Bauer Willi
Kommentare 48

Gelungener Naturschutz – das „Holländische Modell“

Das holländische Vorgehen im Naturschutz in Agrarlandschaften finde ich beispielgebend! Warum wird es in Deutschland nicht übernommen? Hier wird es vorgestellt: ein Gastbeitrag von Dr. Jan Freese und Susanne Schniete, Deutsche Vernetzungsstelle Ländliche Räume (DVS) in der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung

 Wie es in Deutschland läuft

Die verschiedenen Agrarumwelt-, Kulturlandschafts- und Vertragsnaturschutzprogramme (AUKM) der Bundesländer sind das Kerninstrument des Umweltschutzes der Agrarlandschaft in Deutschland mit einem jährlichen Budget von etwa 900 Millionen Euro. Landwirte können daraus vielfältige Maßnahmen freiwillig umsetzen und werden für ihre zusätzlichen Aufwendungen und ihr entgangenes Einkommen mit einer Prämie entschädigt. Die angebotenen Umwelt- und Naturschutzmaßnahmen verfolgen Gewässer-, Klima-, Luft-, Boden, Erosions-, Arten- oder Biodiversitätsziele, oft auch gleichzeitig und multifunktional extensivierend. Dennoch konnten negative Umwelttrends in unserer Agrarlandschaft bislang kaum aufgehalten werden. Wie kann der Unzufriedenheit mit dem deutschen Agrarumweltmodell begegnet werden?

Kooperatives System in den Niederlanden

Wie in Deutschland, wurde die Umsetzung von freiwilligen Agrarumweltmaßnahmen in den Niederlanden bis 2016 den einzelnen Landwirten überlassen. Weil diese Maßnahmen kaum positive Effekte für die Biodiversität zeigten und mit einem großen bürokratischen Aufwand verbunden waren, haben die Niederlande ihr System grundlegend geändert: 40 sogenannte „Collective“ verwalten und koordinieren inzwischen flächendeckend den regionalen Agrarumweltschutz. Getragen von den Landwirten und in enger Kooperation mit Naturschutz und Verwaltung liegen Maßnahmenplanung, Beratung, Umsetzung und Begleitung in einer Hand. Anhand von Zielarten entwickeln Collective und Naturschutzverwaltung regionale Konzepte und wählen Maßnahmen aus, die das Potenzial haben, die jeweiligen Arten zu fördern. Kiebitze beispielsweise brüten nur in feuchten Wiesen. Damit diese Art eine Zukunft in der Agrarlandschaft hat, braucht es Landwirte, die Feuchtgrünland erhalten, nötigenfalls Wasser auf die Fläche pumpen und Mahd und Beweidung an die Brutzeiten der Vögel anpassen. Landwirte, die Teil eines Collectives sind, und die Maßnahmen umsetzen, erhalten neben der Agrarumweltprämie aus der 2.Säule Beratung durch die Spezialisten des Collectives. Die Experten nehmen den Landwirten ebenfalls die EU-gerechte Dokumentation und bürokratische Abwicklung ab.

Vor- und Nachteile

Es lohnt sich, sich mit dem Niederländischen System zu beschäftigen. Alleine die Dynamik, die entstanden ist, weil die Landwirte selbstverantwortliche Ziele verfolgen, die Maßnahmen planen, das mit den Behörden abstimmen und dafür ein Budget haben und darüber berichten, wirkt sehr ansteckend.

Andererseits können in den Niederlanden durch die Konzentration auf oft anspruchsvolle und damit teurere Biodiversitätsmaßnahmen deutlich weniger Landwirte an Agrarumweltmaßnahmen teilnehmen als vor 2016. Begründen lässt sich die Konzentration auf die gemeinschaftliche Bewältigung des Biodiversitäts-, Natur- und Artenschutzes damit, dass dies meist nur überbetrieblich in der Region gelingen kann. Insbesondere Tiere haben Ansprüche an die Landschaft insgesamt, nicht an die Flächen eines einzelnen Betriebs. Ein einzelner Betrieb kann kaum sicherstellen, dass die Tiere Brutplätze, Verstecke und Winterquartiere sowie Nahrung im Jahresverlauf finden. Daher ist eine regionale Zusammenarbeit sowohl für die Natur, als auch für die engagierten Betriebe von Vorteil.

Ein weiterer Vorteil für teilnehmende Betriebe und die Verwaltung ist, dass viele Fehler vermieden werden, das Sanktionsrisiko sinkt und die Maßnahmenflexibilität steigt. Dies gelingt, weil das Collective Vertragspartner der Verwaltung ist und zwischen Collective und Landwirten private Vereinbarungen innerhalb eines Vereines getroffen werden. Zudem kann das Collective, beispielsweise durch Anlage von mehr Maßnahmen als vereinbart, Sanktionen verhindern, falls einzelne Flächen nicht anerkannt werden oder dort Fehler passieren. Strategisch kann so die Landwirtschaft vom Getriebenen in Fragen des Umwelt- und Naturschutzes zu einem zentralen Akteur werden und dabei eigene Agrarumweltkompetenz aufbauen. Der Preis dafür ist eine Verantwortungsübernahme, die auch Haftungsfragen betrifft.

Aus den Niederlanden wird berichtet, dass es Landwirten sehr viel leichter fällt, Umweltschutzmaßnahmen für Ihre Kooperation zu erbringen, als für eine staatliche Institution. Die landwirtschaftsnahen Mitarbeiter der Kooperation können Landwirte besser ansprechen und selbst Fehler und Sanktionen sind innerhalb der Kooperation leichter einvernehmlich zu lösen.

Die Kosten für Verwaltung, Geschäftsführung und Beratung der Collective werden über Transaktionskosten gedeckt, die über die Agrarumweltmaßnahmen mitbeantragt werden und etwa 15 Prozent des Agrarumweltbudgets entsprechen.

 

Zusammenarbeit in Deutschland

Angeregt von der Niederländischen Reform gibt es auch in Deutschland eine Diskussion über Zusammenarbeit im Agrarumweltbereich.  Verantwortliche in den Bundesländern prüfen, wo kooperative Maßnahmen Verwaltung vereinfachen und Ergebnisse verbessern können. So erprobt ein Pilotprojekt in Sachsen-Anhalt ein kooperatives Modell in der Börderegion, indem die Kulturlandstiftung die Rolle des Collectivs übernimmt.  In anderen Regionen Deutschlands ist es das Ziel „kleine“ Agrarumweltmaßnahmen, wie den Hamster- oder Greifvogelschutz, über die Zusammenarbeit der Landwirte zu bündeln und so wirksamer zu gestalten. Der Wiesenvogelschutz, bei dem einzelne Gelege von Freiwilligen markiert und die Nicht-Mahd entschädigt wird, wird schon in den lokalen Aktionen in Schleswig-Holstein und im Stadtgebiet Bremen kooperativ umgesetzt. In Hessen wird die Zusammenarbeit für die Agrarumwelt in HALM-A-Projekten gefördert. Dabei finden sich Landwirte zusammen, um die Ausbreitung der Herbstzeitlosen auf ihrem Extensivgrünland zu verhindern, es gibt ein Netzwerk zur Biodiversitätsberatung der Schäfereibetriebe in der Wetterau oder ein regionales Umwelt- und Biodiversitäts-Konzept wird von einer Gemeinschaft von Landwirtschaftsbetrieben verwirklicht (AUBI-Projekt). In Niedersachsen werden regionale Kooperationsprojekte mit der Förderrichtlinie Landschaftspflege und Gebietsmanagement und in Brandenburg im Rahmen der Förderung Zusammenarbeit für eine markt- und standort-angepasste Landbewirtschaftung gefördert. Darunter beispielsweise die landkreisweite Beratung und Qualifizierung von Landwirten zu Agrarumweltmaßnahmen oder die Förderung von Streuobstwiesen. Gute und langjährige Erfahrungen haben Trinkwasserschutzkooperationen in Deutschland gesammelt: dort arbeiten Trinkwasserversorger eng mit Landwirten aus ihren Einzugsgebieten zusammen, um schädliche Nährstoffeinträge in das Grundwasser durch angepasste Bewirtschaftung zu minimieren. Deutlich wird, dass die Vielfalt an möglichen Trägern von Kooperationen in Deutschland sehr viel größer und weniger erfahren ist, als in den Niederlanden. Dort verfolgen landwirtschaftliche Naturvereine seit über 20 Jahren Innovationskultur und die Idee von Gemeinschaftsanträgen für den Agrarumweltschutz.

Gemeinsam mehr Naturschutz umsetzen

Die vielen Beispiele zeigen, dass es sich lohnt, Naturschutz regional und gemeinsam mit Landwirten umzusetzen. Wenn eine gemeinsame Strategie verfolgt wird, kann die Natur auf größeren Flächen wirksamer geschützt werden. Förderung muss bei wachsendem personellen Aufwand, der für Flächenmanagement und Beratung benötigt wird, unterstützen. Gleichzeitig steigt auch der Bedarf, klassische Maßnahmen wie Flächenförderung, Investitionen, Beratung und Managementleistungen regional aufeinander abzustimmen, fachlich zu beraten und zu begleiten.

Im Sommer 2020 wurde in den verantwortlichen Gremien Deutschlands ausführlich über das Niederländische Modell diskutiert und ihre Einschätzung in einem Bericht niedergelegt. Ob die Verwaltungen der Länder in Deutschland am Ende das System der Niederländer kopieren, erschein fraglich. Dafür wäre es notwendig vor Beginn der neuen EU-Förderphase, voraussichtlich 2023, ein völlig neues System der Agrarumwelt-Verwaltung aufzubauen. Dies würde die Übergangsphase und die geplante Verzahnung mit der 1. Säule und den sogenannten Ökoregelungen weiter erschweren. Darüber hinaus erscheint es in Deutschland nicht kurzfristig konsensfähig, alle Agrarumwelt Bestrebungen ausschließlich an Biodiversitätszielen auszurichten. Unstrittig ist aber, dass das Beispiel der Kooperationen in den Niederlanden die Diskussion in Deutschland angeregt hat. Diese Diskussion hat die Erkenntnis gestärkt, dass das Management der Kulturlandschaft gemeinsam und abgestimmt erfolgen muss und das dies sicher nicht auf Dauer von Projekten geschehen kann, sondern regionale und dauerhafte Strukturen nötig sind – und das die Landwirte dabei eine zentrale Rolle spielen müssen.

 von Dr. Jan Freese und Susanne Schniete

Deutsche Vernetzungsstelle Ländliche Räume (DVS)

in der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung

Deichmanns Aue 29

53179 Bonn

Susanne.Schniete@ble.de

Telefon: +49 (0)228 6845-2675

www.netzwerk-laendlicher-raum.de

 

Die Zusammenarbeit eines niederländischen Collectiv im Filmformat:

https://www.youtube.com/watch?v=jB9uuBhsflQ&list=PLChlVD_v4_lvDMv-ydx2RIZlfqeu4OfT-&index=9

Und hier noch eine Fülle von Fragen und die Antworten dazu:

FAQ-Niederlandisches-Modell

Gastbeiträge geben die Meinung der Autoren wieder

(Aufrufe 4.265 gesamt, 1 heute)

48 Kommentare

  1. Arnold Krämer sagt

    In Zeiten des Genderismus ist es doch notwendig, die Ehefrauen der Landwirte auch zu selbständigen Unternehmern (Entschuldigung Unternehmerinnen) zu machen.
    Die Förderung ist doch absolute Nebensache und völlig zu vernachlässigen.

    • Die sind doch Mitunternehmerinnen,
      nicht nur weil sie im Betrieb mitarbeiten, sondern auch sein Schicksal massgeblich mit beeinflussen!
      Früher war das jedenfalls so,
      heutzutage haben sie oft andere Berufe, den sie oft auch ausüben und vom Fachwissen der Landwirtschaft wenig Ahnung.

      • Reinhard Seevers sagt

        Inga, es ist heute üblich, dass die Ehefrauen/Kinder aus unternehmerischer Sicht einen Betriebsteil bzw. ganzen Betrieb neu gründen oder übernehmen……das Steuerrecht, das Immissionschutzrecht, die Förderpolitik etc. führen dazu, dass solche Konstrukte notwendig und sinnvoll werden.

        • Jedenfalls sind sie dann Unternehmerrinnen!

          Das war schon immer so, sie wirken im Betrieb mit und lenken seine Ziele!

          Egal auf welche Art.

          Die mußten schon immer mithelfen, nicht nur mit starker körperlicher und schmutziger Arbeit! (Worüber sich die Städter den Neid weglachten!), sondern auch innerbetreibliche Entschiedungen treffen und tragen!

          Frag mal Bauer Willi, wer mehr Einfluß in seinem Betrieb hatte,
          seine Mutter (die alle Arbeiten konnte, von Kühe mit Hand und Maschine melken, Arbeiten und Sorge um Schweine- und Hühnerstall . Garten mit Blumen und Gemüse, Schlachten Haltbarmachen, Lagerhaltung!

          Aus eigenen Erzegnissen das ganze Jahr kochen und backen,
          Besuch aus der Stadt erfeuen und bewirten.

          Und so jemnd soll nicht Entscheidungen im Betrieb treffen dürfen?

          Natürlich geht es heutzutage auch weiter mit Steuer- und andere Rechte und Pflichten umgehen zu können!

          Jede Zeit ist anders.
          Wieviel Fauen haben den Betrieb durch den Krieg geleitet.

          • Reinhard Seevers sagt

            Inga, du musst mir nicht das Leben in einer Bauernfamilie erklären ….wir saßen zu 9. am Tisch und Omas und Mutter hielten den Laden am Laufen…

            • Entschuldigung bitte,
              aber ich habe es doch nur in den „falschen Hals“ bekommen und daran gedacht, dass mir „weissgemacht“ werden sollte,
              dass der Gernterismus endlich den Bauersfrauen ermöglicht, was andere Unternehmensgattinen schon längst haben.
              Deswegen bin ich mit Begründungen so aufebraust!

      • Arnold Krämer sagt

        In einem Rechtsstaat zählt das Formale.
        Ansonsten haben Sie Recht.
        Wohl dem Landwirt, der als Familienunternehmer einen guten „Sparringspartner“ in der Familie hat. Mit das Schlimmste für Landwirte ist „berufliche Einsamkeit“.

        • Erstmal das!
          Und wenn dann noch die restlchen Famileinmitglieder (Geschwister, Eltern) drin sitzen und Kaffee trinken, weil sie nicht mehr mit auf Feld brauchen, wegen den großen Maschinen,
          aber dann für ihn überlegen und Vorschiften machen und das Geld, dass er mit den Großen Maschinen verdient umverteilen!

          Vor den Handyzeiten war ein Bauer sehr alleine auf weiter Flur, wenn er tagelang in weiter Ferne und Einsamkeit pflügte oder andere Arbeiten mit der Maschine verrichtete ,
          wenn da was passeirt wäre….

          nicht auszudenken.

    • Ehemaliger Landwirt sagt

      Meine Frau hat auch einen eigenen Betrieb, damit sie eine Abfindungsbrennerei betreiben kann.
      In ihrem Betrieb bin ich Geschäftsführer, Arbeiter und Erntehelfer in Personalunion.
      Und dies ohne einen Mindestlohn.
      Nicht einmal der Heil hilft mir den Mindestlohn durchzusetzen.😒 😉

      • Reinhard Seevers sagt

        Hauptsache Unterbringung und Nahrungsversorgung stimmen! Nicht dass präkere Arbeitsbedingungen herrschen, sonst kommt noch die Genußmittelgewerkschaft!!!

      • Wieviel ha hat sie wieder mit in die Ehe gebracht, Ehemaliger?

        🙂

        Schon allein das berechtigt sie ein Chef zu sein!

        Eine Bauersfrau hat den Genderismus nicht nötigt, sie muß ihren Mann selber stehen!
        Es gibt genügend, die den Ehemann ausserländwirtschaftlich noch ein Einkommen generieren lassen!
        .-)

        • Ehemaliger Landwirt sagt

          „Wieviel ha hat sie wieder mit in die Ehe gebracht, Ehemaliger?“

          0 m³ 😢

          Aber sie hatte andere Vorzüge. 😜

  2. bauerhans sagt

    die niederländer hatten nach 1945 den genossenschaftsgedanken der nationalsozialisten zu 100% übernommen.

  3. werner locher sagt

    Meine persönliche Erfahrung ist die: Wenn wir auf unserem Hof Projekte gemeinsam mit dem örtlichen Naturschutzverein umsetzen, so bringen diese den erwarteten Erfolg. Die Staatsgelder, welche wir für das Einhalten von Massnahmen bekommen sind hingegen sehr ineffizient. Wir bekommen z.B Beiträge für „Lerchenfenster“ im Getreide, auch wenn es seit 40 Jahren in der Region keine Feldlerchen mehr hat. Es wäre doch zielführender , die Lerche dort zu fördern, wo sie noch vorhanden ist.

    • Oder vielleicht kommt sie wieder zurück, wenn die Voraussetzungen dafür wieder geschaffen sind!?!

      Das machen auch andere verschwundene Pflanzen und Tiere aus der jeweiligen Umwelt, bzw. Ökonische.

    • Bauer Willi sagt

      Ich hatte die exakt gleichen Erfahrungen mit unserer Biologischen Station und dem Feldhamster. Den örtlichen Naturschutzverein kenne ich nicht und der hat sich auch noch nicht bei mir gemeldet.

  4. „Wie das in der neuen Förderperiode der EU aussieht, muss man abwarten.“ Aktiv mitgestalten wäre besser!

    • Arnold Krämer sagt

      @Mark, da Sie mich zitieren, hier meine Antwort.
      Mein Ansatz ist radikal, trage ihn aber da, wo es passt und hingehört in aller Bescheidenheit vor.
      EU-Förderung für Fläche nur da, wo die Landwirte wenig Produktionsalternativen haben, also für absolutes Grünland und zusätzlich da, wo man dann den mechanisch-technischen Fortschritt nicht voll nutzen kann, also im Bergland.
      Meine Einflussmöglichkeiten sind aber nach meiner Pensionierung auf einem schon äußerst niedrigen Niveau noch einmal geringer geworden.

      • @A.Krämer
        Ich habe Sie nur dahingehend zitiert, weil ich denke, das abwarten hier der falsche Ansatz ist. Schlimmes schon im Vorfeld verhindern wäre m. E. der erfolgreichere Ansatz.
        Ihren Ansatz zur EU-Förderung kann ich voll unterstützen. Allerdings können subventionsbefreite EU-Landwirte auf dem Weltmarkt nicht mit hochsubventonierten US-Landwirten konkurrieren, auch nicht mit solchen aus Kanada, Japan, Norwegen etc.pp. Der freie Wettbewerb (Stichwort Mercosur) funktioniert auch nicht gegenüber vollkommen auflagenbefreite Staaten wie Brasilien, Argeninien ect. Da müssten flankierende Massnahmen getroffen werden.

        • Thomas Apfel sagt

          Hallo Mark,
          Also Markt dicht machen, oder eben Einkommensstützung über Subventionen ?
          Oder an welche flankierenden Maßnahmen hasst Du da gedacht ? Irgendwie beißt sich nach einer Weile immer wieder die Katze in den Schwanz.

          • Arnold Krämer sagt

            1. Für viele Märkte können die EU-Landwirte nicht zu Weltmarktpreisen produzieren a) aus strukturellen Gründen und b) wegen weitergehender kostenträchtiger Produktionsvorschriften.
            2. Deshalb gab und gibt es nach wie vor einen Außenschutz bei vielen Erzeugnissen
            3. Je mehr aber die EU den Weltmarkt beliefern muss oder beliefern will (Schweinefleisch, Milch, Getreide u.a.) muss sie Zugeständnisse beim Außenschutz machen.
            4. Die Verarbeitungsunternehmen haben sicherlich ein Interesse, Drittlandsmärkte zu bedienen, weil die entsprechenden Kapazitäten da sind, teil- und zeitweise (aber auch nicht immer) hohe Gewinne zu erwirtschaften sind (z.B. Export Schweinefleisch China). Der Weltmarkt kann sowohl der lukrativste Absatzmarkt sein wie auch nur der „Resteverwertung“ dienen.
            5. Die Verabeitungsunternehmen können immer das Ventil der Rohstoffkosten (Einkauf) nutzen, solange gleichzeitig ein unelastisches Angebot der Landwirte da ist.
            6. Der permanente Preisdruck bei Agrarrohstoffen (immer unterbrochen durch günstige Phasen bedingt durch relative Knappheiten auf den Weltmärkten) wird seit einiger Zeit verstärkt durch stark kostentreibende Vorschriften für die Landwirtschaft, die durch Effizienzsteigerungen nur in einzelnen Betrieben unter besonderen Bedingungen aufgefangen werden können.
            7. Der Preis für einen höheren Außenschutz wäre in jedem Fall die deutliche Reduzierung der Angebotsmenge landw. Agrarohstoffe. Die Selbstversorgungsgrade müssten Richtung 100 % und darunter schrumpfen. Eine Überlebensgarantie für kleinere Betriebe mit suboptimalen Strukturen und geringer Effizienz gäbe das aber auch nicht, weil innerhalb der EU auch weiterhin nur Wettbewerbspreise zu erzielen wären.
            9. Es bleibt das Problem: Einkommenstützung duch Subventionen für wen, für was, in welcher Höhe? Dass dabei die Politik gerechter handelt als der Markt, ist eine weitverbreitete Annahme, jedoch weitgehend ein Irrtum.

            • Reinhard Seevers sagt

              Ich finde den SVG als Beurteilungsmaßstab problematisch. Wenn wir den z.B. bei Getreide ansetzen, dann fehlt uns Hartweizen und Braugerste….Brot kann der Deutsche nicht mehr schaffen simd bereits 65kg, Futtergetreide wird demnächst verboten, weil man kein Tier mehr essen soll, also, was soll dann den SVG bestimmen? Bananen oder Kaffee?

              • Arnold Krämer sagt

                ich hatte geschrieben ….. Richtung …..
                Außerdem weiß ich auch, dass sich hinter Getreide, Kartoffeln, Obst unterschiedliche Produktgruppen und Marktsegmente verbergen, für die es nicht einmal 1 % SVG in der EU gibt: Beispiele: Weintrauben zu Ostern, Frühkartoffeln im März, Bananen (mit Ausnahme spanischer Kolonien)

          • Hallo Thomas,
            genau so ist es. So charmant der Vorschlag von A.Krämer auch ist, es ist halt nicht so einfach. Unser Kernproblem liegt doch darin, dass unsere Produkte weltweit vollkommen austauschbar sind. Es ist völlig egal, ob der Gala- Apfel aus Südtirol, Neuseeland oder Brandenburg kommt. Für Milch, Fleisch, Weizen, Raps….. gilt genau das Gleiche. Mal abgesehen von den unterschiedlichen natürlichen Standortbedingungen sind es eben die unterschiedlichen administrativen Standortbedingungen, die den absolut freien Markt am Ende des Tages ad absurdum führen.

            • Reinhard Seevers sagt

              Wenn es eine CO-2 Bepreisung geben wird, dann wird alles nochmal neu gemischt werden. Dann werden Importe nach Deutschland und Exporte aus Deutschland teurer und damit ändert sich noch einmal das Erzeugungsportfolio.

              • Arnold Krämer sagt

                Die Karten für viele Landwirte werden auch neu gemischt mit der Änderung der Vorschriften zur Umsatzsteuerpauschalierung im kommenden Jahr. Das ist nicht ohne.

                • Reinhard Seevers sagt

                  ….vielleicht können ja wenigstens die 10 Jahre Rückwirkung rausverhandelt werden, dann könnte es für die meisten glimpflich abgehen….

                • „Die Karten für viele Landwirte werden auch neu gemischt mit der Änderung der Vorschriften zur Umsatzsteuerpauschalierung im kommenden Jahr. Das ist nicht ohne. “ Richtig! Und wenn dann noch die Stoffstrombilanz aus der Buchführung (Forerung von Taube) gezogen werden soll, dann setzt es dem Ganzen die Krone auf!

                • Reinhard Seevers sagt

                  ….und die Änderung der VVVO ist ein zusätzliches Desaster…

                  1
                • Arnold Krämer sagt

                  R.S.
                  eigene Reg-Nr. für jeden Standort der Viehhaltung, das haben wir in Niedersachsen aber schon viele Jahre.

  5. Friedrich sagt

    Der Unterschied liegt darin , daß die Niederländer alles einfach und effizient machen , während bei uns erst einmal eine riesige Verwaltung aufgebaut wird und dann von oben nach unten alles bürokratisiert ist. Diese Bürokraten tragen natürlich das Gesetzbuch und die entsprechenden Paragrapfen immer vor sich her , weil ja jede Stufe der Verwaltungsbürokratie seine Daseinsberechtigung haben will. So vergeuden wir Million für Million in der Bürokratie und die Leute vor Ort bekommen fast nichts mehr ab. Also ein Arbeitbeschaffungsprogramm für hochstudierte , sonst arbeitlose Akademiker. So z. B . der NABU-Mann in Niedersachsen sitzt in der Verwaltung in einem Landkreis und führt gleichzeitig das Volksbegehren gegen den „Niedersächsischen Weg“ an. Ob der das alles in seiner Freizeit macht ? oder ob da nicht der Landkreis die Zentrale des Widerstandes ist ?
    So ist Politik und Verwaltung mit einander vereint. Ob sich das mit dem Grundgesetz und dem Verwaltungsauftrag rechtfertigen läßt ? Bisher gehen rd. 300 Mill. Euro über das Amt für polit. Weiterbildung zu den NGOs und das soll noch mehr werden.

  6. In den letzten 3 Jahrzehnten hat sich die Umweltverträglichkeit und Biodiversität durch eine Vielzahl von Massnahmen in der Landbewirtschaftung erheblich verbessert. Nach dem vor 3 Jahrzehnten die Welt nicht untergegangen ist und sich in der Zwischenzeit vieles verbessert hat, sollte man meinen jetzt haben wir eine Stand erreichen, der Nachhaltig ist und den es zu halten gilt. Wenn dem so ist, dann wären tatsächlich Herrscharen von Ökoakademikern, Ökobürokraten, Ökolobbyisten und Ökoaktivisten weitestgehend überflüssig. Genau dies ist der Grund, warum o.G. Gruppen in symbiotischer Einigkeit permannent Weltuntergangsszenarien verbreiten und daraus dringenden Handlungbedarf und am Ende eben auch ihre eigene Daseinsberechtigung begründen. Das oben genannte Modell ist doch nichts anderes, als die Schaffung einer neuen Arbeitsebene, bei der ansich überflüssige Ökokraten einen Bullshitjob übernehmen können, diesmal bezahlt aus dem Topf der Agrarpolitik (15% der Massnahmen für die Verwaltung der Kollektiven!!!!!). All die „Fakten“, die oben angeführt werden, um so einen „Murks“ zu begründen, sind im Grunde frei erfinden und bringen der Sache, um die es angeblich geht gar nichts. Ob der Landwirt der Überwachung der staatlichen Stellen steht oder jener der „collektiven Blockwarte“, ist wie der Schritt vom Regen unter die Traufe.

    • Mark schrieb:
      „Das oben genannte Modell ist doch nichts anderes, als die Schaffung einer neuen Arbeitsebene, bei der ansich überflüssige Ökokraten einen Bullshitjob übernehmen können, diesmal bezahlt aus dem Topf der Agrarpolitik “
      Ich muss gestehen, das war auch mein erster Eindruck. Möglicherweise ist das falsch, aber wirklich Klick hat es bei mir nicht gemacht.

      Ich meine , dass Arnold Krämer vor kurzem etwas sehr Richtiges/Wichtiges geschrieben hat. Jetzt nur sinngemäß und vielleicht etwas pointierter von mir wiedergegeben: Ist es ethisch /moralisch/ wirtschaftlich überhaupt zu verantworten, wenn wir uns hier in einem Gunstgebiet eher um die Befindlichkeiten von Insekten kümmern anstatt den Focus darauf zu legen, wie die Nahrungsmittelproduktion noch „besser“ – bewusst so formuliert, weil es da viele Ansätze gibt- zu machen. ?

      • firedragon sagt

        Lady, meine Meinung: nein, es ist nicht zu verantworten begünstigte Gebiete lahmzulegen und zu riskieren, dass die tatsächlich klimawichtigen Urwaldregionen mehr und mehr verschwinden… aber wie man fast täglich feststellen kann, wissen es alle besser, tja, ich mit Meinung vielleicht auch…

  7. Arnold Krämer sagt

    Einer Übernahme des Modells steht in D das obrigkeitsstaatliche Denken und das wechselseitige Misstrauen entgegen.
    In D lässt man die Mitarbeiter der Förder-und Kontrollstellen lieber Luftbilder von 2014 und 2017 vergleichen und löst bei Abweichungen von rund 100 qm in der Antragsfläche einen Verwaltungsakt aus mit der Folge von mehrjährigen Rückforderungen. Das nenne ich Verwaltungsonanie, ist aber einfacher zu organisieren als Förderprogramme nach dem niederländischen Modell.

    • Reinhard Seevers sagt

      „Einer Übernahme des Modells steht in D das obrigkeitsstaatliche Denken und das wechselseitige Misstrauen entgegen.“

      Das ist der Kern des Deutschen Problems. Niederländischem Pragmatismus steht Deutscher Moralismus gegenüber!

    • Ehemaliger Landwirt sagt

      „In D lässt man die Mitarbeiter der Förder-und Kontrollstellen lieber Luftbilder von 2014 und 2017 vergleichen und löst bei Abweichungen von rund 100 qm in der Antragsfläche einen Verwaltungsakt aus mit der Folge von mehrjährigen Rückforderungen. “

      100 qm?
      Das ist eine Riesenfläche.
      Bei uns hat sich ein Landwirt erdreist, einem Kanaldeckel eines Abwasserschachtes, der sich auf seinen Acker befand, nicht herauszurechen.
      Der Landwirt rief einen Bekannten an, der zufällig der Abteilungsleiter des RP war, an.
      Der hat diesen Unsinn gestoppt. weil er der Meinung war, so kann es nicht gehen.

  8. Reinhard Seevers sagt

    Habe etliche Betriebe, die in mehreren Schutzgebieten gleichzeitig wirtschaften…FFH-Gebiet, Naturschutz, Landschaftsschutz, Wasserschutz, Moorschutz, Vogelschutz….da würde ich persönlich die Krise bekommen, wenn zusätzlich noch weitere freiwillige Leistungen erbracht werden sollen.

  9. Thomas Apfel sagt

    Das Problem ist die „gerechte“ Verteilung der Mittel. Dies gilt insbesondere für die angestrebte Koppelung der Flächenprämie an die Umweltleistungen. Bei genauer Analyse würden Landschaften nach dem holländischen Modell unterschiedlich bewertet werden müssen. Das hieße, Alle bekommen weniger Grundförderung, aber nur Einige bekommen Natur- und Artenschutz gefördert.
    Ich persönlich würde Pool-Lösungen bevorzugen. Die Leistungen könnten z. B. von Maschinenringen erbracht werden und allen Beteiligten in Rechnung gestellt werden. Im Gegenzug erhalten dann alle Beteiligten die Fördermittel gleichmäßig über die Fläche. Solche Kooperationen können aber nur auf freiwilliger Basis entstehen, bei uns konkret könnte ich mir das gut vorstellen. Allerdings machen die Flächenprämien bei uns auch nur 8 – 10 % der Einkommen aus.
    Der Nachteil ist, dass die Einzelbetriebe eine Rechnung bezahlen müssten für Dinge, die sie mit eigener Technik viel preiswerter hinkriegen würden. Letztlich dürfte dieses Modell dann am Widerstand der Bauern und ihrer Verbände scheitern, weil Prämien, die in der gesamten Landwirtschaft durchschnittlich 46 % der Einkommen ausmachen (aktuelle Ausgabe von AgrarHeute) eben kein „Spielgeld“ sind und eine „gerechte“ Verteilung schwierig wird. Für freiwillige Kooperationen müsste der Weg für eine geordnete Beantragung und Abrechnung allerdings in den Verwaltungsstrukturen auch erstmal geebnet werden.

    • Arnold Krämer sagt

      Es ist auch heute schon so, dass sich die Förderprogramme der Agrarumweltmassnahmen ungleich über das Land verteilen, weil nicht überall zugelassen. Das ist das eine. Das andere ist ein stark unterschiedliches Interesse regional und einzelbetrieblich. Die bisherige Förderung ist immer nur ein Nachteilsausgleich, mit viel pingeliger Dokumentation und Kontrolle verbunden und deshalb für „stramme“ Betriebe oft völlig uninteressant, weil der Zeitaufwand und das Risiko zu groß sind. Andererseits gibt es flächenstarke Betriebe, die ihre „schwachen“ Flächen gezielt über eine Betriebsteilung „auslagern“, um dort Ökoförderung und andere Sonderförderung verstärkt „abzugreifen“.
      Wie das in der neuen Förderperiode der EU aussieht, muss man abwarten.

      1
      • Ist das denn zulässig, wenn man den Betrieb nur wegen einer finanziellen Förderung umstellt(hier:Auslagerung von Flächen)?

      • Ja, danke jetzt verstehe ich!

        Dann ist es von einer Küchenfirma auch ligitim,
        jetzt bei der Coronaförderung nicht zu produzieren, wie ich gehört habe,

        denn die staatlichen Fördermaßnahmen sind höher als die Einkommen aus der Produktion in der Zeit, also müssen die Kunden auf die neue Küche bis Februar warten!

        Kann das sein?

        Verwirren die staatlichen Fördermaßnahmen nicht die wahre Leistung unserer Wirtschaft?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert