Bauer Willi
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Landwirtschaft ist ökonomisch bunt….

Ein Gastbeitrag von Arnold Krämer

Mit einer gewissen Regelmäßigkeit tauchen in Bauer Willis Blog Fragen, Forderungen und Behauptungen nach der (sinnvollen) Betriebsgröße, dem Wachstum und Agrarsubventionen auf. Nachstehend ein paar Beispiele aus der letzten Woche:

„Grundehrlich händische Arbeit muss sich wieder lohnen!“

„Ab welcher Betriebsgröße kann ein landwirtschaftlicher Betrieb ohne Agrarsubventionen leben und sich eigenständig fortentwickeln; unternehmerisch frei am Markt, wo man ausschließlich von der eigenen Hände Arbeit existieren kann!?“

„…welche Betriebe stehen heute pumperl gesund da?“

„LW heute ist mehr als nur mit „brachialer Gewalt“ endlos wachsen zu wollen und sich dabei über Gebühr zu verschulden.“

 

Dazu ein paar grundsätzliche und auch spezielle Anmerkungen und Hinweise bezogen auf landwirtschaftliche Familienbetriebe, wie sie vor allem für Westdeutschland charakteristisch sind.

In aller Regel betreibt man Landwirtschaft, um damit Einkommen zu erzielen.

Wieviel Einkommen/Gewinn eine Familie aus der Landwirtschaft benötigt, hängt ab von

  • der Familiengröße. Der 50-jährige Junggeselle z. B. benötigt zusammen mit seinen Eltern deutlich weniger als eine Familie mit 4 Kindern und 2 Altenteilern.
  • dem Vorhandensein oder Nichtvorhandensein weiterer Einkünfte z. B. aus Kapital, aus Immobilien, aus zusätzlicher „Nichtunternehmerarbeit“
  • den eigenen Ansprüchen
  • der Notwendigkeit von Eigenkaptalbildung, weil z.B. ein Hofnachfolger/eine Hofnachfolgerin vorhanden ist.

Der Gewinn, der mit der Landwirtschaft erzielt wird, ist immer Entlohnung für die eingesetzten Familien-Arbeitskräfte, für das eingesetzte Eigenkapital (ohne Boden) und für den eigenen Boden. Die Berechnung der Faktorentlohnung als kalkulatorische Faktorkosten ist Teil der betriebswirtschaftlichen Kostenkalkulation und z.B. zur Ermittlung von Mindestpreisen für landwirtschaftliche Produkte erforderlich.

Die Entlohnung von ständigen oder nichtständigen Fremd-Arbeitskräften, die Zinsen für das geliehene Fremdkapital und die Pacht für die Fremdpachtflächen sind Einkommen für Dritte und als Aufwand in der Buchführung bereits vorab, also gewinnmindernd als pagatorische (tatsächliche) Faktorkosten verbucht. Dasselbe gilt für Dienstleistungen z.B. zur Ernte oder zur Stallreinigung. Damit wird Arbeitskraft und Technik (die man sich z.B. aufgrund der Betriebsgröße ökonomisch nicht leisten kann) eingekauft.

Mit den Faktorkosten beginnt bereits für manche Betriebe das/ein ökonomische(s) Problem.

  1. Wer wenig Eigentumsfläche und wenig Eigenkapital besitzt, kann damit auch grundsätzlich nur wenig Gewinn erwirtschaften. Ein solcher Landwirt benötigt also ein hohes Arbeitseinkommen, folglich einen hochproduktiven Arbeitsplatz oder/und überdurchschnittlich rentable Betriebszweige bzw. höchste Effizienz.
  2. Über die Marktpreise für landwirtschaftliche Erzeugnisse werden die Produktionsfaktoren Arbeit, Kapital und Boden grundsätzlich „nur einmal“ und dann nicht einmal immer vollständig Wer also „überhöhte“ Löhne, Pachten und Zinsen (aus welchem Grund auch immer) vorab zu erwirtschaften hat, erhält „weniger vom Kuchen“.
  3. Die Betriebszweige sind unterschiedlich (z.T. extrem) rentabel. In einem meiner Beratungs-Betriebe erwirtschaftet z.B. der Junior mit halb so viel Arbeit in „seinem“ Betriebszweig doppelt so viel Gewinn wie der Senior.

 

Die Einkommens-MÖGLICHKEITEN in der Landwirtschaft hängen folglich ab von

  • den vorhandenen oder auch potentiellen Betriebszweigen
  • dem Umfang an verfügbaren Familien-Arbeitskräften
  • dem Eigenkapital und
  • dem eigenen Boden

Entscheidend dabei ist, in welcher Form, in welcher Größenordnung und mit welcher Effizienz Arbeit, Kapital und Boden eingesetzt bzw. kombiniert werden können. Die Verhältnisse sind im Süden, im Nordwesten und im Osten Deutschlands zum Teil (auch historisch bedingt) extrem unterschiedlich.

Generell gilt für den Vollerwerbsbetrieb mit entsprechendem Einkommensanspruch: Die Familienarbeitskräfte müssen produktiv beschäftigt sein. Sie sollten bei Nutzung moderner (nicht unbedingt modernster) Technik sowie gewisser Größendegressionseffekte mit jeweils rund 2.400 Arbeitsstunden und 25 €/Std. mind. 60.000 € Arbeitseinkommen je Voll-Arbeitskraft erwirtschaften können.

Bei 2% Zinsansatz für 500.000 € Eigenkapital (der durchschnittliche landwirtschaftliche Arbeitsplatz ist deutlich teurer), können dann z.B. zusätzlich 10.000 € Zinsansatz je Betrieb kalkuliert werden.

Bei z.B. 30 ha Eigentumsfläche, die mit 900 €/ha Pachtansatz bewertet werden, sind noch einmal 27.000 € Einkommensanspruch zu berechnen. Gerade der Pachtansatz muss/kann regional allerdings sehr unterschiedlich ausfallen. 900 €/ha oder mehr an Pacht können, darauf muss man hinweisen, eigentlich nirgendwo mit Getreide, Raps und Mais erwirtschaftet werden, müssen also über andere Kulturen erreicht oder inner- wie außerbetrieblich quersubventioniert werden.

Mit diesen Ansätzen sind die Familienbetriebe berechnet worden, mit denen nachstehend exemplarisch die Problematiken beleuchtet werden sollen. Es handelt sich um sehr komprimierte Wirtschaftsdaten aus den Jahren 22/23 bzw. 23/24. Die Betriebsschwerpunkte waren Sauenhaltung, Ackerbau und Bullenmast. Die Betriebsgrößen sowie der Arbeitskräftebesatz sollen nicht detaillierter dargestellt werden, können aber über die genannten Ansätze (siehe oben) rechnerisch teilweise abgeleitet werden.

 

Die 1. Tabelle gibt in komprimierter Form das Ergebnis 23/24 eines schuldenfreien landwirtschaftlichen Familienbetriebs wieder. Sie zeigt, was in einzelnen Ausnahme-Jahren möglich ist, und dass EU-Prämien in bestimmten Betriebskonstellationen praktisch keine Rolle spielen.

Das kalkulatorische Ergebnis (= der sogenannte Unternehmergewinn) macht ungefähr das Doppelte der kalkulierten Faktorkosten aus. Man kann den Betrag jetzt theoretisch gleichmäßig auf die eigenen Produktionsfaktoren verteilen, aber das ist theoretische Spielerei. Auf jeden Fall gibt er ökonomische „Beinfreiheit“, die man wahlweise für landwirtschaftliche wie außerlandwirtschaftliche Investitionen nutzen kann. Der Privatkonsum hat hier wie bei den meisten Landwirten „meiner“ Region keine Priorität.

Die nächste Tabelle zeigt das Ergebnis eines Ackerbau-betonten Betriebes aus dem WJ 22/23. Dieser Betrieb erwirtschaftet sehr viel Einkommen vorab für Dritte, insbesondere für die ehemaligen Berufskollegen im Wege der Pacht, aber auch für eigene Mitarbeiter und die Bank. In dieser Betriebskonstellation haben die EU-Prämien eine größere Bedeutung.

Dieser Betrieb ist bei der geringen Eigentumsfläche erheblich instabiler als der erste Beispielsbetrieb. Die damit verbundenen Risiken einzugehen, ist eine individuelle unternehmerische Entscheidung und selbstverständlich nicht jedermanns Sache. Dazu gehören Mut, Selbstvertrauen, Ausdauer und die innerfamiliäre Unterstützung

Wer als (nichtlandwirtschaftlicher) Leser bei diesen Ergebnissen „Stielaugen“ bekommt, sollte wissen, dass die Prämien Teil des zu versteuernden Gewinns sind. Die Einkommensteuern fallen bei diesen Betrieben nicht gerade gering aus. Landwirte sind weiß Gott nicht „nur“ Subventionsempfänger. Und sie investieren in der Region, stützen und ermöglichen überhaupt erst Teile des vor- und nachgelagerten mittelständischen Sektors.

Die Zahlen des 3. Betriebes sind Mittelwerte aus den Wirtschaftsjahren 22/23 und 23/24. Sie zeigen, dass hier die theoretischen Einkommensansprüche (kalkulatorische Faktorkosten) nicht durch den Gewinn abgedeckt waren. Der Lohnansatz lässt erkennen, dass hier kein vollständiger produktiver Arbeitsplatz vorhanden ist. Die EU- Prämien spielten in diesem Betrieb auch eine größere Rolle. Der Betrieb ist allerdings schuldenfrei, benötigt wenig Pachtfläche und fremde Hilfe. Er wird allerdings in einigen Jahren mit Erreichen des Rentenalters vermutlich auslaufen.

 

Die Betriebsbeispiele sind natürlich bei Weitem nicht repräsentativ, ermöglichen aber einen kleinen Einblick in das, was möglich oder gegeben ist. Landwirtschaft ist wirklich „bunt“, und das ist hier jetzt nicht politisch-gesellschaftlich gemeint.

Und noch eins wird durch die Beispiele deutlich. Je mehr Fremdfaktoren, also Pachtflächen, Fremdkapital und Lohnarbeit im Spiel sind und vorab entlohnt werden müssen, umso dringender muss vollkostendeckend und mit Unternehmergewinn gearbeitet werden. Das fällt mit manchen Betriebszweigen, auf manchen Standorten, bestimmten Betriebsgrößen (ohne hinreichende Kostendegressionseffekte) sehr schwer. Die Folge sind Betriebszweig- und vollständige Betriebsaufgaben.

Was bleibt sind für die Aufgeber-Landwirte neben den entfallenden physischen und oft auch psychischen Belastungen mehr oder weniger lukrative Pachteinnahmen (regional sehr unterschiedlich), die von den verbleibenden Landwirten erarbeitet werden (müssen). In der Regel erfolgt dies auch über das „Durchreichen“ der EU-Prämien. Diese sind insofern bei den steigenden Pachtanteilen faktisch eine Subvention des ländlichen Raums und weniger der aktiven Landwirte.

 

Gastbeiträge stellen die Meinung des Autors dar

 

 

 

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48 Kommentare

  1. Polymesos sagt

    Im Weinbau vollzieht sich gerade die nächste Stufe der Entwicklung.

    Die Rentabilität des Systems ist zusammengebrochen.
    Der Verbrauchermarkt existiert zwar weiter,
    aber der Erzeugermarkt verschwindet rasant.
    Die Geschwindigkeit dieser Entwicklung hat
    eine neue Qualität erreicht.

    Die Produkte werden wohl in Zukunft noch umfangreicher importiert.
    Bereits heute ist D die Nummer eins beim Weinimport vor den USA.

    Die wirklich großen Betriebe sind als erstes bereits jetzt insolvent.
    Die Mittleren werden bald folgen.
    Aus Wachsen oder Weichen wurde Wachse und Weiche.

    Was bleibt sind die echten Selbstvermarkter,
    bei denen es nicht auf Produktion ankommt,
    die sich also rein über den Verkauf definieren,
    Verkauf also ausschließlich von Spezialitäten an Gutsituierte.
    Die Nische ist verständlicherweise klein.

    Ansonsten bleiben noch einige kleine Nebenerwerbler übrig,
    bei denen es ebenfalls nicht auf Produktion ankommt.

    Weder Nebenerwerb noch Selbstvermarktung
    ist generationsübergreifend darstellbar.
    Das sind alles persönliche Gründe,
    weshalb solche Dinge zeitweise existieren.

    Langfristig kann man sich die Weingegenden
    wohl als Photovoltaik Flächen denken.

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    • Thomas Bröcker sagt

      Trifft so für alle Sonderkulturen zu. Nur vertikal durchstrukturierte Großstrukturen (national oder noch besser international) und einige „Nischie´s“ überleben das. … zu mindestens mittelfristig gesehen.

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  2. Thomas Bröcker sagt

    Ich finde den 3. Betrieb interessant, weil er genau die Schnittstelle von „Geht noch“ zur Betriebsaufgabe ist. Nebenerwerb wäre natürlich auch noch eine Option, nur ist das von den Arbeitszeiten sicherlich bei der Struktur nicht ganz einfach zu organisieren.
    Dieser Betrieb generiert für den Inhaber, der ohne fremde Arbeitskräfte auskommt ein „Einkommen“ (verfügbare Liquidität außerhalb der betrieblichen Kosten) von rund 39.000 € im Jahr (Fördermittel + Gewinn) bei einem Arbeitsaufwand von etwas über 1.000 h p.a.. dazu kommen noch die Mittel aus den Abschreibungen, die aber allein den Investitionsbedarf für eine Weiterentwicklung nicht abdecken.
    Eigentlich könnte der Inhaber von der Verpachtung der Flächen und einer Halbtagstätigkeit im abhängigen Arbeitsverhältnis sehr viel ruhiger leben. Irgendwann wird der Schritt dahin auch gegangen, denn solche Betriebe haben i.d. Regel keine Nachfolger. Die Gewohnheit, die immer noch erträgliche Liquidität, und letztlich auch das Gefühl ein freier Mann zu sein und sein Leben selbst zu gestalten, hält solche Betriebe oft über längere Zeit am Leben. Letztlich sind sie aber auf der Seite des „Weichens“ angekommen.
    Dieser Betrieb ist ja letztlich nur ein Beispiel und man kann mit Einkommenskombinationen und Erfindungsreichtum auch kleine Größen am Leben halten. Aufs Ganze gesehen ist das aber das Drittel oder Viertel der Vollerwerbler, das im Wesentlichen in den nächsten 10 -15 Jahren verschwindet oder in den Nebenerwerb wechselt. Daran ändern auch erfolgreiche Einzelbeispiele nichts.

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  3. Ludwig sagt

    @A.Krämer. Eine niedrige Gewinnrate macht die Betriebe immer anfälliger bei Preisveränderungen sowohl im Einkauf wie im Verkauf. Auch ich war viele Jahre in der freien Landwirtschaftsberatung und habe immer versucht die Betriebe stabil aufzustellen , damit sie bei Preisveränderungen nicht sofort ins Tal fielen. Im Schweinebereich hieß das damals für mich wenn die Rahmenbedingungen passten das „Geschlossene System“ zu empfehlen , denn hier war nur der Mastschweineverkaufspreis entscheidend . Auch die eigene Getreideverfütterung bei der damaligen Pauschalierung ergab hohe Umsatzsteuervorteile. Jeder Betrieb ist natürlich nach seinen Möglichkeiten zu beraten. Dabei war bei einigen auch nur der Eigenkapitalerhalt zu beraten , weil die menschlichen Möglichkeiten nicht mehr zuließen. Ich habe immer versucht auch von hinten zu rechenen. Wieviel Gewinn will ich unter den vorhandenen Rahmenbedingungen erreichen und wie stelle ich die Ertrags/Aufwandsrelationen in ein Verhältnis. Das klappt aber nur bei Top-Betriebsleitern die sich diesem selbst geschaffenen Diktat unterordnen.Bei mir im Betrieb hat es jedenfalls geklappt. Das erfordert natürlich ein hartes Managment mit der eigenen Fehleranalyse und anschließender Verbesserung der nicht erreichten Ziele.

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    • Arnold Krämer sagt

      @ Ludwig
      Systembedingt sind die Gewinnraten bei der Milchviehaltung und der Sauenhaltung höher als in der Schweinemast und der Geflügelmast. Die Versuche, dem durch die von Ihnen genannten Maßnahmen (eigene Ferkel, eigenes Futter) entgegenzuwirken, waren in vielen, aber nicht allen Fällen absolut sinnvoll. Allerdings war die Mentalität der Menschen dazu nur bedingt geeignet. Der Schweinemäster ließ sich eigentlich nie für eine eigene Ferkelerzeugung gewinnen. Umgekehrt war das anders. Allerdings haben nach der Wende manche Mäster im Nordwesten eine eigene Ferkelerzeugung in den damals neuen Bundesländern begonnen.

      In der Hähnchenmast war und ist die niedrige Gewinnrate nie ein Thema. Die Integration sorgt für ziemlich stabile Margen und eine durchgehende Vollkostendeckung mit Unternehmergewinnen, wenn sich auch der Mäster anstrengt.

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  4. Kemetbauer sagt

    @Arnold Krämer
    Mich irritiert etwas die Zeile „Lohnansatz nicht entlohnter Arbeitskräfte“. Was verstehen Sie darunter? Familiensklaven, oh Pardon, Familienarbeitskräfte?
    Ich dachte immer, dass die Schwarzarbeit auch in der Landwirtschaft abgeschafft sei. Da irrte ich wohl.
    Genau dieser Umstand macht einen großen Teil des Unterschieds zwischen Ost.- und Westbetrieben aus. Bei den Ostbetrieben gibt es diese Zeile schlichtweg nicht. Da muss jede Arbeitsminute bezahlt werden. Da liegt auch der wahre Grund für den Untergang der ostdeutschen Milcherzeugung.

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    • Christian Bothe sagt

      Untergang der ostdeutschen Milcherzeugung????Bitte nicht solche Verallgemeinerung…

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      • Kemetbauer sagt

        @CB, siehe Bauernzeitung 1/21 ab Seite 36.
        Das dort nachzulesende Szenario beschreibt zumindest den Niedergang der ostdeutschen Milcherzeugung. Kurios ist auch, dass zwar zur DDR-Zeit die Weidehaltung oftmals die Regel war, aktuell aber nur noch weniger als 10% der ostdeutschen Milchviehbetriebe die Weidehaltung praktizieren.

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        • Christian Bothe sagt

          Kemetbauer: Sie müssen nicht immer verallgemeinern! Zu DDR -Zeiten war die Weidehaltung nicht immer die Regel! Ich selbst habe als VEG-Chef die Weidehaltung der 420 MK auf ganzjährige Stallhaltung umgestellt mit dem Ergebnis einer höheren Milchleistung/Kuh/ a unserer SMR MK! Gute Milchviehbetriebe mit den modernen Genotypen betreiben Stallhaltung (Laufstall) mit Melkrobotern usw. Also man kann und sollte nicht generell vom Niedergang der Milchwirtschaft hier im Osten sprechen, auch wenn einige Grossbetriebe bei uns in Thüringen diese aufgeben haben!

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          • Christian Bothe sagt

            Finde es gut, das A.K. sich bei den betriebswirtschaftlichen Kalkulationen auf Westdeutschland und den dortigen Betriebsgrößen beschränkt! Bei und im Osten dürften die Zahlen in den Großbetrieben von 2000ha LN mit bis zu 1000 GV etwas anders aussehen…

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            • Arnold Krämer sagt

              Die ökonomischen Grundgesetze sind im Osten dieselben wie im Westen. Ich maße mir aber kein Urteil an über Dinge und Verhältnisse, die ich nicht oder kaum kenne.

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          • Kemetbauer sagt

            Ich hatte nicht „immer“ geschrieben. Die mich hier umgebenden Milchviehbetriebe bieten ihren Damen sehr wohl den Weidegang an, und zwar alle. Nach Auskunft der alten Betriebsleiter, war der Weidegang auch damals die Regel. Überprüfen kann ich das allerdings nicht. Und GsD kann ich darüber nicht aus Erfahrung berichten.

        • Limes sagt

          „Bauernzeitung 1/21 ab Seite 36. … Niedergang der ostdeutschen Milcherzeugung. Kurios ist auch, dass zwar zur DDR-Zeit die Weidehaltung oftmals die Regel war, aktuell aber nur noch weniger als 10% der ostdeutschen Milchviehbetriebe die Weidehaltung praktizieren.“
          wahrscheinlich ist dieser Artikel in der Bauernzeitung gemeint „Milchquote ade: Die dramatischen Folgen für Milchbauern in Ostdeutschland“
          https://www.bauernzeitung.de/agrarpraxis/tierhaltung/milchproduktion-ostdeutschland/
          Ist es wirklich nur die Milchquote oder wandern die Betriebe einfach in Gunstregionnen ab.
          Eine Antwort könnte dieser Thünen Report geben
          https://www.thuenen.de/media/ti-themenfelder/Nutztierhaltung_und_Aquakultur/Haltungsverfahren_in_Deutschland/Milchviehhaltung/Steckbrief_Milchkuehe_2024.pdf
          Seite 8 die Abbildungen 7 und 8: Regionale Verteilung der Milchproduktion 2023 und Grünlandanteil 2020 sowie Abbildung 9: Veränderung der Milchproduktion in kg/ha LF zwischen 2010 und 2023 geben Antworten für die Veränderungen in der Milchproduktion in den letzten Jahrzehnten. Betrifft nicht nur den Osten sondern ist ein bundesweites Phänomen. Wanderung und Konzentration in Grünlandregionen.
          Abbildung 10: Durchschnittliche Bestandsgrößen in den Bundesländern (Kühe pro Betrieb), Mai 2024 auf Seite 9 zeigt die gravierenden Unterschiede zwischen den Bundesländern.
          Da die ldw Flächen der Milchviehbetriebe nicht zur Gänze verschwinden sondern anders genutzt werden wäre es interessant zu wissen welches Geschäftsmodell jetzt dort betrieben wird.

          • Arnold Krämer sagt

            @ Limes
            1. Eine Milchquote gibt es schon einige Jahre nicht mehr
            2. Die ostdeutschen großen Milchviehbetriebe müssen aufgrund der Struktur praktisch immer vollkostendeckend arbeiten. Das ist schwer mit Fremd-AK, die entlohnt werden müssen. Das ist generell schwer auf Standorten, die für den Ackerbau geeignet sind, weil dort die Flächenkosten deutlich höher sind als in absoluten Grünlandregionen.
            3. Milchviehaltung ist komplex, weil Futterbau, Färsenaufzucht und Milcherzeugung eine weitgehende Einheit bilden und die Produktionszyklen mind. 1 (Futterbau) bis 2 (Färsenaufzucht) Jahre dauern. Produktionstechnische Fehler lassen sich nicht so schnell erkennen und korrigieren wie z. B. in der Hähnchenmast mit 7 Duchgängen pro Jahr
            4. In Ostdeutschland hatte man in den letzten Jahren mehr als im Westen und im Süden unter dem fehlendem Niederschlag zu leiden
            5. Neben den Bestandsgrößen (Kostendegression) spielen auch die durchschnittlichen Milchleistungen je Kuh eine wesentliche Rolle für die Stückkosten, die über den Milchpreis je kg Milch abgedeckt sein müssen. In Familienbetrieben ist es meistens einfacher 12.000 oder 13.000 kg Milch pro Kuh und Jahr zu erzeugen, als dort, wo mittlerweile z. B. osteuropäische Fremdarbeitskräfte die wesentlichen Arbeitskräfte sind.
            6. Die Milchviehbetriebe haben ein sehr gutes Jahr 22/23 gehabt, 23/24 aber bereits wieder einen deutlichen Gewinnrückgang erlebt. In 24/25 ist wieder ein gutes Wirtschaftsergebnis zu erwarten. Im Einzelbetrieb kann es wegen der individuellen Bedingungen aber auch ganz anders aussehen
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    • Arnold Krämer sagt

      In westdeutschen Familienbetrieben werden Familienmitglieder (Ehepartner, eigene Kinder, „geländegängige“ Altenteiler) üblicherweise nur tatsächlich/pagatorisch entlohnt im Rahmen steuerlich und sozialrechtlich sinnvoller Gestaltung. Die Aufwendungen dafür tauchen dann in der G+V der Betriebe als Ausgaben auf. Diese korrigiere ich üblicherweise, um dann alle Arbeitsstunden (realistisch gemeinsam geschätzt) mit 25 €/Std. als Lohnanspruch zu kalkulieren. (60.000€/Voll-AK)
      Im 1. Betrieb sind ziemlich exakt 2 Voll-AK (Betriebsleiter, 0,5 Ehefrau, 0,5 Altenteiler) mit 120.000 € kalkuliert.
      Im 2. Betrieb kann man an dem Lohnansatz von ca. 77.000 € erkennen, dass hier nur ca. 1,25 Familien-AK im Einsatz sind (Betriebsleiter und 0,25 AK Ehefrau).
      Der Unternehmergewinn (kalkulatorisches Ergebnis) zeigt, dass in beiden Betrieben die Mindestansätze deutlich übertroffen werden, genau das Gegenteil von Selbstausbeutung!!!!
      Selbst im 3. Betrieb würde ich nicht von Selbstausbeutung sprechen, weil der Betrieb eben zu klein ist, um eine volle Arbeitskraft (2400. AKh im Jahr) produktiv zu beschäftigen. Der hat nur den „falschen“ Haupt-Betriebszweig, nämlich Bullenmast.

      Die 2.400 AKh/Jahr sind seit Jahrzehnten üblich in der Agrarstatistik und nicht unangemessen. 1.600 AKh/Jahr bei Fremd- AK sind genauso fragwürdig wie 3.000 Akh/Jahr, die durchaus in einigen Milchviehbetrieben anzutreffen sind. Das kann man in einzelnen Jahren bei jungen Betriebsleitern tolerieren, geht aber langfristig nie gut.

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    • Arnold Krämer sagt

      Ich habe es geschrieben: Wenn alle Faktoren entlohnt werden MÜSSEN, braucht man Vollkostendeckung und zu den Stückkosten entsprechende Produktpreise. Da gibt es eben produkt- und betriebsspezifische Unterschiede in West wie in Ost.

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  5. Rolf Sieling sagt

    Die 900,-€ angesetzte Bodenrendite führt sicher zu negativen Ergebnissen bei normalen Feldfrüchten. Die geforderten Pachten können noch deutlich höher sein, bei überhöhten Kaufpreisen. Sandabbau, PV Aufbau , ausserlandwirtschaftliche Investitionen bringen die Flächenkosten hoch, hier und nicht in der Ukraine. Dem Finanzamt ist es schlicht egal wer Gewinn versteuert, der Landwirt oder der Flächeneigentümer oder der Importeur am Hamburger Hafen. Zu bedenken ist nur, das die Historie schon oft die Bedeutung ldw Familienbetriebe zur langfristigen Lebensmittel Versorgung gezeigt hat.

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    • Arnold Krämer sagt

      Im südlichen Weser-Ems-Bereich liegen die Pachtpreise für Ackerland (Neuverpachtung, 3-5 Jahre Laufzeit) bei etwa 1 % der Kaufpreise (wenn von Landwirt zu Landwirt verkauft wird). Das heißt: 1200 €/ha entspricht 12 €/qm. Die Relation geht tendenziell noch unter 1%, weil einerseits teilweise sehr viel Liquidität vorhanden ist, die nicht in bauliche Investitionen abfließen kann (Baurecht etc.) und andererseits das Landkauf-Angebot von Landwirten (in der Regel bereits Verpächter) stark von Kommunen, Netzwerkbetreibern wie Tennet, Industriefirmen etc. aufgegriffen wird.

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  6. Ludwig sagt

    Ich habe bei uns im Betrieb immer die Gewinnrate im Auge gehabt , also die Leistungen in Prozent zum Gewinn. Der erste Betrieb hat eine Gewinnrate von 36% , der zweite und dritte Betrieb nur magere 7% und 8%. Die beiden letzten werden pauschal gesprochen Eigenkapitalverluste hinnehmen müßen , wie die meisten ldw. Betriebe immer erleben. Diesen Anteil schätze ich auf rd. 70% der Betriebe. Getreideanbau hat z. B. eine Vollkostendeckung erst bei 21/23 Euro/dt und Getreide hat fast jeder Bauer , aber dieser Verkaufspreis wurde gerade in den letzten Jahren im Mittel nicht erreicht. Daher auch die Investitionseinbrüche und damit auch die Krise in der Landmaschinenindustrie. Also Raps- und Getreide haben keine Kostendeckung erzielen können und das ist die Masse der Betriebe. Nur Sonderkulturen , Rüben und Kartoffeln haben in den Anbaubetrieben den Gewinn verursacht. Politische Rahmenbedingungen haben den Betrieben gerade auch mit den nie dagewesenen Getreidemengen aus der Ukraine das Ergebnis verdorben. Ja , man muß feststellen , daß die Wirtschaftspolitik in der EU und bei uns gelinde gesagt geistlos , ideologisch und ohne Sachverstand durchgeführt wird. Die Ergebnisse zeigen entsprechend bei uns negative Volkswirtschaftsergebnisse, also eine mehrjährige Rezession. Fachleute braucht das Land , aber welche sind da zu erkennen diesseits der Brandmauer ?Ändern wird sich also erst einmal nichts bis hier mehr zur Demo gehen um diesem Zustand eine Ende zu setzen. Da hat es die Industrie leichter als wir Bauern , denn die kann ruckzuck in andere Länder mit niedrigen Standortkosten abwandern , was sie auch tut, aber wir Bauern können unseren Boden und Gebäude nicht mitnehmen. Auch gut ausgebildete junge Leute verlassen in Scharen das Land. Man geht von 200.000 bis 300.000 jedes Jahr aus .Ein Exodus , der uns in zehn Jahren die geistige Elite von 2 – 3 Millionen nimmt und uns zum Armenhaus macht.
    Wir brauchen eine radikale Politikänderung und das sehr schnell bevor hier der Letzte das Licht aus macht . Hatten wir das im Osten nicht schon einmal ?

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    • Arnold Krämer sagt

      @ Ludwig
      Die Gewinnrate des 2. Betriebes ist nur deshalb so niedrig, weil er 22/23 noch einen Teil von Rindermast praktiziert hat, der wirklich unrentabel wurde nach dem Wegfall der Umstzsteuerpauschalierung mit 10,7 %.

      Der 2. Betrieb bildet bei gut 200.000 € Gewinn schon Eigenkapital, der 3. in der Tat nicht.

      Ich könnte, aber will betriebliche Details nicht näher beschreiben, um Rückschlüsse auf den einzelnen Landwirt zu verhindern.

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    • Kemetbauer sagt

      Eine „radikale Politikänderung“ können wir derzeitig auf der anderen Seite des großen Teichs beobachten. Wäre das in Ihrem Sinne? Ich würde das nicht begrüßen. Wir brauchen nachhaltige Änderungen mit Maß. Denn eines ist klar, auch wir müssten uns dann ändern. Oder denken Sie nur an die Änderungen für und bei den anderen?

  7. Frikadellen piet 46 sagt

    Moin ich war mal als betriebswirtschaftlicher Berater für Landwirte einmal angestellt und dann selbständig, ich musste feststellen, dass viele Landwirte ihre genauen Kosten nicht kannten. Leider war es auch so, dass viele Berater nur mit Kennzahlen umschleuderten und leider den Landwirten nicht unbedingt gut geholfen haben. Bei einer Bank in Hannover habe ich Praktikum gemacht im Studium und musste ähnliches feststellen. Ich hoffe dass ich daran bald was ändert die Darstellung der zahlen hier finde ich gut und hoffe dass Landwirte sie auch verstehen!

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    • Kemetbauer sagt

      Als ldw. Berater muss man bisweilen mit Pauschalwerten arbeiten, da der Betrieb die individuellen Daten nicht verfügbar hat oder nicht zur Verfügung stellen will. Eigentlich müsste man dann die Beratung sofort abbrechen. Aber manchmal ist der Betrieb auch nicht selbst der Auftraggeber.

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  8. Kemetbauer sagt

    In allen anderen Wirtschaftsbereichen haben wir vom Größenwachstum der Betriebe profitiert. Das „Sterben“ der Kleinen haben wir fast kommentarlos hingenommen. Auch wir Landwirte! Große Einheiten standen z.B. für ein besonderes Maß an technischem Fortschritt. Siehe Fendt Vario. Warum sollte das Größenwachstum der Betriebe in der Landwirtschaft anders bewertet werden? Oder geht es nur um das eigene Hemd und die Tatsache, dass man Wachstum nicht hinbekommt?

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    • unkomplizierter Wurzelwicht sagt

      Schneller schlau sein lautet heute wohl eher die Maxime – ganz unabhängig von der jeweiligen Größe, des Wirtschaftssektors oder der eigenen Performance.

      Die Kirschen in Nachbars Garten dürfen für mich gerne auch größer sein – ich kann neidlos gönnen.

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      • Kemetbauer sagt

        Nun ist Bauernschläue ja nicht bekannt als Grundvoraussetzung für eine gute Betriebsführung. Auch kann es hilfreich sein, wenn man die eine oder andere Maxime ignoriert. Viele Betriebe existieren noch immer, weil sie (noch) „viel im Rücken haben“. Das Leben von der Substanz kann kurz oder lang sein. Endlich, ist es in jedem Fall.

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        • Arnold Krämer sagt

          @ Kemetbauer
          Das „agrargesellschaftliche“ Problem in einer Region sind die Landwirte, die ihren Berufskollegen mit „frechen“ Pachtpreisen das Land „wegnehmen“, die Erwartungshaltung der Verpächter teils massiv steigern, und sich selbst und den Kreditgebern lange Zeit ein X für ein U vormachen können. In der relativ langen Zeit bis zum wirtschaftlichen Scheitern dieser „Vollgasbauern“ sind dann viele „ehrliche“ Landwirte auf der Strecke geblieben.

          Eine Pachtpreiskontrolle und staatliche Steuerung des Pachtmarktes gibt es (in diesen Fällen leider) nicht.
          Helfen kann in begrenztem Maße nur das NEIN gegenüber den Verpächtern. Im Einzelfall leichter gesagt als getan. Dazu muss man seine Kosten und Kostenstruktur genau kennen und auch wissen, was man womit verdient oder auch nicht verdient. Das NEIN-Sagen muss man als Landwirt üben.

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          • Kemetbauer sagt

            Naja, was sind „ehrliche“ Betriebe? Zum einen könnte es sein, dass die sich die Pacht nicht leisten können weil sie selbst nicht rentabel wirtschaften können. Zum anderen könnte es sein, dass augenblicklich im optionalen Geschäft sehr gut dastehende Betriebe Morgenluft wittern und sich für eine rosige Zukunft rüsten wollen (derzeit die Rindfleisch erzeugenden Betriebe). Wer ist da ehrlich und wer ist da unehrlich? Die einen riskieren etwas und die anderen möchten, dass der Staat für ihr Flächenwachstum sorgt, indem er Pachtobergrenzen einzieht. In einigen Bundesländern gibt es derartiges auch schon. Anzeigepflichtige Pachtverhältnisse werden auf die Verträglichkeit des Pachtpreises geprüft. So ist das z.B. auch hier bei mir in ST. Letztendlich geht es nur wieder um ein wenig Verlust an Entscheidungsfreiheit. Jeder muss sich klar sein, dass er bei Geschäften auch evtl. die Existenz seines Hofes aufs Spiel setzt.

            • Arnold Krämer sagt

              @ Kemetbauer
              1. Stichwort „ehrliche“ Betriebe = komplexes Thema. Es geht z. B. um das Zerstören oft jahrzehntelanger Pachbeziehungen. Es geht um Landwirte, die immer weitere Wege gehen (30- 50 km), um zu den vorhandenen Flächen (oft bereits mehrere hundert ha) weitere Flächen (selten 10 ha oder größer als Schlag) für Sonderkulturen zu pachten.
              Es geht darum, dass man mit Rinder-Betriebszweigen auf relativ nah gelegene Flächen angewiesen ist. Es geht darum, dass bestimmte Betriebszweige, auf die man sich auch mit baulichen Investitionen festgelegt hat, nicht so einfach oder schnell zu wechseln sind., usw. usw.

              2. rosige Zukunft für Rindfleischerzeugung????
              Von allen Tierhaltungsbetriebszweigen ist gerade die Rindermast auf Ackerstandorten mit Flächenkosten von rund 1000 €/ha die schwächste. Das wird sich auch nicht ändern, weil das Steigen der Schlachtrinderpreise begleitet wird vom Steigen der immer knapper werdenden Kälber (Aufgabe der Milchviehhaltung in Ost- und Süddetschland). Nur ganz aktuell ist die Marge gut, weil günstig eingekauft und teuer verkauft wird. Bei Rindfleisch ist die Nachfrage aber auch begrenzt

              3. In Weser-Ems werdeen Pachverträge nur angezeigt, wenn die öffentliche Hand beteiligt ist. Der Pachtmarkt ist hier völlig frei.

    • Bauer Willi sagt

      @Kemetbauer
      Wir fahren einen Fendt Vario. 😎😉
      Doch ernsthaft: ja, die Entwicklung ist in der Landwirtschaft nicht anders. Der Dorfbäcker und -Metzger sind verschwunden und unsere Bauersfrauen kaufen selbstverständlich bei Aldi und Lidl. Weil es gut und billig ist.

      In einem Interview vor einen Supermarkt sagte dann auch ein Kunde sehr ehrlich auf die Frage ob er bereit wäre, mehr für Lebensmittel zu zahlen: „Bin ich denn bekloppt? Ich zahle doch nicht mehr, wenn ich es billiger bekommen kann“!
      Wir haben übrigens beim Schlepperkauf nicht den Listenpreis bezahlt…

      4
      • Kemetbauer sagt

        Bleibt die Frage, für wen es „gut und billig“ ist. Oder ist es gut, weil es billig ist? Billige Lebensmittel sind für die Rohstofferzeuger jedenfalls noch nie gut gewesen. Und dann gibt es noch die Frage, warum müssen Lebensmittel billig sein , wenn Autos teuer sein dürfen? Aber, das ändert sich ja auch gerade; oder nicht? Und wenn ja, dann müssen auch die Löhne der Beschäftigten in der Autoindustrie runter. Dann passt das auch wieder zum Niveau der Lebensmittelpreise.

        9
        • Bauer Willi sagt

          @Kemetbauer
          Das ist ein weites Feld und fast schon philosophisch. Preis und Qualität ist halt relativ und nicht absolut. BMW oder Kia? Was rechtfertigt welchen Preis? Von A nach B komme ich in beiden Fällen.

          Billige Preise für Erzeuger: Aktuell werden Kartoffeln der Ernte 2024 (vergangenes Jahr) hier im Rheinland mit 10 € pro 100 kg gehandelt. Mehr als ein halbes Jahr nach der Ernte!! Und in 2025 sind hier noch mehr Kartoffeln gepflanzt worden. Muss man das verstehen?

          Bei Zuckerrüben haben alle deutschen Zucker-Unternehmen den Landwirten geraten, weniger anzubauen. Das nennt man „Marktpflege“. Es geht also…

          4
          • Arnold Krämer sagt

            Die allermeisten Landwirte kennen die Kosten und Kostenstruktur ihrer Betriebszweige und Produktionsverfahren nicht, weil in der Ausbildung „nur“ bis zum Deckungsbeitrag gerechnet wird. Und heute schaffen einige Landwirtschaftsschulen mangels Lehrer nicht einmal mehr das.
            Die von mir veröffentlichten Zahlen stammen von Betrieben, die teilweise seit 15 Jahren buchführungsbasierte BZA-Vollkostenrechnungen von mir machen lassen.
            Der Anbau von Veredlungskartoffeln ohne Vertrag ist hochspukalativ. Angesichts der Witterung kann das für den Anbau 25 gut gehen. Für Anbau und Ernte 2024 ist das in vielen Fällen daneben gegangen.
            „Meine“ Kartoffelbauern sind lange im Geschäft und wissen, was sie riskieren dürfen und dass sie beim Pachten von Flächen auch öfter mal „Nein“ sagen müssen.

            2
  9. unkomplizierter Wurzelwicht sagt

    Lehrbuchinhalte par excellence aufgelistet und wiedergegeben…

    Hierzu sollte eine Frage gestattet sein: Wohin haben genau diese Paradigmen dato geführt!?
    Bei einem kritischen Blick in die Zukunft unserer kleinen und mittleren Microökonomien steht WAS(!) in Erwartung!? – Es bleiben mithin nur noch oligarche Strukturen am Start – in vielen Ländern wird uns das bereits ganz brutal vorgelebt. Um zu einer solchen Erkenntnis erstarken zu wollen, muss man allerdings bewusst mit offenen Augen durchs Leben gehen.

    Der Verweis auf den 50jährigen Junggesellen -keine Seltenheit innerhalb der Landwirtschaft- sollte in der entsprechenden Argumentation auf die gesamte Gesellschaft transferiert werden. Greifen dieselben generell, haben wir schon morgen kein Problem mit der Altersrente. Über Nacht könnten wir unser Rentensystem mittels „Familienarbeitskräften“ auf viel gesündere Füße stellen bei grandiosem Einsparpotential.

    Eine Gruppe, die unsere Administration an vorderster Front behutsam schützt, könnte dann über die 62 Lenze hinaus unser Sozialsystem nachhaltig stützen, weiß man heute doch statistisch abgesichert, dass genau diese Gruppe dem Vernehmen nach die höchste Lebenserwartung verzeichnen darf. Ins allgemeine Alterssicherungsgeflecht lassen sich selbige Leistungsträger in unsere Gesellschaft jedoch bewusst nicht einbinden, begründet mit einer nachweislichen Überqualifizierung; etwa zwei Drittel dieser Gruppierung sind mit einer Hochschulausbildung qualifiziert, meint, sie treten erst im fortgeschrittenen Lebensalter ins Berufsleben ein und switchen zumeist mit 62 Jahren vom aktiven in den passiven Lifestyle-Modus. Diese neuen „New-Ager“ genießen als Sonnenhungrige den Luxus von Urlaubsfliegern und Schiffereisen.

    Ja nun, die Altenteiler auf unseren Höhen, ebenfalls noch relativ fit, ertüchtigen sich forthin auf dem Acker, in unseren Ställen.

    Die landwirtschaftliche Ausbildung bis dato hat also komfortabel sichergestellt, dass „das große Fressen spottbillig bleiben kann“ (Bertolt Brecht)- Genau dafür können sich die jeweiligen Protagonisten selbstredend tosenden Applaus spenden!

    Wer die guten alten Lehrbücher aus der Vergangenheit noch heute in dieser Art und Weise zu zelebrieren weiß, darf keineswegs ausblenden, dass der heutige Bauer in einem Ausmaß administrativ derart gegeißelt wird, dass er eine kaum mehr vertretbare Stundenzahl -anteilig jetzt bis zu einem Drittel- am Schreibtisch zubringen muss.

    Unsere Vordenker vor 500 Jahren haben sich gegen ausbeutende Missstände aufgelehnt und waren sehr schnell kopflos. Die cleveren Feudalherren damals waren allerdings so klug vorausschauend unterwegs, nicht alle Leibeigenen zu eliminieren, schlussendlich brauchte man deren unermüdliche Schaffenskraft ja durchaus noch.

    Die heutige Administration erachtet unseren Bauernstand augenscheinlich als komplett verzichtbar, eine filigrane Hinterzimmerpolitik vertreibt demgemäß rasant die Bauern von ihren Höfen.

    …“Denn sie wissen nicht, was sie tun!!!“

    41
    • Bauer Willi sagt

      @unkomplizierter Wurzelwicht

      Vielen Dank für den sehr langen Kommentar, der allerdings für mich etwas kompliziert ist. Ich gebe zu, dass ich ihn vielen Punkten nicht verstehe. Deshalb auch von mir einige Fragen.
      – Was meinen Sie mit „oligarchen Strukuren“ die uns wo „brutal vorgelebt werden“? Ich bilde mir ein mit „offenen Augen“ durch die Welt zu gehen…
      – Warum soll das Prinzip des Junggesellen auf die gesamte Gesellschaft transferiert werden? Der Satz im Artikel sagt doch lediglich aus, dass er weniger aus dem Betrieb entnehmen muss als eine Familie mit Kindern und Altenteiler.
      – Den Absatz mit „denjenigen, die unsere Administration behutsam schützt“ (?) und die mit „62 Jahren vom aktiven in den passiven Lifestyle wechseln“ habe ich überhaupt nicht verstanden. Wer ist gemeint? Landwirte? Wie gesagt, etwas kryptisch geschrieben.
      – „Die landwirtschaftliche Ausbildung bis dato hat also komfortabel sichergestellt, dass „das große Fressen spottbillig bleiben kann“ (Bertolt Brecht)- Genau dafür können sich die jeweiligen Protagonisten selbstredend tosenden Applaus spenden!“ Wer ist mit „Protagonisten“ gemeint? Warum führt eine gute Ausbildung zu „billigem Fressen“?
      – „Bis zu einem Drittel am Schreibtisch“: in unserem Ackerbaubetrieb definitiv viel weniger! Was nicht heißen soll, dass der versprochene Bürokratieabbau unbedingt kommen sollte. Was Alois Rainer ja auch schon ankündigt.
      – „Filigrane Hinterzimmerpolitik, die unsere Bauern rasant von ihren Höfen vertreibt“. Was ist damit gemeint?

      Danke, dass Sie den Artikel von Herrn Krämer excellent finden. Allerdings ist es kein „Lehrbuchwissen“ sondern – wie in den Tabellen zu erkennen – eine Schilderung der ökonomischen Situation in real existierenden Betrieben, die erfolgreich (und weniger erfolgreich) sind.
      Sie wissen was sie tun.

      6
      • unkomplizierter Wurzelwicht sagt

        So, wie Sie, werter Herr Dr. Willi Kremer-Schiĺlings eher kryptisch in meinen Kommentar hineininterpretieren versuchen, ich erachte die Analyse eines Kramers in Beantwortung meiner an anderer Stelle berechtigt aufgeworfenen Fragen als exzellent abgehandelt, so bleibt Ihnen leider auch ein geistiger Zugang zu meinen Einlassungen verschlossen. – Nun, man kann nicht immer einer Meinung sein…!

        Einem Zynismus hinter vorgehaltener Hand entziehe ich mich an dieser Stelle bewusst, auch um die „Nettiquette nicht zu verletzen. Es ist alles gesagt…; ich überlasse an dieser Stelle anderen die Bühne.

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        • Bauer Willi sagt

          @uWW
          Bekomme ich noch Antworten auf meine Fragen? Sagen Sie einfach nur ja oder nein.

          Oder muss mir der „geistige Zugang zu Ihren Einlassungen“ auch weiterhin verborgen bleiben?

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          • unkomplizierter Wurzelwicht sagt

            Mir hat Papst Leo XIV in seiner geistlichen Positionierung heute anlässlich seiner Amtseinführung sehr gut gefallen; Ihnen auch?

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            • Bauer Willi sagt

              uWW
              Können Sie konkreter werden? Oder bleibt es weiter kryptisch? Ich bin halt für eine klare Sprache. Welche der Aussagen des Papstes meinen Sie?

              Ganz generell gefällt mir der neue Papst. Übrigens auch die neue Bundesregierung. Aber danach haben Sie ja nicht gefragt…

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              • unkomplizierter Wurzelwicht sagt

                Schalten Sie meinen Kommentar frei, der sich wg. einem Fehlerteufelchen in der Moderation befindet…

                17
          • unkomplitzierter Wurzelwicht sagt

            …übrigens, viele Antworten finden Sie hier, Herr Dr. Kremer-Schillings:

            „Lieber Verbraucher“

            Die Zeiten ändern sich wohl aber, qualitativ hochwertig und billig soll es heute dann doch sein, wenn ich richtig verstanden habe. Die Verbraucher sind ja nicht blöd, wenn man ihnen das so zu gewährleisten weiß. – Also, schmerzbefreit tüchtig zugreifen…!!! Alles bezahlt, die Frage ist nur, von WEM!?

            18
    • Arnold Krämer sagt

      „Die heutige Administration erachtet unseren Bauernstand augenscheinlich als komplett verzichtbar, eine filigrane Hinterzimmerpolitik vertreibt demgemäß rasant die Bauern von ihren Höfen.“

      Das kann ich so nicht erkennen!

      Der Agrarsektor ist reguliert wie kein anderer Wirtschaftssektor. Viele Vorschriften z.B. aus dem Baurecht und Immissionsschutzrecht sind in den letzten 10-15 Jahren mit dem Ziel der Verhinderung des Zubaus von Stallkapazitäten formuliert und „verfeinert“ worden. Auch das macht das Bauen mittlerweile sehr teuer.
      Die Rechtsanwendung ist komplex und überfordert sicher auch einzelne Verwaltungen.
      In vielen Landkreisen in Niedersachsen besteht jedoch der politische Wille, gegen den bisherigen politischen Mainstream („Halbierung der Nutztierhaltung“) auch weiterhin eine solide Agrarrohstoffversorgung zu erhalten und zu fördern, weil man deren volkswirtschaftliche Bedeutung für die ländlichen Räume (vor- und nachgelagerte Sektoren) erkennt.

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    • Kemetbauer sagt

      Es ist komplett irrelevant wieviel von seiner Lebenszeit der Einzelne seinem Beruf widmet. Viel aussagekräftiger ist, wieviel er in der Zeit legal verdient und versteuert. Wir haben viel zu viele Menschen die bis zur Verrentung mehr als 45 Jahre gearbeitet haben und von der schmalen Rente nicht leben können weil sie kaum das Nötige zum Leben eingenommen hatten. Hohe Qualifikation, guter Job, gutes Gehalt/Einkommen, gesunde Lebensführung und früher Ruhestand. So stelle ich mir die zukünftige Gesellschaft vor.
      Bezüglich der Nachkommenschaft kann ich mir nur Wegwerfen vor Lachen. Früher warf man der dritten Welt vor, sie würde Nachkommen produzieren, damit die Eltern von den vielen Kindern am Leben gehalten werden können. Das fand die erste Welt verwerflich. Heute stimmt die erste Welt das gleiche Credo an. Kinder sind unsere Zukunft? Ja, einige schon.

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  10. Alfons Nünning sagt

    Hallo Herr Krämer
    Ich stimme ihnen zu.
    Meine persönliche Meinung zu der vielseitigen Landwirtschaft ist, dass Prämien, Quoten, Lieferrechte, Subventionen usw. für den Fleißigen,
    innovativen und mutigen Landwirt Hindernisse sind

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