Bauer Willi
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Praktiker-Netzwerk – eine bunte Truppe

Am 12. Juli hatte das BMEL, allen voran Minister Schmidt zum ersten Treffen des Praktiker-Netzwerkes eingeladen. Nun ist Herr Schmidt nicht unbedingt ein begnadeter Rhetoriker, aber man merkte in seiner Begrüßungsrede sehr deutlich, dass ihm an der Meinung der Basis sehr viel gelegen ist und er sich freute, dass sich so viele dafür interessieren. Von den über 500 Bewerbungen konnten nur rund 100 angenommen werden, aber die Auswahl war wirklich gelungen. Da saß die Biobäuerin mit 20 Kühen aus dem Schwarzwald neben dem ostdeutschen Großbetrieb, der Selbstvermarkter neben der solidarischen Landwirtschaft, der/die Tierhalter/in mit 50 Legehennen oder 2000 Mastschweinen neben dem Acker- und Gemüsebauern, der Ökowinzer neben dem Imker. Eben eine sehr bunte Truppe aus allen Teilen der Bundesrepublik.

Auf Augenhöhe

Und das wirklich bemerkenswerte: alle haben sich verstanden und ohne Scheuklappen miteinander geredet und zugehört. Es wurden eben keine bekannten Sprechblasen produziert wie sie oft von Partei- oder Verbandsebene zu hören sind. Und eben auch kein wissenschaftlicher, sondern ein ganz praktischer Beirat, der aber mit einfachen Worten genau das zum Ausdruck bringt, was die Bauern, Winzer, Imker und andere in der Ur-Produktion so bewegt. Dass der Minister (Zitat) „das Praktikern-Netzwerk auf Augenhöhe mit dem Wissenschaftlichen Beirat“ sieht, muss die Professoren aber nicht erschrecken. Sie müssen ja ihre eigenen Vorschläge nicht im täglichen Leben umsetzen… Oder anders gesagt: Technokratie und Amtsstube trifft real life.

Und genau darum geht es dem BMEL: eine Plattform zu schaffen, auf der die Menschen an der Basis, dort wo die Arbeit gemacht wird, ihre Meinung äußern und so der Politik Hinweise geben, wie und ob das, was „von denen da oben“ an Gesetzen und Verordnungen fabriziert wird, in der täglichen Praxis umgesetzt werden kann. Und es ging darum, Vorschläge, Wünsche und Kritik zu formulieren, welche Themen für die Basis wichtig und welche vernachlässigbar sind. Übrigens vollkommen unabhängig von irgendeiner Vorliebe für irgendeine Partei.

Ernsthaft ohne Selbstdarstellung

Das alles geschah in vier Arbeitsgruppen zu den Themen Pflanzenbau, Tierhaltung, Wertschätzung von Lebensmitteln und Digitalisierung. Fast schon logisch, dass der Bereich Tierhaltung überfüllt, der Bereich Digitalisierung schwächer besetzt war. Da brennt es halt den Leuten nicht so unter den Nägeln.  Es ist unmöglich, auch nur im Ansatz die vielen Meinungsäußerungen zusammenzufassen. Was mir aber auffiel, war die Ernsthaftigkeit jedes einzelnen Wortbeitrages. Da war auch niemand, der einen Beitrag eines anderen als Blödsinn abgetan hätte. Eher wurde ergänzt, auf der Meinung des anderen aufgebaut und eben nicht politisiert. Weil es allen um die Sache ging und nicht um Selbstdarstellung.  Das war unheimlich wohltuend.

Ein paar Beitrags-Splitter

Ein paar kleine Ausschnitte aus den Diskussionen sollen dann doch genannt werden. Ein Teilnehmer sagte, dass „er nicht von Prämien leben will, sondern davon, was er am Markt erzielt“. Da nickten viele, weil ihnen der Disput um erste oder zweite Säule so langsam am Hals heraushängt. Das staatliche Tierwohllabel fanden wirklich nicht alle gut, wobei die meisten die ganze „Labelei“ ohnehin für fragwürdig halten, weil kaum noch einer durchblickt. Bringt eine Flächenstilllegung über mehrere Monate für Artenvielfalt und Bienen nicht mehr als das ganze komplizierte Greening- „Gedöns“? Eine Frage, über die es nachzudenken lohnt, weil es zu dem viel beschworenen „Bürokratieabbau“ führen würde und der Natur mehr bringt. Kritisiert wurde auch, dass der Begriff der Ernährungs-Bildung in Schulen und Kindergärten seit Jahren von allen Politikern aller Farben zwar im Munde geführt wird, erkennbare Fortschritte mit konkreten Maßnahmen aber nicht wirklich erkennbar sind. Dabei wäre es dringend nötig, damit wieder ein realer Bezug zu den Lebensmitteln hergestellt wird. Und das nicht nur bei Kindern! Und über allem schwebte dann immer wieder die Frage, wie man als Produzent von Nahrungsmitteln die Ansprüche der Gesellschaft erfüllen kann, diese dann aber auch honoriert bekommt. Denn zwischen Erzeuger und Verbraucher sind ja noch ein paar andere, die da „mitspielen“. Doch die waren nicht beim Netzwerk. Aber wir müssen ja auch noch was für das nächste Treffen haben…

Fazit

Alle, die zu diesem Praktiker-Netzwerk gekommen sind, sind am späten Nachmittag mit dem Eindruck von dieser Veranstaltung weggefahren, dass es sich nicht um einen Wahlkampf-Gag handelte sondern um das ernsthafte Bemühen einer basisdemokratischen Auseinandersetzung. Das Treffen war sehr gut organisiert und in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit (netto ohne Pausen etwa 3 Stunden) wurde ein wirklich vorzeigbares Ergebnis erzielt. Verglichen mit so manchem Gipfeltreffen eine beachtenswerte Leistung.  Und das alles ohne Randale und Wasserwerfern.

Als kleiner Eindruck ein Videos mit Ausschnitten aus der Begrüßung von Minister Schmidt. Und wie gesagt: keine rhetorische Meisterleistung aber die Inhalte zählen. Und die Worte kamen von Herzen, das konnten alle spüren. Ich freue mich jedenfalls schon auf das nächste Treffen.

Euer Bauer Willi

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Bildquelle Beitragsbild: www.top.agrar.de

 

 

 

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21 Kommentare

  1. Bauer Klaus sagt

    Ein Teilnehmer sagte, dass „er nicht von Prämien leben will, sondern davon, was er am Markt erzielt“. Da nickten viele, weil ihnen der Disput um erste oder zweite Säule so langsam am Hals heraushängt. >>>> Was steht diesem Wunsch entgegen? Frau Min. Hendricks und viele GRÜNE samt NGO´s werden es gerne hören und schleunigst noch mehr Ideen entwickeln um ihr Klientel zu beglücken.

    • J.meyer sagt

      Sehe ich anders! 20% bio, tierwohl, kleinbäuerliche Betriebe fördern. Weniger Geld aus Brüssel wegen brexit und Ansprüche der Osteuropäer. Es wird von selbst weniger! Und der Blöde Satz öffentliche Gelder nur für öffentliche Leistung gefährdet viel mehr! Hiermit versuchen die grünen gutmenschen ihre Ziele zu begründen. Die Subventionen müssen über einen Zeitraum von ca. zehn Jahren linear angeschafft werden damit es zu Anpassung kommen kann

      • Bauer Willi sagt

        @Meyer
        wahrscheinlich meinen Sie „abgeschafft“. Ich sehe das genau so. Aber begleitet durch ein Import-Verbot für Lebensmitteln, die nicht nach europäischen Normen (Lohn-, Sozial-, Umweltstandards) hergestellt wurden. Dann kann ich auch Eiweiß-Pflanzen anbauen statt Soja zu importieren. Wir sollten mit kreativen Ideen vorwärts gehen statt immer nur in Verteidigungs-Starre zu verfallen. Hoffe, dass wir das mit dem Praktiker-Netzwerk hinbekommen.
        Bauer Willi

        • Mark Rössler sagt

          Entwicklungsländer in Afrika stöhnen wegen den schwierigen Bedingungen ihre landwirtschaftlichen Produkte in Europa abzusetzen, die Haltung der EU behindert die dringende Entwicklung der afrikanischen Landwirtschaft.

          Wenn wir anfangen nach „Standards“ bei den importierten Waren zu rufen, dann baut die Automobilindustrie oder die Windradhersteller innerhalb weniger Wochen kein einziges Erzeugnis mehr, für die „energiesparenden“ Fahrzeuge wird der Regenwald geflutet und in China werden Mengen an radioaktivem Abfall einfach zu einem riesigen Berg getürmt.

          Sicher wäre es wünschenswert, wenn die Welt immer so wäre, wie man es sich wünscht, nur leider (vielleicht auch zum Glück) wird das niemals eintreten.

        • J.meyer sagt

          nichttarifäre handelsbeschräkungen sind nach wto schwer umzusetzen. Aber eine eindeutige Kennzeichnung ist möglich und der bessere weg

        • Moritz sagt

          Sehr geehrter Bauer Willi da gebe ich ihnen voll recht, mit kreativen Ideen vorwärts gehen statt immer nur in eine Art ,,Verteidigungs-Starre zu verfallen. Als Mitglied so einer NGO fühle ich mich von dem was von den landwirtschaftlichen Verbänden bzw. deren Vorsitzenden kommt verarscht. Erst recht nervt mich das das derzeitige System so aufgebaut ist, das die wirklich noch bäuerliche Landwirtschaft was immer man auch unter dieser Definition verstehen mag bewusst vor die Wand gefahren wird. Konsens vieler Kritiker einzelner NGO‘ s ist das was Herr Felix zu Löwenstein in seinem Buch ,,Es ist genug da. Für alle.“ Wenn wir den Hunger bekämpfen , und nicht die Natur, beschrieben hat.

          • Ehemaliger Landwirt sagt

            In der Situation, in der sich die meisten der sogenannten bäuerlichen Betriebe befinden, hat nicht der Bauernverband schuld. Der Verband hat viel leicht unterlassen, manchen Betriebsleitern rechtzeitig zu sagen, dass der Betrieb keine Zukunft für die Kinder hat.

            Manche NGOs sind halt der Meinung, mit Kleinbetrieben kann man das Paradies hervorzaubern.

            Die Ära „bäuerlicher Familienbetrieb“ gehört längst der Vergangenheit an, die noch vorhandenen werden aufgeben, ein Zurück gibt es nicht mehr.

        • Arno Nym sagt

          Feigenblatt , mehr nicht.

          Wenn die ganzen sogenannten „Freihandels“knebelverträge durch sind, kommt noch mehr Dreck, der sich dann Nahrung nennen darf , auf den Markt. Mit riesiger Unterstützung der CXU (in welcher Partei ist der Schmidt nochmals)DA kann er soviel durchdrücker wie er will, der Fraktionszwang und der Wunsch nach einem aussichtsreichen Listenplatz wird letztendlich für Großkonzerne entscheiden und nicht für euch. Schade, aber so wirds kommen.

      • bauerhans sagt

        im moment haben wir 7,5% bio,warum 20%,kauft doch keiner!!!
        mit subventionen lassen sich wähler kaufen,warum abschaffen!
        bauern bekommen geld dafür,leistungen zu erbringen,die sie sonst nicht verkaufen könnten!!
        bauern lernen langsam,dass pachtpreise nicht emotional zu begründen sind,dass maschinenkosten auch massgeblich durch ihre emotionen verursacht werden und dass arbeitsbelastung und selbstausbeutung sehr nahe beieinander liegen.

  2. Paulus sagt

    Den mehrfachen Hinweis darauf, dass Herr Schmidt kein begnadeter Rhetoriker ist halte ich für überflüssig. Entscheidend ist allein was am Ende dabei herauskommt und in welcher verbalen Gestaltung dies ggf. auch für die Allgemeinheit kommuniziert wird.
    Die Veranstaltung ist natürlich in gewisser Sicht, mit Verlaub – ein Arschtritt für die Verbandsfürsten. Insofern, Hut ab vor Herrn Minister Schmidt!
    Hatte mich als Land- und Forstwirt im Nebenerwerb übrigens auch beworben. Aber wenn ich von Sandra Harms schon höre „viele bekannte Gesichter“, bestätigt dies meine Vermutungen die Auswahl der Teilnehmer betreffend.

    • Bauer Willi sagt

      Siehe Kommentar bei Direktsäer Thomas. Genau so war die Reaktion. Wahrscheinlich auch vom wissenschaftlichen Beirat. Ich habe genau drei bekannte Gesichter gesehen, wovon ich zweien bisher noch nie persönlich begegnet bin. Nur so viel dazu.
      Vielleicht kennt Sandra einfach mehr Leute 🙂
      Bauer Willi

  3. Friedrich sagt

    Prima Sache. Berlin ist soweit weg von uns Bauern. Wird Zeit , daß dort mal der Bauer zu Wort kommt. Theoretiker und Ideologen haben wir genug. Die Politiker sprechen doch lieber Lobbyisten an und machen es sich so sehr einfach. Unsere Bundestagsabgeordnete und Staatssekritärin im BML ist doch nur hinter Medien und guten Bildern von sich her. Mal ein Vieraugengespräch mit den Bauern macht die nicht und jetzt im Wahlkampf schon lange nicht. Mal sehen wie es nach der Bundestagswahl ist , ob dann der Bauer auch noch gefragt ist. In den letzten Jahren hat man sich ja um uns nicht gekümmert , oder ?

  4. Direktsäer Thomas sagt

    Ich freue mich auch auf das nächste Treffen. Falls es ein nächstes Mal gibt. Die Wahlen im September und die neue Regierung werden zeigen, ob Praktikermeinung noch gefragt ist.
    Ich bin mit gemischten Gefühlen nach Berlin gefahren. Es stand für mich die Frage im Raum, ob das eine politische PR Aktion ist oder ernst gemeint. Die Rede des Landwirtschaftsministers hat mich überzeugt, dass zumindestens er es ernst meint und ehrliches Interresse an der Praktikermeinung hat. Er sprach auch von „auf Augenhöhe mit dem wissenschaftlichen Beirat“. Ob die Ergebnisse der einzelnen Arbeitsgruppen verlustfrei in die Politik durchkommuniziert werden, wird die Zeit zeigen. Die Zusammenfassung durch die MinisteriumsmitarbeiterInnen, für die das alles bestimmt auch Neuland war, empfand ich nicht als ganz verlustfrei. Das kann aber auch der Zeitknappheit geschuldet sein. Insgesamt war es für mich ein sinnvoller Tag und ich freue mich darauf, die anderen Mitglieder dieser bunten Truppe näher kennenzulernen.

    • Bauer Willi sagt

      Ich habe auf der Rückfahrt mit der Bahn mit einem Ministerialbeamten zusammengesessen, der auch bei der Veranstaltung war. Tatsächlich musste BM Schmidt wohl auch die eigenen Leute im Ministerium überzeugen, die wohl Bedenken hatten. Er hat das also wirklich „durchgedrückt“ und hat auch von verschiedenen Verbänden und vom Wissenschaftlichen Beirat zu hören bekommen, was dass denn jetzt soll: Praktiker fragen wo es doch uns (Verbände und Beirat) gibt. Nein, dass war wirklich ernst gemeint und kein Wahlkampfgeplänkel. Sagt mir jedenfalls mein Gefühl und das hat mich schon bei der Wahl meiner Frau nicht enttäuscht. 🙂
      Bauer Willi

      • Bauer Klaus sagt

        Praktiker fragen statt ihre Verbände zu hören? Ernst gemeint kann die Idee schon sein. Ernsthaft zu suchen wie weit die Ansichten von mehr oder weniger gut und umfassend informierten Praktikern auseinanderdriften um anschließend festzustellen, dass es bei so viel Vielfalt unter den Praktikern doch mehr Erfolg verspricht, dem Mainstream mehr Gewicht zu geben. Für mich ist die Aktion des BMEL ein Ausdruck von Unentschlossenheit.

        • Bauer Willi sagt

          Hallo Klaus,
          schade dass Du nicht dabei warst. Die Ansichten waren eben sehr nahe beieinander. Und das eine solche Veranstaltung bei den unterschiedlichen Verbänden, egal ob Bio oder Konvi, nicht auf viel Liebe stößt, ist auch dem Minister klar. Sagt er auch im Video: „Das ist hier keine Mitgliederversammlung des Bauernverbandes“.
          Bauer Willi

    • Bauer Willi sagt

      Ja, und jeder hat den anderen so akzeptiert wie er ist. Egal ob bio oder solidarisch oder konvi. Das war wirklich toll und habe ich so noch nie erlebt.
      Bauer Willi

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