Bauer Willi
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JGS – Jauche, Gülle, Sickersaft…

Die Gesetzgebung fordert, dass auch die befestigten Siloplatten, auf denen Futtermittel wie Gras- oder Maissilage gelagert werden (und nur um die soll es hier gehen), baulich verändert werden müssen. Ich habe mich erkundigt: Im Grundprinzip und stark vereinfacht geht es darum, dass nun auch Regenwasser aufgefangen werden muss. Selbst ausgewiesene Bauexperten sagten mir, dass hier “mit Kanonen auf Spatzen geschossen wird”.  

Paul aus Westfalen hat dazu einen Leserbrief veröffentlicht, den ich mit seinem freundlichen Einverständnis hier gerne wiedergeben möchte:

“Im Wochenblattartikel stellt der Bauberater der Landwirtschaftskammer, Willem Tel, noch einmal sehr deutlich dar, wie die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Lagerung von Silagen und Mist aussehen.

Fehlende Entwässerungskonzepte, brüchige oder gepflasterte Bodenplatten oder nicht genehmigte Siloanlagen sind die Knackpunkte. Bei Nachgenehmigung müssen alle aktuellen Anforderungen erfüllt werden. Die Reparatur oder der Neubau von Silolagen darf nur von sachkundigen Fachfirmen erfolgen. – Damit hat man im Grunde alle Silolagerstätten auf den Höfen kaputtgeschrieben. Das wurde mir auch von einem hochrangigen WLV-Vertreter so bestätigt.

Aus Sicht der Überwachungsbehörden heißt es zwar, “Wir lassen die Landwirte nicht hängen”, aber auch, “grundsätzlich müssen die rechtlichen Anforderungen erfüllt werden”, damit ist dann doch alles gesagt.

Das heißt im Klartext, praktisch auf allen landwirtschaftlichen Betrieben mit Silo oder Mistlagerung muß in den nächsten Jahren in diesen Bereichen investiert werden, ohne Rücksicht auf Betriebsgröße, Hofnachfolgeregelung, Alter des bewirtschaftenden Landwirts und reale Gefahr einer Gewässerverschmutzung. Das können dann durchaus sechsstellige Beträge sein- oder mehrere Jahresgewinne.

Wie wirkt sich das auf die zukünftige Entwicklung bei den landwirtschaftlichen Betrieben aus? Landwirte im fortgeschrittenerem Alter oder ohne sichere Hofnachfolge werden diese Investition sicher nicht tätigen. Jeder potentielle Hofnachfolger wird sich sehr genau überlegen, ob er einen Hof antritt, wenn er diese hohen Beträge investieren muß, um überhaupt den Viehbestand halten zu können. Betriebe, auf denen in den letzten Jahren Ställe gebaut wurden, müssen investieren, damit das aufgenommene Fremdkapital zurückgezahlt werden kann. Aber als Prognose kann man wohl feststellen, daß diese weitere Verschärfung unserer Produktionsbedingungen zu einem massiven Strukturbruch bei den landwirtschaftlichen Betrieben führen wird. Der landwirtschaftliche Familienbetrieb wird damit zum Auslaufmodell.

Und was sagt die Politik dazu? Alle politischen Parteien möchten eine nachhaltige Landwirtschaft, den landwirtschaftlichen Familienbetrieb und die Stärkung des ländlichen Raumes.

Und was sagt der WLV dazu? Man hat erkannt, daß die Anforderungen der AwSV für kleinere und mittlere Betriebe eine große Belastung sind.

Und meine Meinung als betroffener Landwirt? Von uns Landwirten möchte sich derzeit kaum jemand zu diesem Thema öffentlich äußern, da man die Gefahr sieht als nächster kontrolliert zu werden. Aber es macht mich fassungslos, wie man dieses Thema vom WLV und von Volksvertretern, die immer vorgeben unsere landwirtschaftlichen Interessen zu vertreten, offensichtlich verschlafen hat und den Umweltverbänden und Grünen überlassen hat. Ich möchte keine Gewässerverschmutzer schützen, aber Umweltschutz ohne Augenmaß vernichtet hier unsere Familienbetriebe. Wenn wir an diesem Verordnungswahn noch etwas ändern wollen, dann wird es höchste Zeit. Vielleicht ist es noch nicht zu spät. Sprecht Eure Politiker und Verbandsvertreter an!”

Noch zur Erläuterung: in Milchviehbetrieben geht man von zusätzlichen Kosten von 1.500 bis 3.000 € pro Tierplatz aus. Das ist ja kein “Pappenstiel” und stellt gerade kleine und mittlere Betriebe vor die Frage, ob sich die Tierhaltung dann noch lohnt. Wenn man also den bäuerlichen Familienbetrieb erhalten will, sollten sich alle Entscheidungsträger überlegen, wie man diese Regelung so gestalten kann, dass es nicht die trifft, die man doch eigentlich fördern will.

“Bei allem was du tust, tue es klug und bedenke das Ende”. Oder für Klugscheisser: “Quidquid agis, prudenter agas et respice finem!”

Euer Bauer Willi 

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17 Kommentare

  1. Heinz sagt

    Aktuell ja wieder Thema in der LZ von letzter Woche.Betroffene Landwirte sollen sich selbst melden eine nicht zulässige Anlage zu betreiben,dazu Bilder im Artikel von Zuständen,wie ich sie noch nie gesehen habe.
    Was hat das zu bedeuten – vlt ein kleiner Vorgeschmack auf das was kommt,wenn ab der nächsten Bundestagswahl die Landwirtschaft „Grün“ regiert wird?

  2. viele regen sich schon wieder dumm auf. das von siloplatten das regenwasser aufgefangen werden muß ist doch schon lange gesetz . wer eine siloplatte bauen wollte wes das. begrundung viele siloplatten werden nach der entnahme nichtgefegt so das mit resten rumgekleckert wird.in Verbindung mit wasser wird daswasser dementsprchend durch die fälneß verschmutzt. hinzu kommt daswasser an der abdeckfolie herunterlauft. und von unten in den futterstöck einzieht.viele geben sich auch mühe das zu verhindern. aber ich kenne auch betriebe.da ist keine Folie mehr drauf .-da lauft diejauche unten raus. – -das sind die Übeltäter die andere betriebe mit runterziehen. wurde zeit das strafmassnahmen greifen.

  3. Mark sagt

    Es gab in Bayern einmal einen Herrn Perreiter, der hat das Traunsteiner Silo erfunden und dazu eine Bauanleitung zum Selbstbau (Kosten damals 14.-DM) herausgegeben. Sein Credo war, nur durch kostengünstige Gärfutterlagerung können kleinere und mittlere Betriebe im Wettberwerb bestehen. Tausende Bauern bauten daraufhin solche Silos. Das Schlimme daran war, kein Gutachter, Architekt, Bauunternehmer ect.pp konnte daran etwas verdienen. Auch die Umwelt-und sonstigen Ämter gingen leer aus. Sowas geht ja gar nicht und muss jetzt dringend korrigiert werden. Ob es der Umwelt etwas bringt, spielt dabei keine Rolle, es geht vordergründig ums Prinzip und hintergründig ums Geld, viel Geld…..

    • sonnenblume sagt

      Man könnte es auch Wirtschaftsförderung nennen. Das darf man aber offiziell nicht. Wie oft haben wir dieses Dilemma schon durchgestanden und ein Ende ist in viehhaltenden Betrieben gar nicht absehbar.

    • Paulus sagt

      @Mark
      Ehrlich gesagt verstehe ich die Panikmache nicht so ganz. Die für die LW relevante Anlage 7 zur AwSV liest sich nach meiner Auffassung schlimmer als es ist. Wenn ich mir gleichzeitig diese nun wirklich einfachen Konstruktionspläne für die von Dir genannten Traunsteiner Fahrsilos anschaue, die ja wohl als sogen. Standard anzusehen sind, lassen sich die auch relativ einfach und kostengünstig mit einem Leckage-Erkennungssystem nachrüsten. Der Sensor kostet gerade mal 50 € plus Montage und so. Das Ganze, einschl. des Artikels im Wochenblatt deuten eher darauf hin, ein Beschäftigungsprogramm für Sachverständige zu initiieren.
      Was ich nicht herausfinden konnte ist, welche Menge an wie auch immer zu entsorgender Sickerflüssigkeit bei der Verdichtung und nachfolgend tatsächlich bei Silage entsteht. Um eine VO zu verstehen oder überhaupt anwenden zu können, benötige ich immer noch dezidierte Anwendungsrichtlinien mit definierten Grenzwerten, die finde ich aber nicht. Ein Grenzwert null ist nur theoretisch machbar und kann im Grunde nicht sein. Würde mich insofern mal interessieren wir das gehandhabt wird.
      Die mittlerweile häufig bevorzugte Anwendung von folierten Silageballen geht dem doch eh aus dem Weg, oder sehe ich das jetzt falsch?

      • Mark sagt

        @Paulus
        Panikmache liegt mir fern.
        Eine Leckageerkennung nachträglich zu installieren ist meines Erachtens nahezu unmöglich. Eine Leckageerkennnung muss bei der Erstellung bereits eingebaut werden, dazu muss in den Unterbau der gesamten Anlage eine Leckagefolie mit darüberliegendem Leckageflies mit entsprechendem Gefälle zur Kontrollstelle eingebaut werden. Der Sickersaftbehälter braucht je nach Ausführung und Größe ein eigenes System. Wie das mit einem Sensor für ca. 50.- E nachträglich gehen soll, weiß ich nicht, ich lasse mich aber gerne aufklären.
        Folierte Silageballen sind auch heutzutage nicht die bevorzugte Anwendung, sondern meist eine Lösung für Restmengen anstatt einer Miete auf unbefestigtem Boden. Dieses Verfahren ist sehr teuer und produziert Unmengen von Abfall. Ein Sickersaftaustritt aus solchen Ballen ist sogar theoretisch möglich.

  4. Heinrich Steggemann sagt

    Die ersten Opfer hat die Verordnung in meinem Umfeld unter den organisch gewachsenen Betrieben schon gefordert. Viele landwirtschaftliche Betriebe haben es nur bis heute geschafft wirtschaftlich zu überleben, weil viele Gebäude und Anlagen deutlich länger als die Abschreibungsdauer genutzt werden und durch überschaubare Investitionssummen in Anpassungsänderungen und Reparaturen in Funktion gehalten werden. Hat die Umwelt wirklich einen Zusatznutzen, wenn Siloanlagen vorzeitig neu gebaut werden????? Wie viel Umweltbelastung entsteht durch den eigentlichen Abriss und Neubau einer Siloanlage. Es muss Kies abgebaut werden, Zement gebrannt werden, Stahl hergestellt werden und der Bauschutt verwertet werden. Ein kleines Gedankenspiel: Eine Siloanlage wird zweimal innerhalb von 50 Jahren neu gebaut oder nur einmal. Wie viel zusätzliche jährliche Umweltbelastung darf die alte Siloanlage ab Jahr 26 bis zum 50. Jahr verursachen, um nicht schlechter in der Gesamtumweltbilanz dazustehen. Diese Überlegung sollte in die Vor-Ortbeurteilung mit einbezogen werden. Mit kleinen baulichen Änderungen lassen sich meist schon die gröbsten Probleme beseitigen, aber halt nicht zu 100% wie beim Neubau. Tritt kein Sickersaft aus der Silage aus, wird bei der Entnahme sauber gearbeitet und die Anschnittfläche vor Regen geschützt, so halte ich persönlich Feldmieten auch weiterhin für tolerierbar. Nutze übrigens selber alte Fahrsilos aus Rindviehzeiten zur CCM Lagerung. Ein Neubau würde sich nicht rechnen. Die Alternative wäre die Stillegung der Fahrsilos, der Verkauf als Körnermais incl. zusätzlichen CO2-Immisionen für die Trocknung und der Bezug von Fertigfutter anstatt Ergänzer.

  5. bauerhans sagt

    war denn nicht diese JGS-verordnung von der regierung LASCHET in NRW ausser kraft gesetzt worden?
    ich musste jedenfalls meinen monolithbeton-güllebehälter nicht bis ende 2017 zur überprüfung melden.

  6. Das geht doch schon mit dem Jauchefass los, ich habe eine wenn auch kleine Strafe bekommen, weil ich mit einem Prallteller nach oben meine Jauche ausgefahren habe (wer weiß wer mich angeschissen hat).
    Der Umbau auf Prallteller von oben ist ja noch bezahlbar aber auch nur noch bis 2020 gültig, also habe ich einen Lohnunternehmer bestellt der aber mit dem 19 m3 Fass garnicht über all hin kommt und mit dem Gestänge noch unflexibeler wird.
    Also wird die Jauche nur noch Theoretisch auf einer Fläche verteilt und Praktisch nur da wo man hin kommt ohne all zuviel zu rangieren…
    Schönen Feiertag noch und mit freundlichen Grüßen Klaus Weber

  7. Jobst sagt

    Das ist der Deutsche Weg um die NEC Vorgaben für 2030 zu erfüllen. Anstatt diese Ziele durch Förderprogramme in Kooperation mit den Landwirten zu erreichen wird auf die viehhaltenden Betriebe Druck ausgeübt, mit dem Ziel die Viehhaltung in Deutschland massiv zu reduzieren. Und das wird bis 2030 auch passieren. Auch wenn wir das nicht wahrhaben wollen und kein Politiker das offen sagen wird.

    • Hartmut Keller sagt

      So wird ja schon länger mit den Schweinehaltern vorgegangen. Keine Toleranz bei den Spaltenweiten war auch die deutsche Vorgehensweise bei einer EU Verordnung. Hat für die Tiere nichts gebracht, aber leere Taschen und kaputte Rücken bei den Bauern und klingelnde Kassen bei der Betonindustrie. Jetzt lässt man uns hängen bei den Kastenständen und mit der Kastration. Das hat schon alles System.

  8. Heike sagt

    Bauer Willi…da fehlt ein NICHT in meinem Artikel …es soll heißen ..

    …Und damit NICHT im Sinne der Natur.“
    Kannst du das bitte ändern ?

  9. sonnenblume sagt

    Diese Verordnung ist schon seit Anfang 2017 in Kraft und somit doch schon lange bekannt. Offensichtlich wird sie in Umfang und Tragweite erst jetzt von den meisten Landwirten wahrgenommen. Die Pläne für Neubauten, bzw. Reparaturen müssen ebenfalls von sachkundigen Büros und Gutachtern erstellt werden, genau wie die Durchführung der Baumaßnahme. An der Regelung der AwSV wird man wohl keine Veränderung mehr vornehmen, weil sie der Umsetzung von EU Richtlinien für wassergefährdende Stoffe aus der Landwirtschaft dient. Auf eine kulante Auslegung gegenüber alten gewachsenen Betrieben kann man nicht rechnen. Die Verhältnismäßigkeit in der Bewertung und der Behebung der Mängel liegt auch wohl sehr oft in keinem Verhältnis. Diese Erfahrungen haben sich in unserer Gegend schon gezeigt. Hier sind nur neue Anlagen auf der sicheren Seite. Diese Verordnung ist ja nur ein Baustein in Umbau und Reduzierung der Landwirtschaft in Deutschland.

    • Wilfried Furchert sagt

      Der letzte Satz trifft es. Der Umfang der Tierproduktion soll in Deutschland drastisch reduziert werden. Auch die Düngeverordnung steht dafür. Was die Umsetzung von EU-Richtlinien anbelangt, gibt es Mitgliedsstaaten, die das längst nicht so verbissen sehen. Und da werden wohl auch in Zukunft Fleisch- und Milchprodukte her kommen.

    • sonnenblume sagt

      Noch ein Satz zu diesem Thema in Bezug auf den WLV. In der Fachpresse hat der Verband sich damals dahingehend geäußert, dass man auf eine wohlwollende und kulante Überprüfung bei Altbeständen setzt. Das dieser Gedanke eine absolute Fehleinschätzung werden würde, hätte man schon damals wissen können. So konnte man sich aber die Arbeit ersparen auf diese Verordnung zu reagieren, bzw. den Vorwurf nicht schon im Vorfeld auf die Gestaltung Einfluss genommen zu haben.

  10. Heike sagt

    Wie immer…nicht zu Ende gedacht!
    Wie soviele Entscheidungen die letzten Jahre!
    Zuckerrüben …ade…
    Raps….ade…..
    Willkommen Mais( wenn er denn in die Fruchtfolge passt….

    Gestern noch einen Artikel gelesen das uns auf Dauer genfreies Futter fehlen wir …
    warten wir es ab

    Der Kunde ist König …in dem Fall der Verbraucher bei den Politikern …
    Verbraucher oder besser gesagt eine kleine zusammengeraffte Organisation ( egal welche) und die Politik handelt…aber nicht im Sinne der Landwirtschaft und damit nicht im Sinne für die Natur

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