Bauer Willi
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Schikane oder Unvermögen?

Jetzt habe ich endlich meinen EU-Antrag abgegeben. Nennt sich hier in NRW komischerweise „ELAN“. Ja, Elan braucht man schon, wenn man sich durch diesen Moloch von Formularen durchkämpft. Und möglichst auch eine schnelle Internet-Verbindung, weil man ohne diese schnell an den Rand der Verzweiflung kommt. Der Antrag wird nämlich ab diesem Jahr online ausgefüllt. Da ist es schon sinnvoll, diese Arbeit abends nach 23 Uhr zu erledigen oder sich den Wecker auf 4 Uhr morgens zu stellen, damit man was geschafft bekommt. Denn so wie es bisher war ist es nicht mehr. Gut, die Fragen hat man relativ schnell beantwortet, das kennt man aus den Vorjahren. Aber dann geht es los mit dem Flächenverzeichnis bzw. dem Einzeichnen der Flächen (siehe Bild). Hat man bisher die Flächen bisher mit der Maus umfahren und so grob markiert, braucht man seit diesem Jahr eine sehr ruhige Hand und ein geschultes Auge. Für die Berechnung der Prämien sind nämlich nicht mehr die Angaben im Flächenverzeichnis gültig. Nein, das Flächenverzeichnis greift auf die Zeichnung im GIS-System (Geographisches Informationssystem) zurück und da geht es um jeden Quadratmeter! Doch damit nicht genug: ein Wackler mit der der Computer-Maus und schon habe ich eine imaginäre Grenze überschritten und bekomme eine Fehlermeldung. Wo dieser Wackler dann genau liegt, darf ich bitteschön selber rausfinden. Und hat der Feld-Nachbar seinen Antrag früher abgegeben und sich ein wenig von meiner Fläche „abgezweigt“? Pech gehabt, wer zuerst kommt hat Recht. Muss ja nicht einmal Absicht dahinter stecken, vielleicht hat der ja auch eine unruhige Hand.

Und dann noch etwas seltsames. Ich habe eine Fläche, die laut Kataster einen Inhalt von 20,96 Hektar hat. Das gleiche Flurstück hat aber im GIS-Modell eine Fläche von über 21 Hektar! Was stimmt denn nun? Hat das GIS-Modell etwa die Erdkrümmung mit berücksichtigt und wird dadurch die Fläche größer? Ich weiß es nicht. In anderen Bundesländern wird auf die Daten des Katasters zurückgegriffen. Warum ist das in NRW nicht möglich? Jedenfalls habe ich mit meinem Nachbarn, mit dem ich schon mal Flächen tausche, mehr als 6 Stunden alleine für das Zeichnen benötigt! Welches kranke Gehirn hat sich das ausgedacht und warum hat man ein gut funktionierendes Verfahren derart erschwert?

Die lieben Beraterinnen und Berater in den Dienststellen der Landwirtschafts- kammer tun mir echt leid. Sie geben sich alle erdenklichen Mühen, opfern ihre wertvolle Zeit, die sie sicherlich für sinnvollere Aufgaben verwenden würden. Wahrscheinlich müssen sie auch noch aufgebrachte Landwirte beruhigen, die für so einen Zirkus kein Verständnis haben. Zumal die Antragstellung in eine Zeit fällt, in der weiß Gott im Feld genug zu tun ist.

Zum Schluss noch ein paar Zahlen. Ich habe Zahlungsansprüche für 33,97 ha. Nach der ersten Eingabe, vor den Fehlermeldungen, hatte ich eine Antragsfläche von 33,8478 ha. Dann habe ich die Feldgrenzen alle etwas nach innen gezogen, um die „Wackler“ beim Zeichnen auszugleichen. Eingereicht habe ich meinen Antrag mit 33,7422 ha. Das sind 2278 Quadratmeter weniger, als mir rechtmäßig zustehen. Macht als Betrag für meinen Betrieb rund 75 € aus. Ist jetzt nicht die Welt und trifft auch keinen Armen. Wenn das aber bei jedem Antragsteller (285.000)  diese 75 € ausmacht, dann sind es in der Summe über 21 Millionen Euro, die die EU  allein in Deutschland so „einspart“. Könnte das der Grund für diese Schikane sein? Oder ist es wirklich nur Unvermögen?

Herr Remmel (zuständiger Minister in NRW) kann sich ja mal bei mir melden. Mal sehen, was er sagt. Ich hätte jetzt dafür wieder Zeit. Mein Antrag ist ja raus.

Euer Bauer Willi

(Aufrufe 2.918 gesamt, 1 heute)

58 Kommentare

  1. Friederike Grates sagt

    Gegen diesen Irrsinn sollte der Aufstand geprobt werden! Wo ist unsere Berufsvertretung? Gegen dieses Verfahren müssten rechtliche Schritte eingeleitet werden. Ein System, das schon technisch nicht funktioniert, inhaltliche Fehler erzeugt und für die Antragstellung einfach nicht handhabbar ist, es aber auch keine Alternative gibt, wie man den Antrag anders einreichen könnte… es ist eine Zumutung, eine Frechheit und ganz sicher illegal!
    ‚Warum lassen wir das mit uns machen?

    • bauerhans sagt

      so wie ich das beurteile,müsste der einzelne vor dem verwaltungsgericht klagen und bekäme erst geld,wenn entschieden wäre,das kann jahre dauern.

  2. Palla sagt

    Im Februar 2016 waren die Damen vom Landwirtschaftsamt bei uns um die Flächengrenzen vom Antrag 2015, dessen Geld noch nicht ausgezahlt war zu kontrollieren. Am besagten Tag hatten wir strahlenden Sonnenschein und 10 cm geschlossene Schneedecke ( kein Witz!) Wen wunderts da, wenn die Grenzen vom Online-Antrag nicht mit den GPS-Daten vom tragbaren und zu dem ziemlich ungenauen Gerät der Damen übereinstimmen. Wird zweimal die selbe Fläche geprüft, kommt jedenfalls jedes Mal was anderes raus! Blöd ist nur, dass deren Daten gelten!

    Weiß Jemand was für ein Signal die offiziellen Geräte verwenden, bzw. Wie genau die sind?

    • Andreas Schmid sagt

      Bei uns macht es das örtliche Vermessungsamt. Die laufen mit GPS-Geräte. Funktioniert nur ordentlich, wenn keine Hecken oder Waldränder dabei sind. Da muss das alte Vermessungsverfahren von Hand angewendet werden.

    • Andreas Schmid sagt

      Die haben nicht genügend Fehler, die man den Bauern ankreiden kann. Bei uns verwechselte das Amt einen großen Maisacker mit einem kleinen Salatacker auf dem Luftbild. Beides war eindeutig zu zu sehen. Bei der Vorortkontrolle war der Maisacker da. Wir hatten davon eine amtliche Unterschrift von der Kontrolle. Bei der Auszahlung war der Maisacker wieder verschwunden. Dieses werte ich heute als Vorsatz. Wenn Heute mal wieder etwas nicht stimmt, muss sich das Amt diese Geschichte freundlich laut anhören.

  3. Klemens sagt

    Auch bei uns in Südtirol dasselbe Theater. Man möchte glauben es handle sich um reine Arbeitsbeschagfungsmaßnahmen für Techniker und Beamte damut das Geld von der Landwirtschaft in die Behörden umgeleitet wird. Zudem sind die Aufnahmen Luftaufnahmen von Flugzeugen und dermaßen verzerrt daß ganze Wohnhäuser außerhalb der Katasterlinien stehen.

  4. Harmut Keller sagt

    Für mich ist das auch nur reine Schikane. Am letzten Montag hatte ich meinen Termin bei der Kammer für den ELAN-Antrag. Pünktlich um 8Uhr fing die Beraterin mit mir an, meine Daten einzugeben. Wir sind aber leider nicht weit gekommen, da das Programm in Münster später wieder streikte. Gestern früh hatte ich es zuhause endlich geschafft, mich selber in das Programm einzuloggen. Ich brauchte ca. 1,5 Stunden, um mich einzuarbeiten. Dann hatte ich bis Mittag den Rest fast fertig bekommen, konnte aber meine Eingaben nicht abspeichern, da wieder ein Fehler im Programm vorlag.
    Dann dachte ich mir, machst du halt mal deine Angaben zur Agrarstrukturerhebung, die hatten ja auch schon das Erinnerungsschreiben geschickt. Nachdem ich die Onlinebefragung penibel ausgefüllt hatte, wollte ich das auch online abschicken. Ich bekam aber auch nur Fehlermeldungen. Frustriert rief ich dann zur IT.NRW an, ob die mir weiterhelfen konnten. Da bekam ich nur zur Antwort: Versuchen Sie es doch morgen, heute haben wir Probleme mit unserem Server. Da habe ich doch fast den ganzen Tag umsonst am Rechner gesessen. Anfang Februar mussten wir pünktlich die Tierhalter-Versicherung ans zuständige Amt faxen. Leider kam da auch kaum einer mit dem Fax durch, da die Leitung überlastet war.
    Zu all den Angaben sind wir Landwirte verpflichtet, bei Verspätung werden wir sanktioniert. Dann sollten wenigstens die obersten Behörden für einen reibungslosen Ablauf sorgen. Denen ist aber anscheinend das alles egal, schließlich haftet der Landwirt ja auch für ihre Fehler.

  5. Friedrich sagt

    Hier in Niedersachsen ist das auch so. Inzwischen hat man hier acht UPs raufgeladen. Jeder
    Antrag dauert lt. Berater mehr als doppelt so lange. Wegen der Schlaggrenzen muß kurz vor
    Abgabeende alles noch einmal überprüft werden, weil die Nachbarn vielleicht andere
    Grenzen gezogen haben. So verschafft sich die Verwaltungsbürokratie kräftig Arbeit und wird nicht überflüssig. Das ganze hat System. Gerade in Niedersachsen will man ja auch vom Ministerium die Landwirte ärgern. Wir haben immer den Eindruck , daß unser
    Minister jeden Morgen sich eine neue Schweinerei ausdenkt . Wie können wir Landwirte
    überhaupt noch Vertrauen in unsere Politik haben, ich denke „Keine“ !!

  6. Altbauer Jochen sagt

    Ich kennen den Antragswahnsinn zwar nur noch aus den Unterlagen
    meines Sohnes, der das auch vom Beratungsring erledigen lässt,
    Aber schon Anfang der 1990er Jahre mit dem Beginn der Acker-,Grünland,-
    und Tierprämien, befürchtete ich eine stetige Verkomplizierung
    und Bürokratisierung des Antragsverfahrens. Es ist ja wohl in die Richtung gegangen.
    Meine Vorstellung war schon damals ,statt Hektarprämien eine Art „Familienprämie“,
    zu schaffen, wenn der Wille dagewesen wäre möglichst viele Bauernfamilien und
    Höfe zu erhalten. Ich weiß das es genügend Berufskollegen gibt, die sich strikt gegen
    dieser Art “ Bestandserhaltung“ aussprechen und sicherlich wäre so etwas auch nicht
    ganz unkompliziert gewesen. Die Kriterien für eine Gewährung in dieser Art hätten wohl
    auch in Brüssel festgelegt werden müssen. Bei den unterschiedlichen Strukturen
    ( und Interessen) in Europa sicherlich nicht einfach.
    Ob bei einer solchen „Familienbetriebsprämie“ mehr Bauernhöfe erhalten geblieben wären ??? Ich wage es nicht,das zu beurteilen.

  7. Schweinebauer Piet sagt

    In Niedersachsen soll jetzt mit dem Zeichen alles viel genauer gehen und wenn ich nach dem Feldnachbarn abgebe, kann ich sehen wo er seine Grenze gezeichnet hat. Die sind doch bekloppt.

  8. Andreas sagt

    Natürlich hast Du für über 2000 qm zu viele Zahlungsansprüche. Für Deine Aufforstung kannst Du nichts beantragen.

    Es ist keine (Zitat) „imaginäre Grenze“. Die Grenze ist real und anders geht es nicht.

    Ich habe mal einen Leserbrief an das Wochenblatt Westfalen Lippe geschickt, der vermutlich aus „Korruptionsgründen“ nicht veröffentlicht würde. Darin habe ich gefordert, besonders hinsichtlich aktueller Krisen nicht den Hektar zu fördern sondern die Familienarbeitskraft. Nicht die Fremd AK, weil Bauern so schlecht zahlen.

  9. JD6530 sagt

    Wenn ich als Landwirt Willis Gedanken und Aufregung nachvollziehen kann, ebenso wie die der restlichen aufgebrachten Landwirten, und ebenso die Regelung für fragwürdig halte, so muss ich Willi doch in einem Punkt widersprechen: Die Geo-basierte Antragstellung, also das angeprangerte System, ist EU-weit umgesetzt, soll heißen es ist in ganz Deutschland und dem Rest der EU eingeführt.

    • Bauer Willi sagt

      Richtig! Aber so wie es in den letzten Jahren geobasiert durchgeführt wurde, war es deutlich einfacher. Es galt die Zahl im Flächenantrag und nicht der aus der „Zeichnung“. Die treiben einen einfach in den Wahnsinn! Die Flächen haben sich doch nicht geändert1 Was soll das also?
      Bauer Willi

  10. Franziska Josef Schäfer sagt

    Ganz spannend bzw. frustrierend ist es für Landwirte, die Flächen in zwei Bundesländern bewirtschaften. Da kommt die Aussage von der Service Hotline, dieser Fall sei nicht vorgesehen und werde vom Programm nicht unterstützt. Man möge weiter den Papierantrag nutzen. Na toll.! Bin mal gespannt, wie das im nächsten Jahr aussieht. War da nicht was mit verpflichtendem E- Antrag in 2018?….
    Franz aus dem nördlichen RLP…

    • Bauer Willi sagt

      Mir sind diese Fälle auch bekannt. Aber dann wäre der Artikel noch länger geworden.
      Bauer Willi

  11. Ich habe einige Anträge gemacht früher und Heute. Mal abgesehen von den Programmproblemen ein echter Fortschritt.
    Mit der Art von Kommentierung für Alles und Jedes sollte man zum Wochenblattleitartikler umschule.
    Dann hat der gute Willi dem Herrn Remmel noch einen eingeschenkt.
    Mich interessiert, unabhängig davon, das es momentan schick ist, den Minister an den Ohren durch die Arena zu ziehen, warum hat dieser Mitschuld an der Situation ?

    • Bauer Willi sagt

      Verstehe den Seitenhieb nicht ganz: Klar kommentiere ich alles und jedes, deshalb gibt es diesen Blog.
      Was den Minister angeht: ich habe ihn schon mehrfach persönlich getroffen und würde ihm das hier geschilderte auch ins Gesicht sagen. Als zuständiger Minister hat er auch die Verantwortung für die Durchführung von Maßnahmen. Und dieses Programm ist einfach handwerklich schlecht gemacht und eine echte Verschlechterung. Ich habe in meinen 40 Jahren Landwirtschaft auch schon einige Anträge ausgefüllt…
      Bauer Willi

      • Unter Berücksichtigung deiner beruflichen und landwirtschaftlichen Profession kommt mir die Deine Aufregung über Elan ziemlich aufgesetzt vor.
        Die Umstellung auf das jetzige Verfahren ist u. a deshalb vorgenommen worden weil die EU die zulässigen Abweichungen zwischen Skizze und Flächenangabe nicht mehr tolerieren wollte deshalb wurden die Toleranzen verringert.
        Mein Vorschlag zur Abhilfe wäre, evtl. das LANUV mit der Umsetzung zu beauftragen. Wer das nicht kann oder will soll sich Beratung einkaufen, oder angesichts von Crop Compliance und/ oder des pers.Steuersatzes dankend ablehnen.!

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