Bauer Willi
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Artgerecht

Die alte Dame lebt in einer Ein-Zimmer-Wohnung im vierten Stock eines Altbaus im Vorort einer Großstadt. Sie ist nicht mehr sehr beweglich, das Haus hat keinen Aufzug und so verlässt sie die Wohnung nur noch selten. Ihre Nachbarn kennt sie kaum, sie wechseln auch oft und somit hat sie kaum soziale Kontakte. Sie hat nur eine kleine Rente, wovon das meiste für die Miete draufgeht. Deshalb ist sie auf preiswerte Lebensmittel angewiesen, die sie beim Discounter um die Ecke einkauft. Doch auch da hat sie niemanden, mit dem sie reden könnte. An der Kasse muss es ja schnell gehen, die Kassiererin hat keine Zeit mehr für ein Gespräch, so wie früher im Tante-Emma-Laden. Mit ihrem Trolley bringt sie die Sachen nach Hause und wenn sie Glück hat, hilft ihr jemand, die nach oben zu tragen. Sie ist halt nicht mehr so gut auf den Beinen.

Dann ist sie wieder allein, mit sich und dem Fernseher, der ihr einziger Kontakt zur Außenwelt ist. Mittags macht sie sich eine Suppe warm, warum soll sie groß kochen? Sie ist ja allein. Abends gibt es ein Brot, mit einer Scheibe Wurst oder auch Käse. Dazu eine Tasse Tee. Gegen 10 Uhr abends geht sie dann zu Bett. Sie schläft aber nicht mehr so gut, alte Leute brauchen halt nicht mehr viel Schlaf. Sie grübelt. Bis sie schließlich doch einschläft. So geht das jeden Tag.

Besuch bekommt sie nur selten. Ihre Tochter, Lehrerin an einer Grundschule, hat ja auch nicht viel Zeit. Zu sehr ist sie eingebunden in den Schulalltag. Dennoch macht sie sich in ihrer wenigen Freizeit für den Tierschutz stark. Das ist ihr wirklich wichtig. Die Tiere sollen mehr Auslauf bekommen, sich frei in der Natur bewegen können. Und das Futter soll frei von Gentechnik sein und auch ausgewogen. Vor allem soll der sozialen Komponente mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden, die Tiere sollen Kontakt untereinander haben können. Schließlich sind ja auch Tiere Gottes Geschöpfe. Und diese Werte will sie auch ihren Schülern nahebringen.

Wenn die Tochter dann mal zu einem der kurzen Besuche kommt, erzählt sie begeistert von den Aktionen, die sie in der Gruppe gerade wieder gestartet haben, um den Tieren ein artgerechtes Leben zu ermöglichen.

Ihre Mutter hört sich das an. Und schweigt…

 

Diese Geschichte ist frei erfunden.

Euer Bauer Willi

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33 Kommentare

  1. bauerhans sagt

    diese “frei erfundene” geschichte passiert täglich.
    eltern,die ja für ihre kinder nur das beste wollen,denken nie an sich selbst,denken nicht an später,denken nicht daran,später mal in solch einer situation zu sein.
    wir haben hier den fall,dass die seniorin seit jahren 70% ihrer rente dem sohn überwies,jetzt ist sie dement,wird betreut,was erhebliche kosten bedeuted.

  2. Rufer aus der Wüste sagt

    Schon wieder verdeckte Werbung fuer die Gentechnik.
    Wie soll denn die Oma sonst leben?
    Man muss ja froh sein das man sie noch nicht ins Altersheim abgeschoben hat und zur Tochter. Die ist nur ein Produkt der Zeit.
    Das kommt hald davon wenn man Parteien waehlt die sich die Gewinnmaximierung auf die Fahnen geschrieben haben.
    Also jammerts weiter wie gehabt. Kennt man ja schon. Es sind immer die anderen Schuld.

    • Bauer Willi sagt

      Das verstehe ich nicht. Was hat der Artikel mit Gentechnik zu tun? Was hat er mit Parteien zu tun? Hier geht es um menschliches Verhalten.
      Bauer Willi

  3. Jürgen Baums sagt

    Lieber Willi,

    Du vergleichst Äpfel mit Birnen bzw. Oma mit Rindvieh! Oma darf schließlich in Ruhe alleine sterben, das Rindvieh wird vor seiner Zeit zur Schlachtbank geführt.

    Vegetarier und Veganer haben es da mit dem Thema “Artenschutz” (bei Tieren!) leichter. Sie wollen einfach nicht, dass all die Rindviecher überhaupt das Licht dieser Welt erblicken und damit ist Tierschutz ziemlich obsolet.

    Einige von uns Fleischessern haben jedoch ein mehr oder weniger schlechtes Gewissen, dass ihrem Fleischgenuss die Tötung voran geht. Dies muss irgendwie durch den Tierschutz ausgeglichen werden.

    Ergo: Senioren, deren Leben entweder freiwillig oder per gesellschaftlichen Druck frühzeitig beendet wird, würden mit großer Sicherheit artgerechter gehalten werden, als es heute der Fall ist.

    • Bauer Willi sagt

      Lieber Jürgen
      Ich denke schon, dass Du den Hintersinn des Artikels verstanden hast. Sonst hätte ich mich schwer in Dir getäuscht 🙂 .
      Doch was Du sagst, stimmt. Vegetarier und Veganer haben es in der Tat leichter. Ihr Weltbild muss sich nicht mit dem Töten von Tieren befassen. Mein Problem fängt dort an, wo sie anfangen, Fleischesser als “die Bösen” darzustellen und beginnen zu missionieren.
      Ich persönlich bringe die Toleranz gegenüber allen, die eine andere Ernährungsweise gewählt haben, auf, erwarte das aber mit dem gleichen Recht auch von Vegetariern und Veganern mir gegenüber, der Fleisch isst. Gleiches gilt auch für andere Produktionsweisen wie z.B. Bio-Landwirte. Aber auch dort erwarte ich, dass nicht andere als “die Bösen” dargestellt werden. Fazit: ein wenig mehr Toleranz von beiden Seiten würde helfen.
      Willi, der Bauer

      • Stadtmensch sagt

        Hallo Bauer Willi, ich danke dir zunächst für deinen Artikel. Er zeugt von viel Empathie. Aber was Jürgen da schreibt, ich zitiere: “Senioren, deren Leben entweder freiwillig oder per gesellschaftlichem Druck frühzeitig beendet wird, würden mit großer Sicherheit artgerechter gehalten werden, als es heute der Fall ist.”
        Heißt nichts anderes als: alt -> nutzlos -> stirb = artgerecht.
        Nun bin ich leider dem Humanismus verfallen und kann dieser darwinistischen Weltsicht nichts abgewinnen, denn menschliche Gemeinschaften, seien es Großfamilien oder komplexe Gesellschaften sind viel weiter entwickelt als die “rohe Tierheit” und bergen im Kern auch die Fürsorge für die Phase der Hilflosigkeit im Alter. Denn wer zieht schon gerne eine Brut groß, die einen im Alter kalt lächelnd verrecken lässt? Das will niemand gerne erleiden und deshalb sind wir auch lieb zu unseren Eltern bis zum Schluss, weil wir selbst alle in diese Kalamität kommen. Da brauche ich gar nicht erst christliche Dogmen bemühen. Das versteht sich von selbst. Natürlich toleriere ich diese Auswüchse einer leistungsorientierten, kapitalistisch induzierten Konkurrenzgesellschaft, aber bringt uns das weiter?
        Stadtmensch der Agitator

        • Bauer Willi sagt

          Hallo Stadtmensch, der Agitator 🙂
          du bist nicht “leider” dem Humanismus verfallen, sondern Gott sei Dank. ich denke, dass ein Problem unserer Zeit die zunehmende Egozentrik ist. Es wird immer mehr auf die eigene Befindlichkeit geachtet und weniger auf das Gemeinwohl, den Mensch neben mir.
          Bauer Willi

  4. Wolfgang Nellen sagt

    Gute Geschichte!
    Und ein böser Kommentar an “Gast”: der Bauer der die trächtige Kuh schlachtet oder das Ferkel erschlägt “darf” auch die alte Mutter vernachlässigen. Er wäre dann immerhin konsequent “böse”.
    Die Lehrerin aus der Geschichte ist inkonsequent und bildet sich ein, gut zu sein.

  5. Gast sagt

    und Leute die nichts dabei finden, daß lebensfähige Ferkel totgeschlagen werden, trächtige Kühe geschlachtet und Lämmer geschächtet werden, die alle kümmern sich selbstverständlich rührend um ihre Mütter??

    • Ehemaliger Landwirt sagt

      #und Leute die nichts dabei finden, dass lebensfähige Ferkel totgeschlagen werden, trächtige Kühe geschlachtet und Lämmer geschächtet werden, die alle kümmern sich selbstverständlich rührend um ihre Mütter??#

      Herr Fendt,
      der Beitrag an dieser Stelle ist sowas von daneben und dies fällt auf sie zurück.
      Offensichtlich ist es ihnen entgangen, dass gerade die Landwirtsfamilie die noch auf den Hof lebenden Eltern versorgen und meistens noch bis zum Tod pflegen, während die weiteren Kinder sich öfters aus dem Staub machen.

      Man kann darüber diskutieren, ob das totschlagen junger, kaum überlebensfähiger Ferkel in dieser Form in Ordnung geht, sie sollten jedoch eine Alternative vorschlagen wie man die schwachen Ferkel, die beim Säugen von den Stärkeren verdrängt werden, das Überleben sichern kann. Mein Vorschlag wäre, man schenkt die den BIO-Betrieben.

      Warum trächtige Kühe geschlachtet werden, dazu fehlt mir die Sachkenntnis, ich stelle nur fest, dass dies von Menschen anprangert wird, und gleichzeitig die Abtreibung wachsendes menschlichen Lebens verteidigt wird.

      Das Schächten von Lämmern ist Religionsbedingt und bevor man mich in die rechte Ecke stellt, sag ich mal gar nichts dazu.

    • Michael Metzger sagt

      Ich weiß nicht wie du darauf kommst dass einfach lebensfähige Ferkel getötet werden, da ist der Tierschutz schon fehlgeschlagen. Die Tiere werden umso mehr gequält wenn man sie versucht am Leben zu erhalten und das Ende nur hinaus gezögert wird. Dann wird man noch bestraft weil man Unnötig Medizin einsetzt.

  6. Klaus Weber sagt

    Die Geschichte ist frei erfunden????
    Ich würde sie sofort als war abkaufen!!!!
    Mein Vater sagte immer: Die Welt ist nicht schlecht…Nur die Menschen???
    Diese frei erfundene Geschichte könnte bestimmt den ein oder anderen Menschen zum nachdenlen anregen…aber bestimmt wird sich auch mancheiner drüber aufregen….

    Schön geschrieben,DANKE BAUER WILLI

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