Es darf diskutiert werden: Ein interessantes Interview von REUTERS mit Julia Klöckner zur „Gen-Schere“. Bin gespannt, wie die Reaktionen darauf sind.
https://de.reuters.com/article/deutschland-agrar-gentechnik-idDEKCN1LL240
Oder auch hier:
(Aufrufe 911 gesamt, 1 heute)
Schnipp, schnapp: https://www.tagesspiegel.de/wissen/molekulare-medizin-rueckschlag-fuer-gentherapie-mit-crispr/23256828.html
So, der Form halber anbei verlinkt meine Meinung zum Buch ‚Seeds of science‘ von Mark Lynas – und zum Unterschied von natürlicher und künstlicher Genbearbeitung:
http://guidovobig.com/2018/09/16/mit-der-natur-ist-nicht-gut-kirschen-essen/
Nur um auch die “andere“ Seite zu hören:
https://www.gmwatch.org/en/news/latest-news/15938-why-mark-lynas-changed-his-mind
Oops, verkehrte Stelle. Gehört eigentlich nach ganz unten. Als Antwort auf Regine Lehmeiers Buchtipp ‚Seeds of science‘ von Mark Lynas.
Anbei noch der, meiner Meinung nach, kontexttreueste und kohärenzstimmigste Text zum Unterschied zwischen natürlicher und künstlicher Evolution, nicht nur der Rolle der Viren wegen:
http://www.biocommunication.at/pdf/publications/Artificial%20Natural%20.pdf
Zur Verdeutlichung des Unterschiedes zwischen natürlicher Evolution und künstlicher K.O.-Evolution ein weiteres Beispiel:
Man stelle sich eine weitestgehend unberührte Wildblumenwiese vor, wo keine menschliche Anwesenheit bis zu sämtlichen Horizonten ersichtlich ist. Als erster Mensch überhaupt betritt man ein solches Blütenmeer. Man schnuppert hier und da mal an den Blüten. Dann konzentriert man sich auf eine einzelne Blüte und sagt leise zu ihr: ‚Arschloch, Arschloch‘. Das macht man bis zum Sonnenuntergang. Was passiert mit der Blüte? Nichts. Was mit dem Menschen? Er wird vielleicht heiser. Das ist natürliche Evolution.
Gleiches Setting, mit dem Unterschied, dass neben der Wiese eine schmale Straße verläuft, die zu einer Tankstelle führt. Wieder kommt einer daher und schnuppert. Schließlich brüllt dieser eine der Blüten an: ‚Arschloch‘. Nur wenige Meter von ihm entfernt, hinter seinem Rücken, steht eine Motorradgang an den Zapfsäulen, die Helme abgesetzt, tankend. Unentwegt brüllt der eine auf der Wiese weiter ‚Arschloch‘. Das ist die künstliche Variante. Warum? Weil durch den Einfluss des Menschen das Äußern gleicher Buchstabensequenzen schneller zu deutlicheren Reaktionen führt, vor allem, wenn der Kontext der Buchstabenexpression nicht berücksichtigt wird und man das Gespür für leise Töne verloren hat.
Nach Artikel 2 der europäischen Freisetzungs-Richtlinien ist ein Organismus gentechnisch verändert, „wenn sein Genmaterial in einer Weise verändert worden ist, wie es unter natürlichen Bedingungen durch Kreuzung oder natürliche Rekombination nicht vorkommt. Verfahren, die zu einem gentechnisch veränderten Organismus führen, sind die Übertragung außerhalb des Organismus erzeugter DNA mit Hilfe geeigneter Techniken. Mutationen, auch wenn diese künstlich ausgelöst wurden, führen i.d.R nicht zu GVOs im Sinne des Gesetzes.“
Mit CRISPR/Cas9 werden in einer DNA Informationsmuster erzeugt, die natürlicherweise dort nicht entstehen, sondern die entweder von arteigenen oder artfremden Organismen abgekupfert werden. Ob das Informationsmuster eines artfremden Enzyms nun Baustein für Baustein, Buchstabe für Buchstabe im Zielorganismus erzeugt wird oder als komplette Gensequenz, als ganzes „Wort“, übertragen wird, spielt keine Rolle. Mit CRISPR/Cas kann man übrigens beides machen. CRISPR/Cas ist ein Allround-Werkzeug, man kann damit Geninformationen verändern, entfernen, hinzufügen und somit selbstverständlich auch transgene Organismen erzeugen. Deshalb handelt es sich bei Anwendung dieses Instruments eben nicht um künstlich ausgelöste Mutationen, wie gerne behauptet wird.
CRISPR/Cas9 eröffnet überdies neue Anwendungsbereiche, bspw. können viele Veränderungen gleichzeitig durchgeführt werden und DNA-Bereiche, die normalerweise vor Mutationen geschützt sind, können geknackt werden. Es ist kein Werkzeug, das die Möglichkeiten der bisherigen Gentechnik einschränkt, sondern erheblich erweitert.
95% der Nukleotide der DNA sind nicht codierend, spielen also keine Rolle in der Eiweißsynthese. Für einen geringen Teil der 95% sind Funktionen bekannt: Pseudogene, Enhancer, Promotoren, Telomere, Repetitionen. Für den weitaus größeren Teil hat man bislang keine Erklärung und bezeichnet diesen in typischer menschlicher Ignoranz als „junk“.
Was nichts anderes heißt, als dass die DNA bislang, wenn überhaupt, erst ansatzweise begriffen wurde.
Die Freisetzung eines GVOs ist ein Schritt, der nicht wieder rückgängig gemacht werden kann.
Ich nehme an, den Befürwortern der Genschere ist das alles bekannt. Ich wüsste gerne, warum sie sich trotzdem für diese Technologie stark machen.
Ich verstehe das alles nicht. Während der diesjährigen Dürre wird von uns BAuern und Züchtern gefordert uns auf solche Ereignisse einzurichten und auf der anderen Seite wird alles was uns da helfen könnte verboten. Mit dem Urteil haben unsere rückwärtsgewanten Angstmenschen mal wieder gewonnen , aber zukünftigen Generationen einen Bärendienst erwiesen. Es wird der Tag kommen , an dem die Realität sich wieder durchsetzt . Kann nur hoffen, daß es dann nicht zu spät ist. In der Medizin wird jeder neue und helfende Schritt sehr gerne angenommen , aber in anderen Bereichen gilt das Vorsorgeprinzip. Das ist doch krank , oder ?
Die eigentliche Zivilisationskrankheit, die die moderne Gesellschaft befallen hat, lautet Kontextverlust. Mit diesem einhergehend kommt es zu Komplexitätsannahmen, die von Natur aus nicht existieren, sowie zu Kohärenzzerstörung. Fasst man K.O.ntextverlust, K.O.mplexitätsannahme und K.O.härenzverlust zusammen, dann erhält man das, was Menschen unter Fortschritt verstehen, nämlich K.O.-Evolution. Diese unterscheidet sich grundlegend von jener Koevolution, die alle Lebewesen von Natur aus gemeinsam verkörpern. Nur der Mensch glaubt einer Abkürzung folgen zu müssen.
Warum immer schnellere Methoden zur Verfügung stehen müssen, damit sich unsere Nutzpflanzen und -tiere anpassen lassen, liegt doch auf der Hand. Weil jede natürliche Veränderung uns den Angstschweiß auf die Stirn treibt. Hinzukommen noch all die Veränderungen, die sich durch unseren Fortschritt zwar ergeben, aber der Natur in die Schuhe geschoben werden. Wo demnach immer schneller immer mehr Probleme entstehen, müssen auch entsprechend schnell Lösungen her. Daher wird die Schere angesetzt. Die natürlichen Zusammenhänge können dabei im Grunde nur verlieren bzw. verlieren unser Vertrauen in sie, weil es von Natur aus mehr Zeit braucht, sich an solche Veränderungen problemlos anzupassen. Zeit, die wir immer weniger haben. Heute ängstigt uns die Dürre, also schnipp-schnapp und fertig. Nächstes Jahr ist es etwas anderes. Und das wirklich Verrückte dabei ist, dass niemand wahrhaben möchte, dass nicht nur die Landwirtschaft in den kommenden Jahren ein viel größeres Problem haben wird, nämlich globale Abkühlung. Die natürliche Anpassung des Lebens hat damit kein Problem, noch nie gehabt. Für uns Menschen aber wird es ein Problem werden, weil wir nur noch kurzsichtig agieren und dem Glauben verhaftet bleiben, dass sich unsere zunehmende Fragilisierung als Spezies auch weiterhin profitabel als Robustheit verkaufen lässt. Mal sehen, wann der Mensch endlich begreifen wird, wozu eine Schere wirklich taugt: Zum Durchschneiden des Strickes, den er selbst um seinen Hals gelegt hat – vorausgesetzt, die Schere ist groß genug, um einen solchen Strick überhaupt durchtrennen zu können.
Genau die richtige Auffassung von Frau Klöckner. Die grüne Gentechnik ist genauso wie die Genomtechnologie das non plus Ultra der Entwicklung von u.a. klimaresistenten Pflanzen in die Zukunft hinein. Das Urteil des EuGH zu den neuen Züchtungstechniken ist überflüssig genau wie die ganze Diskussion um die grüne Gentechnik durch irgendwelche NGOs und die Grünen. Es ist rückwärts gewandt und wird sich ganz schnell überholen dank der Globalisierung. Nebenbei gesagt über die rote Gentechnik spricht kein Mensch mehr…
Nach heutigen Maßstäben würde wohl auch das Kochen von Lebensmitteln verboten werden. Denn was dabei alles unnatürlich verändert wird, das geht gar nicht…
so sehr wir auch gegen jeden fortschritt in der züchtung wettern und uns davor verschliessen wollen. die anderen werden die vorteile nutzen. vor allem dann wenn nahrung mal wirklich knapp weden sollte…
Toller Satz aus erstem Link:
“Die dabei entstehenden neuen Pflanzen sind im Gegensatz zu gentechnisch veränderten Organismen (GVO) nicht von in der Natur vorkommenden Mutationen derselben Pflanzenart zu unterscheiden. “
Und wieder empfehle ich bei dieser Gelegenheit das Buch ALTERED GENES, TWISTED TRUTH von Steven M. Druker. Wer das Buch gelesen hat und das Zitat oben liest, kann nur mit dem Kopfschütteln – und es ist nicht einfach diese Zeilen hier mit schüttelndem Kopf zu schreiben.
Das Buch wird es bald endlich auch in deutscher Sprache geben.
Unter Laborbedingen auf die Schnelle an Genen herumzuschrauben und das Ergebnis mit dem gleichzusetzen, was im Kontext der Evolution über sehr lange Zeiträume gewachsen ist, ist schlicht haarsträubend, bezeugt aber einmal mehr, die menschliche Kurzsichtigkeit, die sich mit Kontextauflösung paart und Fehlgeburten zur Folge hat, die von Natur aus nicht überlebensfähig sind, aber künstlich am Leben gehalten werden können. Und das im Freiland, weshalb die Biosphäre mehr und mehr zum Labor verkommen muss. Dumm nur, dass das Klima auch von der Sonne abhängig ist und die Sonne gar galaktischen, kosmischen Einflüssen unterliegt.
Die Züchtung beruht immer auf Mutationen. Diese können natürlich sein, also spontan aus einer „Laune der Natur“ heraus, oder auch durch Einsatz von Bestrahlung und Chemikalien erzeugt werden. Die Vielfalt an Gemüsen und Zierpflanzen ist so entstanden. Die Kreuzung von Triticum (Weizen) und Roggen (Secale) ist auch so entstanden (Triticale). Die Bewertung, ob dies nun gut oder schlecht ist, überlasse ich gerne anderen.
Bauer Willi
CRISPR ist eine Verzerrung der Evolution, wie Züchtungen eine sind, nur ist die Gen-Schere um einiges potenter, im negativen Sinne. Wie anderswo bereits geschrieben, handelt es sich bei unseren Eingriffen um K.O.-Evolution, die fortwährend das Haus des Lebens weiter vermöbelt.
Was bei der Gen-Diskussion nicht zur Sprache kommt, ist Kontext. Kontext ergibt sich durch die Lebensbedingungen und bestimmt, wie die Gene gestimmt bzw. aktiviert/deaktiviert werden. Hervorragendes Buch dazu: A SILENT GENE THEORY OF EVOLUTION von Warwick Collins.
Vergleichen wir es mit einem Musikstück. Das Genom ist die Partitur, die Gene die Noten. Kontext bestimmt indirekt die Pausen zwischen den Noten und direkt die Betonung, die Lautstärke der einzelnen Noten. Auf diese Art kann die exakte Beibehaltung aller Notenwerte und Notenlängen, wie auf der Partitur verzeichnet, in immer gleicher Reihenfolge der Noten zu ganz verschiedenen Stimmungen des Gehörten führen, je nachdem, wie die Lebensbedingungen die Notierungen interpretieren, sprich, betonen. Das aber ist die Schwäche der Züchtung und erst recht der weiterführenden, schnelleren Manipulation, da durch solche Eingriffe nicht vorhersehbar ist, wie das Gesamtwerk (!) klingt und auf den Zuhörer wirkt.
Übertragen auf Lebewesen, die auf diese Art aus der Evolution durch Eingriffe herausgenommen werden, ist nicht absehbar, zu welchen Stimmungen, sprich, “Hörerlebnissen“ die Eingriffe im Freien führen, denn über die Pausen zwischen den Noten (Genen) und deren jeweiligen Betonungen (Expression bzw. Aktivierung/Deaktivierung) bestimmt das Umfeld, in dem das Lebewesen zum “Einsatz“ kommt. Da auch diese nicht vorhersehbar sind, erhöht sich damit auch die Unvorhersehbarkeit des Verhaltens der Züchtung/Manipulation im Laufe der Zeit. Es sei denn man hindert das Produkt an der Anpassung an die Lebensbedingungen, was erst recht einem K.O.-Schlagen der Evolution entspricht. Was sich nicht anpassen kann, ist von Natur aus im Grunde bereits tot.
Ganz zu schweigen von der Unvorhersehbarkeit, wie jene mit solchen Schlägereien und Vermöbelungen im Haus des Lebens verfahren, die über die Hausordnung verfügen: Viren. Nicht umsonst sind alle bisherigen Epidemien und Pandemien von Menschen verursacht, weil sie immer wieder gegen die Hausordnung verstoßen. Von Natur aus, aus Sicht der Evolution, können solche Entartungen in solcher Größenordnung nicht entstehen.
Wer damit liebäugelt, tatsächlich Geld für das von Herrn Vobig empfohlene Buch auszugeben, sollte vorher diese Rezension lesen:
http://academicsreview.org/2015/07/steven-druker-twisted-truth-in-altered-genes-book/
Wer auf Literatur steht, die sich auf Forschung nach Art des Herrn Séralini beruft, kann natürlich bedenkenlos zugreifen.
Wie immer gilt: Man mache sich selbst ein Bild.
Mir sträuben sich nur immer die Nackenhaare, wenn ich von wissenschaftlichem Konsens lese. Davon abgesehen ist der verlinkte Text eine typische Blaupause derer, die gerne proklamieren: The science is settled. Dem kann ich nur hinzufügen: Like dust has settled on the truth. Zumal die Rezension sehr einseitig verfasst ist und die eigentlichen Zusammenhänge überhaupt nicht zur Sprache kommen. Nicht, dass da mal wieder Kirschen gepflückt wurden.
Die Séralini-Studie wurde nun mal retreated.
Und dass ja wohl nicht ohne Grund. Wenn das dann eine einseitige Darstellung ist….hm…jeder ist da wohl in seiner Wahrnehmung gefangen.
Da Sie ja des Englischen mächtig zu sein scheine, ein anderer Literaturtip meinerseits:
„Seeds of Science“ von Mark Lynas
http://www.marklynas.org/books/
Und hier noch das Statement des Profs meiner Tochter zu CRISPR und dem EuGH-Urteil:
https://www.deutschlandfunk.de/forscher-ueber-eugh-urteil-zur-genschere-keine.694.de.html?dram:article_id=424096
Danke für den Buchtipp. Ist bestellt, da ich grundsätzlich mehrere Stimmen, vor allem gegensätzliche, berücksichtige und keinesfalls mich einseitig informieren möchte.
Das Interview erinnert mich in der Argumentation für die Gen-Schere an die Diskussion von Kunstfleich und Massentierhaltung, wie anei aufgeführt:
http://guidovobig.com/2018/01/08/massenmenschhaltung/
Wenn man das bessere Übel propagieren kann, indem das vorherige Übel weit übler dargestellt wird, dann ist das eigentliche Problem, das das vorherige Übel noch als fortschrittlichen Segen zwecks Problemlösung erscheinen ließ, ein gehöriges Stück aus dem Bewusstsein der Bevölkerung verschwunden. Praktisch. Neue Probleme, die dann entstehen, werden dann nicht mehr mit dem eigentlichen in Verbindung gebracht. Was ist Fortschritt? Die immer schnellere und weitreichendere Möglichkeit die Verbindung zwischen Problem und Symptom aufzulösen und das Symptom als ganz neues Problem fortschrittlich anzugehen.
Paradox ist Folgendes:
Täten Programmierer ihre Computer so programmieren, wie Gentechniker das Genom manipulieren, wäre das Chaos in globalen Netzwerken vorprogrammiert. Warum aber dürfen Gentechniker dann, was sie dürfen? Was Programmierer tunlichst vermeiden, ist das lukrative Geschäftsmodell der Gentechniker.
Noch ein Wort zu Mark Lynas. Beim Durchlesen seiner Geschichte, seiner Wandlung, war mein erster Gedanke: Und wenn er vor die Wahl gestellt wurde – entweder Strafe oder Kooperation – und sich für letztere entschieden hat? So etwas soll es in der Geschichte der Menschen ja immer wieder mal gegeben haben, zumal solche Ex-“Querulanten“, die “bekehrt“ wurden, anschließend ein gewisses Maß an Glaubwürdigkeit verkörpern können. Ist wie mit den Statistiken, deren Daten solange gefoltert werden, bis sie die Wahrheit sagen.