Bauer Willi
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Die Gutshofidylle im Kühlregal

Kennen Sie » Gut Ponholz « ? Klar, das ist der Bauernhof, von dem Netto seine Fleisch- und Wurstwaren bezieht. Bei Aldi Nord kommen die vom » Gut Drei Eichen « und vom » Güldenhof”. Penny kauft auf dem » Mühlenhof « ein und Tengelmann auf dem » Birkenhof «. Norma vertreibt Waren vom » Gut Langenhof « und » Gut Bartenhof «. Macht doch einen guten Eindruck, wenn auf der Packung wahlweise ein Gutshaus oder auch Fachwerkhaus zu sehen ist. Warum man in einer Mühle in Rügenwald Aufschnitt produziert, ist mir allerdings nicht ganz klar. Ich dachte immer, dass in einer Mühle Mehl gemahlen wird. Aber Rügenwalder Mehl – gibt’s das eigentlich ?

Auf Nachfrage geben alle Supermärkte zu, dass die Höfe nicht existieren. Sie sind nur erfunden worden, um dem Konsumenten ein gutes Gefühl zu vermitteln, denn bodenständiges Landleben liegt voll im Trend, die Lust aufs Land ist in. Und das nutzen Hersteller wie Händler gleicher- maßen aus, schließlich ist es legal, seine Produkte unter einer angemeldeten Marke zu verkaufen, auch wenn es sich dabei für jeden erkennbar um irreführende Werbung oder zumindest eine Mogelpackung handelt.

Wer wirklich wissen will, wo sein Fleisch herkommt, muss schon selbst raus aufs Land, zu den wenigen Bauernhöfen, die Fleisch von eigenen Tieren im Hofl aden verkaufen. Oder zu den Handwerksmetzgern, die noch wissen, woher die Tiere kommen, die sie verarbeiten. Mich ärgern diese bunten Werbebilder, weil sie die Kluft zwischen meiner Realität und den Erwartungen und Ansprüchen der Verbraucher immer größer werden lassen. Warum wird auf der Mehlpackung immer nur eine Ähre, nicht aber auch mal ein moderner Mähdrescher dargestellt ? Warum transportiert die Werbung nur Bilder von der Kuh auf der Weide, nicht aber in einem Laufstall mit Kuhbürste und anderen Annehmlichkeiten ? Das würde uns Landwirten helfen. Aber damit ließe sich wahrscheinlich nicht so viel verkaufen. Und das müssen sie, denn wenn das Zeug schon so billig ist, dann muss es die Masse richten. Dafür muss man der Realität schon mal ein bisschen mehr als nur einen neuen Anstrich verpassen.

Euer Bauer Willi

Dieser Artikel ist übrigens eine Leseprobe aus meinem Buch SAUEREI – immer wieder aktuell. 🙂

 

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34 Kommentare

  1. Schweinebauer Piet sagt

    Habt Ihr schon mal Claas Videos gesehen, wo die Drescher über ein gewaltiges Hügelland fahren, das Gut gibt es wirklich, aber nichts im Supermarkt von da.

  2. Friedrich sagt

    Hallo Leute, schaut heute mal in die Welt am Sonntag. Das Thema der Woche ist Landwirt-
    schaft. Der Artikel ist gut gemacht. Vielen Dank Willi . Langsam fängt es an zu wirken. Steter
    Tropfen höhlt den Stein!
    Leider ist noch keine Reaktion auf die Nitratlüge zu finden. Leute schickt den Link zu allen
    Rundfunk- + Fersehsendern, sowie zu den Tageszeitungen usw. . Irgendwann muß die Politik
    doch reagieren ! Diese Lüge muß doch ihre Strafe finden !

  3. Josef sagt

    Würde Werbung mit Realität und Information funktionieren, würde es für einen Autoprospekt reichen, die technischen Daten abzudrucken. Doch die finde ich immer zu letzt oder ich muss sie extra herunterladen. Ausgerechnet Lebensmittel ohne Bilder und Emotionen zu bewerben ist völlig daneben. Gerade Essen und Trinken sind stark von Emotionen abhängig. Oder wie wäre es zu erklären, dass sich Ärger, Stress, Streit und Trauer auf den Appetit auswirken. Es funktioniert allderdings nicht, wenn wir die Landwirtschaft entgegengesetzt zu den Vorstellungen unserer Kunden weiterentwickeln.

  4. Andreas sagt

    Hallo Bauer Willi, ich wäre Dir dankbar, wenn Du Deinen berechtigten Ärger auf den Landwirtschaftsverlag in Münster Hiltrup ausbauen könntest. Da sieht man, wenn man es will, einen noch krasseres Glaubwürdigkeitsproblem. Dort werden viele Zeitschriften verhökert, Wochenblatt, Topagrar, SUS, Profi, … . Das erfolgreichste Blatt hat mehr Auflage als der Spiegel und nennt sich “Landlust”. Meine Frau hat das nun abbestellt, aber wenn ich da mal durchgeblättert habe waren da auch nur Hochglanzbilder. Einen modernen Hof mit Maststall – der auch schön sein kann – war dort nicht zu finden.
    Dies nur mal so als Hinweis und ein weiterer Beleg dafür, dass Bürger doch gern in einer Traumwelt leben und moderne Landwirtschaft ist da ein Störfaktor…

  5. QuakQuak sagt

    Meine Güte, das ist bloß Werbung. Die Versicherungen der Hamburg-Mannheimer verkauft ein Herr Kaiser, die WC-Ente wackelt mit dem Kopf und-und-und. Es wird mit Bildern gearbeitet, es werden Geschichten erzählt. Warum soll es im Marketing der Ernährungsbranche anders sein? Das hieße mit zweierlei Maß messen. Abgesehen davon: Wer mit offenen Augen über die Dörfer fährt wird feststellen, dass es die idyllisch anzusehenden Höfe nach wie vor gibt. Schweinemast, Geflügelhaltung und Milcherzeugung inklusive.

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    • Sabine sagt

      Ja, und weil es bloß Werbung ist, ist Werbung auch so unglaublich billig und wirkungslos?
      Auch wenn wir es nicht wollen, Werbung wirkt. Kein Produktname, Schriftzug, Farbe …. nichts wird dem Zufall überlassen, jede Spot trifft zielsicher das Unterbewusstsein des Verbrauchers, suggeriert Wünsche, bindet positive Emotionen an die Marke.
      Und wenn es oft genug wiederholt wurde glaubt der Neandertaler in uns, dass man Wäsche weißer als weiß waschen kann.

  6. Klaus Weber sagt

    Auf Zigarettenschachteln müssen Horrorbilder abgedruckt werden….Warum nicht die Original
    bilder aus den Ställen aus denen das Fleisch stammt…
    Die Warheit ist nicht immer schön…

    • Ehemaliger Landwirt sagt

      Die Wahrheit in den Ställen sieht schöner aus, als der verblendete Städter es glaubt.

      • Gephard sagt

        Kommt auf die Perspektive an:
        Für Hardcore-Veganer gibt es keine schöne Tierhaltung, denn schon der Begriff spiegelt wider, dass sich die Tiere gegen ihren Willen im Stall aufhalten müssen. Dazu kommt Zwangsbe- und entsamung, Geburtenkontrolle, vorzeitige Lebenszeitbeendung und allgemeine Objektifizierung von Lebewesen. Ob man aus den Tatsachen aber eine moralische Keule machen muss, steht auf einem anderen Blatt.

        • Ehemaliger Landwirt sagt

          Dann sollten wir mal die Tierhaltung im trauten Heim mal näher beleuchten. Die werden auch gegen ihren Willen in der Wohnung gehalten. Eine vorzeitige Lebenszeitbeendigung haben die nicht, das ist Richtig, manche haben den Vorteil, dass der Tierarzt sie von ihrem Leiden erlöst, andere Sterben von alleine, oder soll ich schreiben, sie verrecken?

          Die Menschen die Tiere in Wohnungen halten, meinen noch sie wären Tierfreunde.

          • Sabine sagt

            Vegan zu Ende gedacht, ist das Ende aller Haus- und Nutztiere, denn da ist nur die Freiheit artgerecht. Dabei werden solche Kleinigkeiten wie Co-Evolution übrigens geflissentlich übersehen.
            Unser Haushunde sind keine Wölfe mehr, unser Katzen keine Falbkatzen, die Rinder kein Ur… und werden es auch nie wieder werden. In der veganen Welt werden unsere Haustiere vorm Dasein gerettet.

    • Martin Grube sagt

      Und auf jedem SUV und Sportwagen sollte ein Mikropenis und ein bis maximal zwei Gehirnzellen aufgedruckt sein.
      Die Wahrheit tut manchmal weh…

  7. Sabine sagt

    Ich finde, diese Werbung ist im Moment Teil des Problems.
    Gerade weil wir Verbraucher ja wissen, dass wir im Grunde verarscht werden, trauen wir weder dem Händler noch dem Erzeuger.
    Und wenn man schon verarscht wird, dann doch lieber für 46 Cent und nicht für 1 Euro.
    Ich denke, die Landwirtschaft hat sich da die Nebenvertriebswege zu lange von der Politik und vom Handel abgraben lassen.
    Piet, wie schaut’s bei Euch auf dem Hof aus, gibt es da noch die Möglichkeit ne halbe, grob zerlegte Sau zu bestellen?
    Konnte ich noch bis in die 80iger vor Ort, danach wurde es schwierig, hatte dann wieder jemanden gefunden. Hobby-Halter, der jetzt wahrscheinlich auch wieder aufhört, weil seine Schweine zu dick für die Betäubungsautomaten im einzig noch verbliebenen Schlachthof in erreichbarer Nähe sind.
    Dabei wäre jetzt ein Direktverkauf ohne große Neuinvestition vllt. ein Weg aus der Abhängigkeit von Handelsketten für Verbraucher und Landwirte.

    • bauerhans sagt

      der gemeine verbraucher fühlt sich sicherlich nicht “verarscht” ,sondern hat volles vertrauen zu den discountern und geniesst die günstigen lebensmittel und auch die billigen benzinpreise!
      eine direktvermarktung bedeuted “arbeit ohne ende” und ist nur machbar im rahmen der familie oder mit osteuropäischen billigarbeitskräften,die hygienevorschriften sind auch nicht ohne.
      ich erlebe das hautnah beim nachbarn,der seit 2 jahren ein hofcafe betreibt.

      • Sabine sagt

        Ne, ich glaub keiner der großen Handelsketten und keiner Marke auch nur ein Wort. Es gibt weder die glücklichen Hühner noch die Gutshöfe und die Bananen oder der Kaffee werden garantiert auch nicht von fröhlichen Leuten geerntet. Auch wenn sie so ziemlich auf jeder Packung und in jeder Werbung vorkommen. Ich werd von denen angelogen. Und es ist egal, ob es ein normaler Supermarkt, ein Discounter oder ein Tante Emma Laden ist, da steht überall die selben Produkte und die Hälfte gehört irgendwie zum Nestle Konzern, der ja bekannterweise ein Hort des Anstands und Fairness ist und im Moment ein prima Geschäft damit macht Leuten buchstäblich das Wasser abzugraben.

    • Ehemaliger Landwirt sagt

      Das Problem ist, dass
      die meisten Haushalte kaum Gefrierraum haben
      und Schweine Fleischanteil haben, die ohne Verarbeitung zu Wurst kaum zu verwerten sind.

      Es müssten mehre Schweine geschlachtet und verarbeitet werden, vorausgesetzt es sind Kunden da.

      Je weniger geschlachtet werden, je höher sind die Kosten.

    • Schweinebauer Piet sagt

      Bei uns im Ort bekommt der Schlachter schweine von einem anderen Bauern, ein ganzes Schwein würde er bestimmt für Dich Sabine von uns schlachten.

  8. Schweinebauer Piet sagt

    Moin, ist die Ähre statt 3 großer Lexikon jetzt wirklich schlecht für uns Bauern? ??

    • Bauer Willi sagt

      Ja, es gibt Mehl, auf denen moderne Mähdrescher zu sehen sind. Sieht sogar richtig gut aus.
      Bauer Willi

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