Bauer Willi
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Über die Bedeutung des Pflanzenschutzes

Auf einer Veranstaltung der Top agrar hat Prof. A. v. Tiedemann eine Keynote gesprochen, in der er sich mit der Bedeutung des Pflanzenschutz befasst. Hier die Textfassung:

„Landwirtschaft im Dialog“, TopAgrar Berlin am 15.04.2025

„Pflanzenschutz: Mit Sicherheit!“

Keynote Prof. Dr. Andreas von Tiedemann, Universität Göttingen

Textfassung der Keynote:

https://dlvr.t-online.de/dlvr?p[dtkn]=kr-qsldPOm1EGYRw86aNhBxqSOlAsvy5

In der Debatte um das Maß und die Notwendigkeit der Regulierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes geht es im Kern um eine sachgerechte Bewertung von Nutzen und Risiken des Pflanzenschutzes.

Im folgenden Beitrag soll die Faktenlage bezüglich des Nutzens und der Risiken des Pflanzenschutzes nochmal kurz dargestellt und daraus ableitet werden, wie eine zeitgemäße Pflanzenschutzpolitik eigentlich aussehen müsste. Dabei wird deutlich werden, dass die gegenwärtige Regulierung des chemischen Pflanzenschutzes von überholten Prämissen ausgeht.

Nutzen wie Risiken lassen sich mit naturwissenschaftlichen Methoden objektiv beschreiben. Darauf aufbauend ist abzuwägen, welcher Pflanzenschutz notwendig und vertretbar ist. Diese Abwägung muss durch die politischen Verantwortungsträger verantwortungsvoll und unvoreingenommen erfolgen.

Es ist bemerkenswert, dass der Nutzen des Pflanzenschutzes in der allgemeinen Berichterstattung häufig zu kurz kommt. Hier sind die Fakten: Nach einer Studie der Universität Leuven 2019 für das Europa-Parlament sichert der wirkstoffbasierte Pflanzenschutz zwischen 20 und 40% der Erträge der weltweit wichtigsten Nahrungspflanzen. Ein Verlust dieser Technologie würde die Zahl der Unterernährten von derzeit ca. 800 Mio auf 2,9 Mrd Menschen und die Welthungerrate von derzeit 10 auf über 30% erhöhen. Damit wäre wieder der Hungerstand von 1960 erreicht, der schon damals als höchst alarmierend angesehen wurde.

Laut FAO sind weltweit rund ein Viertel aller Nahrungs- und Futtermittel mit Mykotoxinen belastet, mit der Folge von erheblichen Gesundheitsschäden für Menschen vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern. Einer der Gründe dafür ist der fehlende Zugang zu Pflanzenschutzmitteln.

Gesunde Kulturpflanzen sind ressourcenschonender. Bezogen auf eine Ernteeinheit benötigen sie weniger Wasser, weniger Nährstoffe, weniger Energie und weniger Fläche.

Chemische Unkrautkontrolle ermöglicht bodenschonende Anbausysteme und begünstigt Rotationen mit ökologisch wertvollen Zwischenfrüchten.

Pflanzenschutzmittel sind auch essentielle Komponenten im System des Integrierten Pflanzenschutzes, denn sie bremsen auch den Verschleiß von Sortenresistenzen. Gleiches gilt umgekehrt für den Wirkstoffverschleiß.

Alles in allem ermöglichen Pflanzenschutzmittel genau das, was eigentlich alle wollen: eine ressourcenschonende, nachhaltig-produktive Landwirtschaft.

Nun zu den Risiken. In der aktuellen Debatte über die Risiken von Pflanzenschutzmitteln fühlt man sich in die 1960er oder 1970er Jahre zurückversetzt, als so bedenkliche PSM wie Quecksilber, DDT, E605, Lindan oder Atrazin im Einsatz waren. Was die beiden Risikobereiche Umwelttoxizität und Warmblütertoxizität angeht, leben wir heute aber in einer anderen Welt.

Allein zwischen 1970 und 2008 ist das Toxizitätsrisiko von Pflanzenschutzmitteln in der EU um mehr als 95 Prozent gesunken. Heute kann man von einem Toxizitätsrisiko für Anwender oder Verbraucher de facto nicht mehr sprechen, allein schon deshalb, weil keine humantoxischen PSM mehr zugelassen werden. Alle Institutionen, die in Deutschland die gesundheitliche Qualität von Lebensmitteln überwachen, kommen zu dem gleichlautenden Urteil, dass von Lebensmitteln (auch) aus konventioneller Landwirtschaft keinerlei Risiko für die Gesundheit der Verbraucher/-innen ausgeht. Dasselbe gilt für das Trinkwasser, das in den Trinkwasserberichten des Umweltbundesamtes durchgehend als unproblematisch bewertet wird.

Als ökologisches Risiko des Pflanzenschutzmitteleinsatzes wird aktuell vor allem der Rückgang der Biodiversität diskutiert. Bezüglich dieses Risikos hat sich in der Öffentlichkeit ein bemerkenswertes Missverständnis entwickelt. Es steht außer Frage, dass Pflanzenschutzmittel quantitative Effekte sowohl auf Populationen von Ziel- als auch von Nichtzielorganismen haben. Diese quantitative Regulierung ist der Zweck ihres Einsatzes und soll sich zum Wohl der Kulturpflanze auswirken. Quantitative Regulierung bedeutet aber nicht Artenverlust. Und genau das wird nicht nur in der Debatte, sondern auch in der Begründung für weitere Restriktionen leider verwechselt. Um es ganz deutlich festzustellen: Es gibt keine wissenschaftlichen Befunde, die belegen, dass der gegenwärtige chemische Pflanzenschutz direkt zum Verlust von Arten führt.

Und damit sind wir bei dem schon angesprochenen Problem der falschen Prämissen.

In einer Situation, in der von Pflanzenschutzmitteln ein toxikologisches Risiko nicht mehr ausgeht und eine Gefährdung wichtiger Naturschutzziele wie der Biodiversität nicht belegbar ist, ist eine Regulierungspolitik, die nichts anderes zum Ziel hat als die weitere Reduktion des Pflanzenschutzes, ein falscher Ansatz, der selbst im Sinne der Schutzzielerreichung erfolglos sein muss, da er fehlende Kausalitäten ignoriert.

Aus wissenschaftlicher Sicht müssen die Prämissen einer Reduktionspolitik, die vor 40 Jahren vielleicht noch richtig waren, heute unbedingt auf den Prüfstand.

Eine im Wesentlichen risiko-bezogene Regulierung ist auch nicht durch Studien zu rechtfertigen, die solche Risiken zu implizieren scheinen. Es ist unseriös, wenn Ökotoxikologen fortgesetzt das Vorhandensein extrem geringer Substanzmengen, in welchem Umweltkompartiment auch immer, mit einem Risiko gleichsetzen. Wohlwissend, dass eine immer besser werdende Analytik heute so gut wie jedes Molekül überall nachweisen kann und man deshalb an die reinen Messungen Aktivitätsstudien anhängen muss, um ein wirkliches Risiko bewerten zu können. Das allerdings unterbleibt, weil es in den meisten Fällen zu keinem positiven Ergebnis führen würde.

Ähnlich zu kritisieren sind agrarökologische Studien ohne Praxisbezug bzw. mit inadäquatem Versuchsdesign. Als Beispiel sei hier nur die Krefeldstudie genannt, die 2017 mit der Behauptung eines Insektenrückgangs von 75% innerhalb von 27 Jahren große Aufmerksamkeit erregte, eine Studie, die schon bei Erscheinen von Fachkollegen wegen ihres ungenügenden Designs kritisiert wurde und inzwischen – 2023 in Nature publiziert – nach Re-Evaluierung der Daten durch Jörg Müller et al. in ihrer Kernaussage vollkommen widerlegt ist.

Die Krefeldstudie hat das falsche Bild eines allgemein verbreiteten Insektensterbens entstehen lassen, welches von keiner zweiten Studie weltweit bestätigt wird. Eine Politik, die sich auf solche nicht-validen Studien bezieht, ist nicht wissenschaftsbasiert.

Die ungerechtfertigte Wirkung der Krefeldstudie ist aus Sicht der Landwirtschaft keine Bagatelle. Deshalb sei nochmal zusammengefasst: Die Krefeldstudie belegt weder einen allgemeinen Insektenrückgang, noch einen Zusammenhang mit dem Pflanzenschutz. Dennoch hat sie eine Insektenschutzgesetzgebung ausgelöst, die erheblich zur gegenwärtigen Dekonstruktion des chemischen Pflanzenschutzes beiträgt, der – ob wir wollen oder nicht – immer noch die Hauptlast bei der Gesunderhaltung der Kulturpflanzen trägt und damit ohne Zweifel eine wohlstandssichernde Technologie ist.

Eine besonders kritische Folge ist der Rückgang der Wirkstoffverfügbarkeit. Hierbei ist nicht die Gesamtzahl zugelassener Wirkstoffe, sondern die Verfügbarkeit verschiedener Wirkungsweisen entscheidend. Hier wieder die Fakten: Von den insgesamt knapp 5.600 existierenden Anwendungsfällen für chemische Pflanzenschutzmittel in Landwirtschaft, Forst und Gartenbau waren bei der letzten Erhebung 2019 nur noch 36% durch die Verfügbarkeit von mindestens 3 Resistenzklassen abgedeckt. Das bedeutet, dass bereits jetzt zwei Drittel der chemischen Pflanzenschutzmaßnahmen aufgrund von Resistenzgefährdung nicht mehr dauerhaft wirksam sein werden. Das betrifft in besonderem Maße Insektizide und Herbizide, bzw. den Pflanzenschutz im Ackerbau, Obst- und Gemüsebau.

Das Ganze findet vor dem Hintergrund dramatisch zunehmender Pflanzenschutzprobleme in der Praxis statt. Denn die Gefährdung der Nahrungsmittelproduktion durch Schaderreger bleibt eine Realität und die Evolution der Schadorganismen geht weiter, verstärkt durch die Invasion neuer Schaderreger und den Klimawandel. Hier sind wieder die Fakten: Invasive Arten, vor allem Insekten, wie Maiswurzelbohrer, Glasflügelzikade, Rübenderbrüssler, Japankäfer oder Kirschessigfliege, neue Pathogene wie Stolbur und SBR, veränderte Virulenzen wie beim Gelbrost und die zunehmende Aggressivität bei den schon vorhandenen Pathogenen werden nur mit einem effizienteren und nicht mit einem weiter reduzierten Pflanzenschutz zu beherrschen sein.

Zu warnen ist vor den weit übertriebenen Erwartungen bezüglich Alternativen zum chemischen Pflanzenschutz. Biologische Pflanzenschutzmittel decken trotz jahrzehntelanger Forschung nur etwa ein Prozent der Indikationen im Pflanzenschutz ab. Digitale Pflanzenschutztechniken zur präzisen Applikation wie Spot-Spraying benötigen immer noch gute Wirkstoffe. Ihr Einsatz wird sich auf die Unkrautbekämpfung beschränken. Sowohl Biologicals wie Robotics werden auf absehbare Zeit nur Nischenlösungen sein. Mit Robotern mag man Unkräuter, aber sicher nicht Bakterien, Pilze oder Insekten bekämpfen können.

Die neuen Biotechnologien wecken Hoffnungen, stecken aber entweder noch in den Kinderschuhen wie die RNAi-Technik oder werden durch fehlende rechtliche Rahmenbedingungen blockiert, wie die neuen Züchtungsmethoden. Selbst, wenn die notwendigen Rahmenbedingungen jetzt geschaffen werden, werden viele Jahre vergehen, bis davon etwas in der Praxis ankommt.

Aus wissenschaftlicher Sicht sind die Prämissen der bisherigen PS-Politik überholt. Wenn man sie ernsthaft überprüft, wird das Ergebnis sein, dass es für die alles beherrschende Reduktionspolitik der letzten Jahre keine faktische Rechtfertigung mehr gibt und ein Politikwechsel dringend erforderlich ist.

Angesichts der drängenden Probleme in der Praxis, muss die zukünftige Pflanzenschutzpolitik von einer Reduktionspolitik zu einer Ermöglichungspolitik werden. Dazu gehört vor allem eine realistische Risikobewertung basierend auf validen Studien und eine angemessene Berücksichtigung des Nutzens des Pflanzenschutzes. Das sollte zum Beispiel schon durch die Gleichrangigkeit der beiden Risikobewertungsbehörden BfR und UBA zum Ausdruck gebracht werden.

Ein ganz einfaches Beispiel für Ermöglichungspolitik wäre die Wiederzulassung der Insektizidbeizung, nachdem die Gründe abgestellt wurden, weswegen sie mal verboten wurde.

Ermöglichungspolitik beinhaltet auch eine zurückhaltendere Anwendung des Vorsorgeprinzips, insbesondere dann, wenn Zweifel bestehen, ob sie für Verbraucher und Anwender überhaupt relevant sind.

Eine neue Ermöglichungspolitik muss auch das Zulassungsverfahren auf den Prüfstand stellen, damit dringend nötige Innovation wieder möglich wird. Verschärfungen in der Zulassung, die nur noch zur Verhinderung, aber nicht mehr zur Verbesserung des Pflanzenschutzes führen, ergeben keinen Sinn.

Hier scheint es auch Raum für Bürokratieabbau zugeben. Der starke Anstieg der Notfallzulassungen zeugt davon, dass angesichts dringend notwendiger Pflanzenschutzmaßnahmen die Risiken, mit denen das Verbot einer Anwendung zuvor begründet wurde, offenbar doch akzeptierbar sind. Hätte man die Anwendungsnotwendigkeit, also den Nutzen, in die Zulassungsentscheidung gleich stärker mit einbezogen, wäre diese vielleicht anders ausgefallen und man hätte sich den Umweg über die Notfallzulassung erspart.

Es bedarf dringend eines Umdenkens: Moderner wirkstoffbasierter Pflanzenschutz ist eine Wohlstandstechnologie zum Wohl Aller. Der Schutz von Nahrungspflanzen sollte Staatsaufgabe sein, gleichrangig mit Gesundheitsschutz, Naturschutz oder Tierschutz.

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40 Kommentare

  1. Polymesos sagt

    Ein schöner Artikel.

    Man könnte noch hinzufügen,
    dass von den fröhlichen urbanen Menschen der Neuzeit,
    denen man etwa in einer Fussgängerzone begegnen kann,
    nach etwa einem Jahr weltweiten Verzichts auf Pflanzenschutz
    wohl kaum noch einer am Leben wäre.

    Bei nur einer Halbierung des Pflanzenchutzes
    würde das Leben zwar schwierig,
    aber zumindest wäre es denkbar, dass viele durchkämen.
    Der weltweite Naturschutz wäre dann aber bereits gescheitert,
    denn die letzten Öko Refugien wären ausgeplündert.

    Aber keine Sorge,
    niemand hat das vor,
    oder zumindest fast niemand.

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  2. Thomas Bröcker sagt

    Schieflachen kann sich ein Grünland- dominierter Bio- Betrieb ganz gewiss. Der hat ja mit dem Pflanzenschutzthema so gut wie nix zu tun. Gerade aus diesem Grunde wäre ein wenig weniger Arroganz und Zurückhaltung geboten.
    Rs geht hier (beim des Thema Prof. v. Tiedemann darum Maß und Mitte zu wahren und dem Pflanzenschutz eine Weiterentwicklung zuzugestehen und zu einer Ermöglichungspolitik überzugehen. Das gilt im Übrigen genauso für Bio-Betriebe im Gemüse- und Sonderkulturbereich.
    Im Übrigen haben wir die Phase der giftigen Insektizide, die ja immerhin von 1890 bis mindestens 1995 über 100 Jahre ging, als Gesellschaft recht gut überstanden und haben in dieser Zeit die Menschheit auch dank dieser Mittel recht gut ernähren können. Ich wünsche mir diese Mittel auch nicht zurück, aber grundsätzlich alles für gesundheitsschädlich zu erklären, was heutzutage besser geprüft ist als mansche Arznei, ist Bio- Marktabgrenzungs- Geunke.
    Alles in Frage zu stellen ist grundsätzlich richtig, aber daraus eine Blockadehaltung für alles was nicht in die eigene Denke passt zu machen, ist ein anderes Paar Schuhe.
    Entwicklung muß ERMÖGLICHT werden … unter kritischer Beobachtung sicherlich.

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    • Kemetbauer sagt

      Mein Betrieb spiegelt in seiner Gl/Al-Zusammensetzung genau das wider, was über Jahrhunderte für die gesamte Landwirtschaft als Optimum betrachtet werden kann. Ein Drittel Al und zwei Drittel Gl lassen sich komplett ohne Agrochemie bei Erträgen die im Bereich von 60 bis 75% des konv. Niveaus liegen, erfolgreich führen.
      Die heute als toxisch bekannten Wirkstoffe waren zu ihrer Einführung allesamt völlig unbedenkliche PSM. Nicht ein einziger Wirkstoff, von dem wir heute wissen dass er toxisch wirkt, ist jemals vom Hersteller freiwillig vom Markt genommen worden. Ganz im Gegenteil wurden auch die als toxisch bekannten Wirkstoffe noch weiterhin für den Export produziert. Immer wieder musste ihr Vertrieb von staatlichen Stellen verboten werden. Soviel zur wahrgenommenen Verantwortung der Agrochemie.
      Was Maß und Mitte ist, bestimmt bei Lebensmitteln jeder für sich! Da benötigen wir keine selbsternannten „Fachleute“. Dass ein Großteil der deutschen Verbraucher an sozialer Schizophrenie leidet, ist hinlänglich bekannt. Aber er wird quasi von der Politik bevormundet, wenn es um ökologische Zielsetzungen geht. Und das ist auch gut so. Es werden auch weiterhin immer wieder PSM, wegen nicht bewiesener Umweltunschädlichkeit vom Markt genommen werden. Neue PSM/Wirkstoffe werden, da der Markt für die Agrochemie nicht mehr lukrativ ist, nur noch in sehr überschaubarer Anzahl auf den Markt kommen. Ich halte das für richtig. Gut, es gibt unter den Landwirten leider immer mehr, die ohne Agrochemie ihre Arbeit nicht mehr erfolgreich verrichten können. AFu und Co. lassen grüßen. Es müssen wieder echte Fruchtfolgen her und in der Ausbildung muss mehr Wissen um natürliche Zusammenhänge vermittelt werden.
      Das Älterwerden der Menschen ist zu über 80% ein Erfolg der Medizin. Wir werden immer noch älter aber die gesunde Lebenszeit nimmt rapide ab. Wie lange wollen/können wir uns das noch leisten?

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      • Thomas Bröcker sagt

        Erstens ist Ihr Betrieb mit 2/3 Grünland geradezu prädestiniert für Bio. Die Flächenverteilung in Deutschland ist aber nicht 2/3 Grünland. Zudem produzieren Sie so (bei 50 % Futterpflanzenanbau auf dem Acker) auf 82 % Ihrer Fläche Futter. Das möge ja zu ihrem Betrieb passen, so ist aber die Landwirtschaft in Deutschland weder strukturiert, noch gibt es einen Markt für für einen so hohen Anteil tierischer Produkte von der Fläche zu Bio-Preisen.
        Weshalb verteufeln Sie dann Dinge, die Sie in Ihrem Betrieb tatsächlich nicht brauchen, die aber für die meisten Betriebe, die eben nicht „nur“ Futter und Getreide anbauen existenziell wichtig sind.
        Zu der Lebenszeit auch nochmal eine andere Betrachtungsweise: Wenn wir alle immer älter werden, kommen auch immer mehr Menschen in den Bereich der typischen Alterserkrankungen. Daran kann „ich bin was ich esse“ wenig ändern.
        Mein Arzt sagt immer: von Natur aus sind dem Menschen 50 gesunde Lebensjahre zugestanden, der Rest ist Bonus, den wir genießen sollten, er ist nicht selbstverständlich.

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        • Kemetbauer sagt

          Es wäre schon sinnvoll, sich zunächst über die Gegebenheiten zu informieren, bevor sie sich daran machen, sie zu beurteilen! Aber genau Ihre Vorgehensweise ist kennzeichnend für die Meinungsbildung/Kritik, wie sie von Landwirten oft hervorgebracht wird. Viele wissen wenig über ein Thema/eine Situation, reden/schreiben aber viel darüber.
          Gerade die Verschiebung der Flächenverteilung zugunsten der Ackerfläche hat ja viele Probleme heraufbeschworen, die nicht erst heute aus dem Rudern zu laufen drohen. Topographisch grenzwertige Flächen, auf denen schon immer Grünlandwirtschaft betrieben wurde, wurden umgebrochen. Heute sind diese Flächen von Erosionen bedroht. Wertvoller Ackerboden wird weggespült oder weggeblasen. Hier in den NBL sind seit der Wende 20% des ehemaligen Grünlands mittlerweile Ackerflächen. Es sind zwar oft Flächen die schnell Opfer von Extremwitterung werden aber das ist ja egal; Hauptsache Acker.
          Ich verteufel keine Dinge aber ich habe eine ganz klare Sicht auf die landwirtschaftlichen Dinge und ihre Zusammenhänge. Dieses System gerät immer weiter in die Defensive, bzw. es kommen einige Produktionssysteme an ihre Grenzen. Notfalllösungen, siehe Glasflügelzikade, müssen her, um Ernten zu retten. Benötigen wir in D. einen Zuckerrübenanbau? Nein! Der Zuckerrohranbau in den Tropen und Subtropen kann den weltweiten Bedarf decken. Es geht also nur um die Ertragslage der deutschen Ackerbauern. Diese Zikaden stammen aus dem südeuropäischem Raum. Die Klimaveränderung/Erwärmung macht auch das nördliche Europa für die Zikaden interessant. Dabei gehören die ldw. Nutzpflanzen gar nicht zum Nahrungsspektrum dieser Zikaden. Wie ihr Name schon nahelegt, favorisieren sie andere Pflanzen. Deren Verbreitungsraum wurde allerdings extrem begrenzt. Es ist also auch eine mitverschuldete Situation, in der die Landwirtschaft steckt.
          Gehören bei Ihnen Fettleibigkeit und die daraus erwachsenen Folgeerkrankungen mit den dazugehörigen erheblichen Ausgaben für die medizinische Behandlung zu den „typischen Alterserkrankungen“? Die sogen. Zivilisationserkrankungen fressen mittlerweile 40% der Ausgaben der Krankenkassen. Rauchen und Saufen nicht einmal berücksichtigt. Auch ich meine, dass jeder über sein Leben allein entscheiden können muss. Zu jedem Grad von Freiheit gehört aber auch die entsprechende Verantwortung für das eigene Handeln! Und vor diesem Hintergrund ist es mir völlig wurscht, ob wir dann eine Zweiklassengesellschaft haben oder nicht.
          Ihrem letzten Satz kann ich mich komplett anschließen. Meine jetzt fast 20 Bonusjahre waren allerdings von ganz normaler, freiwilliger Berufstätigkeit gekennzeichnet. Genau das, wünsche ich mir bis zu meiner letzten Stunde.

          • Thomas Bröcker sagt

            Na das ist doch mal ein Stück Übereinstimmung. Meine Bonusjahre sind ebenfalls von freiwilliger Berufstätigkeit gekennzeichnet und ich hoffe das geht auch noch einige Jahre so weiter. Dass die Arbeit das Leben und das Leben die Arbeit ist, ist aber auch ein Merkmal unserer Alterklasse 😎😎

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  3. Kemetbauer sagt

    Bisweilen kann man sich hier nur schieflachen. Da ist, in einem anderen Thema, die Angabe von 75% verloren gegangener Nutzpflanzengenetik der große Aufreger und hier ist die Angabe von 95% aus dem Verkehr genommene toxische PSM natürlich ein unumstößlicher Fakt. Wobei zu beachten ist, dass das nicht die gesundheitsgefährdenden PSM betrifft. Zu denen gibt es auch weiterhin keine Angaben.
    Genau bei dieser Angabe, habe ich das Lesen des Beitrags beendet. Leider gibt es auch akademisch Hochdekorierte, die sich manchmal in den Niederungen der Meinungsäußerung verrennen.

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  4. Bauer Fritz sagt

    Ich erlaube mir zu dem sehr guten Vortrag von Prof. Tiedemann die Darstellungsfolien beizulegen von einem Vortrag aus dem Jahr 2019 zum Thema „Pflanzenschutz und Konsumentenschutz“ von Dr. Kohl (Abteilung Pflanzenschutzmittelzulassung der AGES (= Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit) in Wien.
    Da es sich um downloadbare Vortragsunterlagen handelt, sind diese zu finden mit Google und als Suchbegriff eingeben „dr. kohl ages pflanzenschutzmittel und konsumentenschutz“. Dann steht die Datei gleich an erste Stelle. Oder sie nutzen direkt diesen leider etwa komplizierteren Link:
    (https://www.google.at/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&cad=rja&uact=8&ved=2ahUKEwi2yuLIv_CNAxX9A9sEHdWAA2YQFnoECCUQAQ&url=https%3A%2F%2Foe.lfi.at%2Fmedia.php%3Ffilename%3Ddownload%253D%252F2019.03.21%252F1553187262522433.pdf%26rn%3DU2_Pflanzenschutzmittel%2520und%2520Konsumentenschutz_Kohl.pdf&usg=AOvVaw1U7-E2Wf3bS9UThLhZVKHa&opi=89978449)

    Er beschreibt darin
    (auf Folie 2 ff): „Die Widersprüchlichkeit der Wohlstandsgesellschaft“
    (auf Folie 12 ff): „Das Zulassungsverfahren für PSM“
    Besonders hinweisen möchte ich auf die wirklich anschauliche Folie 14 („PSM – -Vergleich benötigter Daten“), wo er die Datenmengen gegenüberstellt die nötig sind um ein Pflanzenschutzmittel zuzulassen im Vergleich zur Zulassung eines Biozids oder eines Arzneimittels oder eines Lebensmittelzusatzstoffes.
    (auf Folie 17 ff): wird noch der Bereich „Analytik – Rückstandsnachweis und
    öffentliche Wahrnehmung“ sehr anschaulich dargestellt.

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  5. Elisabeth Ertl sagt

    Dass Pestizide hinsichtlich Ernährungssicherund unvermeidlich sind, bezweifle ich nicht. Wenn der Prof. aber behauptet, es gäbe keine Gesundheitsgefährdung durch Pestizide mehr, so ist das nichts wieter als seine persönliche Meinung. Aus ärztlicher Sicht ist die Kummulationswirkung dieser geringen Substanzmengen, die bei einmaliger Exposition natürlich kein Problem sind, sehr wohl gesundheitsschädlich, weshalb die meisten Ärzte mittlerweile individuell den Konsum biologischer Lebensmittel empfehlen.
    https://www.youtube.com/watch?v=CZZhT7omONM
    Und dass die Landwirtschaft mittlerweile nicht mehr genügend Pestizide zur Verfügung hat, um Erträge zu sichern, liegt ja u. a. daran, dass die gesundheitsgefährdenden Substanzen nach und nach aus dem Verkehr gezogen werden.
    Worum es ginge, ist eine Diskussion zwischen Landwirtschaft und Medizin, wo man Kompromisse finden muss. Die wird man aber nur finden, wenn die Landwirtschaft die Position der Medizin auch ernst nimmt und auf diesem Feld nicht weiter dilettiert.

    • Thorens sagt

      Es muss schlicht und ergreifend, und wie auch im Text formuliert, eine Abwägung zwischen Nutzen und Risiko erfolgen, wenn wir (oder ärmere) nicht in Schönheit sterben sollen, weil nicht genug zu beißen da.

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    • Thomas Bröcker sagt

      Komisch, dass wir immer älter werden. Auf Grund von Pflanzenschutzmittelrückständen gibt es keine nachweislichen Todesfälle. Auf Grund von EHEC wegen mangelnder Hygiene (vor allem im Bio-Bereich) sehr wohl.
      Schäden gab es durch PSM bei den Anwendern. Ansonsten ist es in der Pflanzenmedizin nicht anders als in der Humanmedizin: Stoffe mit unerwünschten Nebenwirkungen werden durch neue ersetzt. Das ganze nennt sich Weiterentwicklung und gilt für alle Bereiche. Viele Pflanzenschutzwirkstoffe werden oder wurden beispielsweise auch im Humanbereich angewendet. Zum Beispiel Lindan gegen Läuse und Krätzemilben oder vormals Arsen gegen alles Mögliche.
      Ich finde die Diskussion immer etwas einseitig, so als gäbe es rundherum Weiterentwicklung, nur bei den dummen konventionellen Bauern nicht. Die dürfen zwar die Ernährung sichern, aber sich dafür dass sie moderne Phytomedizin anwenden, immer wieder von denen, die nicht in der Lage sind die Ernährung zu sichern, beschimpfen lassen.

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    • Bauer Willi sagt

      Liebe Frau Ertl,
      ich empfehle Ihnen, sich über die Pestizide im Bio-Bereich zu erkundigen. Hier schon mal ein Insektizid:
      file:///C:/Users/Admin/Downloads/Spintor_SDS.pdf

      bienengefährlich, giftig für Wasserorganismen…
      aber Bio…

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      • geplünderter Stiefel sagt

        Bio ist nicht gleich Bio in den Erzeugerverbänden.
        Z.B. ist Spintor bei Demeterbiobetrieben im Weinbau aufgrund der Bienengefährlichkeit und giftigkeit für Wasserorganismen nicht erlaubt.
        Dabei ist egal ob man die voller Aufwandmege von 160 ml anwendet oder nur die 5
        ml plus 1 l Ködermittel zb. Compi protect gegen die Kirschessigfliege anwendet, wobei die niedrige Menge nicht schädlich ist. und auch nicht ganzflächig versprüht wird.
        Das ist Demeter egal. Verbot ist Verbotegal in welcher Dosis und gefährlichkeit.
        An diesem Mittel scheiden sich die Geister innerhalb der Bioverbände
        Ich könnte darauf wetten , das Demeter auch ein Einsatz von Weihwasser verbieten würde , weil es eben hier auch um Ideologien geht. und nicht um gute fachliche Praxis aus wissenschaftlichen Erkenntnisse geht.

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      • Kemetbauer sagt

        Wer hatte behauptet, dass die Natur ungefährlich ist? Die Stoffwechselprodukte des Bodenbakteriums Saccharopolyspora, die auch Grundlage für dieses Insektizid sind, können Ihnen überall im Boden begegnen. Der entscheidende Unterschied zu den chem. synth. konv. PSM liegt in seiner natürlichen Konfiguration. D.h., die Natur ist auf das Vorhandensein dieses Stoffes eingestellt. Es kann also auch langfristig keine unangenehmen Überraschungen geben. Gesteinsmehl in einer bestimmten Vermahlungsqualität, ist auch ein Bio-Insektizid. Wo hatte jemand behauptet, dass es im Ökolandbau keine PSM gibt? Wir arbeiten mit der Natur jeweils gegen einen Teil von ihr. Ich finde, das ist ein intelligentes System.

        • geplünderter Stiefel sagt

          Guten Abend Kemetbauer, Ich danke Ihnen für ihre ehrlichen Worte zum PSM Einsatz in Ökolandbau. In meiner Region wird leider immer noch von viellen Ökobetrieben behauptet, dass sie keine PSM sondern nur Pflanzenstärkungs und Hilfstoffe einsetzen. Aber darum geht es nicht . Ich will Bio bzw. Öko auch nicht schlechtreden. Wir hatten ja zertifizierte 2 Biowinzer und 2 weiteren unzertifizierte Bio Winzer im Ort. Als der grösste dan von Bioland auf Demeter Umstieg ging der Streit unter diesen Los. Der 2. zertifizierte ist schon immer Ecovin. und wir konventionelle durften oft über deren internen Zerrissenheit im BIO- Öko – Bereich lachen. Wir lernten aber auch von ihnen, Wir setzen seit 10 Jahren Spintor gegen die Kirschessigfliege im Weinbau mit der geringen Aufwandmenge im Kombiverfahren ein. An meiner Arbeitssstelle setzen wir ebensolange Frucht-und Magnesiumkalk mit Erfolg ein. Weil wir aber in einem Tourismusgebiet arbeiten müssen ist eben jeder Einsatz von PSM und die Anzahl der Behandlungen sichtbar. Es gab immer Diskusionen darüber bis wieviele Wochen vor der Ernte der Einsatz von PSM egal ob BIO oder konventionell optisch vertretbar ist. Hier ging es nicht um Rückstände oder Giftigkeit, sondern rein um die Optik es soll bis X Wochen vor der Ernte eben keine Stritze im Weinberg zu sehen sein. Als die KEF 2014 einwanderte ist die Diskussion eben noch agrresiver geworden. Das meinte ich mit der Ideologie in den Verbänden auch konventionelle. Spintor halte ich für wenig giftig bei Anwendung im Kombiverfahren ebenso Fruchtkalk welcher ja auch in der Trinkwsseraufbereitung verwendet wird. Es tötet nicht sondern hält
          Aufgrund seines hohen PH Wertes nur die Schädlinge fern weil sie sicht in diesem trockenen Umfeld nicht wohl fühlen.
          Backpulver setzen wir alle ein, das war eine der besten gemeinsamem Erungenschaften aber jetzt als PSM zugelassen dann fällt es wohl bei denen die es am meinsten brauchen leider wieder weg. Pheromone gegen den Traubenwickler wollte Demetr auch mal verbieten. Der Duftstoff sei chemisches PSM ebenso unsere
          Landesregierung BaWü in Wasserschutzgebieten. Da waren sich mal die ÖKOverbände einig und haben für dieses bewährte BIOtechverfahren gekämpft welches seit über 34 Jahren immer noch einwandfrei funktioniert.
          Warum gerade die Politik so ein bewährtes ungiftiges Verfahren verbieten wollte kann als versuchte Spaltung und Ideologie gewertet werden.
          Auf der anderen Seite gibt es aktuell Allgemeinverfügungen in einigen Landkreisen
          in BAWÜ zum Insektizideinsatz gegen den Japankäfer. Diese Maßnahme ist für alle Plicht auch Bio und Ökobetriebe. Bin gespannt was mit den Zikaden noch kommt, auch in den anderen Kulturen wie Zuckerrüben , Kartoffel ect.

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  6. Bergamasca sagt

    Ein sehr wohlformuliertes, sachliches Resümee. Vielen Dank, Bauer Willi, dass Sie solche wichtigen Beiträge unters gemeine Volk bringen!

    Die Situation bei der Weiterentwicklung des chemischen Pflanzenschutzes erinnert sehr an die bei den Antibiotika: Neue Wirkstoffe werden dringend benötigt, die entsprechende Forschung und Entwicklung ist für die Industrie aber kaum rentabel, weil die daraus hervorgehenden Produkte ja möglichst sparsam eingesetzt werden sollen.

    Gestolpert bin ich über „Allein zwischen 1970 und 2008 ist das Toxizitätsrisiko von Pflanzenschutzmitteln in der EU um mehr als 95 Prozent gesunken.“ Hier wird nicht erläutert, wie man zu dieser Zahl kommt. Aber ich sehe ein, dass bei einer Keynote Speech zwangsläufig irgendwo gekürzt werden muss.

    Außerdem verstehe ich den folgenden Sachverhalt nicht:
    „Von den insgesamt knapp 5.600 existierenden Anwendungsfällen für chemische Pflanzenschutzmittel in Landwirtschaft, Forst und Gartenbau waren bei der letzten Erhebung 2019 nur noch 36% durch die Verfügbarkeit von mindestens 3 Resistenzklassen abgedeckt.“
    — Ich dachte, „Resistenzklasse“ beziehe sich auf die Schädlingspopulationen (von sehr empfindlich bis hoch resistent) und nicht auf die Mittel. Was ist hier gemeint?

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    • Thomas Bröcker sagt

      Bei 3 Resistenzklassen geht es um nicht zu ähnliche Wirkstoffgruppen/Wirkstoffe um zu vermeiden, dass bei Resistenz gegen eine Wirkstoffgruppe/einen Wirkstoff keine Alternativen zur Verfügung stehen. Grundsätzlich war man vor einiger Zeit (80-ziger, 90-ziger Jahre) immer bestrebt gegen die wirklichen Problemschädlinge und -Krankheiten mindestens 3 verschiedenen Wirkstoffklassen zur Verfügung zu haben. Das ist seit 15 – 20 Jahren nicht mehr voll gegeben.

      In den Jahren nach 1970 sind Mittel mit Warmblütertox (z.B. die Organophosphate Dimethoat, Parathion) allmählich komplett aus der Zulassung genommen worden.
      Heute ist fast nichts mehr im Portfolio der Pflanzenschutzmittel, dass noch ein gefährliches akutes Vergiftungspotential für Warmblüter hat.
      Pflanzenschutzmittelvergiftungen betrafen aber von Anbeginn der Verwendung (Kupfer und Bleiarsenat und DNOC ) die Anwender. Die Konsumenten waren nie tatsächlich gefährdet.

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      • Bergamasca sagt

        Danke, Her Bröcker. So klingt es einleuchtend in der Sache. Intuitiv hätte ich auch etwas in der Richtung vermutet, nur klingt die Formulierung oben – rein sprachanalytisch gesehen – eben etwas irreführend.

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  7. Christian Bothe sagt

    Eine sachliche und realistische Darstellung von dem Professor( Göttingen ).Deckt sich mit den Untersuchungen meiner Berufskollegen auf agrarfakten.de, die diese seit Jahren publizieren, u.a.was den Einsatz von PSM etc. betrifft!

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  8. Es war nicht alles schlecht was früher einmal gut war! sagt

    Seien wir ehrlich, auf den Erzählungen, die Prof. Tiedemann hier anprangert und mit Fakten widerlegt, ist die Biolandwirtschaft aufgebaut bzw. wird den Leuten so verkauft.

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    • Thomas Bröcker sagt

      DAS ist tatsächlich der eigentliche Grund und das eigentliche Problem !!

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    • Kemetbauer sagt

      Sie meinen, dass Parkinson als Berufskrankheit für Landwirte in D und Prostatakrebs bei Landwirten in Frankreich Panikmache sind? Falls ja, würde ich meinen Zusatzbeitrag zur ldw. BG gern zurückhaben. Bzw. ich möchte zukünftig von weiteren Beitragsforderungen zur Abdeckung von Kosten, die aus der Anwendung von chem. synth. PSM resultieren, verschont bleiben. Wer den Ertrag aus der Anwendung dieser Stoffe eingesackt hat, der soll auch für evtl. Kosten aufkommen. Vielleicht beteiligt sich die chemische Industrie an den Kosten. Ach nein, die haben ja schon geäußert, dass ein Risiko ausschließlich aus der fehlerhaften Anwendung ihrer Produkte resultieren könnte. Dumme Bauern ?

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      • Thomas Bröcker sagt

        Ich halte das mit d. Parkinson für sehr weit hergeholt. Da ist sehr viel Unbekanntes im Spiel. In meiner Familie gab es tatsächlich 2 Parkinson-Fälle.
        Mein Vater (Kirchenmusiker) ist mit 85 an Parkinson gestorben (nach 5 Jahren Leiden),
        mein Bruder ist nach kurzem schnellen Verlauf mit 65 an Parkinson verstorben (Automechaniker). Bei meinem Bruder wurde eine schwere Kopfverletzung bei einem Unfall aus früheren Jahren als Ursache angesehen. Die Ursachen für Parkinson sind vielfältig und oft mit Demenz vermischt. Es sind , wie bei allen multifaktoriellen Zusammenhängen halt viele, oft in ihrer Wirkung nicht abgrenzbare Faktoren im Spiel.
        Das Zentralinstitut für kassenärztliche Versorgung geht von einem Rückgang der Neuerkrankungen um 30 % aus, der Parkinson Verband bezweifelt das. Also wie immer viele Interessen, viel Nebel und Behauptungen im Spiel.

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        • Kemetbauer sagt

          Ich hatte nicht geschrieben, dass es Parkinson und Prostatakrebs erst gibt, seit die Landwirte „fehlerhaft“ PSM einsetzen. Wer die Hürden bezüglich Anerkennung einer Berufskrankheit kennt, der weiß, dass man diese Hürde nicht mit einer Studie nehmen kann.
          Ich finde es extrem merkwürdig, dass Berufskollegen, wenn es um eine offensichtlich mit der konv. Berufsausübung im Zusammenhang stehende Erkrankung geht, sich auf die Seite der chemischen Industrie stellen. Der deutsche Städte- und Gemeindebund ist da intelligenter. Als die EU die Realisierung der nächsten Klärstufe durchsetzte, haben die Kommunalpolitiker ganz einfach nach dem Verursacherprinzip gehandelt und mächtig bei der chemischen, der kosmetischen und der pharmazeutischen Industrie angeklopft. Was kam? „Wir verweigern uns nicht, wenn es um die Finanzierung der Innovation geht, hieß es da. Warum geht das bei den die Landwirte betreffenden Krankheiten nicht? Wirklich zu dumm?

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          • Thomas Bröcker sagt

            Um die Diskussion etwas zu entschärfen:
            die Parkinson-Fälle in der Landwirtschaft sind möglicherweise schon mit den Mitteln aus den 60-zigern und 70-zigern in Zusammenhang zu bringen. Die neurotoxischen Chlorkohlenwasserstoffe und die Organophosphate hatten allein wegen ihrer Aufnehmbarkeit über Haut und Atmung sicher ein Vergiftungs- und Nervenschädigendes Potential. Das ist ähnlich zu sehen wie auch Lösungsmittel und Farben. Diese Mittel wurden bis in die 2.000 -ender Jahre in vielen Ländern verwendet.
            Wenn ich dazu noch resümiere, wie lax die Bestimmungen zum Arbeitsschutz bei der Anwendung gehandhabt wurden, könnte daraus durchaus ein Risiko erwachsen sein.
            Nach der Wende habe ich mir (auch aus beruflichem Interesse) den Obst- und Weinbau im Süden und Westen genauer angesehen. Ich war überrascht, wie oft in kleinen Betrieben, vor allem im Weinbau, Schlepper ohne Kabine beim Spritzen zu sehen waren. Im besten Falle hatte der Fahrer eine Gummijacke und einen Südwester an.
            Bei uns war Kabine zum Spritzen seit Ende der 60-ziger Jahre Pflicht.

            Also aus der Vergangenheit heraus ist ein verstärktes Auftreten von Parkinson insbesondere bei Sonderkulturbetrieben sicher erklärbar … das gilt für den Bereich Maler und Lackierer übrigens ebenso.
            Die Gegenwart gibt das nicht mehr her, weder von der Mittelpalette, noch von der Anwendungstechnik.
            Differenzierte Betrachtung hilft Konflikte zu entschärfen … wenn man es denn will @kemetbauer.

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  9. Arnold Krämer sagt

    Zwei wichtige Fragen in diesem Zusammenhang:
    1. Welche Wissenschaftler haben (k)einen Zugang zu den entscheidenden Politikern und Beamten in Brüssel und Berlin?
    2. Wieviel Problemdruck muss entstehen, damit es zu einer Revision der bisherigen PS-Politik kommt. Die Wolfsproblematik zeigt, dass Politiker nur sehr schwer von ihren Irrtümer abzubringen sind.

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  10. Thorens sagt

    Mir wurde der Text letzte Woche schon zugesandt.

    Aus meiner Sicht das Drama rund ums Thema gut, sachlich und ideologiefrei zusammengefasst. Als Bildungslektüre allen Nahrung aufnehmenden „Pestizid“-Kritikern sowie den Entscheidungsträgern in Politik und NGO wämstens anzuempfehlen.

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  11. Thomas Bröcker sagt

    Der Text von Prof. von Tiedemann fasst den aktuellen Stand der Entwicklung im Pflanzenschutz in seiner gewohnt präzisen Art zusammen.
    1. haben wir quasi keine Probleme mit Warmblüter und Humantoxizität
    2. Reduzieren Pflanzenschutzmittel die Individuenanzahl bei Insekten (was ihre Aufgabe ist), rotten aber niemals Arten aus.
    3. würden 20 – 40 % der Erträge fehlen und fünfmal mehr Mensch würden hungern
    4. Wäre die Mycotoxinbelastung sehr viel höher

    Insbesondere die im Moment in den Mittelpunkt katapultierte angebliche Auswirkung auf den Artenrückgang ist auch aus dem Blickwinkel meiner 45-jährigen Praxis in keinster Weise gegeben. Selbst bei den gezielt bekämpften Insekten die unsere Kulturen schädigen ist es uns selbst mit den giftigen Mitteln aus den 60-iger bis 80-ziger Jahren nie gelungen irgendeine Art auszurotten. Im Gegenteil, es wandern immer mehr Schädlinge erfolgreich ein.
    Neueste Untersuchungen zum Insektenbesatz in Blühstreifen (Paul Epp Augustenberg 2025) zeigen in Anlagen mit normalem Behandlungsindex konventionell (IP) die höchsten Individuenzahlen an Insekten (15.146 bei IP, 9.315 bei BIO und 7.689 bei unbehandelten Anlagen).
    Das widerspricht (und das nicht zum ersten Mal) vollkommen dem Narrativ vom „alles wird totgespritzt“. Es ist tatsächlich höchste Zeit, dass genau das auch proaktiv in die Politik und die Medien transportiert wird. Der von v. Tiedemann zu Recht geforderte Schwenk von einer sinnbefreiten reinen Reduktionspolitik auf eine Ermöglichungspolitik wird sonst politisch nicht mehr umsetzbar sein. Die summe an falschen Erzählungen ist inzwischen zu einer „Brandmauer“ aufgewachsen, die schwerer mit Vernunft zu überwinden ist als einst der „eiserne Vorhang“ der Ost und West getrennt hat.

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    • Arnold Krämer sagt

      Die Narrative einer angeblich biodiversitätschädigen Landwirtschaft sind mittlerweile tief in die Hirne der bürgerlichen Gesellschaft eingedrungen.
      Selbst in einem aktualisierten Buch über die Geschichte des Landes Niedersachsen findet man einen Hinweis auf Grundwasserbelastungen und auf Biodiversitätschädigung durch die niedersächsische Landwirtschaft.

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  12. Ludwig sagt

    Solange die Politik die Haltung , Woke, Ideologie , usw. höher bewertet als Sachlichkeit und Realismus ist es schwierig in unserem Gemeinwesen eine Verbesserung für die Bevölkerung zu erreichen. Der konventionelle Bauer wird so als Feind angesehen. Komisch , daß mit Pflanzenschutzmitteln der Hunger zurückgedrängt wurde , aber das keiner in Brüssel und Berlin sehen will. Komisch auch , daß mit den Coronaimpfstoffeinsatz ohne Vorsorge wild geimpft wurde. Es gibt sogar Behauptungen , daß durch den Impfstoff viele , man behauptet 30 Mill. Menschen , am Impfstoff gestorben sind . Warum gibt es hier keine Nachbearbeitung mit dem Ziel in Zukunft andere Wege zu gehen. Seltsam auch der ungeklärte Einkauf dieser Coronaimpfstoffe. Aus meiner Sicht wird hier mit zweierlei Maß gemessen. Da ist wohl zuviel Geld geflossen ? Auch muß gefragt werden ob die NGOs dazu benutzt werden um einige Leute unter fadenscheinigen Argumenten reich zu machen ? Wenn bei einigen EU-Abgeordneten Koffer voller Geld gefunden wurden , dann liegt dieser Verdacht wohl nahe und erfordert wohl einmal in Brüssel ordentlich auszumisten. Uns Bauern überzieht man mit Kontrollen , Verordnungen , usw. , aber dort kassiert man kräftig. Das wird unter diesen Bedingungen die EU kaum überleben.

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  13. Werner Knödler sagt

    Ob er damit in Berlin und bei den
    Green Dealern in Brüssel gehör Findet ?

    Ich befürchte deren Tröge sind immer noch
    voll genug .
    Heute soll es richtig schönes Heuwetter geben,
    bei den LUs liefen gestern schon die Pressen ,
    und ich werde mich vor der Hitze schützen so wie
    man es schon vor der Klimawandlung tat .

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