landwirtschaft was vielen Stadtmenschen noch leid tun wird. Eine schnelle Lösung gibt es nicht. Man kann auch nicht schwache Betriebe mehr fördern als starke. Es reicht eigentlich, uns nicht zu schaden mit falschen Unterstellungen.
    Richtige sachliche Kritik an der richtigen Stelle, könnte helfen.

    • Stadtmensch sagt

      Ja, das ist wirklich eine traurige Geschichte da oben im Beitrag. Ich gebe zu, dass mich das alles bis vor ein zwei Jahren auch nicht sonderlich interessiert hat, weil immer irgendwas war mit Bauern, die aus Protest Milch weggeschüttet haben. Dann ging es irgendwann los mit dem ganzen Trubel (BSE, MRSA, MKS, div. Seuchen, Massenkeulungen, Grippen, Ernährungsberaterunwesen usw.), so dass es selbst mich aus dem Tiefschlaf gerissen hat.
      Dabei gabs natürlich immer dieses Grundrauschen von Regenwaldabholzung, Klimawandel, “Jahrhundertunwettern”, Bevölkerungswachstum, Bodenverlust etc., das ständig befeuert wurde von den entsprechenden NGOs.
      Wegen dieser ganzen Dinge habe ich dann begonnen, mich mit den Zusammenhängen
      rund um Landwirtschaft/Entwicklungshilfe/Welthandel zu beschäftigen und bin irgendwann hier auf der “anderen Seite” gelandet, die ich bisher nur von meiner weitläufigen Verwandtschaft her kannte (Milchviehhalter, die bis jetzt meiner Ansicht nach keine Probleme haben – Pfingsten weiß ich mehr).
      Tja – alles was ich tun kann und tue ist der Kauf von Milchprodukten und Wurst von einem nahegelegenen Hof aufm Markt und Überzeugungsarbeit bei meinen lieben Mitmenschen. Das bringts aber leider nicht. Ich habe wohl kaum Einfluss auf Investitionsentscheidungen bei Landwirten.

      • Bauer Willi sagt

        Lieber Stadtmensch
        spüre ich da eine Art von Mitgefühl? Doch, auf dem Nachbarhof zu kaufen bringt was! Es ist nur ein kleiner Beitrag, aber es ist einer. Scheiß was auf die Diskussionen um Weltagrarhandel. Das sind doch eher theoretische Betrachtungen, die den Einzelnen nicht weiterbringen. Du bist auf dem richtigen Weg.
        Bauer Willi

  5. Friedrich sagt

    Ich denke , daß hinter den geringen Preisen für Agrarprodukte System steckt. Da China alles
    aufkauft in der EU, dürfte der Schweinepreis nicht so niedrig sein , auch weil Schweinefleisch
    in China bei 3,45 Euro/kg als Erzeugerpreis bezahlt wird.Aber trotzdem ist der Preis niedrig.
    Ich denke dies ist der Vorgeschmack auf TTIP der uns von Brüssel aufgedrückt wird. Warum
    hat man ohne Not die Milchquote oder auch die Rübenquote freigegeben. Wenn man das Einkommen der Landwirte hätte stabilisieren wollen , brauchte man es nicht zu tun.Aber
    für die Verbraucher soll alles noch billiger werden. Autos gegen Verbraucherschutz und
    Agrarprodukte , so soll es mit TTIP laufen. Geheimverhandlungen warum ? Weil die Bürger
    diesen Unsinn wohl nicht wissen sollen? Ich denke , daß uns die gewählten Vertreter nicht
    mehr mitnehmen. Griechenlandkrise , Euro, EU-Erweiterung usw.usw. , da kommt keiner mehr mit. Uns Landwirte versucht man mit Nitrat, Glyphosat , Pestiziden usw. in der Devensive zu halten und schiebt uns eine Mogelpackung nach der anderen unter. Das scheint aber nicht geklappt zu haben , denn jetzt geht es über die Preise.

  6. Gast sagt

    Ich bin bereit für eine Liter unpasteurisierte Bioheumilch bei der kein Kraftfutter(„feed no food“) und keine Silagen (also Heu/Weidemilch) gefüttert werden und die Kälber bei den Müttern trinken dürfen (muttergebundene Aufzucht) 2 Euro je Liter zu bezahlen. (bei muttergebundener Aufzucht treten die geschilderten Euterentzündungen fast gar nicht mehr auf)

    Für Milch, bei der kein Tier geschlachtet wird, zahle ich im Laden gerne auch 5 Euro je Liter.

    Beides gibt es im Handel nicht! Kann es sein, daß Milchbauern Marktwirtschaft immer noch nicht verstanden haben? Sie produzieren, was in der Menge keiner will und was Leute wollen und ordentlich bezahlen würden, das machen sie nicht.

    Daher ist Jammern doch gar nicht angesagt, guckt in den Spiegel: auf eurer Stirn steht „selber schuld“.

    Milch ist sehr gesund! Aber so, wie sie aus dem Euter einer Kuh kommt, die nur Gras frisst. Die pastuerisierte, homogenisierte Silageplörre für 45 ct ist weder für Verbraucher noch für Bauern gesund und für die Kühe schon mal gar nicht.

    • bauerhans sagt

      was du dir vorstellst,ist ne nische,die ja schon bedient wird,allerdings wird sich milch,die 5€ kostet,nie durchsetzen.
      dein betrieb ist ja auch in einer nische angesiedelt,was ja im grossraum freiburg gut funktioniert,allerdings nicht verallgemeinert werden kann,weil nämlich käufer und auch arbeitskräfte fehlen.

  7. Ehrlicher sagt

    traurige Geschichte mit einer ´Botschaft, die die meisten Verbraucher nicht zu interessieren scheint, denn der Verbraucher muss ja nicht zu günstigen Milch greifen ,es gibt ja verschiedenste Angebote im Handel mit höheren Preisen, von denen dann auch der Bauer mehr Geld in die Tasche bekommt für sich, seine Familie und den Hof. Aber beim Einkaufen interssiert es den Verbraucher nicht ob er zu einem fairen Preis Lebensmittel einkauft, er will billig um sich mehr von anderen leisten zu können oder überhaupt über die Runden zu kommen! Die Heuchelei von Meinungsumfragen, bei denen immer wieder als Ergebnis der Trend zu fairen Handel etc hervorgehoben wird finde ich unerträglich, denn nicht an den Worten sondern an den Taten sollt ihr Euch messen lassen liebe Verbraucher!

      • bauerhans sagt

        mit dem gemeinen verbraucher zu sprechen,bringt insofern nichts,weil der preisgünstig einkauft.
        wenige andere verbraucher haben sowieso ihre feste meinung und kaufen bio,vegan,vegetarisch oder sonstwas,weil sie davon überzeugt sind.
        also,warum sollen wir mit dem verbraucher sprechen?

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