Bauer Willi
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Das Sterben der Höfe – ein Blick von außen

Den nachfolgenden Gastartikel habe ich unaufgefordert zugesandt bekommen. Ich habe mit dem Autor, der nicht aus der Landwirtschaft stammt, ihr aber zugetan ist,  Kontakt aufgenommen und erfahren, dass er die Entwicklung in der Landwirtschaft mit großer Sorge beobachtet. Schuld an dieser Entwicklung seien vor allem falsch gesetzte Rahmenbedingungen politischer Entscheidungsträger, die unbedingt zu korrigieren sind. Wie gute Rahmenbedingungen für eine „bäuerliche Landwirtschaft“ aussehen, zeigt er in seinem Beitrag mit drei Vorschlägen auf, die zumindest ungewöhnlich, ja fast schon revolutionär sind. Bilden Sie sich selbst ein Urteil, ob sie überzeugend und erfolgsversprechend sind.

 

Das Sterben der Bauernhöfe in Deutschland –
und wie man es beenden könnte

Berthold Brecht in „Galileo Galilei“:

„Wer die Wahrheit nicht weiß, der ist bloß ein Dummkopf.

Aber wer sie weiß und sie eine Lüge nennt, der ist ein Verbrecher.“

Schon seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1949 kann man von einem „Sterben der Bauernhöfe“ in Deutschland sprechen: Zählte man in der Bundesrepublik 1949 noch 1.646.750 Bauernhöfe (auf damals etwa 249.000 km² Fläche), waren es 2010 schon weniger als 300.000 – und das auf der seit der Wiedervereinigung (1990) stark vergrößerten Fläche von jetzt gut 357.000 km²!

Alle 10 Jahre schieden bei uns bisher durchschnittlich etwa 25 % der Bauernhöfe aus – unabhängig davon, ob die CDU, die CSU, die SPD, die FDP oder die Grünen den für die Landwirtschaft zuständigen Minister stellten! Das hat sich seit 2010 auch kaum geändert – und wird sich fortsetzen und wohl sogar noch beschleunigen, wenn all das umgesetzt wird, was in der EU und in Deutschland von den Verantwortlichen schon beschlossen bzw. fest geplant ist oder noch diskutiert wird. Die Regeln der Förderpolitik werden aktuell zwar wieder mal geändert, aber für „normale“ Bauernhöfe wird es wohl eher schlechter als besser…

Ein erstes Fazit: Keine der Parteien, die bisher in Deutschland Regierungsverantwortung trugen – egal ob im Bund oder in den Ländern –, konnte oder wollte den beschriebenen Wandel in der Landwirtschaft stoppen. Man tat nichts gegen das Höfesterben, obwohl es für viele Bauern und deren Familien mit Leid verbunden war und es auch gesamtwirtschaftlich schädlich ist! Die Politik ließ zwar jedes Jahr viel Geld in den Agrarbereich fließen, aber sie förderte damit vor allem das „Wachsen und Weichen“ der landwirtschaftlichen Betriebe.

In den Führungsetagen der Parteien – egal ob bei der CDU/CSU, der SPD, den Grünen, der FDP oder den Linken – nahm und nimmt man diesen Wandel offensichtlich als unabwendbar hin. Viele unserer Politiker glauben sogar, der Wandel sei wichtig und richtig. Deshalb darf man auch nicht glauben, dass sie ihn stoppen wollen: Ohne einen ganz starken Druck von der bäuerlichen Basis werden die Politiker nicht bereit sein, die Ordnungspolitik unseres Staates so zu gestalten, dass das Höfesterben endlich aufhört!

Erschwerend für die Bauern kommt hinzu, dass ihre mitgliederstärkste Interessenvertretung, der Deutsche Bauernverband (DBV), die Interessen des „Durchschnittsbauern“ kaum noch vertritt. Der DBV wehrt sich sogar vehement dagegen, dass der Staat zu Gunsten der kleinen und mittleren Betriebe ordnend in die Wirtschaft eingreift: Immer wieder und überall plädiert der DBV dafür, die Regulierung von Angebot und Nachfrage allein dem „freien“ Markt zu überlassen! Nach dem Konzept des Bauernverbandes sollen Bauernhöfe also weiterhin „wachsen oder weichen“.

Mit anderen Worten: Das Höfesterben ist vom „Deutschen Bauernverband“ fest eingeplant. Wenn seine Vertreter hier und dort und schon seit Jahren immer wieder vom „notwendigen Strukturwandel“ sprechen, dann meinen sie damit „Wachsen oder weichen der Bauernhöfe“, „Weg mit den kleinen und bald auch weg mit den mittelgroßen Höfen“ und „Wir akzeptieren die Fortsetzung des Höfesterbens“!

Welche Betriebsgrößen der Deutsche Bauernverband als zeitgemäß und erstrebenswert für die Landwirtschaft ansieht, verrät ein Blick auf die Höfe der Bauern, die 2015 Mitglieder des Präsidiums des DBV waren:

Präsident Joachim Rukwied              bewirtschaftete damals          290 Hektar,
Vizepräsidenten Werner Hilse           bewirtschaftete damals          300 Hektar,
Vizepräsident Werner Schwarz         bewirtschaftete damals          400 Hektar,
Vizepräsident Norbert Schindler       bewirtschaftete damals          316 Hektar,
Vizepräsident Udo Folgart                 bewirtschaftete damals          932 Hektar.

Quelle: Wikipedia.

Das waren durchschnittlich fast 450 Hektar pro Hof der Verbandsoberen von 2015. Es verdeutlicht besser als viele Worte, welche Hofgröße man im DBV als erstrebenswert ansieht. Und weshalb der DBV das Höfesterben auch gar nicht wirklich stoppen will….

Und die Alternativen zum Bauernverband? Eine davon ist die „Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft“, kurz „AbL“ genannt. Über ihre alte Hauptforderung nach der Einführung von „Staffelpreisen“ für abgelieferte landwirtschaftliche Erzeugnisse kann man nur den Kopf schütteln: „Staffelpreise nach AbL-Vorstellungen“ können in einer marktwirtschaftlichen Ordnung unmöglich funktionieren – und sind deshalb auch ganz einfach „unsinnig“.

Eine gute und soziale Ordnungspolitik eines Staates – gerade für die Landwirtschaft – sieht jedenfalls anders aus. Wie genau, das ist nachfolgend dokumentiert.


Ein erster Vorschlag zur Beendigung des Höfesterbens

Um das Höfesterben zu beenden oder mindestens zu verlangsamen, bietet sich die „Agrarförderung“ als ein dazu gut geeignetes Mittel an. Es gibt sie seit vielen Jahren in der EU. Sie ist vor allem an die bewirtschaftete Fläche gebunden. Die „Agrarförderung“ müsste dann aber ganz anders als bisher berechnet und ausgezahlt werden!

„Vorschlag 1“: Für den ersten von ihm bewirtschafteten Hektar Land sollte ein Landwirt zukünftig 990,00 € Agrarförderung erhalten, also 990,00 € statt 308,72 €, die ihm 2020 bei uns (s.u.) ausgezahlt wurden. Für den zweiten Hektar sollte er 970,00 € (statt jetzt 308,72 €), für den dritten Hektar dann noch 950,00 € (statt jetzt 308,72 €) erhalten – usw.

Die an die Fläche gebundene „neue“ Agrarförderung sollte also immer weiter sinken – von 990,00 € für den ersten bewirtschafteten Hektar Land über 970,00 € für den zweiten Hektar, auf 810,00 € für den zehnten Hektar, auf 610,00 € für den zwanzigsten Hektar, auf 410,00 € für den dreißigsten Hektar, auf 210,00 € für den vierzigsten Hektar und auf nur noch 10,00 € für den fünfzigsten Hektar. Für den 51. und jeden weiteren bewirtschafteten Hektar eines Landwirtes bzw. Betriebes sollte es keine Agrarförderung mehr geben.

Ein aktiver Landwirt mit genau 10 ha Land würde dann jährlich 9.000,00 € Agrarförderung erhalten. Einer mit genau 20 ha Land würde 16.000,00 €, einer mit genau 30 ha Land 21.000,00 € und einer mit genau 40 ha würde 24.000,00 € erhalten. Mit 50 ha bewirtschaftetem Land würde er die Maximalprämie von 25.000,00 € erhalten. Denn auch wer 51 ha oder 100 ha oder 500 ha oder sogar 1000 ha oder noch mehr Fläche bewirtschaftet, sollte maximal 25.000,00 € Agrarförderung erhalten – so dieser „Vorschlag 1“.

Hier ein Vergleich dieses Vorschlages mit den Summen, wie sie Ende 2020 bei uns ausbezahlt wurden (siehe das „bauernblatt“ aus SH vom 19. Dezember 2020):

Ein 10-ha-Betrieb erhielt im Jahre 2020 genau 3.087,20 € ausbezahlt
(10 x 257,90 € + 10 x 50,82 €) – statt 9.000,00 € nach diesem Vorschlag;

Ein 20-ha-Betrieb erhielt 6.174,40 € ausbezahlt
(20 x 257,90 € + 20 x 50,82 €) – statt 16.000,00 € nach diesem Vorschlag;

Ein 30-ha-Betrieb erhielt 9.261,60 € ausbezahlt
(30 x 257,90 € + 30 x 50,82 €) – statt 21.000,00 € nach diesem Vorschlag;

Ein 40-ha-Betrieb erhielt 12.145,50 € ausbezahlt
(40 x 257,90 € + 30 x 50,82 € + 10 x 30,49 €) – statt 24.000,00 € n. d. Vorschlag;

Ein 50-ha-Betrieb erhielt 14.907,44 € ausbezahlt
(50 x 257,90 € + 30 x 50,82 € + 16 x 30,49 €) – statt 25.000,00 € n. d. Vorschlag!

Selbst ein 89-ha-Betrieb erhielt 2020 bei uns „nur“ 24.965,54 € ausbezahlt
(89 x 257,90 + 30 x 50,82 € + 16 x 30,49 €)
– und damit immer noch weniger als die 25.000,00 € nach diesem Vorschlag!

Erst bei 90 ha bewirtschafteter Fläche eines Betriebes würde sich das Blatt wenden – zuerst langsam, dann immer stärker.

Ein 1000-ha-Betrieb z.B. hätte dann statt der ihm 2020 gezahlten 259.912,44 € Agrarförderung  (1000 x 257,90 € + 30 x 50,82 € + 16 x 30,49 €) nur noch 25.000,00 € Flächenprämie erhalten – gemäß diesem „Vorschlag 1“!

Aber irgendwo muss das Geld für den Erhalt einer „bäuerlichen“ Landwirtschaft und für die Verhinderung von Agrarfabriken ja auch herkommen bzw. eingespart werden….

Warum dieser Vorschlag so gut ist? Hier nur drei von vielen Argumenten dafür:
1. Er führt zum Ziel „So viele Betriebe wie möglich, so große Betriebe wie nötig“.
2. Er schützt den kleinen Betrieb vor dem mittleren und beide vor den Großen.
3. Er ist zielführend, sozial und einfach – man braucht kein Abitur, um ihn zu
verstehen, und kein Studium, um sich die Prämien ausrechnen zu können….

Natürlich wird dieser „Vorschlag 1“ zum Erhalt einer bäuerlichen Landwirtschaft auf großen Widerstand stoßen.

Großbauern und der Bauernverband (DBV) sowie die hinter ihnen stehenden Kräfte werden ihn natürlich ablehnen: Diejenigen, die von den bisherigen Regelungen bisher mehr oder weniger stark profitiert haben, werden daran sicher unbedingt festhalten wollen!

Auch die Politiker sowie die Verbandsfunktionäre werden ihn wohl totschweigen oder zurückweisen. Man könnte ihre Akzeptanz dieses Vorschlages nämlich als ein Eingeständnis werten, dass sie mitverantwortlich sind für die bisherige Fehlentwicklung in der Landwirtschaft. Und das werden sie schon aus eigenem Interesse niemals zugeben wollen. Von dem Geld, was sie für ihr Mandat oder Amt oder für ihre Funktion bisher bekommen, können viele von ihnen schließlich ganz gut leben!

Eine „Große Koalition“ aus Großgrundbesitzern, Politikern und Verbandsfunktionären wird sich sicher auch manches einfallen lassen, um diesen Vorschlag zu diskreditieren. Man wird z.B. warnen vor den damit verbundenen Einschränkungen der Freiheit des Einzelnen. Und viele Ahnungs- und Phantasielose (die gibt es leider auch unter den Bauern!) werden ihnen glauben – und ihnen weiter wie die Lemminge folgen.

Aber wir sollten uns davon nicht beirren lassen: In einem laut Grundgesetz „demokratischen und sozialen Bundesstaat“ wie der Bundesrepublik Deutschland und auch in einer „Sozialen Marktwirtschaft“ darf, ja muss sogar der Staat die Freiheit des Einzelnen immer dann einschränken, wenn ihre Ausnutzung das Wohl der Gemeinschaft zu gefährden droht!

So wie unser Staat die Freiheit des Autofahrers in der Ortschaft z.B. auf 50 km/h Höchstgeschwindigkeit grundsätzlich beschränkt hat, so sollte er auch die Förderung der Bauernhöfe auf die ersten 50 ha beschränken. Er täte es zum Wohle der Gemeinschaft, aber auch der Umwelt, des Tierschutzes, der Straßen und der „normalen“ Bauern und ihrer Familien – und schafft sehr gute Perspektiven für eine bäuerliche Landwirtschaft!


Ein zweiter Vorschlag zur Beendigung des Höfesterbens

Wenn man die bei uns für landwirtschaftliche Betriebe geltende Regel „Wachsen oder weichen“ außer Kraft setzen wollte, dann böte sich dafür auch eine progressive Besteuerung der bewirtschafteten Flächen eines landwirtschaftlichen Betriebes an. Sie sollte am besten zusätzlich zu der oben vorgeschlagenen geänderten Berechnung der Agrarförderung für Betriebe (siehe „Vorschlag 1“) erfolgen.

Die geforderte progressive Besteuerung von Flächenbesitz wird nachfolgend „Vorschlag 2“ genannt. Sie sollte wie folgt erfolgen:

Der Gesetzgeber der Bundesrepublik Deutschland beschließt, dass Flächenbesitz bei uns zukünftig progressiv besteuert wird. Also so wie das Einkommen: Ein „Existensminimum“ sollte steuerfrei sein, das Mehr dann progressiv (immer stärker) besteuert werden. Dazu müsste der Gesetzgeber nicht einmal eine neue Steuer einführen: Er müsste nur eine entsprechende Änderung der bestehenden Grundsteuer beschließen!

Jeder landwirtschaftliche Betrieb z.B. sollte dann bis zu 50 Hektar seiner nicht versiegelten Fläche grundsteuerbefreit bewirtschaften dürfen.

Bewirtschaftet ein Betrieb mehr als 50 ha, sollte der Betriebsinhaber bzw. der Betrieb dafür Grundsteuern – am besten in folgender Höhe – bezahlen müssen:

Für      51 ha z.B.:                      1 ha mehr   x        1 € x 10 =                     10 € / anno;
für       60 ha z.B.:                     10 ha mehr   x      10 € x 10 =                1.000 € / anno;
für     100 ha z.B.:                     50 ha mehr   x      50 € x 10 =              25.000 € / anno;
für     450 ha z.B.:                  400 ha mehr   x    400 € x 10 =         1.600.000 € / anno;
für  1.050 ha z.B.:                1000 ha mehr    x  1000 € x 10 =       10.000.000 € / anno…

In Verbindung mit „Vorschlag 1“ würde sich das Wachsen eines Betriebes von 50 ha auf 100 ha – z.B. durch die Übernahme eines anderen 50-ha-Betriebes – dann wie folgt auswirken:

Gemäß „Vorschlag 1“ hätten beide Betriebsinhaber vorher für ihre 50 ha jeweils 25.000 € Agrarförderung jährlich erhalten. Beide hätten gemäß „Vorschlag 2“ für ihr Land auch keine Grundsteuer zahlen müssen: Sie bekämen für die Bewirtschaftung ihrer 100 ha zusammen 50.000,00 € Agrarförderung aus staatlichen Kassen – und müssten beide nicht einen Cent Grundsteuer für nicht versiegeltes Land in die Staatskasse einzahlen!

Der Betriebsinhaber des auf 100 ha gewachsenen Betriebes würde dagegen durch die Übernahme der 50 ha des weichenden Betriebes gemäß „Vorschlag 1“ auch den Höchstsatz der Agrarförderung – also 25.000,00 € – erhalten. Er müsste dann aber gemäß „Vorschlag 2“ 25.000,00 € Grundsteuer an den Staat zahlen: Für seine jetzt 100 ha bekäme er also keine Unterstützung mehr vom Staat!

Ein anderes Beispiel dafür, wie sich „Vorschlag 1“ und „Vorschlag 2“ zusammen auswirken würden: In einem Dorf gab es noch acht Bauern. Jeder von ihnen bewirtschaftete einen 50-ha-Hof. Alle acht Bauern hätten im Jahre 2020 nach den für 2020 geltenden Regeln jeder knapp 15.000,00 € Agrarförderung pro Jahr auf Antrag erhalten. Das wären zusammen fast 120.000,00 € Förderungsgelder, die sie jährlich vom Staat (bzw. der EU) bekommen würden. Aber jeder hätte auch Grundsteuer für sein Land zahlen müssen.

Sieben Bauern mussten oder wollten aus unterschiedlichen Gründen dann aber ihren Hof aufgeben (also weichen). Der einzig verbliebene Bauer im Dorf konnte ihre Flächen alle übernehmen. Durch die Übernahme der Flächen der sieben aufgebenden Bauern wuchs er mit seinem Betrieb auf 400 ha Betriebsgröße an. Sein Agrarförderungsanspruch stieg dadurch auf gut 105.000,00 € pro Jahr – alles gemäß den für das Jahr 2020 geltenden Regeln.

Wenn die „Vorschläge 1 und 2“ schon vorher gegolten hätten, wäre die Entwicklung sicher anders verlaufen. Die acht Bauern hätten schließlich alle – statt jetzt nur ca. 15.000 € – jeweils 25.000 € Agrarförderung pro Jahr geltend machen können. Und jeder hätte für seine Flächen null Cent Grundsteuer zahlen müssen. Für ihre 400 ha hätten sie zusammen also 200.000 € erhalten – und null Euro Grundsteuer an den Staat zahlen müssen!

Sollten dann trotzdem sieben von ihnen ihren Betrieb aufgeben und ein Betrieb ihre Flächen alle übernehmen wollen, hätte dieser eine Betrieb mit nun 400 ha gemäß „Vorschlag 1“ auch nur 25.000 € Agrarförderung (den Höchstsatz) pro Jahr erhalten. Gemäß „Vorschlag 2“ hätte er dann aber jährlich 1.225.000 € (350 x 350 x 10) Grundsteuer an den Staat zahlen müssen! „Wachsen“ in dieser Größenordnung wäre also der sichere Ruin für den neuen 400-ha-Betrieb. Deshalb dürfte es nach Übernahme der „Vorschläge 1 + 2“ in die bundesdeutsche Gesetzgebung auch weder Bauern noch andere Personen (z.B. Fabrikanten, Industrieelle…) geben, die einen Besitz von viel mehr als 50 Hektar anstreben….

Noch einmal, damit der Unterschied zu den heute geltenden Regeln jedem klar wird:
Die 8 Bauern mit ihren jeweils 50-ha-Betrieben würden für ihre insgesamt 400 ha dann zusammen 200.000,00 € Agrarförderung jährlich aus der Staatskasse erhalten, während der eine Bauer mit seinen 400 ha trotz eingereichter Zahlungsansprüche jährlich 1,2 Millionen € in die Staatskasse einzahlen müsste….

Das „Wachsen oder weichen“ hätte natürlich sofort ein Ende. Es würde sogar sehr schnell eine gegengerichtete Bewegung einsetzen: Betriebe mit einer bisher sehr großen bewirtschafteten Fläche würden zugepachtete Flächen umgehend zurückgeben und notfalls auch eigenes Land an Bauern mit weniger als 50 ha verkaufen, um die progressive und erst dann wirklich soziale Grundsteuer zu sparen!

Ein dritter Vorschlag zur Beendigung des Höfesterbens

Will man das Höfesterben wirklich konsequent und sicher beenden, ist dafür auch eine progressive Besteuerung des Tierbesitzes erforderlich.

Die progressive Besteuerung gehaltener Tiere sollte zusätzlich zu einer stark geänderten Agrarförderung – siehe „Vorschlag 1“ – und der progressiven Besteuerung bewirtschafteter Flächen – siehe „Vorschlag 2“-  erfolgen!

Sie wird hier „Vorschlag 3“ genannt und nachfolgend erläutert.

Massentierhaltung ist schon lange auf relativ kleiner Fläche möglich. Für die Haltung von Kühen z.B. braucht man keine große „Kuhweide“ mehr, denn eine Kuh kann man auch auf wenigen Quadratmetern betonierter Stallfläche halten. So stehen im angeblich größten Kuhstall der Welt in Saudi-Arabien jeder Kuh laut einem Fernsehbeitrag „großzügige“ 7 m² Betonfläche zur Verfügung. Das ermöglicht es dem dortigen „Saudi-Bauern“, auf nur 1 ha gleich 10.000 m² betonierter Liegefläche über 1.400 Kühe halten zu können.

Bei traditioneller Weidehaltung geht man bei uns dagegen noch heute davon aus, dass für jeweils 3 Kühe eine Weidefläche von 10.000 m² = 1 Hektar (ha) wünschenswert ist. Pro Kuh sollten es traditionell gerne 3.333 m² „Kuhweide“ sein – statt 7 m² Betonboden!

Für reine Stall- oder Bodenhaltung – egal ob von Rindern, Pferden, Schweinen, Schafen, Gänsen, Puten oder Hühnern z.B. – ist für einen Tierhalter nur relativ wenig Fläche zwingend erforderlich. Das nötige Futter muss er ja nicht auf eigener Fläche selbst anbauen, sondern kann es z.B. aus Südamerika zukaufen. Auch deshalb wird man riesige Tierbestände in einer Hand („Massentierhaltung“) nur verhindern können, wenn man bei uns nicht nur die bewirtschaftete Fläche eines Betriebes, sondern auch dessen Tierbestand progressiv besteuert.

Eine progressive Tierhaltungsteuer gibt es bei uns sogar schon. Sie muss also gar nicht neu eingeführt werden. Dies könnte von großem Vorteil sein, denn für viele Menschen sind „neue Steuern“ leider ein „rotes Tuch“.

Diese „progressive Tierhaltungsteuer“ gibt es bei uns aber bisher nur für Hunde – und nennt sich „Hundesteuer“! In den meisten Gemeinden in Deutschland zahlt man nämlich für den ersten gehaltenen Hund weniger Hundesteuer als für den zweiten Hund. Und der dritte Hund in einem Haushalt kostet (wie alle weiteren Hunde) meistens noch mehr Hundesteuer als der zweite Hund. Deshalb wäre eine progressive „Tierhaltungsteuer“ für (fast) alle Tiere auch keine ganz neue Steuer. Unser Gesetzgeber müsste sie nur vom Hund auf die Haltung auch anderer Tiere ausdehnen und natürlich etwas modifizieren.

Wie könnte die neue „Tierhaltungsteuer“ für Betriebe aussehen?

Ein Vorschlag: 150 Großvieheinheiten (GV) sollten pro Betrieb „tierhaltungsteuerfrei“ gehalten werden können.

Zur Information: Eine Großvieheinheit entspricht etwa 500 Kilogramm Lebendgewicht von Tieren. So viel wiegt etwa ein ausgewachsenes Rind, das deshalb in der Regel für „1 GV“ steht. Ein größeres Kalb entspricht 0,4 GV, ein Rind unter 2 Jahren „zählt“ 0,6 GV, ein Eber 0,3 GV, ein Mastschwein 0,12 GV, ein Ferkel 0,01 GV, ein Pferd 1 GV, ein Schaf 0,1 GV und etwa 320 Legehennen entsprechen 1 GV.

„Tierhaltungsteuerfrei“ könnte ein landwirtschaftlicher Betrieb dann also halten

z.B.      150 Milchkühe, allerdings ohne Nachzucht;
z.B.      75 Milchkühe mit 75 Kälbern und 75 Jungrindern unter 2 Jahren;
z.B.      1.250 Mastschweine;
z.B.      800 Schafe mit 1.400 Lämmern;
z.B.      48.000 Legehühner – usw.!

Wer mehr GV in seinem Betrieb hat, sollte dann folgende Beträge zahlen müssen:

151 GV         =       1 GV mehr        =          1 x 1 €             x  5      =                5,00 € / anno;
160 GV         =     10 GV mehr        =       10 x 10 €           x  5      =           500,00 € / anno;
250 GV         =   100 GV mehr        =     100 x 100 €         x  5      =      50.000,00 € / anno;
1150 GV         = 1000 GV mehr        =   1000 x 1000 €       x  5      = 5.000.000,00 € / anno;
usw.

Nun ein (sicherlich sehr krasses) Beispiel dafür, wie sich diese Steuer auswirken würde:

In der Rindermastanlage „Ferdinandshof“ im Landkreis Vorpommern-Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern) sollen laut einem Zeitungsbericht 18.000 Rinder gemästet werden. Geht man pro Tier durchschnittlich von 0,5 GV aus, dann müssten dort gemäß „Vorschlag 3“ wie folgt Steuern gezahlt werden:

18.000 Rinder             x    0,5 GV                  =          9.000 GV;
9.000 GV        –    steuerfreie 150 GV           =          8.850 GV mehr;
8.850 x 8.850 x 5                                           =          391.612.500,00 €/anno

In Worten: Dreihunderteinundneunzigmillionen und sechshundertzwölftausendfünfhundert Euro müsste der „Ferdinandshof“ dann pro Jahr an „Tierhaltungsteuer“ (die erweiterte Hundesteuer) in die Staatskasse zahlen!

Wenn aus der Anlage bisher pro Jahr wahrscheinlich etwa 9.000 Rinder schlachtreif abgeliefert werden, dann würde die Mast eines jeden abgelieferten Rindes dort durch „Vorschlag 3“ mit über 40.000 € Steuern belastet werden….

Was „Vorschlag 3“ für den Bau und den Betrieb großer Ställe bedeuten würde, kann sich sicher jeder leicht ausmalen. Natürlich würden die Fleischpreise steigen. Aber das wäre auch sehr sozial (= „gut für die Gemeinschaft“). Und dass Bauernhöfe bei konsequenter Umsetzung der „Vorschlage 1 + 2 + 3“ nicht mehr sterben müssen, dürfte sich eigentlich auch jeder „an fünf Fingern“ ausrechnen können – ganz ohne Taschenrechner oder Computer …

„Geht nicht – gibt’s nicht!“  –  Natürlich könnte man das Höfesterben in Deutschland sicher und schnell beenden: Unser Gesetzgeber muss nur die  „Vorschläge 1 + 2 + 3“ möglichst im beschriebenen Umfang umsetzen und einige unserer Rahmenbedingungen, die ordnungspolitisch sowieso eindeutig falsch sind, bei uns anpassen bzw. ändern!

Das ist natürlich nicht ganz einfach: Viele unserer Politiker (auch sehr hochrangige sowohl in der bisherigen Regierung als auch in der derzeitigen Opposition!) haben von sozialer Ordnungspolitik einfach „keine Ahnung“. Und wer bei uns viel Land und/oder Geld besitzt, wird gern alles behalten wollen: Er (sie) unterstützt deshalb leider meistens nur die Politiker, die möglichst alles so (unsozial) lassen, wie es (gut für sie) ist!  Wer wirklich soziale Veränderungen will, der hat es leider verdammt schwer….

Und die Bauern? Viele sind stolz darauf und freuen sich, wenn ihr Betrieb wächst – und wissen: „Denn eenen sien Dod is denn annern sien Brod“  (Des einen Tod ist des anderen Brot) und „Man kann nur dann etwas (Land) erben, wenn andere (Höfe) sterben“. Das stimmt ja auch: Ein Hof kann flächenmäßig nur wachsen, wenn ein anderer weicht!

Mit sozialer Ordnungspolitik haben die meisten Bauern zudem „wenig am Hut“, und bei ihren Protestveranstaltungen und „Treckerdemos“ geht es ihnen vor allem um höhere Erzeugerpreise. Doch die werden das Höfesterben – bei sonst unveränderten Rahmenbedingungen – wahrscheinlich sogar eher beschleunigen als bremsen….

Zum Schluss Zahlen über die Entwicklung der deutschen Bauernhöfe von 1949 bis 2010:

1949  zählte man         1.646.750 Bauernhöfe           in der Bundesrepublik Deutschland,
1960  zählte man         1.385.250 Bauernhöfe,         16 % weniger als 1949,
1970  zählte man         1.083.120 Bauernhöfe,         22 % weniger als 1960,
1980  zählte man            797.380 Bauernhöfe,         26 % weniger als 1970,
1991  zählte man           541.380 Bauernhöfe,         32 % weniger als 1980,
2000  zählte man           421.000 Bauernhöfe,         22 % weniger als 1991,
2010  zählte man           299.100 Bauernhöfe,         29 % weniger als 2000!

Quelle: Statistiken des Deutschen Bauernverbandes (DBV)

…. und eine (ältere) Prognose über die weitere Entwicklung bis zum Jahr 2100, wenn weiterhin alle 10 Jahre 25 % der Bauernhöfe in Deutschland aufgegeben werden sollten:

2020: 224.325 Bauernhöfe,     2030: 168.244 Bauernhöfe,    2040: 126.183 Bauernhöfe,
2050:   94.637 Bauernhöfe,     2060:   70.978 Bauernhöfe,    2070:   53.233 Bauernhöfe,
2080:   39.925 Bauernhöfe,    2090:   29.944 Bauernhöfe,    2100:   22.458 Bauernhöfe.

Die Prognose ist zu pessimistisch oder gar falsch?

Studien wie die der DZ Bank gehen sogar von nur noch 100.000 landwirtschaftlichen Betrieben in Deutschland im Jahre 2040 aus, und selbst DBV-Präsident Rukwied hält das für realistisch. Er wird wohl recht bekommen: Die deutschen Bauernhöfe alter und herkömmlicher Art werden weiter „wie die Fliegen“ sterben und durch „Agrarfabriken“ und Nebenerwerbsbetriebe ersetzt werden! Jedenfalls dann, wenn man die bei uns geltenden Regeln (Gesetze) gar nicht oder immer nur so schlecht wie bisher ändert!

Das Sterben der Bauernhöfe „demokratisch und sozial“ beenden kann man wirklich nur dadurch, dass man wichtige der bei uns für die Landwirtschaft bestehenden Regeln (Gesetze) aufhebt. Gleichzeitig müssen alle die die Konzentration bei uns fördernden Vorschriften durch die oben gemachten „Vorschläge 1+2+3“ konsequent ersetzt werden. Anders geht es wirklich nicht: Wer das bestreitet, der hat entweder keine Ahnung von der Wirtschaft oder er versucht zu täuschen!

Wie hieß es eingangs im Berthold-Brecht-Zitat:„Wer die(se) Wahrheit nicht weiß, der ist bloß ein Dummkopf. Aber wer sie (spätestens jetzt) weiß und sie (immer noch leugnet oder sogar) eine Lüge nennt, der ist ein Verbrecher.“

Berthold Brecht fällte in „Galileo Galilei“ zweifellos ein hartes Urteil mit seiner Einteilung von Personen (Politikern) in „Dummköpfe und Verbrecher“. Aber ihm ist kaum zu widersprechen.

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73 Kommentare

  1. Fred Aven sagt

    “Man tat nichts gegen das Höfesterben, obwohl es für viele Bauern und deren Familien mit Leid verbunden war und es auch gesamtwirtschaftlich schädlich ist!”

    Ist das so?
    Meine Erfahrung zeigt, dass das “Höfesterben” in der Regel beim Ausscheiden des Altbauern passiert. Die nachfolgende Generation sucht sich lieber einen sicheren, stressärmeren und besser bezahlten job außerhalb der Landwirtschaft – und findet diesen meist auch.

    Für die Altbauern ist es schwer, den Hof auslaufen zu sehen. Aber bald zeigt sich i.d.R., dass eine Verpachtung / ein Verkauf der eigenen Flächen eine bessere Altersversorgung bieten, als ein Nachfolger. Dieser muss von der Scholle ja sein eigenes Einkommen und ein Altenteil erwirtschaften.

    Und was die Schäden für die Gesamtwirtschaft betrifft: Die Wirtschaft, gerade der Mittelstand, hat kein Interesse daran, dass junge Menschen mit solider Bildung und einem Arbeitsethos von “Feierabend ist, wenn die Arbeit gemacht ist” auf wirtschaftlich eigentlich nicht tragbaren Bauernhöfen herummuckeln.

    • Smarti sagt

      Hallo Herr Aven, nicht wenige Partnerschaften zerbrechen ob der finanziellen Probleme. Die Höfe sterben ja keinen “unangemeldeten Herzinfarkt” sondern es ist ein langsamer Tod. Man versucht dies und das – und muss doch feststellen, dass es eigentlich ( oft ) nichts nützt, ausser dass die Schulden und die Verantwortung wachsen.
      Die einschlägigen Hefte sind voll mit Finanztipps – als Bauer glücklich Leben mit wenig Geld – ein Gespräch mit der Bank vorbereiten – oder wie erkennt man einen Burnout beim Parter… Da kann ich keinen glücklichen Tod erkennen.
      Ich kann mir gut vorstellen, dass vor einigen Jahren der Nachfolger den Hof nicht übernehmen wollte, weil er sich einen besser bezahlten, stressärmeren Beruf suchte.
      In diesen Tagen jedoch darf man ja seinen Kindern den Beruf “Bauer” gar nicht mehr empfehlen – egal wie gross und eigentlich gut aufgestellt der Hof ist.
      Die Karten werden neu gemischt, und das ist spannend.

      • Fred Aven sagt

        Ja, die von Ihnen beschriebenen Fälle gibt es, und jeder einzelne davon ist einer zu viel.

        Aber wie sie selbst geschrieben haben: Das Ende kommt selten überraschend. Eine ideale Biografie verläuft doch so:
        Man kriegt mit 30 Jahren Kinder und mit spätestens 40 Jahren übernimmt man den (Vollerwerbs-)Betrieb. Mit 50 Jahren ist absehbar, wohin die eigenen Kinder gehen und man kann seinen Betrieb entsprechend vorbereiten: Investiere ich kräftig, um der nächsten Generation einen Vollerwerb zu übergeben, gehe ich eher in Richtung Nebenerwerb oder lasse ich den Betrieb auslaufen?
        Leider ist die letzte Option als “Versagen” stigmatisiert, die Beratung sollte hierzu offener beraten (auch um Betriebsleiter zu schützen).

        Daher zuletzt noch einmal der Hinweis, dass eine “Bauernhof-Biografie” heute auf dem Arbeitsmarkt eher ein Vorteil für den Bewerber ist, und der nicht-landwirtschaftliche Arbeitsmarkt sehr gut ist.

        • Reinhard Seevers sagt

          Das ist eine etwas überholte Sichtweise Herr Aven.

          1. Ist die Übergabe mit 40 viel zu spät.
          2. Ist die Investitionsentscheidung mit 50 viel zu spät.
          3. Ist jede Investitionsentscheidung eine eigene und darf nie auf die Nachfolge projeziert werden….das ist der häufigste Fehler für Mega-Enttäuschungen.

          • Fred Aven sagt

            Stimme Ihnen vollkommen zu.
            Gerade bei der Übergabe mit 40 habe ich mich vollkommen vertan – das ist nicht der “Idealfall” sondern, etwas dass ich leider zu häufig in der Praxis sehe.
            Und was die Investitionsentscheidung mit 50 betrifft: Diese sollte idealerweise schon von der “Vater-Sohn-GbR” gefällt werden…
            Ich bin allerdings kein Fan dieser GbR (sie ist der Hauptgrund für zu späte Hofübergaben). Leider kriegen wir heute relativ spät Kinder, und mit 50 abzuschätzen, was der Nachwuchs einmal machen wird (wenn dieser gerade erst Abi gemacht hat) ist schwierig.

            Das alles ändert aber nichts an meiner grundsätzlichen Aussage: Wenn man realistisch plant und man die Option des Auslaufen des Betriebes nicht verteufelt, dann muss ein Betriebsende kein Familiendrama werden.

            • Reinhard Seevers sagt

              Habe gerade einen Fall, bei dem der Sohn den unrealistischen Investitionswunsch des 60 jährigen Vaters abgelehnt hat. Der Vater wollte damit alle Fehler der Vergangenheit wieder heilen, der Junior hatte inzwischen aber weit mehr Wissen angehäuft, als der Erzeuger….und die Konsequenzen gezogen. Ende Gelände. Das Beste für beide. Die Hälfte der Flächen ist bereits der Bank “versprochen”…..Da hat der nun als Bio-Rinderhalter rummurksende “Alte” zu spät die Rote Karte gesehen.

            • Ostbauer sagt

              Einen Betrieb “auslaufen” lassen ist keine Schande. Diese Option hat mich seit der Gründung unseres Betriebes begleitet. Meine beiden Kinder haben die Aufbauphase in den 90 igern hautnah miterlebt. Die Konsequenz ihrerseits war eindeutig: Alles, nur keine Landwirtschaft; damit hatte ich mich eigendlich abgefunden und es war auch ok so.
              Mein Sohn hat Jura in Berlin studiert und meine Tochter war in Hamburg Abteilungsleiterin im Handel; alles war gut so und wir waren stolz auf sie.
              Unverhofft kommt manchmal oft; Plötzlich entdeckt einer seine landwirtschaftliche Ader und switscht um auf BoA und die andere lernt zu Hause ihren Mann kennen.
              Heute habe ich beide Kinder im Betrieb, mein Sohn managt das tägliche Geschäft, meine Tochter macht die Buchhaltung. Es ist eine richtige Freude zu sehen, wie die harmonieren ! Außerdem können wir jederzeit unsere Enkel sehen 🙂
              Auch wenn ich im Moment noch rein rechtlich den Daumen heben oder senken kann, wird keine Entscheidung ohne die nächste Generation getroffen!!
              Wichtig ist vor allem, dass der oder die zukünftigen Übernehmer alle!!! Zahlen auf den Tisch bekommen.
              Manchmal ist so eine Ostbiographie auch von Vorteil; als mein Sohn geboren wurde, war ich 21, zwei Jahre später kam meine Tochter zur Welt ( war damals so usus). Aber durch den relativ geringen Altersunterschied macht das Zusammenarbeiten richtig Spass; man ist ja quasi noch eine Generation.
              Es ist natürlich schade, dass die neue Generation mit so vielen unnötigen (aus meiner Sicht) Problemen überhäuft wird. Aber komischerweise sehen die es lockerer und das ist auch gut so.
              Die Vorarbeit ist also geleistet; muss nur noch der Rest mitspielen.

  2. Karl Timme sagt

    Ich habe die Kommentare noch nicht gelesen. Das eine oder andere Argument könnte schon abgehandelt sein.

    Der Vorschlag 1 berücksichtigt die, für Ertragsschwache und Grünland Standorte notwendige Tierhaltung nicht.

    Der Vorschlag 2 berücksichtigt die Tierhaltung ebenfalls nicht und führt infolge zu unzähligen Betriebsteilung, damit zu einer Zunahme kleiner Betriebe auf dem Papier.

    Vorschlag 3 Progressive Besteuerung der Tierhaltung ohne ausgleich der immer höheren Anforderungen (hier oft genug angesprochen). Die hohen (zum teil Substanzlosen (gentech, Außenhaltung) Anforderungen haben die Tierhaltung in die Augenblickliche Lage gebracht.
    Es ist schon Abenteuerlich die Nutztierhaltung mit der Hobbytierhaltung zu vergleichen, die eine Haltung ist nur zum Vergnügen, die andere zum Erwerb und zur Ernährung der Bevölkerung.
    Aus diesem Grund ist die Ausweitung der Vergnügungssteuer Hundesteuer auf Nutztiere Argumentativ so etwas von schräg, das hierauf nicht weiter eingegangen werden muss.

    Sollte ich die Wahl haben zwischen diesen Drei Vorschlägen:

    Vorschlag 1 mit einer Tierhaltungskomponente (unter Berücksichtigung der Ertragsfähigkeit des Bodens).
    Die frei werdenden Mittel oberhalb der Fördergrenze könnten hier Verwendung finden.
    Die Tierhaltungskomponente könnte eine Staffelung ähnlich der Fläche enthalten, um hier wie da den Größenvorteil (Stückkosten) auszugleichen, was der Autor ja bezwecken möchte.

    Dieses wäre zunächst eine kurzfristige Bremse des wachsen oder weichen,führt aber langfristig zu Auswüchsen wie die überwundene Realteilung bei der Hofnachfolge.

  3. Elisabeth Ertl sagt

    Ich möchte hier die Frage aufwerfen: Warum überhaupt will die Gesellschaft eigentlich kleine Höfe?
    Dass die Bauern nicht aufgeben wollen, ist klar.
    Aber wenn doch die Bevölkerung noch immer zu fast 90% nicht bei den Direktvermarktern selber, sondern lieber im Supermarkt einkauft, was hätte sie eigentlich dagegen, wenn die Konzerne gleich auch die Flächen aufkaufen und die Produktion selber übernehmen – z.B. mit billigst bezahlten Flüchtlingen, weil sie ja dann die Politik diesbezüglich unter Druck setzen können?
    Es gäbe deshalb ja nicht weniger zu essen.
    Was verbindet der Bürger mit kleinen Betrieben? Sicher so manches, was gar nicht notwendigerweise zutrifft: ökologischere Produktion, mehr Tierwohl, kleinere Schläge, mehr Artenvielfalt etc.
    Was noch?
    Wenn ich mich an Wintersamstagen anschicke, zum Einkaufen in den Ort zu fahren, überlässt mir mein Mann diese Aufgabe nach einer anstrengenden Arbeitswoche gerne. Im Sommer will er lieber selber fahren. Dann dann ist Bauernmarkt am Hauptplatz voll mit einer großen Zahl an Ständen mit allen Produkten: Milchprodukte, Fleisch, Obst, Gemüse, Brot, Kuchen, Bier, Wein, Most, Säfte, Honig; sogar Seife. Der Bauernladen gleich daneben hat außerdem Fisch, Nudeln, heimischen Reis, Sugo, Essig etc. Im Mühlenladen gibt es Öle und Getreidewaren, in der Apotheke Drogeriewaren. Aber es geht nicht um die Produkte allein. Es geht darum, dass man eine Menge Leute trifft, nicht nur unter den Kunden, auch unter den Produzenten.
    Die Betreiber großer Einkaufszentren nennen das Shopping – Event. Die wissen, dass man da mit riesigen Einkaufsflächen, wo es alles gibt, nicht interessant ist, sondern nur, wenn die Leute unter einem witterungssicheren Dach und mit dem Auto gleich vor der Tür geparkt, von einem kleinen Geschäft ins andere gehen können, wo die Verkäuferin oder der Verkäufer vielleicht schon mit einem Lächeln wartet und freundlich fragt, ob er/ sie behilflich sein kann.
    Sollte die Landwirtschaft tatsächlich nur noch von einigen wenigen Riesenbetrieben erledigt werden, dann wird man sich den Anschein von lauter Kleinbetrieben geben. Man wird die Agrarlandschaft idyllisch gestalten. Man wird draußen die Landarbeiter antreffen mit Aufdrucken auf ihrer Arbeitskleidung: ALDI Tierwohlbetrieb, Lidl Biobetrieb, REWE Bioveganer Betrieb etc. Und diese Leute werden kommunikationsgeschult sein, sie werden auf Fragen oder Kritik so freundlich antworten, wie der Verkäufer in einem Geschäft.

    • Reinhard Seevers sagt

      Elisabeth, geh Mal in die urbanen Zentren, den Wohnsilos, den Trabantenstädten…..denen ist es mehrheitlich völlig egal, ob ein Betrieb groß oder klein ist. Die kennen auch den Unterschied nicht. Die Stimmen, die eine andere Landwirtschaft wollen, sind andere Bildungsschichten, andere Bevölkerungsgruppen, andere Schichten. Und diese angebliche “Gesellschaft” gibt vor eine Mehrheitsmeinung zu vertreten, das tun sie aber nicht. Sie aktivieren lediglich den Diskurs über eine medial gepuschte Deutungshoheit.
      Diese Wahrheit offenbart sich, sobald das Geld im Portemonnaie weniger wird.
      Und dann bekommen die Deuter große Augen und wundern sich.

      • Arnold Krämer sagt

        100 % Zustimmung
        Außerdem ist es technisch unmöglich, die Großstädte, die immer mehr Menschen beherbergen (sollen), über Direktvermarktung oder regionale Erzeugung zu versorgen. Es sei denn, man definiert national als regional. Und dann fehlen auch immer noch die Bananen und die Weintrauben und Heidelbeeren im ganzen Jahr.

        • Elisabeth Ertl sagt

          Ich spreche ja vom ANSCHEIN von Direktvermarktung. Sie werden das irgendwie imitieren. Denn warum sonst beinhalten die großen Konsumtempel – im Unterschied zu meiner Jugend – heute lauter kleine Geschäfte? Dort rennen die Massen hin.

          • Reinhard Seevers sagt

            Elisabeth, die sog. Konsumtempel sind gerade dabei, sich zu verabschieden. Der Einzelhandel geht komplett den Bach runter, Handel passiert zukünftig online….
            Die Innenstädte suchen händeringend Zukunftslösungen.

    • Arnold Krämer sagt

      “……was hätte sie (die Bevölkerung) eigentlich dagegen, wenn die Konzerne gleich auch die Flächen aufkaufen und die Produktion selber übernehmen – z.B. mit billigst bezahlten Flüchtlingen, weil sie ja dann die Politik diesbezüglich unter Druck setzen können?

      Die Antwort hat T. Apfel teilweise bereits weiter unten gegeben.
      Außerdem: Billigst bezahlte Flüchlinge in D geht nicht, da höchstrichterlich festgestellt wurde, dass Asylbewerber dieselben Sozialleistungen erhalten müssen wie Einheimische. Das unterscheidet uns z. B. von Österreich. Und dann gibt bei uns auch noch so etwas wie eine “Klageindustrie”.
      Der Konzern RWE z.B. wird aktuell vor dem OLG Hamm wegen der Folgen des Klimawandels von einem peruanischen Bauern verklagt. Das Gericht hat die Klage angenommen und wird sich demnächst vor Ort informieren. So ist das eben in D mit seinem ewigen Schuldkomplex.
      https://www.achgut.com/artikel/gerichts_tourismus_peruanischer_bauer_verklagt_rwe_wegen_klima

      • Reinhard Seevers sagt

        Das ist doch geil ….hoffentlich wird Hänschen Müller als Aktionär auch verklagt, dann wird’s lustig in diesem Land.👍😎

  4. Heike Müller sagt

    Der wahre Treiber des Wachstums ist doch der technische Fortschritt!
    Und die Aussage vom Wachsen oder Weichen hat Rukwied auch schon mehrfach erläutert. Jährlich scheiden ca. 2% der Betriebe aus, weil sie kinderlos sind oder keines der Kinder den Hof übernehmen kann oder will. Das ist eine ganz normale Entwicklung.

    • Reinhard Seevers sagt

      Der Kapitalismus funktioniert nur durch und mit Wachstum. Das Gegenteil ist degrowth.
      Postwachstum ist derzeit die meist diskutierte Alternative. Und nun kann man streiten, welcher Weg die Zukunft bestimmen wird.

    • Arnold Krämer sagt

      Die mangelnde Bereitschaft für eine Weiterführung des Hofes durch eines der Kinder ist meist auch den wirtschaftlichen Perspektiven und der unzureichenden Entwicklung des Hofes (und der/des potentiellen Hofnachfolger/s) durch die Elterngeneration geschuldet und nicht allein der Tatsache, dass 2 linke Hände oder ein verkopfter Mensch nicht zur Landwirtschaft passen.

      • Wenn sich nun kein Kind in dem Beruf berufen fühlt?
        Die andern können sich auch den Beruf nach Neigung und Interesse aussuchen.

        An der Landwirtschaft verdine3t man besser als in der Landwirtschaft, oder?

  5. Andreas sagt

    Im Gastbeitrag wird behauptet:
    „Staffelpreise nach AbL-Vorstellungen“ können in einer marktwirtschaftlichen Ordnung unmöglich funktionieren – und sind deshalb auch ganz einfach „unsinnig“.
    Das Stappelpreise nicht funktionieren, ist die glatte Unwahrheit. Fast alle Molkereien zahlen Stappelpreise: je höher die gelieferte Milchmenge pro Betrieb, desto höher der Milchpreis.
    Sogar die größte Bio-Molkerei aus Andechs zahlt nach diesen System. Also es ist machbar, wenn man will.

    • Arnold Krämer sagt

      Staffelpreise gibt es auch im Ferkelmarkt, dort Mengen- oder Qualitätszuschlag genannt.
      Wer in der Mastschweinevermarktung ganze LKW’s zu füllen vermag, bekommt auch mehr Geld als der Kollege mit geringeren Stückzahlen.

      • Staffelpreise gibt es fast überall, auch beim Bezug von Betriebsmitteln, siehe Preisliste mit Preisstaffeln etc. Das sind Preisdifferenzierungen, die sich aufgrund wirtschaftlicher Vorteile/Nachteile ergeben. ABL- Preisstaffeln sind ideologisch basierte Preisdifferenzierungen (z.B. kleine Betriebe=bessere Preise), die lassen sich meist nicht realisieren.

  6. Harald Müller sagt

    Zum Text des Gastschreibers möchte ich noch ergänzen, dass der genannte DBV-Vizepräsident Norbert Schindler (316 ha) im Jahr 2015 durch den bayerischen BBV-Präsidenten Walter Heidl (40 ha) ersetzt wurde.

    Die gerne geäußerte These, dass nur “die Großen” im Bauernverband das Sagen haben, halte ich also für recht populistisch: Auch von Walter Heidl kann ich weder in DBV noch in BBV wesentliche Initiative erkennen, dass er sich wirklich für kleine Betriebe einsetzen würde. Nach meiner Ansicht hat er es sich – wie die anderen genannten Protagonisten – einfach nur sehr bequem in seinem Sessel eingerichtet.

  7. Harald Müller sagt

    Als Kleinbetrieb mit 20 Hektar Eigentum und 5 Hektar Pachtflächen á 200 €/a Pacht müsste ich ja eigentlich “Dafür!!!” rufen, wenn mir das p.a. 10.000 € mehr in die Kasse spült.

    Aber erstmal hätte ich gerne geklärt, ob ich dafür vom Nebenerwerb zum Vollerwerb aufsteigen muss – was zur Folge hätte, dass ich mir die Landwirtschaft nicht mehr leisten kann.

    Oder – das andere Extrem – ob ich damit rechnen muss, dass der Verpächter (Büroarbeiter ohne ldw. Kenntnisse) mit der Aussicht auf jährlich 4750 € statt der bisherigen 1000 € mir seine Flächen kündigt, um diese (auf dem Papier) selbst zu bearbeiten – was mich noch weiter in Bedrängnis bringt, irgendwie ausreichend Einnahmen zu generieren.

  8. Smarti sagt

    Die Nummer eins wäre ein Träumchen für Nebenerwerbslandwirte. Da das ja dann die vorgeschriebenen, zukunftsfähigen Bauernhöfe sind, muss auch für jeden der Höfe ein aussiedeln mit Stallbau auf der grünen Wiese möglich sein. Landwirtschaftsschulen werden auch jubeln :).
    Da jeder Betrieb mit einem gewissen Grundeinkommen ausgestattet ist, kann er “alles” mal ausprobieren, die jetzigen Selbstvermarkter werden begeistert sein. Die neuen 10 Selbstvermarkter rundherum werden sich zwar nicht alle allzu lange halten, doch um die Preise zu vernichten reichts allemal.
    Da kommen dann auch die ganz schlauen zum Zug – so einen Nachbarn haben wir schon: der hat Land gekauft, gibt es auch als Landwirt an für Direktzahlungen, aber zum Bewirtschaften ( Mist ausbringen und heuen ) sucht er dauernd einen ( neuen ) Dummen.
    Um dieses Modell zu etablieren, müssten “nur” die ganzen Schulden, welche die Landwirte gemacht haben auf “max. 100 Tausend Euro” runtergesetzt werden, die Gebäude werden vom Staat übernommen und können auf Wunsch auch in Teilen zurückgekauft werden. Die wären ja dann für 50 ha meist etwas überdimensioniert.
    Dann passt das auch mit Bio :). Leider unmöglich – die beiden anderen Modelle sind eine Enteignung von Landwirten – fairerweise müsste man dann auch den LEH in Kleinstläden zerschlagen und Amazon und Co. verbieten.

  9. Ostbauer sagt

    Ob die Vorschläge “gute Rahmenbedingungen für eine bäuerliche Landwirtschaft” sind, wage ich zu bezweifeln! (Mal davon abgesehen, dass man dann den vor- und nachgelagerten Bereich genauso behandeln müsste)
    Für mich stellt sich das als das andere Extrem zur Zwangskollektivierung hier im Osten nach dem Krieg dar. Damals wurden nämlich reihenweise gute funktionierende mittelgrosse Betriebe (unter 100 ha) mit nicht erfüllbaren Auflagen aus ideologischen Gründen zur Aufgabe gezwungen.
    Wenn der Staat Strukturpolitik machen will (was ja legitim ist) hatte und hat er doch ganz andere Möglichkeiten; die kosten allerdings auch Geld.
    Einer der grössten Knackpunkte ist in meinen Augen der Wechsel des Bewirtschafters, aus welchen Gründen auch immer. Da es dabei ja auch meistens um Eigentumsflächen geht, stehen oft auch hohe Summen im Raum. Es ist ja auch keinem abgebenden Eigentümer zu verdenken, wenn er dabei das Maximum herausholen will. Wenn jetzt der Staat als Käufer auftritt, hätte er doch die Möglichkeit Strukturpolitik zu machen. Er könnte zB. die Fächen oder aufgekauften Betriebe zu günstigen , betriebswirtschaftlich darstellbaren Konditionen an junge dynamische und hervorangend ausgebildete Landwirte abgeben.

  10. Ferkelhebamme sagt

    Der Artikel könnte von Renate Künast unterschrieben sein. Ein theoretisches Konstrukt jenseits jeder Realität, ohne jegliche Fachkenntnisse. Das meiste wurde hier schon angeführt (der Großteil der Flächen sind kein Eigentum, mangelnde Betriebsleiter, etc).
    Und wie immer wieder die Behauptung, Tierschutz hat mit der Größe des Betriebes zu tun. Wo wird wohl mehr Tierschutz geleistet werden können? Auf dem größeren Betrieb mit Fachanhestellten, die den ganzen Tag bei den Tieren sind? Oder dem 50 ha Betrieb mit 50 Dauen, wo der Betriebsleiter bei gutem Wetter zwingend auf dem Acker sein muss?
    Der Vergleich saudischen Betonbodens mit reiner Weidekuhhaltung (???) hat mich spontan an Renate denken lassen. Die reine Bodenhaltung von Schweinen und Pferden würde mich jetzt interessieren…
    Pferdesteuer wurde übrigens schon versucht.

    • Thomas Apfel sagt

      Besonders interessant (oder lustig ?) finde ich, dass im Rahmen der obigen Überlegungen offensichtlich der Tierhaltung prinzipiell eine große Bedeutung zugemessen wird. Die vorgeschlagenen Zahlen (3 GVE/ha) bedeuteten bei Umsetzbarkeit ein Verdreifachung der Tierbestände. Das Ganze bei gegenwärtig sinkendem Bedarf und Tierhaltungsbashig hoch Zehn. In dem Zusammenhang finde ich die Zusammenfassung schon arg blauäugig, oder einfach nur überheblich:
      “Gleichzeitig müssen alle die Konzentration bei uns fördernden Vorschriften durch die oben gemachten “Vorschläge 1+2+3 konsequent ersetzt werden. Anders geht es wirklich nicht: Wer das bestreitet, der hat entweder keine Ahnung von der Wirtschaft, oder er versucht zu täuschen”
      Das sind ja schonmal alle heutigen Kommentatoren hier ! Der Text könnte tatsächlich zu Künast, Häusling oder Hofreiter passen.

      • Reinhard Seevers sagt

        Schon sehr anmaßend, andere Sichtweisen vorausschauend als falsch, und die eigene als Wahrheit und sakrosankt zu bezeichnen.

        • Reinhard meint:
          “Schon sehr anmaßend, andere Sichtweisen vorausschauend als falsch, und die eigene als Wahrheit und sakrosankt zu bezeichnen. ”

          Da bin ich voll deiner Meinung. Anmaßend und auch schlicht dumm.
          Zumal der Autor andere Menschen auch sehr direkt als wahlweise dämlich oder ahnungs- bzw. phantasielos bezeichnet. Und sich damit indirekt jegliche Kritik verbittet.
          Und da es inhaltlich arg dünn bis vollkommen abstrus ist, bekommen wir lieber eine ausführliche Unterweisung im Rechnen.
          Ich würde übrigens weder Renate, noch Häusling oder Hofreiter einen solchen niveaulosen Text zutrauen.

  11. Harald Butenschön sagt

    Unter den Blinden ist der Einäugige der König, und so wird es sicher weitere Befürworter solcher Ansätze geben.
    Diese Ideen sind recht oberflächlich und fernab der bäuerlichen Wirklichkeit, fehlt doch jegliche Berücksichtigung einer Wirtschaftlichkeit, des technischen Fortschrittes, der weiterentwickelten Produktionstechniken und nicht zuletzt der ausufernden Forderungen der “Gesellschaft”.
    Ist dem Vater der Gedanken eigentlich bekannt, daß wir die Fördermittel voll versteuern?
    Die billige Kritik am Bauernverband zerfällt bei genauerem Hinblick in Neid auf Hektare und Unkenntnis der Arbeit des BV. Ich selbst profitiere doch recht oft von den Leistungen des Verbandes, auch wenn mein Betrieb bei weitem nicht zu den “Großen” zählt. Andersherum könnte ich als Einzelkämpfer im Milchviehbetrieb nicht im Ansatz die Zeit erübrigen, die ein Posten im Präsidium des BV erfordert – dafür braucht es eben einen Betrieb mit Personal, und der ist meist etwas größer….

  12. firedragon sagt

    Ehm…
    Geht der Autor von Eigentumsflächen bei seinen Berechnungen aus ?
    Die Beträge pro ha, sind die vor Steuer oder nach Steuerabzug – da alles was der Betrieb an Subventionen und/oder Fördergeldern erhält, zum Gewinn zählt und versteuert werden muss.
    Wo kommen die vielen neue LW her ?
    Wo sollen neue Wirtschaftsgebäude entstehen, im Dorf ist selbst der 50ha Bauer kaum mehr erwünscht, ehemalige Gehöfte sind mittlerweile in Wohnsiedlungen umfunktioniert (zumindest bei uns).

  13. Schorsch Summerer sagt

    Nun ja, ganz so abwegig hielte ich diese Vorschläge gar nicht wenn, ja wenn Deutschland eine autarke Insel wäre und nicht mit vielen anderen Ländern konkurieren würde. Kanada ist da so ein Beispiel wo es im Grunde entsprechende Handelsbeschränkungen gibt die eine solche Politik vielleicht möglich machen würde. Doch leider (oder Gottseidank?, kommt darauf an wen man fragt) sind wir nicht auf einer Insel und autark schon gar nicht. Deutschland will Industrieprodukte verkaufen in Länder die nur Agrarprodukte anbieten können. Das ist unsere Konkurrenz! Milch, Wein, Obst aus Neuseeland, Kartoffeln aus Ägypten, Fleisch aus Südamerika, Getreide aus überall. Das gefällt vielen Bürgern in Deutschland, aber mir nicht.
    Wenn man wirklich was ändern wollte muss man sich entweder die Nachfrageseite entflechten und zerlegen oder die Angebotsseite durch Bündelung so stärken dass ein Gleichgewicht entsteht ohne die Betriebe zur Aufgabe zu zwingen. Das würde mir als kleinerem Betrieb gefallen, gefällt aber den meisten Bürgern in Deutschland nicht. Jedemfalls dann nicht wenn die Lebensmittel deshalb teurer werden.
    Ausser Frage für mich steht dass die Bauernverbandsführung kein Interesse hat an der derzeitigen Situation etwas zu ändern.
    Es hilft nichts, wir müssen die Mehrheit der Deutschen dazu bringen auf unsere Seite zu wechseln. Das wäre umso wichtiger wenn es demnächst wirklich zu den von uns befürchteten Engpässen kommen würde! Nichts wäre schlimmer als dass die öffentliche Meinung auf den Tenor umschwenkt “die Ineffizienz und Kleinteiligkeit der Betriebe” wäre Schuld an diesem Disaster. Dabei wissen wir es doch besser, jeder Krug geht so lange zum Brunnen bis er bricht bzw wer nichts bezahlt kann auch nicht erwarten dass er immer im vollem Umfang Ware erhält.

    • Thomas Apfel sagt

      Kleinteiligkeit und Engpässe durch ineffektive Kleinbauernbetriebe (nebst den Kriegsauswirkungen) waren es, die die Politik damals im Osten zur Kollektivierung greifen ließ. Die Folge einer ansatzweisen Umsetzung in der im Beitrag vorgeschlagenen Verfahrensweise würde (abgesehen von eigentumsrechtlichen Umsetzbarkeit) zur freiwilligen “Kollektivierung” führen. Ob das unter dem weniger belasteten Begriff “Zusammenschlüsse” so schlecht wäre, ist die Frage.

      • Schorsch Summerer sagt

        Doch Was ist klein? Sind 400 ha für einen Ackerbaubetrieb nicht klein aber für einen Milchviehhalter wie mich nicht einfach nur riesig? 400 ha verteilt auf 4 Flurstücke ein Klacks beim bewirtschaften aber bei unseren Strukturen mit den vielen Gräben, Feldwegen, Feldgehölzen und Siedlungen nicht vernünftig bewirtschaftbar? Und dann gibt es noch etwas, ich kenne auch Bauern die haben für sich überhaupt kein Problem damit den Stall alle 5 Jahre zu verdoppeln aber ich halte das für ein Schneeballsystem. Nur, wer hat Recht? Würde man das bei anderen Wirtschaftsbetrieben nicht für Richtig halten weil erfolgreich? (auch wenn ein solcher Betrieb irgendwann dann gewinnbringend verscherbelt wird)

  14. Ludwig sagt

    Alles tolle Ideen , aber sicherlich 50 Jahre zu spät, denn die Betriebsstrukturen haben sich in größeren Einheiten schon etabliert. Wir sehen gerade jetzt in der Schweinehaltung wie ein regelrechter Strukturbruch abläuft , weil die Politik mit der Schweinefleischmarktüberschwemmung aus dem Ausland hier die Betriebe gewollt vor die Wand fährt . In diesem Fall zwar aus moralideologischer Klimahysteriesicht , aber wohl fast vergleichbar mit dem oben vorgeschlagenen. Hinter der ganzen Landwirtschaftpolitik stand immer der Gedanke den Verbrauchern günstigste Nahrungsmittel zu ermöglichen , damit die ordenlich konsumieren konnten. Urlaub, Freizeit und Auto kosten halt Geld und den Leuten wurde das systematisch eingehaucht über die Werbung. Damit das überhaupt noch ein Bauer mitmacht gibt es die Betriebsprämien. So hat die Politik die Bauern an die Kette gelegt und untermauert das mit ständigen Kontrollen und Vorschriften. Inzwischen ist die Politik dermaßen übergriffig geworden , daß die Bauern schon freiwillig wegen der übermäßigen Bürokratie aufgeben , weil es immer weniger Bauern überhaupt verstehen und die Umsetzung nur noch schwierig ist. Der nächste , sich anbahnende GAP- beschluß mit geringeren Prämien wird dazu führen , daß viele Bauern das Geld nicht mehr haben wollen und so den ganzen Vorschriftenkram nicht mehr einhalten müßen. Das ist dann der Politiksupergau ! Landwirtschaft ist mulifunktional und damit wichtig für das Land. Wenn aber nur noch keine oder zwei Bauern in den Dörfern sind , dann kann der einzelne Betrieb diese Funktion nicht mehr erfüllen und über die Jahrhunderte entstandenen Strukturen zerbrechen in den Dörfern. Also Schlafdörfer ohne Zusammenhalt und Bindung. “Einen Bauern muß man an der Hand haben “, daß gilt schon lange nicht mehr und ist auch nicht mehr gewünscht , weil der Staat meint für alles zuständig zu sein. Wie gut das funktioniert , daß haben wir im Ahrtal im Juli erleben dürfen. Staatsversagen !

    • Arnold Krämer sagt

      “Der nächste , sich anbahnende GAP- beschluß mit geringeren Prämien wird dazu führen , daß viele Bauern das Geld nicht mehr haben wollen und so den ganzen Vorschriftenkram nicht mehr einhalten müßen. Das ist dann der Politiksupergau !”

      Viel Zustimmung, aber hier irren Sie . Die meisten Vorschriften sind geltendes Recht und müssen auch ohne Prämienzahlungen eingehalten werden. Und noch eine Prognose: Die Politik wird alle Landwirte dazu “verdonnern”, ähnlich wie die Tierbestände jährlich zum 1. Januar auch die Flächennutzung jährlich zum 15. Mai in eine staatliche Datenbank zu melden, ohne dass damit irgendwelche Prämienzahlungen verbunden sind.

  15. Alfons Balmann sagt

    Der Autor hat eines nicht verstanden: Strukturwandel ist Teil wirtschaftlicher Evolution. Wer etwa hätte das deutsche Wirtschaftswunder in den 50er und 60er Jahren erbringen können, wenn damals alle Bauern auf ihren Höfen geblieben wären?

    Dieses Argument geht übrigens zurück auf Kenneth E. Boulding und stammt von 1944. Seine Überzeugung war, dass der landwirtschaftliche Strukturwandel die Freisetzung der für die wirtschaftliche Entwicklung und insbesondere Industrialisierung erforderlichen Arbeitskräfte ermöglicht. (Boulding, K.E.. “Desirable Changes in the National Economy After the War”. Journal of Farm Economics, 26, 1 (February 1944), 95-100.)

    • Bauer Willi sagt

      Es ist eine Wahrheit, die weh tut. Die Bäcker und Metzger hat es ja schon längst erwischt und Tante Emma ist auch tot.
      Was zum Thema Strukturwandel aber überhaupt nicht passt, sind die Ideen der DAFA und teilweise auch der Zukunftskommission Landwirtschaft, die ja sogar davon träumen, dass die Betriebe wieder mehr werden. Wie denn, wenn der Nachwuchs fehlt? Gilt übrigens auch für die 20% Öko in 2030. Wo sind denn die Betriebsleiter:innen für diese Höfe? Die müssten doch jetzt schon in der Ausbildung sein.

      1
  16. Peter sagt

    Die (kleine, niedliche, familiäre, …) Landwirtschaft will einen Markt bedienen, welcher gigantischen Stückzahlen und Tonnagen nachfragt. Dies muss irgendwie organisiert werden und damit ist gut Geld zu verdienen. Nur verdient daran nicht der Landwirt, sondern die Einsammel- und Verteilindustrie. Was wir hier zum 2. mal erleben dürfen, ist eine Zwangskollektivierung der Branche. Nur geht der Zwang diesmal nicht von wehenden roten Fahnen aus, sondern im Kapitalismus logischerweise vom ganz großen Kapital. Noch steht da was von Gruppe / Group oder Holding. Bei den richtigen taktischen Voraussetzungen wird das sofort glatt gezogen. Nennt sich dann „vertikal integriertes Geschäftsmodel“!…super! ..wird schon mal „außerhalb“ geprobt. https://www.ekosem-agrar.de/unternehmen/geschaeftsmodell-und-strategie/
    Die Heuschrecken werden heftig lachen über das Gezappel von 30 oder sonst wievielen Organisationen und die Politik wird schön den Ball flach halten. Die Darsteller wollen ja auch nach ihrer Show bestens weiter versorgt sein. Behördliche Kontrollen werden richtig lustig, wenn das Gegenüber nicht nur der einzelne Betriebsleiter ist, sondern die Rechtsabteilung gleich mit. Alles stimmig und wasserdicht. Ganz wichtig: direkte Subventionen werden (eigentlich) nicht benötigt, geht über kreative Buchhaltung und Steuervermeidung viel besser. Und bis dahin?…. gehört Deutschland und die EU (wieder eigentlich…) vor einen internationalen Gerichtshof gezerrt! Wer bei Millionen von Hungernden auf der Welt (https://www.plan.de/hunger-in-der-welt.html) Maßnahmen ergreift, welche den Rückgang der Lebensmittelproduktion zur Folge haben, ist für mich nur noch kriminell. Gleiches gilt für die lauten Unterstützer dieses Wahnsinns!…Sozusagen Beihilfe zur kriminellen Handlung.

    • Bauer Willi sagt

      Die Beschreibung gefällt mir. Genau so wird es laufen. Die “Amazonisierung” der Landwirtschaft. Die vier Großen (Aldi und Co) in Deutschland sind schon längst mit ihren Kollegen in F, GB, NL, B, A etc verbunden und kaufen gemeinsam ein. Demnächst werden sie auch in die Produktion einsteigen oder vertikal integrieren.

      Kreativer Buchhaltung bedarf es eigentlich nicht. Zwischen Lieferant und Kunde gibt es genügend Spielraum für eine gewaltige Marge.

      • Gerhard sagt

        Na ja Willi, wer ist dann der Lieferant?
        Den wird´s dann wohl nicht mehr geben. Es kommt dann alles aus einer Hand, da man auch die Produktion selber macht und das im großen Stil.
        Das könnte dann vielleicht so aussehen:
        In deinem Fall wäre dann das die Agrar Group Niederrhein (Konzerntochter des LEH) die die Bundesländer Niedersachsen, NRW, und Rheinlandpfalz umfasst. Man gibt sich einen schönen Namen wie “Ihre Regional Farmers” für den Verbraucher. (Mir fällt grad nicht´s besseres ein).
        Bei der Größe braucht es dann auch keine Subventionen mehr. Gut für die Politik, es werden Gelder frei.
        Die Konzernmutter geht dann direkt zum Gesetzgeber und bestellt sich die Gesetze die man braucht. Wo anders durchaus üblich, das Gesetzentwürfe geschrieben durch die Konzeren, fast 1 zu 1 durch die Politik übernommnen werden. Und da die Agrar Gorup Niederhein “too big to fail” ist wird die Politk auch “gehorchen”. Bei den Banken hat es ja auch geklappt.

        Du kannst dann deine Fläche für symbolisch 10 Euro pro Hektar an die verpachten oder halt garnicht, da es keinen anderen Pächter mehr gibt. Must dann halt deine Fläche auf eigene Kosten im guten Zustand halten. Dafür haben die Korzerne über die Gesetzte schon für Druck durch die Hintertür gesorgt, das du verpachtungswillig bist.

        Ist nur als Beispiel geschrieben und keinesfalls Persönlich gemeint.

        Und zu dem Artikel oben. Ist auf alle Fälle mal ein anderer Ansatz. Wäre auf alle Fälle mal eine gute Diskussionsgrundlage. Interresant vorallem das sich jemand ausserhalb der LW darüber mal Gedanken macht.
        Ich könnte mit dem Vorsschlag oder sowas ähnlichem gut damit “Leben”. Vermutlich würde dann mein Sohn das ganze sogar weiter machen.
        Ein Bedingunsloses Grundeinkommen wie hier mache Schreiben wäre das ganze mit Sicherheit nicht. Sonst könnte man auch die jetzigen Ausgleichszahlungen schon als Bedingungslose Grundeinkomme bezeichnen.

        Aber vieleicht kommt es ja auch ganz anders. Ich glaube wir gehen auf Zeiten zu, wo sich schnell vieles ändern kann und es keiner auf dem Schirm hatte.

        Gruß
        Gerhard

        • Thomas Apfel sagt

          Abgesehen davon, dass die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens nicht davon ausgeht, dass die Leute sich zurücklehnen und nichts mehr tun, sind 500 €/ha Fördermittel für den “statistischen Durchschnittsbetrieb” schon eine Größenordnung, die in der Nähe von Gewinn + Personalaufwand für eine AK liegt. Die prinzipielle Bemessungsgrundlage der Fördersummen nach Arbeitskräften (inclusive mitarbeitender Familienangehöriger), wäre schon mal umsetzbare Förderpolitik, die den kleineren arbeitsintensiveren Betrieben Vorteile verschafft und die unselige nicht mehr zeitgemäße Rentenpolitik für die Landwirtschaft aus der “Zuschussdiskussion” bringen könnte. Das wird nur den Ackerbaubetrieben mit um 1,0 – 1,7 VBE/100 ha weniger gefallen als Gemischt- und Veredlungsbetrieben mit 2,2 – 3,0 VBE/100 ha oder gar Obst- und Weinbau mit 16 – 20 VBE/100 ha.

    • Thomas Apfel sagt

      Beim “vertikal integrierten Geschäftsmodell” gehen die “Vorteile” der preisdrückenden Selbstausbeutung über Familienbetriebe verloren. Genau deshalb steigen die großen Verarbeiter und der Handel nur äußert marginal und vorsichtig in die Urproduktion ein.
      Nach der Wende im Osten waren viele Verarbeiter der Auffassung, bei entsprechend großen Einheiten sei es möglich die Ware billiger zu erzeugen, als sie beim “Bauern” einzukaufen.
      Das ging meist schon nach ersten Kalkulationen in die Hose. Bei uns schlugen kurz nach der Wende z.B. Vertreter der Fa. Stute – Konserven mit dieser Absicht auf. Nachdem wir Produktionszahlen vorgerechnet hatten, tauchten die nie wieder auf. Ich glaube eher, dass diese vertikalen Modell erst jetzt langsam kommen – schon deshalb, weil der Kapitalbedarf für die immer größeren Betriebe weder von landwirtschaftlichen “Erweiterern”, geschweige denn von Neueinsteigern außerhalb des “Großen Kapitals” gestemmt werden kann. Fakt ist, wenn die vertikalen Geschäftsmodelle weitgehend durchgesetzt sind, werden die Preise für Lebensmittel erheblich steigen. Schon allein deshalb weil im Rahmen von Monopolen oder Oligopolen sowohl die “echten Kosten” als auch (dann frei gestaltbare) Gewinnmargen direkt an den Endkunden durchgereicht werden können.

      • Arnold Krämer sagt

        In der Hähnchenmast haben wir seit Jahrzehnten eine Vollintegration, wenn man einmal davon absieht, dass einige Integratoren noch gewisse Freiheiten z. B. beim Futterbezug gewähren.
        Mit der Möglichkeit der Frischfleischvermarktung von wertvollen Teilstücken aufgrund der züchterischen Fortschritte ergaben sich auch für die Landwirte mit der Integration hervorragende Einkommensmöglichkeiten. Die Ware war knapp und gefragt. Ich erinnere mich an eine kurze Phase etwa Mitte 2000, als Hähnchenmäster in der Lage waren, ihre neu gebauten Ställe innerhalb von nur 2 bis 3 Jahren zu bezahlen. Als 2009 die Futtermittelpreise stark anstiegen, war die Firma Emsland-Frischgeflügel in der Lage, die gestiegenen Produktionskosten der Mäster an den Handel zu überwälzen. Die Zeiten sind allerdings vorbei. In der Hähnchenmast erzielen die meisten Mäster zwar nach wie vor Unternehmergewinne, aber die Luft wird dünner, weil in einer Marktwirtschaft mit offenen Grenzen und viel Transparenz über Kosten- und Kostenstrukturen Gewinne wegkonkurriert werden. Nicht zuletzt sorgt dafür die EU, die mit ihren sogenannten Konvergenzprogrammen für die osteuropäischen Betrittsländern Investitionsförderung mit bis zu 70% der Investitionsumme betreibt/betrieb?

        Die Hähnchenmäster (nicht die Putenmäster, schon gar nicht die Ferkelerzeuger und Schweinemäster) haben nach wie vor gewisse Vorteile von der Nachfrageentwicklung (leicht steigend auch angesichts demografischer Entwicklung).

  17. Reinhard Seevers sagt

    Theorie ist immer gut, wenn sie große Teile der Realität auslässt. Die ökonomischen Regeln der Landwirtschaft umgebenden Welt spricht noch nicht sozialistisch, sondern unterliegt der kapitalistischen Marktwirtschaft. Wenn man letztere durch ein neues System ersetzt hat, könnte man über die oben genannte Theorie nachdenken…..evtl.

  18. Helmut Bleher sagt

    Wer war denn nun dieser Autor? Lieber Willi, könntest Du seinen Namen ganz oben hinschreiben? (Vielleicht hab ich ihn auch übersehen) Quellenangaben sind zwingend. Zum Inhalt: Außer dass Neidkomplexe mit dem weit bekannten Schüren des Hasses auf den Bauernverband garniert werden, habe ich keine substanziellen Belege dafür gefunden, dass es a. den Bauernfamilien mit dem Modell besser ginge, b. tatsächlich mehr stabile Höfe entstehen könnten und c. diese in der weltweiten Konkurrenzsituation Bestand hätten. Insofern also ein Beitrag für feuchte Träumereien, der außer kurzzeitiger Erregung wenig nachhaltiges Veränderungspotenzial in sich birgt.

    • Bauer Willi sagt

      @Helmut Bleher
      Der Autor möchte ausdrücklich nicht genannt werden. Wie in der Einleitung beschrieben, stelle ich den Text zur Diskussion.

  19. Ich bastell mir die Welt, wie sie mir gefällt. Wenn es denn so einfach wäre. Die findigen Bauern werden Mittel und Wege finden, ein solches System auszuhebeln und am Ende ad absurdum zu führen. Man denke nur an die Milch- Quotenregelung zurück (1984-2015): Der Grundgedanke war ja gut, jeder macht ein bischen weniger, dann reicht es für alle. DIe Praxis sah anders aus, In den 31 Jahren wurde die MQR über 50 mal geändert und angepasst, funktioniert hat sie aber trotzdem nie richtig, und der aktive Milcherzeuger war am Ende der gelackmeierte, profitiert haben Sofamelker etc.pp. Deshalb, ein solches System wird niemals funktionieren.

  20. K. Witt sagt

    Die Frage ist nur: wo bekommen wir in Deutschland nur die vielen fleißigen Bauern her, die sich auf 50 ha mit Kleintechnik krumm buckeln und nichts verdienen können/wollen (Hinweis: EU – Handel, Freihandelsabkommen mit Südamerika).

  21. Thomas Apfel sagt

    Nur mal kurz überflogen: Die gesamten Berechnungen haben ein Grundsatzproblem: Mit der Aufgabe des Betriebes, der zudem oft erstmal über Nebenerwerb weiterbetrieben wird, verbleiben die Flächen im Eigentum und werden verpachtet. Verkauft wird meist erst, wenn nach mehreren Generationen landwirtschaftsferne Erbengemeinschaften entstanden sind.
    Auch im Osten sind nach wie vor die meisten Flächen noch im Eigentum der “Altbauernfamilien”. Die Verkaufswilligkeit setzt jetzt, 75 Jahre nach der Entwertung durch die Bodenreform langsam ein, weil die Generationen mit persönlichem Bezug zur Landwirtschaft wegsterben. Das Flächeneigentum der großen Betriebe im Osten basiert auf den vergünstigten Verkäufen der “volkseigenen Flächen”, also der Flächen, die entweder 1946 enteignet, oder Domänen waren oder aus der Aufgabe von “Neubauernbetrieben” wieder an den Staatlichen Bodenfonds zurückgefallen waren.
    “Kaufen sie Land, es wird nicht mehr hergestellt” ! Dieser Ausspruch von Mark Twain beschreibt die Ursache für die totale Entkopplung des Wertes von Bodeneigentum von der erwirtschaftbaren Verzinsung desselben. Nicht von ungefähr gibt es zum Beispiel bei den extrem hohen Bodenpreisen z.B. in Südtirol, nahezu kein Bewegung am Markt.
    Das obige Modell bezüglich der Grundsteuer ist also schon mal hahnebüchener Unsinn.

  22. fingerphilosoph sagt

    Und wo ist die Garantie, dass in diesem Modell für die Gesamtbevölkerung, die ja diesen 50-ha-Landwirten sozusagen ein bedingungsloses Grundeinkommen zur Verfügung stellt, überhaupt noch genügend Nahrungsmittel produziert werden?

    Wird das Modell zur Verhinderung des Bauernhofsterbens marktwirtschaftlich nicht dazu führen, dass die landwirtschaftlichen Flächen bei solchen Rahmenbedingungen in 50-ha-Parzellen zersplittern, wo es hauptsächlich nur noch darum geht, dieses doch recht ansehnliche “bedingungslose Flächeneinkommen” zu kassieren und nicht mehr darum, die Bevölkerung mit Nahrungsmitteln zu versorgen?

    • Thomas Apfel sagt

      Das ist das Grundsatzproblem jeder Form von bedingungslosem Grundeinkommen. Kann so eintreten, muss aber nicht.

    • Bauern braucht man nicht mehr. Mit Fleisch und Milch aus dem Labor stehen bereits die nächsten Innovationen in den Startlöchern. Bei den in-vitro-Produkten handelt es sich nicht mehr um Ersatzprodukte, sondern es sind perfekte Substitute, die genauso schmecken, riechen und aussehen wie konventionell erzeugte Fleisch- und Molkereiprodukte.

      • fingerphilosoph sagt

        Mittel- oder langfristig gesehen, dürfte es wohl tatsächlich auf in Laboren und Fabriken hergestellte Nahrung hinauslaufen, schließlich läuft alles, und wirklich alles, was der Mensch mit Liebe und Begeisterung betreibt, auf die Ablösung und damit Abschaffung der sog. “Natur” hinaus, “Natur” i.S. von nicht vom Menschen kontrollierte Lebensformen, die miteinander und der unbelebten Natur interagieren, ohne dass der Mensch steuernd und regulierend eingreift.

        Es war in der Vergangenheit durchaus im Interesse des Bauern, die Natur bestmöglich zu kontrollieren, nur war er in dieser Kontrolle nicht perfekt. Die “Unvollkommenheit” hat der Bauer in Anlehnung an den Zeitgeist beschönigend uminterpretiert in “mit” der Natur arbeiten.

        Mit den neuen Technologien eröffnen sich neue Möglichkeiten der Kontrolle, und da kann der herkömmliche Landwirt nicht mehr mithalten. In Laboren sind die Kontrollmöglichkeiten nun mal viel größer als im Stall.

        Mit dem Zwang zur perfekten Kontrolle geht ein Reinheitsideal einher, das jede “Verunreinigung” der Nahrung mit einem Stoff, den der Körper nicht unbedingt braucht, immer “ungesünder” erscheinen lässt, ganz unabhängig davon, ob das realiter nun stimmt oder nicht. Bald wird der Mensch deshalb glauben, dass “gesunde” Nahrung nur noch im Labor hergestellt werden kann. Der Unterschied zwischen Nahrung und Medikament wird sich verwischen, wie es mit der sog. “Astronautennahrung” ja schon der Fall ist. Jaja, ich glaube auch, dass der Bauer ein Auslaufmodell ist und mit dem geschilderten Modell lässt er sich auch nicht retten.

        • Reinhard Seevers sagt

          So lange Wachstum der Motor der Ökonomie bleibt, ist es für die Natur egal, wer die Nahrung herstellt, sie wird zugrunde gehen.
          Es ist unmöglich Ressourcenfrei eine wachsende Weltbevölkerung zu versorgen. Wir werden schlicht verarscht, wenn industrielle skalierbare Lösungen als Heilsversprechen uns unser Kapital aus der Tasche ziehen.

      • Stefan sagt

        Naja, Fleisch aus dem Labor etc. Wachts ja nicht von Luft und Liebe. Irgendwo müssen die Nährstoffe und Proteine schon herkommen. Dafür wird man auch weiter Landwirtschaft brauchen.

        • fingerphilosoph sagt

          In unserem Verständnis ist die Natur ein Chemielabor, in dem aus Energie (Sonnenlicht), Wasser, Kohlendioxid und Mineralstoffen alles das entsteht, was wir zum Leben brauchen. Dieses Chemielabor bauen wir mittels Technologien nach, sodass wir die Kontrolle drüber haben. Die Landwirtschaft ist in diesem Prozess ein Zwischenschritt.

          • Es ist ja auch das Ziel, der Natur das Land zurückzugeben, in Europa soll ein “Rewilding” stattfinden.

            • fingerphilosoph sagt

              Das stimmt so nicht, denn das “Rewilding” läuft ja unter vollständig kontrollierten Bedingungen ab. Da gibt es dann das Wolfs-Management und das Wolfs-Monitoring etc. pp. Wildtiere werden mit Sendern ausgestattet, sodass der Mensch kontrollierend eingreifen kann, wann immer es ihm beliebt. Das sind dann aber keine Wildtiere mehr, sie erwecken nur den Anschein, welche zu sein. Es geht nicht drum, “der Natur das Land zurückzugeben”, sondern darum, die Kontrolle auszuweiten über das, was an der Natur bislang noch “wild” ist. Hat man in der Vergangenheit nur die Nutztiere kontrolliert, eben im Rahmen der Landwirtschaft, so geht es jetzt drum, die Nicht-Nutztiere ebenfalls zu kontrollieren.

              • Du irrst, Fingerphilosoph,
                wir haben eine Kulturlandschaft.
                Und um diese zu nutzen zu können, baucht es so viel Biologie wie möglich, um die Biodiverität der Ökologie anzupassden.
                Dazu gehören auch die ausgewiesenen Urwälder und Natoinalparks, die sich selbst überlassen bleiben, in den andren Wäldern kann man Holz wirtschaftlich nutzen.
                Deswegen läuft das hier nach wissenschsalftich untersuchten kontrollierten Bedingungen.
                Mein Opa, Bauer und Jäger vom Dorf wußte das auch so!
                Der kannte die Wälder und Felder in unserer Gemarkung.
                Er hat das Wild als Jäger anzahlmäßig in schach gehalten, damit es nicht zu viel wurde und unsere Kulturbestände, incl. Schonungen im Wald beschädigte, aber es mußte so viel wie nötig im Wald bleiben, um den von ihnen geleisteten öklogogischen Aufgaben gerecht zuwerden.

                Wenn die Tiere dann einen Nutzpflanzen-Bestand auf dem Acker beschädigte, wurde der Schaden aus der Kasse des Jagdverbandes bezahlt, wo die Jagdpacht eingingt.
                Man kann sich hier nicht so benehmen wie die Axt im Walde!

                Das wußten die Leute im Dorf schon immer, bestimmt dschon in der Jumgtsteinzeit,
                wie man mit der Natur leben kann.
                Die wußten das bestimmt schon seit den Anfängen des Ackerbaues ganz sicher schon bevor James Watt die Dampfmaschine erfunden hatte.

                Deswegen sind ja die Industriearbeiter in der Stadt so stolz, dass sie sich darüber keine Gedanken machen brauchen!
                Gehen hoch erhobenen Hauptes am Wald vorbei!
                Sie überlassen das der Dorfbevölkerung!

                Aber die Jäger mit einem Jagdschein werden niemal den Wald mit Wild leerschießen!
                Um das Gegenteil zu behaupten, sollte man wissen, was zur Erlangung des Jagdscheines alles abgefragt wird.

                Die Nichtnutztiere braucht man zur Erhaltung der Ölologie!
                Genau wie die Nichtkulturpflanzen (Sträucher unkraut, Pilze usw.)
                im Wald!

          • RICHITG, Fingerphilsoph

            Wir funktioniert unsere Verdauung? Wieviel Salzsäure ist in unserem Magen?
            Das ist die reinste Chemie, Biochemie!

            Chemie ist Naturwissenschaft
            und die nutzen wir.
            Wir dürfen es nur nicht übertreiben und alles aus dem Gleichgewicht bringen.

            Weil wir wohl in der Vergangenheit zu sehr übertrieben haben, müssen wir versuchen die Biodiversität an den verschieden Orten wieder herzustellen!

  23. Hans Mohrmann sagt

    Alles Gute kommt von oben. Bi us to Hus sagte man aber: dej Beamten und dej Swin, dat is unser Ruin. Zu viel Staat, zu wenig Marktwirtschaft. So kann es nicht gehen.

    • Sehe gerade Spekulationensblasen in Geschichte und Gegenwart
      Von Prof. Dr.Wihlem Henkel in der Teleakademie im SWR

      • Von Prof. Dr.Wihlem Hankel in der Teleakademie im SWR
        Diese Filterblasen sind schon 300 Jahre alt?

        https://www.swr.de/wissen/tele-akademie/spekulationsblasen-in-geschichte-und-gegenwart-wilhelm-hankel-100.html

        Es sind immer die Innovationenen der Banker die letzendlich in der Krise enden?
        Könnten Bauern das Risiko besser einschätzen?
        Aufsichtsfreie Finanzzentren?
        Sie koppelten sich ab, von der realen Wirtschaft, deren Verlauf ja die Aktienwerte widerspiegeln müßten?

        Aber Banker sind ja Fachidioten, die haben das nicht gelernt, also brauchen sie das nicht zu berücktsichtigen!
        Sie sind ja nur für Bank- und Finaztechnische Dinge zuständig , aber nicht für internationale Statistiken wie den IWF usw,
        und durch diese Inniovationen erlebenten wir die Blasenbildung.

        Da muß die staatliche Bankenaufsicht wieder her.
        Und die betreffenden Banken zur Verantwortung ziehen, nicht ihre Kunden, denn die gehören zur Volkwirtschaft und davon haben ja die Banker nichts gelernt!
        Ob es dann auch der Landwirtschaft auch wieder besser geht?

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