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Wilde Krankheiten…

Hier ist der Alois. In meiner Nachbarschaft, im österreichischen Vorarlberg, ist aktuell bei einem Bauernkind die Tuberkulose (TBC) festgestellt worden.

Österreich: TBC bei Bauernhofkind bestätigt – alle Rinder getötet

Als Bauer und Jäger im angrenzenden Oberallgäu kenne ich die Hintergründe dieser Tragödie, deren Ursachen einige Jahre oder sogar Jahrzehnte zurück liegen.

Das Unheil nahm seinen Lauf darin, dass der Lebensraum des Rotwildes im Winter immer mehr eingeschränkt wurde, vor allem durch touristische Nutzung mit Skigebieten. Das Wild zog sich dann in unzugängliche Schutzwälder zurück und dort wollte man es absolut nicht haben. Also versuchte man das Wildproblem in vielen Gebirgstälern mit sogenannten Wintergattern zu lösen. Das eingesperrte Rotwild machte so in den Wäldern keinen Schaden mehr und konnte sogar noch “fett” gefüttert werden. Doch durch die hohe Wilddichte in diesen Gattern stieg der Infektionsdruck mit Parasiten. Und auch der Tuberkulose-Erreger breitete sich aus. Doch das bemerkte merkte man zunächst nicht, weil so ein Hirsch in seinem Leben eigentlich nie zum Tierarzt geht.

Wie aus heiterem Himmel wurde dann im Jahre 2009 bei einem geschlachteten Rind im Oberallgäu die Tuberkulose festgestellt. Siehe: https://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/infektionskrankheiten/tuberkulose/article/563821/rindertuberkulose-allgaeu.html

Ungläubig stellte man sich die Frage, wo diese überwunden geglaubte Krankheit plötzlich herkommt? Schnell war die Alpwirtschaft mit der Weidehaltung im Fokus der Nachforschungen. Unser Veterinäramt ordnete großflächige Bestandsuntersuchungen in den Allgäuer Landkreisen an. Sehr zum Leidwesen der Bauern, denn bei den Untersuchungen wurde zunächst ein Hauttest  bei den Rindern gemacht. War dieser Schnelltest positiv, wurde der Betrieb  sofort gesperrt – und durfte dann auch so lange keine Milch mehr abliefern, bis die langwierigen Blutuntersuchungen abgeschlossen waren. Bestätigten die Bluttests der Befund, kostete das den befallenen Rinder das Leben. Vereinzelt wurden auch ganze Herden “gekeult”. Das Vorgehen des Veterinäramtes führte zu teilweise heftigen Protesten. Siehe: https://www.all-in.de/tag/tbc/2

Schließlich ermittelten die Wildbiologen den TBC-Seuchenherd in den Wintergattern im Lechtal in Österreich. Die österreichischen Behörden griffen mit drastischen Maßnahmen durch und ordneten den Totalabschuss an. Auch im Oberallgäu wurde die Rotwildbejagung deutlich verstärkt. Zudem musste auch erlegtes Rotwild jetzt auf TBC-Erreger untersucht werden. http://www.oberallgaeu.org/Rindertuberkulose_im_Oberallgaeu_die_Fakten.html

Die gemeinsamen Anstrengungen brachten langsam die Wende und in den letzten beiden Jahre gab es nur noch wenige Befunde. Doch die jetzt aktuelle Bestätigung der Tuberkolose-Erkrankung des Bauernkindes macht uns klar, wie nahe die Gefahr immer noch ist. Es macht uns vor alle auch klar, dass es in unserer Kulturlandschaft keine unberührte Natur mehr gibt. Nicht nur die Landwirtschaft bewirtschaftet die Natur, sondern auch Tourismus, Wirtschaft und Verkehr. Und die Jagd hat hier die undankbare Aufgabe zu regulieren, um Gefahren und Schäden für den Menschen zu minimieren. Ich denke dabei auch an die jetzt so intensive Bejagung des Schwarzwildes, wegen der aus dem Osten immer näher kommenden Seuchengefahr durch die  Afrikanische Schweinepest. Diese ist zwar für den Menschen nicht gefährlich, aber für die Schweinehalter in Deutschland wäre der Seuchenausbruch eine Katastrophe.

Euer Alois

 

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47 Kommentare

  1. Friedrich sagt

    @Alois. Die Tierseuchenkassenentschädigung ist eine Tropfen auf den heißen STein. Nur die Schlachtkörperentschädigung. Den Betrieben fehlen dann aber die Einnahmen für Milch oder Fleisch für mind. ein Jahr. Deshalb ist für alle Nutztierhalter zusätzlich eine Ertragsschadenversicherung angeraten , weil die , je nach Höhe und Beitrag , den Einahmeausfall abdeckt. Ich habe erst gestern für meine Schweinehaltung wegen der ASP
    (Afrikan. Schweinepest) die Schadenssumme erhöht. Das die ASP kommt ist keine Frage , sondern nur wann. Selbst die Gewerkschaften warnen und fordern eine bessere Vorsorge hier in Niedersachsen , weil die ausgerechnet haben , daß im Schadensfall hier über 10.000
    Arbeitsplätze im Vor- und Nachgelagerten Gewerbe von Arbeitslosigkeit betroffen wären.
    Der Schaden für die Bauern wird mit 1 MRD und für die Gewerbebetriebe und Arbeitnehmer mit bis zu 10 MRD. Euro kalkuliert. Leider hat die Rot/Grüne Regierung bis zur Landtagswahl nichts vorbereitet, ja man kann fast behaupten , auf die ASP gewartet. Unsere neue LW-Ministerin versucht jetzt alles wieder in Ordnung zu bringen. Leider ist der Winter aber vergangen und es wurden keine “Revierübergreifenden Drückjagden” gegen Schwarzwild unternommen, bzw. verordnet. Das Risiko steigt von Tag zu Tag.

  2. Paulus sagt

    Hallo Alois, ich wurde selbst schon mal von einer Tuberkulose heimgesucht; wahrscheinlich hatte ich mir die in Afrika eingefangen. Ich hatte noch Glück und durfte mich nach kurzer Zeit der Isolation wieder frei unter Menschen bewegen. Die geballte Ladung an Antibiotika, die ich über ein Jahr zu mir nehmen musste, dürften nach meiner Beisetzung, trivial gesagt, alle Maden des Friedhofs ins Unglück stürzen.
    Das Kind des Bauern tut mir leid. Es erfordert enorme Anstrengungen das Leben unter einem derartigen Medikamenteneinsatz annähernd wie gewohnt fortzuführen.

    Jetzt frage ich dich aber mal als Jäger: ist es sinnvoll das Rotwild vor den Kopp zu schießen, statt für einen ausgewogenen Ausgleich zwischen Wald und Wild zu sorgen? Ist es sinnvoll auch noch einen Grat auf 3.200 NN mit Skiliften erreichbar zu machen und von den Hütten sowie vom Tal aus die Landschaft ganztägig mit Schlagern zu beschallen? Wir haben das Skifahren schon vor Jahren aufgegeben, nachdem wir vor dieser elenden Beschallung nirgends mehr sicher waren. So ähnlich stellten wir uns den sogen. Ballermann auf Mallorca vor.
    Jaja, ich ahne schon was jetzt kommt.

    • Ehemaliger Landwirt sagt

      Also,
      ich war schon beim Ballermann, da war absolute Ruhe, kein Sangria aus dem Eimer. 🙂

      Es kann aber sein, dass es dort in der ersten Dezemberwoche immer ruhig ist. 😉

  3. Friedrich sagt

    Mit der Wild-TBC-Krankheit steigt nun auch wieder das Risiko für uns alle . Leider muß man hier vom Tourismuskolletoralschaden sprechen. Konsequenter Weise hätte man den Rotwildbestand auf das Restgebiet anpassen müßen . Genauso müßte man die betroffenen Rindviehbauern auch aus diesem Finanztopf entschädigen. Leider bleiben die Bauern auf ihren Kosten sitzen und brauchen dann wieder viele Jahre bis eine Rinderherde wieder aufgebaut ist. Fortschritt heist für mich immer zwei Schritte vor und einen zuück. Genauso verhält sich das mit den Schutzimpfungen bei uns Menschen . Unterlassene Impfungen bringen uns auch immer wieder alte Krankheiten zurück , obwohl man meinte diese schon besiegt zu haben.

    • Alois Wohlfahrt sagt

      Hallo Friedrich, die Rinderhalter wurden und werden von der Tierseuchenkasse entschädigt. Trotzdem ist es nicht lustig.

    • Inga sagt

      Richtig und dem muß man vorbeugen!

      Wen hatte man um Rat gebeten, als 2001 die Maul-und Klauenseuche zu bekämpfen war?

      Was hat damals die Umweltministerin in NRW Höhn gemacht?

  4. Anbei mal ein paar Texte, die das Thema etwas weitläufiger beleuchten:

    ”[…] I argue that viruses represent the ultimate genetic creators, inventing new genes in large numbers, some of which find their way into host lineages following stable viral colonization. […] I argue that it is much more likely that when host genes show similarity to viral genes, it is the viral gene that is ancestral to the host gene. […] Viruses are inherently invisible and are normally observed only as a consequence of diseases they can cause. Yet such disease states are not the most common mode of viral existence. Unapparent persistent infections are more common. It is our inability to perceive viruses, especially the silent virus, that has limited our understanding of the role they play in all of life. Only now, in the era of genomics, can we more clearly see their ubiquitous footprints in the genomes of all life. We need to expand our consciousness with respect to the vast creative potential of the viruses: It is vast, almost beyond comprehension. Viruses must now be considered as the leading edge or the points of genesis in the growth of the tree of life. As recently defined by Frank Ryan, viruses are inherently symbiotic. They add new genetic identity to their host, thus endlessly seeking to add further complexity as well as culling those host that fail to prevent competition with other genetic parasites. […] Furthermore, we know that substantial quantities of viral genetic information stably colonize host cells as prophage, so there is a well-established conduit from virus into cellular life. We can add to this calculation the vast numbers of viruses in terrestrial habitats (microorganisms, plants, animals), to get a global sense of the scale of viral creativity. This viral-mediated process of evolution is unending and continues before our eyes, if we would only acknowledge it.

    […]

    Another important biological outcome is that the now resistant HIV-1 infected African population would have acquired a new set of complex genes that regulated various aspects of cellular molecular biology and immunology. These would be the HIV-1 lentivirus genes. Such a gene set would now be available for Darwinian selection to operate on, applying the potential functions they provide to create a more fit human population. If this were to be the outcome, we would see a new species of human, marked by its newly acquired endogenous viruses, much like the differences we see between human and chimpanzee genomes. Thus viruses may well be the unseen creator that most likely did contribute to making us human.”

    Quelle: Luis P. Villarreal – Can viruses make us human ?
    http://c3.fisica.unam.mx/images/library/file/VirusesHuman.pdf

    ”It is also probable that this “virolution” is continuing today. HIV belongs to a group of retroviruses called the lentiviruses. Until recently virologists thought that lentiviruses did not endogenise, but now we know that they have entered the germ lines of rabbits and the grey mouse lemur. That suggests that HIV-1 might have the potential to enter the human germ line (Proceedings of the National Academy of Sciences, vol 104, p 6261 and vol 105, p 20362), perhaps taking our evolution in new and unexpected directions. It’s a plague to us – but it could be vital to the biology our descendants.”

    Quelle: Frank Ryan – I,Virus: Why you’re only half human
    http://www.sott.net/article/202112-I-Virus-Why-You-re-Only-Half-human

    ”Over time, assuming that the virus does not kill all of its new hosts, infections tend to become milder and the relationship may even become symbiotic. Ryan cites measles as an example of an infection that used to be fatal but has evolved to become less virulent. HIV, he predicts, may do the same.”

    Quelle: Looking for trouble
    http://scienceline.org/2007/02/bio_wenner_virusx/

    ”Ryan uses the concept of junctural zone to refer to the space in which two different species meet, which are not too dissimilar but have not had much previous contact either. This is the zone in which an aggressive symbiont might appear. HIV, Ebola, Hanta and Lassa viruses can all be seen as aggressive symbionts that have emerged in the junctural zones between humans and primates, and humans and rodents respectively. The junctural zone, one could argue, is that liminal space where difference matters. The junctural zone is thus a cruical space, a boundary or borderland, that marks the territoriality of order as distinct from that of disorder (the jungle). The junctural zone is the space of transformation, the space of warfare, indeed the space where the politics of survival can be pursued in its most aggressive form.”

    Joost van Loon – Risk and technological culture: Towards a sociology of virulence – S. 131-132

    ”Warum werden manche Menschen häufiger gestochen als andere? Am süßen Blut liegt es nicht. Stattdessen spielen die Gene eine entscheidende Rolle, zeigt ein Test mit Zwillingen.”

    http://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/muecken-stiche-gene-bestimmen-wen-muecken-stechen-a-1029994.html

    Ökologische Kontexte zuhauf – und Zyklen. Fern von ökonomischen Linearisierungen, die Kontexte aufbrechen, damit sie in wirtschaftliche Förmchen gepresst werden können.

  5. Sabine sagt

    Im UK sind es wohl überwiegend Dachse, die TBC immer wieder in Nutztierbestände schleppen. Die drolligen Marder sucht zu gerne auf Viehweiden nach seiner Lieblingsspeise, Regenwürmern, und wird seit einigen Jahren wieder verstärkt bejagt, um die Ausbreitung von TB bei Rindern einzudämmen. Das ist im tierliebenden UK nicht ganz unumstritten und wird heiß diskutiert. Gerade die Bemühungen der britischen Landwirte, das traditionelle Landschaftsbild mit vielen Hecken, kleinen Wäldern im Wechsel mit Weiden und artenreichen Heuwiesen zu erhalten, fällt ihnen in Sachen TB auf die Füße. So erhalten sie nämlich auch den idealen Lebensraum für Dachse. Auch da fällt den Jägern die undankbare Aufgabe zu, die Tiere zu reduzieren, während viele Naturschutzverbände versuchen diese Ikonen des ländlichen Britanniens zu schützen. Übrigens ausdrücklich nicht vor den bösen Landwirten, auch wenn der Badger Cull ihnen nicht gefällt, sondern vor Häuslebauern und Autofahrern. Denn die British Farmers Union, Wissenschaftler und Naturschutzverbände investieren massiv in Studien, um beide Kühe und Dachse TB-frei zu bekommen. Sicher hilft es auch, dass man dort im staatlichen Fernsehen immer wieder Landwirte vor der Kamera hat, die liebevoll ihre Kuh streicheln und darüber berichten, wie emotional aufreibend jeder TB-Test ist und wie traurig sie über den Verlust ihrer Tiere sind, wenn positive Tests vorliegen.

    • Alois Wohlfahrt sagt

      Das mit den Dachsen in UK wird hier auch diskutiert. Soweit ich weiss, sind auch schon einige erlegte Dachse auf TBC untersucht worden. Die Dachspopulation ist auch bei uns recht hoch. Jedenfalls bekommt man beim Ansitz sehr viele zu Gesicht. Bisher habe ich noch keinen erlegt. Da ist man als Jäger immer hin- und hergerissen. Weil eigentlich sind die Tierchen ja sehr nützlich. Ob sie ein Überträger von so einer “wilden Krankheit” sind, weiss man leider erst hinterher.

      • AdT sagt

        Hallo Alois, ist es nicht so, dass sich territorial verhaltende Tiere wie Dachs und Fuchs ohnehin bei der Bestandsdichte einpedeln, bei der noch eine gleichmäßige Verteilung der Territorien möglich ist? Werden die Bestände reduziert und somit die möglichen Territorien verbleibender Arten vergrößert, steigt auch die Fertilität schlagartig an. Möglicherweise mit überschießender Tendenz.

        Interessant fand ich, dass nach einer Untersuchung in Bayern die Fuchsbestände in der Großstadt 10-15 mal größer waren als auf dem Land. Das liegt sicherlich an der Ausräumung der Landschaft (push factor) und natürlich auch an dem Nahrungsangebot und der Deckung in Siedlungen (pull factor). Wenn die Jagd auf Füchse hier einen Einfluss hätte, dann wohl den, dass die Füchse zusätzlich in Siedlungen gedrängt werden, wo man sie kaum noch erwischt.

        Wie war das: Fuchsjagd zur Tollwut- und Fuchsbandwurmbekämpfung, ist das Jägerlatein?

        • Ehemaliger Landwirt sagt

          Füchse werden auf dem Land bejagt,
          in der Stadt werden sie zum Teil noch gefüttert, das ist wie bei den Wildsauen in Berlin, denen wird auch Futter hingeworfen.

          Das liegt nicht an einer Ausräumung der Landschaft, sondern wie sie schreiben, am Nahrungsangebot.

          • AdT sagt

            Nennen Sie mir einen Grund, warum es nicht an der Ausräumung liegen soll, wo eine solche besteht. Das mit der Fütterung ist wirklich weithergeholt. Ich habe noch keinen Bürger in der Stadt gesehen, die Füchse füttern. Übrigens habe ich auch noch keinen Fuchs in der Stadt gesehen außer einen toten auf der Straße. Auch nicht nachts, als ich aus der Kneipe und dem Club kam. Füchse sind nachtaktiv.

            Wohl liegt es außer an offenen Mülleimern an den zahlreichen Verstecken in Innenhöfen (schauen Sie Düsseldorf von oben mit Google Earth an, wie grün es selbst in der Kernstadt ist und welche Rückzugsräume es jenseits von Verkehrs- und sonstigen Versoegelungsflächen dort gibt, mit Vögeln einschließlich Enten und Gänsen in Parks. Die werden gefüttert und damit indirekt der Fuchs, aber doch nicht direkt von Bürgern.

            • Ehemaliger Landwirt sagt

              Seit Mitte der 1990er-Jahre werden immer häufiger Füchse in Städten, Agglomerationen und Dörfern des europäischen Kontinents beobachtet. Es handelt sich also bei Siedlungsfüchsen um eine neuere Entwicklung . Aber nicht nur im Siedlungsraum, auch in ländlichen Gebieten sind die Fuchsbestände angestiegen. Für die Schweiz rechnet man mit einer rund vierfachen Zunahme im selben Zeitraum. Diese Entwicklung hat nach dem Rückgang der Tollwut Mitte der 1980er-Jahre eingesetzt.

              Erklärungen für die Entwicklung
              Für die Eroberung des Siedlungsraums durch die Füchse sind zwei Erklärungen denkbar:

              Die erste Erklärung geht davon aus, dass der ländliche Lebensraum sein Fassungsvermögen für Füchse erreicht hat. Auf der Suche nach neuen Territorien wandern nun Jungfüchse auch in Gebiete, die vorher kaum von ihnen bewohnt wurden. Dazu gehören Siedlungsräume. Unter diesem Blickwinkel wären Siedlungsfüchse ursprünglich abgewanderte Landfüchse.

              Eine zweite Erklärung stellt die Anpassung der Füchse an die Lebensbedingungen in Siedlungsgebieten ins Zentrum. Durch die enorme Ausdehnung der Siedlungsgebiete in den letzten vierzig Jahren überlappten Wohngebiete des Menschen zunehmend den angestammten Lebensraum der Füchse. Einige Füchse aus siedlungsnahen Gebieten konnten sich an die Lebensbedingungen, wie etwa an die ständige Gegenwart von Menschen, gewöhnen. Durch die verbesserten Nahrungsgrundlagen (Komposthaufen, Abfälle etc.) in diesen Gebieten konnten sich die angepassten Füchse innerhalb der Siedlungsgebiete vermehren. So ist denkbar, dass sich Siedlungsfüchse unabhängig von den Landfüchsen entwickelt haben und eine eigenständige Population bilden.

              Echte Städter
              Welche der beiden Erklärungsmöglichkeiten trifft zu? Oder tragen gar beide Möglichkeiten zum Phänomen der Siedlungsfüchse bei? Genetische Untersuchungen von Stadtfüchsen im Rahmen des Integrierten Fuchsprojektes in der Stadt Zürich weisen darauf hin, dass die Stadtfüchse von Zürich auf einige wenige Gründertiere zurückgehen und wenig Austausch mit den Landfüchsen der Umgebung besteht. Die Siedlungsfüchse sind ebenso Rotfüchse wie die Landfüchse, sie unterscheiden sich jedoch im Verhalten zum Teil beträchtlich von ihren ländlichen Nachbarn.
              Quelle: Fuchsratgeber ch

            • AdT sagt

              Was für ein Erklärungsniveau. Dass die einzelnen Füchse in der Großstadt eine ländliche Vergangenheit hatten, habe ich mir jetzt nicht vorgestellt. Man denke an die großen Distanzen innerhalb von Großstädten und die für Füchse vielen Barrieren, Menschen und Hunde, um von außen in den Kernbereich vorzudringen. Füchse werden in Städten also zum größten Teil geboren.

              An Stadt- und Siedlungsrändern werden Landfüchse hingegen sicherlich in Siedlungen gedrängt, wenn umliegend bei Flurbereinigungen Feldgehölze und Hecken beseitigt werden.

              Die Erklärungen stehen also nicht im Alternativ-, sondern im Kumulativverhältnis.

              Meine Überlegung war eigentlich, dass die Argumentation für eine Fuchsbejagung in ausgeräumter Feldmark wenig Substanz hat, wenn die viel höheren Fuchspopulationen in Siedlungen keine Probleme machen, die Bejagung auf dem Land aber nur dazu führt, dass Landfüchse in nahegelegene Siedlungen abwandern, in denen sie mit deutlich geringeren Territorialansprüchen auskommen. Wenn und soweit Füchse Probleme bereiten, könnten sie also durch Bejagung zunehmen.

              Ich bin übrigens kein Jagdgegner, nur Gegner von Jägerlatein. Und das verbreiten die jagdlichen NGOs nicht zu knapp.

            • Paulus sagt

              Jaja, die Siedlungsfüchse. Diese Spezies schleicht des Nachts um die Häuser und verschmäht auf ihren Streifzügen weder einen gestandenen Alois noch einen AdT und so ein Ehemaliger kommt denen gerade recht.
              Leute, es sind ganz einfach Füchse die gelernt haben, dass es einfacher ist sich Nahrung in menschlichen Siedlungen zu beschaffen, statt zwei Stunden zu lauern und fünfmal durch die Luft zu springen um eine Maus zu erbeuten.
              Wenn der AdT aus der Kneipe kommt und Düsseldorfer Altbier getrunken hat ist er allerdings ungefährdet. Welcher Fuchs möchte sich schon als Gourmand bezeichnen lassen. 🙂
              Der Erfinder der Stadtfuchstheorie erfindet wahrscheinlich als nächstes die Theorie der Stadtwildschweine.

              • Alois Wohlfahrt sagt

                Ja Paulus, ich sag doch nichts anderes. Stadtfüchse sind gerne in der Stadt, weil sie dort ein leichteres Leben haben. Ist doch bei den Menschen genauso… 😉

            • AdT sagt

              @ Paulus
              Nichts gegen Füchschen aus der Altstadt! Die sind gegen Bierversuche und für Bierschutz. Im Emblem ist aber ein klassischer Rotfuchs (am Glas) abgebildet, kein Siedlungsfuchs an der Mülltonne. Immer diese vorgetäuschte Idylle.

            • Ehemaliger Landwirt sagt
            • Sabine sagt

              Ich bin ja immer dafür zu impfen was immer zu impfen geht. Dass die Tiere dann falsch positiv getestet werden können und dies dann zu einem Handling-Problem in der Verarbeitung und im Handel führt dürfte eigentlich weder das Problem der Tierzüchter noch der Jäger sein. Manchmal muss man halt die Wirtschaft der Biologie anpassen und nicht umgekehrt. Wir geben unglaubliches Geld aus öffentlichen Töpfen, um ein medizinisch einfacher und billiger lösbares Problem durch teures und ethisch nicht wirklich gut vertretbares Keulen zu lösen. Hochansteckende Krankheiten wurden noch nie durch Quarantäne und Hygiene alleine besiegt, immer wurde auch behandelt. Die Impfpistole ist der billiger und erfolgreichere “Schuss”, bei Mensch und Tier. Warum die Pflichtimpfungen für Menschen in Deutschland abgeschafft wurden, darf mir jemand gerne mal erklären. Das erweckt bei vielen den Eindruck, dass eine Impfung ein “nice-to-have” ist.
              Dass man mach der “Fuchsimpfung” vieler Orts so getan hat, als bräuchte es nun keine Bestandsregulierung mehr, war ein Fehler. Wir brauchen ein besseres Hegekonzept an vielen Stellen.

        • Alois Wohlfahrt sagt

          Naja, was macht die Natur um einen Bestand “einzupendeln”, wie Du es formulierst. Sie schickt den Tieren Krankheiten. Seit die Tollwut kein Thema mehr ist, hat man die Fuchsjagd sehr zurückgefahren. Die Folge ist jetzt ein Ansteigen von Fuchsräude und Staupe. Beides Krankheiten, die den Hunden und Katzen recht gefährlich werden kann. Darum kommen jetzt wieder die Appelle den Fuchs doch stärker zu bejagen. Die Ausräumung der Landschaft spielt wohl weniger eine Rolle. Hauptnahrungsquelle des Fuchses ist die Maus. Mäuse gibt es genug. Die natürliche Mausbejagund durch den Fuch nützt auch den Bauern.
          Zum Thema Stadt und Füchse: Der Fuchs ist auch ein Kulturfolger, der dem Menschen folgt und von seinen Abfällen lebt. Also ist Dorf und Stadt mit Mülltonnen und Komposthaufen ein Schlaraffenland für Meister Reinecke. Und dann kommt noch dazu, dass Dorf und Stadt “befriedete Bezirke” nach dem Jagdrecht sind. Ergo ist die Jagd dort untersagt. Ich darf also gar keinen Fuchs in der Stadt erlegen. Dazu bräuchte ich eine Ausnahmegenehmigung. Und in diese “befriedeten Bezirken” gedeihen mittlerweile auch Wildscheine und Rehe in der Stadt sehr gut. Besonders beliebt sind Friedhöfe. Ist doch irgendwie “idyllisch”… 😉

          • AdT sagt

            Siedlungen sind keine Agrar-, Fischerei- und Forstflächen und damit keine Jagdreviere, das ist mir schon klar. Unabängig davon, wie man das Kind nun nennt, werden in Städten Jägern Abschussgenehmigungen erteilt für Parks und Friedhöfe. Ein aussichtsloses Unterfangen. Von Räude- und Staupegefahr für Hunde und Katzen durch Füchse in Städten habe ich noch nichts gehört. Da müsste das Problem doch besonders dringlich sein.

            Ich frage mich schon, wo Füchse sich in Jagdrevieren in ausgeräumten Agrarlandschaften verstecken können bzw. ihren Bau haben sollen. Für Dein Umfeld und das des Ehemaligen spielt das wohl keine Rolle, in Teilen meiner Umgebung schon.

            • Ehemaliger Landwirt sagt

              Menschen, die am frühen Morgen zur Arbeit müssen, berichten immer dass sie Füchse sehen, vielleicht sind es nur zwei.

              Bei uns gibt es noch Kirschbäume mit 60 bis 80 cm Durchmesser, vielleicht verstecken sie sich dahinter?

  6. Die Auswirkungen und der Teufelskreis, die das Eingreifen unsererseits bewirken, werden nicht von der Wurzel her betrachtet, sondern eher von den Blüten und Früchten unserer Errungenschaften her. So erscheinen uns die Blüten wohlgesonnen und die Früchte als schmackhafte Errungenschaft, weil der ursprünglich bittere Geschmack im Laufe der Jahrzehnte durch moderne Versüßung weggezüchtet worden ist. Doch es ist EIN Trugschluss anzunehmen, dass die Eingriffe unsererseits und das Errichten von Grenzen, ökonomisch wie ökologisch, die Probleme beseitigt, die der Verkauf und Verzehr süßer Früchte nach sich zieht.

    Man muss sich fragen, wohin wir Menschen denn nun eigentlich wollen, wenn wir uns mehr und mehr aus dem Leben herausnehmen, indem wir versuchen EINE Immunität dem Leben gegenüber aufzubauen und diese immer höher türmen …

    EIN Thema, das längst nicht in all seinen Auswirkungen weitergedacht worden ist. Wirklich immun gegen alle Unberechenbarkeiten des Lebens kann EIN Mensch nur sein, wenn er kein Mensch mehr ist … oder wenn ihn nichts Lebendiges mehr umgibt.

      • Bei der Tragweite und Brisanz des Themas, kann nicht EINER eine Lösung bieten, die allgemein umgesetzt würde. Sowohl Tragweite und Brisanz benötigen vor allem eines, was wir immer weniger haben: Zeit. Zeit, um sich mit der zuvor gestellten Frage zu beschäftigen, wohin wir Menschen denn nun wollen – und ob wir die Folgen des Wollens, auf dem Weg dorthin, wirklich ertragen können.

        ANDERS ausgedrückt: Wir stecken in EINER Zwickmühle – während die Wahrscheinlichkeit mit jeder Mauer und Grenzfestsetzung weiter steigt, dass uns die Entscheidung, wohin wir wollen, von ANDEREN abgenommen werden wird. Nur werden wir auch das wieder als Angriff auf unserer Menschsein verstehen …

        Sicher gibt es EINE Lösung … nur dürfte die den meisten modernen, auf Sicherheiten und Vorausberechenbarkeiten eingestimmten Menschen nicht gefallen. Mir auch nicht – aber das liegt eher daran, dass wir im Laufe der Jahrzehnte derart viele Verwerfungen geschaffen haben, die ihrerseits dermaßen folgenreich wären, käme es zur besagten Lösung. Im Grunde ist der Zug abgefahren – nicht für das Leben, aber für uns Menschen, egal wie wir uns entscheiden.

      • Nee, das habe ich mir angewöhnt, um den Unterschied zwischen uns EINEN, uns Menschen, und allen ANDEREN Lebewesen hervorzuheben. Erspart manchmal viel Tipperei und Worte.

          • Auch wenn Ihre Antwort wohl ironisch gemeint ist, so ist es in der Tat so, dass wir EINEN meinen, vieler unserer Herangehensweisen seien natürlich bzw. mit dem Verhalten ANDERER gleichzusetzen, was jedoch keineswegs der Fall ist. Das gilt zum Beispiel für unsere Vorstellung von Immunität, insbesondere aber für unsere Vorstellung, dass es beim globalisierten Menschen so etwas wie Herdenimmunität gäbe …

            • AdT sagt

              Impfgegner, weil Krankheiten so schön natürlich sind, for the survival of the fittest? Weil wenn man in jungen Jahren impft, man später Beinbrüche heilen und Krebs bekämpfen muss, und schließlich doch der Sensemann kommt, so eine dumme Technikspirale aber auch?

            • ”Impfgegner, weil Krankheiten so schön natürlich sind, for the survival of the fittest?”

              Wieder nee. Das Impfen gibt es ja seit es das Leben gibt, mit einem entscheidenden Unterschied, denn von Natur aus nennt es sich Infektion und diese spielt sich, im Gegensatz zu unserer modernen Vorstellung vom Impfen, im Kontext natürlicher Verwobenheit ab, also im zeitlichen, örtlichen und inhaltlichen Zusammenwirken am Leben Beteiligter.

              Wir Menschen wollen zwar Natur nach unseren Vorstellungen umformen und verändern, aber wir wollen die Konsequenzen dessen nicht am eigenen Körper zu spüren bekommen. Wir packen Tiere in Ställe und Zäune und nennen es eine Herde, doch ist es keine wie es eine von Natur aus wäre. Die Folge? Infektionen von Menschen. Wie sollen sich Menschen an die von uns erwirkten Veränderungen anpassen, wenn wir die Konsequenzen nicht aushalten wollen. Impfen, nach unseren Vorstellungen, mag kurzfristig EINE Lösung bedeuten, aber langfristig läuft der Verlust von Kontext für EINE Spezies auf EINE Fragilisierung enormen Ausmaßes hinaus.

              Krankheiten sind nicht schön, aber wir sollten mal besser hinhören, wenn das Leben diesbezüglich eine deutliche Sprache spricht, die wir a) zunehmend verlernen und b) eh nicht verstehen wollen, denn es dürfte durchaus auch die EINE oder ANDERE langfristig für das Leben vereinbare Lösung geben, ohne ökologische Kontexte mit ökonomischen Füßen zu treten.

            • Philip sagt

              “ökologische Kontexte”

              Mich interessiert auf welchen “ökologischen Kontexte” ihr Weltbild basiert.
              Können Sie die benennen?

            • ”Mich interessiert auf welchen „ökologischen Kontexte“ ihr Weltbild basiert.
              Können Sie die benennen?”

              Ich könnte Ihnen diverse Biologiebücher empfehlen oder aber Sie setzen sich mal für ein Jahr in den Wald und halten einfach ihre Sinne offen, dann entdecken sie ökologische Kontexte zuhauf, nämlich überall dort, wo es zum zyklischen Zusammenspiel von örtlichen Gegebenheiten innerhalb verschiedener Zeitspannen kommt, aus denen Auswirkungen hervorgehen, die sich wiederum in das zyklische Zusammenspiel einbringen, usw. …

              Kein Wunder, dass wir fortschreitenden Menschen immer mehr Schwierigkeiten mit Kontexten haben, denn das Ausmaß an angeeigneter Energie unsererseits bedingt zwangsläufig das Aufbrechen von Kontexten und das Leugnen, dass das Aufbrechen zu Konsequenzen führen wird, deren angedachten Lösungen wieder mehr Energie bedürfen, usw. …

              Die eigentlichen Gründe für zahlreiche Erkrankungen, die uns Menschen nicht nur in der heutigen Zeit ängstigen, entspringen nach wie vor den politischen, sozialen und wirtschaftlichen Verstrickungen, die EINE Gesellschaft im Laufe der Zeit ausbilden. Um Herr über deren Symptome zu werden, seien es die von AIDS, Masern, Influenza, Cholera, Pest, …, baut die Gesellschaft weiter auf jene Verstrickungen auf, die zuvor bereits die Voraussetzungen für das Auftreten der Krankheiten schufen, nur wird dieses mit keinem Wort derart kommuniziert, sondern einstimmig ANDEREN die Schuld in die Schuhe geschoben, allen voran Viren und Bakterien, als vermeintlich primärer Auslöser von Erkrankungen. Und wehe, es wagt jemand, auf die zunehmende Verstrickung hinzuweisen, dann ist zwar der Teufel los, aber der Teufelskreis selbst bleibt unangetastet.

            • Philip sagt

              “Ich könnte Ihnen diverse Biologiebücher empfehlen”
              Machen Sie doch mal, ihr Favorit als erstes.

              “setzen sich mal für ein Jahr in den Wald”
              Haben Sie das gemacht?

    • AdT sagt

      Zur Jagd muss man einfach sagen: Gäbe es die Pflicht der Land- und Forsteigentümer zur Hege und Jagd nicht, hätten Bauern und Förster die großen Wildtiere, d.h. das Schalenwild wie Rothirsche, Rehe und Wildschweine, längst ausgerottet. Oder es würden überall in der Landschaft hohe Zäune stehen und sich Draht- und Plastikhosen um Bäume befinden. Dann würden die Wildtiere ebenfalls wegen Nahrungsmangel krank und ihre Bestände dezimiert.

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