Bauer Willi
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Es geht schon wieder los…

Über 20 Jahre kannte ich dieses Bild nicht mehr: Blattläuse an jungen Rübenpflanzen. Winzig klein sitzen sie auf der Unterseite der ersten Laubblätter, die sich dann oft auch schon kräuseln und so auf einen Befall hindeuten.

Nun könnte man ja sagen, dass die Saugschäden an den jungen Pflanzen tolerierbar sind. Doch die Gefahr lauert ganz woanders: beim Saugen übertragen die Blattläuse, besonders die “Grüne Pfirsichblattlaus” einen Virus, den Rüben-Vergilbungs-Virus, der im Zuckerrübenanbau gefürchtet ist. Er führt später im Jahr zum Aufhellen der Blätter und zu erheblichen Ertragsausfällen.

1994 wurde mit Imidacloprid ein Wirkstoff zugelassen, der der Pillenhüllmasse von Zuckerrüben zugefügt wurde, der dann von den jungen Rübenpflanzen mit den Wurzeln aufgenommen wurde und so die Pflanze eine Zeitlang vor Blattläusen schützte. Und zwar nur die Rübenpflanze, denn nur das einzelne Saatkorn wurde mit dem Wirkstoff versehen. Dies war im Rübenanbau ein gewaltiger Fortschritt, denn die sowohl ökologisch als auch ökonomisch kritisch zu sehende Behandlung der gesamten Ackerfläche konnte so entfallen.

Seit 2019 sind diese insektizide Beizen nicht mehr zugelassen. Ein Schutz gegen Blattläuse besteht also nicht mehr, und so werden alle Rübenanbauer, bei denen jetzt Blattläuse auftreten, gezwungen sein, mit der Feldspritze das gesamte Feld zu behandeln. Und das, obwohl dort kaum Pflanzenmasse zu finden ist, denn die Rüben sind winzig klein und bekommen gerade mal die ersten Laubblätter. Für mich ein absoluter Wahnsinn, denn die flächige Behandlung des gesamten Feldes kann – zumindest aus meiner Sicht – ökologisch nicht sinnvoll sein.

Nun könnte man ja einwenden, dass es im Bio-Rübenanbau ja auch geht. Dazu nur so viel: In 2017 wurden in Deutschland 1.800 Hektar Bio-Zuckerrüben angebaut. https://www.oekolandbau.de/landwirtschaft/pflanze/spezieller-pflanzenbau/hackfruechte/zuckerrueben/lohnt-sich-zuckerruebenanbau/

Er ist also eine Nische, verglichen mit rund 380.000 Hektar konventionellem Rübenanbau. Im Bio-Rübenanbau wird der Befall toleriert, die Ertragsausfälle werden hingenommen. Allerdings ist der Bio-Rübenpreis mehr als dreimal so hoch, denn die Erträge liegen mit rund 45 t/ha bei etwas mehr als der Hälfte des Ertrages gegenüber konventionellen Rüben. Derzeit werden nur rund 25.000 t Bio-Rübenzucker vermarktet, etwa 80% davon gehen in Getränke. Der Markt ist also sehr beschränkt.

Was auch kritisch zu sehen ist: Es wird bei dieser einen flächigen Behandlung wohl nicht bleiben, weil die Wirkung der Insektizide schnell nachlässt. Möglicherweise muss eine zweite, vielleicht auch eine dritte Behandlung erfolgen. Und dann muss ich wieder und wieder mit der Spritze die gesamte Fläche behandeln. Ich will das nicht, aber ich muss. Und mir ist klar, dass das ökologisch deutlich nachteiliger ist als das bisherige Verfahren.

Bauer Willi

 

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38 Kommentare

  1. Gurkenhobel sagt

    Moin lieber Willi,

    ich unterstütze deinen Beitrag voll und ganz. Ich bin selbst mit 2 Standorten am Insektenmonitoring von Nordzucker/LWK beteiligt, und wir haben in diesem Jahr viele Versuche zum Thema in der ganzen Region. Ich bin nahezu jeden Tag sehr nah dran an den Pflanzen und am Boden, wesentlich intensiver als ein normaler Landwirt, und was wir da machmal sehen, macht mir Angst. Das Jahr 2019 markiert den Beginn einer neuen Zeitrechnung im Rübenanbau angeht, und auch, was den sinnlos (weil von bescheuerten Politikern und Ökoträumern) ausgelösten Wirkstoffeintrag in die Umwelt angeht, der jetzt stattfinden wird. Natürlich geht Bio auch, aber auch die werden sich umschauen, auch im Ökorübenbau fehlt ab jetzt der synergistische Schutz durch die konventionellen Nachbarn. Die Landwirte, mit denen ich täglich spreche, sind verunsichert, wütend. Genau, wie du es sagst, will keiner wirklich spritzen. Sie werden vom System dazu gezwungen. Nun mag man ja argumentieren, einfach nicht zu spritzen, und weniger Zucker zu konsumieren. Dann kommt der Zucker aus Australien, Indien, Brasilien oder sonst wo her. Die Bauern sind dann weg.

    Was ich auch nicht nachvollziehen kann, ist die plötzliche “Notfallzulassung” von Neonikotinoiden zur Spritzapplikation. Warum??? So ein grandioser Schwachsinn, der die Kopf- und Ahnungslosigkeit unserer politischen Kaste zeigen, oder gar deren Zerstörungswillen. Mit einem ZURÜCK zum bewährten System wäre ALLEN gedient, auch den Ökobetrieben, die indirekt davon profitieren.

    Glaube ich aber nicht. Im Gegenteil, ich gespannt und fürchte, was sich die grünen Spinner und Weltretter noch so einfallen lassen.

    • Bauer Fritz sagt

      Nun die Sache wird ganz einfach sein. Die Mengen an verwendet Insektiziden wird in den Statistiken im Vergleich zum Vorjahr sprunghaft ansteigen. Darauf wird Zeter und Mordio gerufen, wie dumm und geldgierig denn die Bauern wieder sind, daß sie immer noch nicht kapieren, daß man weniger spritzen muß. Zeigt halt wieder mal wie wenig umweltbewußt diese Agrarsturschädel sind. Und weil sie es nicht kapieren, wird man doch bitte noch mehr kontrollieren müssen und noch mehr Pestizide verbieten müssen.

      So geht Logik. Alles klar ?

      • Gurkenhobel sagt

        Moin Fritz,

        genau das bermekte ich bereits letztes Jahr, als ich mit Willi zusammen hier ein paar Fakten und Zahlen zum Thema veröffentlicht habe. Es wird so kommen, wie du schreibst, und ich bin davon überzeugt, dass das bereits im Vorfeld strategisch genau so geplant und beabsichtigt war. Daher vermutlich auch jetzt die plötzlichen “Notfallzulassungen”, damit der Landwirt auch was zu spritzen hat. Im Nachhinein wird man uns das mit gespieltem Entsetzen um die Ohren hauen und ganz verbieten.

    • Bauer Willi sagt

      Lieber Gurkenhobel

      Auch wir sind wütend. Mein Nachbar macht den Vorschlag, europaweit in diesem Jahr nicht gegen Blattläuse zu spritzen. Zwar haben den Schaden die Bauern selbst, aber vielleicht werden dann einige Menschen mal wach.
      Übrigens machen wir gerade eine Spritze fertig. Die zuerst gesäten Rüben haben schon massiven Druck mit Blattläusen. Mit den anderen werden wir noch warten.

      • Gurkenhobel sagt

        Na dann, happy spraying. Tut mir leid um die Nützlinge, die unsere grünen Entscheider als Kollateralschaden billigend in Kauf nehmen. Mit der Verwendung der guten alten Pille wäre denen nicht ein Fühler gekrümmt worden.

        Ich glaube nicht, dass die Menschen, insbesondere die grünen urbanen Eliten, etwas merken würden, da wird keiner wach. Vielleicht, wenn der Zucker das zehnfache kosten würde. Eigentlich ist das gute Zeug viel zu billig…

  2. Bergbäuerin sagt

    Die Nachfrage nach Bio-Rübenzucker kann nicht gedeckt werden. In Österreich will man den Anbau daher weiter fördern:
    https://www.bio-austria.at/aktuelle-entwicklungen-im-bio-zuckerruebenanbau/
    Ich gehöre zu den Glücklichen, die für die Schafe Bio-Rübenschnitzel ergattert hat. Meine verwöhnten Schafe murren, wenn ich im Lagerhaus in Oberösterreich, wo meine Schwester wohnt, die ich zu Weihnachten immer besuche, zu wenig Bio-Schnitzel mitgenommen habe, und konventionelle nachkaufen muss.

    • Arnold Krämer sagt

      Ich bin kein Rübenexperte. Aber die Vermutung liegt nahe, dass die Geschmacksunterschiede etwas mit Sortenunterschieden oder mit Restzuckergehalten (unterschiedliche Verarbeitung) zu tun haben könnten. Wer weiß mehr? Oder hat man den Schafen den Unterschied zwischen bio und konv. vorher schon “erklärt”.

      • Bergbäuerin sagt

        Was genau anders ist, kann ich auch nicht sagen: Die Produkte sehen jedenfalls auch unterschiedlich aus: Konvi heller, größere Pellets.
        Diesen Winter hatte ich vom Konvi-Sack noch etwas übrig. Nach der langen Pause haben sie das auch gern gefressen. Beim Umstieg auf Bio hatten sie dann jedenfalls nichts auszusetzen.

    • Christian Bothe sagt

      Was da der Unterschied ???Glauben Sie das die Schafe das merken???

      • Christian Bothe sagt

        Mein früherer Schäfer(~500 Merinolandschafe) hatte immer Trockenschnitzel von Südzucker verfüttert.Da legte er großen Wert drauf, das ich diese als VEG Chef organisierte…

    • Brötchen sagt

      kann auch Dreck drin sein.
      das ist glaube ich das Problem bei Rübenschnitzel.

        • bauerhans sagt

          rübenschnitzel kommen aus der lebensmittelproduktion,da ist kein dreck drin.
          ich hatte immer die ungepressten bekommen,wenn die presse mal ausfiel.
          meine sauen mochten die gern.

          • Brötchen sagt

            ich hatte pelletierte ausprobiert wegen Test unkupierte Schwänze, die haben sie nicht angeguckt.
            Auskunft Mischfutterwerk, da die für Rinder vorgesehen sind: hängt davon ab wieviel Sand usw. mit drin ist.
            Schnitzel sind bei uns schlecht zu bekommen. Für Schafe Goldstaub. Ich fütter geschnittene Möhren plus quetschhafer und mineral….Jetzt warten sie auch immer noch drauf und kommen angeschossen, wenn ich mit dem Eimer vorbeigehe.

            • Stadtmensch sagt

              “und kommen angeschossen, wenn ich mit dem Eimer vorbeigehe.”
              🙂

              Ihr habts gut. Seufz…
              Mir will einfach niemand Zwergwyandotten verkaufen. Bestimmt weil ich so ein doofer Städter bin.

                • Stadtmensch sagt

                  Danke Brötchen – merk ich mir mal, falls ich nicht doch noch was Näheres finde.

                • Brötchen sagt

                  In sachsen gibt es eine Menge Geflügelhaltungen, da dürfte überall was zu finden sein. Musst du mal gezielt suchen, dieses bsp. hier die fahren bis leipzig.
                  Kommen bei uns im Dorf auch vorbei. Du kannst auch in den Dörfern mal gucken, die schlagen Zettel an, wann sie kommen.

      • Bauer Willi sagt

        Nein, das mit dem “Dreck” wird peinlichst genau untersucht. Wenn der Asche-Anteil (Kennzeichen für nicht verbrennbare organische Masse) sind die Schnitzel nicht mehr handelsfähig.

    • Bauer Willi sagt

      Liebe Bergbäuerin, mit Bio-Zuckerrüben kenne ich mich gut aus, auch mit der Vermarktung des Zuckers. Schon 1995 hat ein Unternehmen mit der Produktion von Bio-Zucker begonnen. Versprochen wurde von den möglichen Kunden viel, gekauft hat es nachher kaum einer und wenn, in homöophatischen Mengen von 100 oder auch mal 500 kg. Schließlich wurde er verramscht. Interessant wurde es erst dann, wenn Player wie Coca-Cola oder Kellogs umsteigen würden. Bis dahin bleibt es ein Nischenmarkt.

    • Bauer Willi sagt

      Schön. Und was hilft mir das jetzt? So ganz praktisch, meine ich jetzt…

      • Da wir an diesem Punkt ja schon einmal angekommen waren, schreibe ich aktuell einen Zweiteiler zum Problem Fremdenergie und zur Lösung des ANDERS-Denkens von Fortschritt. Vielleicht entstehen daraus EIN paar ANDERE Impulse und EIN wenig Klarheit. Falls es noch interessiert …

        • Gurkenhobel sagt

          Lieber Herr Vobig,

          wir Landwirte sind eher so “gerade heraus”-Menschen, keine Philosophie und kein elitäres Geschwurbel. Immer schön locker und handfest bleiben, eigene Meinung sagen, andere Meinung einstecken, fertig. Aber, bei allem Respekt, Ihre Texte versteht hier niemand. Am Mangel an humanistischer Bildung kann es nicht liegen, davon ist hier genug unterwegs ;o)

          Erklären Sie uns, was Sie uns als Künstler mit Ihren Texten sagen wollen.

        • Obstbäuerin sagt

          Sosehr ich mich auch mühe, Guido Vobig, Ihren Theorien zu folgen, es klappt nicht. Hilfreich wäre mal eine klare, allgemein verständliche Definition von Fremdenergie.

          • Ackerbauer sagt

            Fremdenergie ist zB. wenn man andere belügt und betrügt um sich einen Vorteil zu erhaschen!

            Siehe den dominierenden Kontext “Agrarmärkte”
            Neue Tiefs, findet keinen Boden, Bärenfutter gen Süden usw.
            Es wird dabei getrickst und gelogen um die Brot und Spielegrundlage der Linksstaatverbraucher aufrecht zu erhalten!

            Die Prophetie sagt nicht umsonst das dem Ausbruch des 3.WK eine gute “offizielle” Ernte vorausgeht bzw. das es im Hochsommer zum Waffengang kommt, weil sich die Agrarrohstoff-Versorgungsbilanz Trickserei eben nicht ewig aufrecht erhalten lässt!

          • Gehen Sie in Ihren Garten und pflücken einen Apfel, dann ist die Energie, die Ihnen der Apfel zuführt, keine Fremdenergie. Fahren Sie in den Supermarkt und kaufen einen Apfel aus Neuseeland, liefert Ihnen dieser Fremdenergie.
            Schalten Sie Ihr Licht an, dann leuchtet es jederzeit durch Fremdenergie. Wandelt eine Pflanze Sonnenlicht in Zucker um, ist diese Energieform keine Fremdenergie.
            Von Natur aus verfügt kein ANDERS Lebewesen über Fremdenergie. Nur der Mensch verfügt über immer mehr davon – und das permanent, Tag wie Nacht. Das ist das PROBLEM, wogegen auch keine CO2-Steuer hilft. Ganz einfach.

            Auf den Klima-Demos wird unterm Strich der falsche Sündenbock durch die Medien getrieben. Es ist nicht das CO2, es ist das Ausmaß permanent zur Verfügung stehender Fremdenergie, die immer mehr Probleme schafft.

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