Nur noch bis zum 19. September kann jeder seine Stellungnahme zur Verwendung von Pflanzenschutzmitteln abgeben. Hier der Link und das Schreiben, das Hans-Heinrich Voigts nach Brüssel geschickt hat und das ich hier veröffentlichen darf.
Mit dem Ackerbau fing die kulturelle Entwicklung der Menschheit und die Schaffung von Wohlstand an. Der Bundesgesetzgeber hat im Bundesnaturschutzgesetz klargestellt, dass die ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bewirtschaftung keinen Eingriff in den Naturhaushalt darstellt. Siehe Paragraph 17 Abs. 2 Bundesnaturschutzgesetz!
Die Reduzierung des Pflanzenschutzmittelaufwandes im Ackerbau, durch Fruchtwechsel, Anwendung neuster Landtechnik, Sortenwahl sowie ackerbauliches Wissen und Können, unterstütze ich ausdrücklich. Aber deutschlandweit auf 3.546.000 ha Fläche den Pflanzenschutzeinsatz in den Schutzgebieten zu verbieten, lehne ich strikt ab.
Wir sind ein Ackerbaubetrieb im Calenberger Land mit vielfältiger Fruchtfolge. Die Gegend zeichnet sich durch hohe Bodenfruchtbarkeit, mit Bodenwertzahlen von 66 bis 98 Punkten aus. Im Anbau wechseln sich Zuckerrüben, Weizen, Kartoffeln, Weizen, Raps, Mais und Erbsen ab. Wobei die gleiche Frucht, mit Ausnahme des Weizens, mindestens im 5-jährigen Abstand auf dem gleichen Feld angebaut wird. Wir wirtschaften im Landschaftsschutzgebiet auf zwei Betriebsteilen. Mit dem dritten Betrieb liegen wir im Wasserschutzgebiet.
Das Verbot von Pflanzenschutzmaßnahmen würde die Erträge und Qualitäten der Früchte massiv gefährden.
Raps
Beim Anbau von Raps würde durch die Pilzkrankheiten Sclerotinia und Phoma sowie tierische Schädlinge mit Ertragseinbußen von 30 % bis 50 % zu rechnen sein. Fazit: damit ist der Rapsanbau nicht mehr zukunftsfähig und außerdem unrentabel.
Kartoffeln
Beim Kartoffelanbau ist am ehesten der Herbizideinsatz durch mechanische Unkrautbekämpfung zu ersetzen, nicht jedoch der Pflanzenschutzeinsatz gegen tierische und pilzliche Erreger. Denn wenn feucht-schwüle Witterung vorherrscht, kann die Krautfäule Ertragseinbußen von 50 % hervorrufen, von der Lagerfähigkeit der Kartoffeln einmal ganz abgesehen. Der Kartoffelkäfer kann in Kalamitätsjahren, wie diesem, ohne Bekämpfung Schäden von 60 % Ertragsverlusten verursachen. Wenn flächendeckend die Krautfäule nicht mehr chemisch bekämpft werden kann, sind Epidemien in ganzen Landstrichen nicht abwendbar, damit Missernten. Die Hungersnot in Irland um 1850 sollte Warnung genug sein. Fazit: damit wäre der Kartoffelanbau unrentabel.
Weizen
Die Frucht mit dem höchsten Flächenanteil in unserem Betrieb erfordert chemischen Schutz gegen Mehltau, DTR, Halmbruch und Fusariosen bei bestimmten Witterungsverläufen. Fusariosen können dabei besonders gesundheitsgefährdend, weil sie toxisch wirken und nicht einmal mehr als Futtermittel zu verwerten wären. Fazit: damit wäre der Weizenanbau unrentabel.
Zuckerrüben
Der Zuckerrübenanbau ist auf unserem Betrieb die tragende Säule. Die heutige Landtechnik ist noch nicht praxisreif um Herbizideinsätze zu ersetzen und kann Handarbeit von ca. 100 Stunden je ha verursachen. Abgesehen, dass dafür keine Arbeitskräfte zur Verfügung stehen fallen selbst beim Mindestlohn über 1.000€ an Kosten an. Das Verbot der Neonicotinoid-Beize des Saatgutes kann einen 3fach höheren Mittelaufwand an Insektiziden erfordern als das Beizen des Saatgutes. Bei Befall der Zuckerrüben mit dem Virus sind Ertragseinbußen von 50 % zu erwarten. Anmerkung: Bienen fliegen Zuckerrüben nicht an. Blattkrankheiten, wie Cercospora, Ramularia und Mehltau können Ertragseinbußen von 30 % und mehr je nach Zeitpunkt des Auftretens verursachen. Die Resistenzzüchtung ist auf diesem Gebiet noch nicht so weit. CRISPR/Cas Zuchtverfahren, die Sie als Genmanipulation ablehnen, würde schnellere und zielgerichtete Zuchterfolge bringen, damit Pflanzenschutzeinsätze überflüssig machen. Fazit: damit wäre der Zuckerrübenanbau unrentabel.
Pflanzenschutz
Bei der Planung und Durchführung des Pflanzenschutzes werden wir von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, auch während der Vegetation bei Feldbegehungen, beraten. Neueste Technik mit GPS -Steuerung sowie fachkundiges Personal kommt dabei zum Einsatz. Trotz aller Technik, Fachwissen und Wetterprognosen macht uns die Witterung manchmal einen Strich durch die Rechnung. Landwirtschaft findet unter freiem Himmel statt und nicht im Labor.
Mein Appell
Die EU Kommission muss den Entwurf zurückziehen, da nicht nur für die in den Schutzgebieten wirtschaften Betrieben der Konkurs droht. Die Ernährungs-Sicherheit der Bevölkerung steht auf dem Spiel. Bei Knappheit schießen die Preise für Lebensmittel für die Bevölkerung in die Höhe. Der Ukrainekrieg ist dafür ein mahnendes Beispiel, wenn Getreide und Ölfrüchte am Markt knapp werden. Ich erwarte von der EU Kommission, dass die CRISPR/Cas Pflanzenzuchtmethode nicht als Gen-Technik verboten bleibt, denn damit wären Resistenzzüchtungen gegen Krankheiten, Nährstoffeffizienzen sowie Trockenresistenzen schneller möglich. Bei einer Verlagerung der pflanzlichen Produktion ins europäische Ausland ist der Flächenbedarf auf Grund der niedrigeren Erträge doppelt so hoch, von der Explosion der Transportkosten und der CO2- Bilanz ganz zu schweigen.
Ich habe den Eindruck, dass wir uns mitten im Glaubenskrieg befinden, den ich seit 500 Jahren als beendet angesehen habe. Wissenschaftliche Erkenntnisse werden ignoriert um Überzeugungen und Meinungen durchzusetzen.
Fazit:
Gesamtwirtschaftlich betrachtet sollten gerade die Corona-Pandemie mit den Verwerfungen und Unterbrechungen der internationalen Handels- und Warenströme, sowie die Auswirkungen des Ukrainekrieges mit den explodierenden Energie- und Nahrungsmittelpreisen sollten Anlass sein den Ackerbau- Gunststandort Europa weiter zu entwickeln. Der eingeschlagene „Niedersächsischen Weg“ sollte Richtschnur der Agrarpolitik der EU sein.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Heinrich Voigts
Gastartikel stellen die Meinung des Autors dar
Strompreiserhöhung oder gar keinen Strom ? Dieselpreiserhöhung oder kein Ad-blue mehr? Düngerverringerung bis Verbot und massive Knappheit zu Höchstpreisen ?
Da ist das Pflanzenschutzverbot zur Halbierung des Ackerertrages – dort ist eine Forderung zur Halbierung ( teils schon Reduzierung auf einen Viertel ) der jetzigen Tierhaltung…
Ich glaube, die Gründe für eine Betriebsaufgabe waren noch nie so vielfältig.
Ich wette, dass heute in einem Jahr die Lebensmittelpreise viermal so hoch sind – ohne dass die Landwirte auch mehr erlösen… in Europa schreibt man Lebensmittelcrash in grün 🙂 .
Wer kann, wird habecken: nein, sie haben nicht aufgehört, Getreide zu säen…. sie gönnen dem Acker eine Graspause… nein, die Milchbauern haben nicht aufgehört zu melken, sie legen mit ihren Kühen zusammen ein Auszeitjahr ein …
Wie viel Mühlen, Molkereien und Schlachtereien das überleben, steht in den Sternen.
Doch wahrscheinlich ist Kurzarbeit und eine Vervierfachung ( reicht das überhaupt) des Verkaufspreises der „Restlebensmittel“ die letzte Überlebensmöglichkeit dieser Unternehmen.
Von wo die fehlenden Mengen dann importieren ? Also ich weiss es nicht….
Es wird immer spannender…
Inzwischen sind alle Schranken gefallen: https://www.msn.com/de-de/lifestyle/leben/wissen-sie-was-sie-da-essen-so-viel-gift-steckt-im-supermarkt-apfel/ar-AA11HJoC?ocid=msedgdhp&pc=U531&cvid=2cfaaba0d18c44d8a5f06ea43506feed Jetzt werden die größeren Geschütze aufgefahren, wenn der Biomarkt einbricht.
Die typische Berliner*in im heiteitei-modus der Naivität. Man fragt sich immer, wie so viel Infantilitat wohl die Welt retten wird.😎
Das geht über den heititeiti-modus der Naivität hinaus. Das ist rufschädigend und jetzt wird sogar unser Landesverband aktiv. Da es sich um einen verleumderischen Sachverhalt handelt, würde ich hier eine Klage für angemessen halten.
“ jetzt wird sogar unser Landesverband aktiv. “
Das finde ich richtig und vor allem notwendig. Ob hier tatsächlich etwas justiziabel ist, weiß ich nicht. Aber wenn die Veränderung in der Sprache bzgl. der Landwirtschaft nicht mal problematisiert und dann auch gestoppt wird, sieht es wirklich düster aus. Und nach meinem Eindruck gucken viele Menschen schon überrascht, wenn man sich die Verwendung des Begriffs Gift verbittet .
Das ist ein Zeichen dafür,
dass das Auseinandersetzen mit dem Thema zu anstrengend ist.
Die Leute sind überfordert damit.
In unserem Land der Innovationen, des Fortschrittes?
Nun ja, wenn Stellungnahmen etwas ändern würden, würde die Politik sie verbieten. Ich werde trotzdem teilnehmen, man tut halt, was man kann.
Kommentar des Umweltbundesamtes
Feedback zu “Revision of the sustainable use of pesticides Directive”
Das UBA begrüßt die Initiative für die Überarbeitung der Richtlinie zur Nachhaltigen Verwendung von Pestiziden – Sustainable Use of pesticides Directive (SUD). Es zeigt sich, dass bislang in Deutschland zu wenig erreicht worden ist mit Bezug auf den Schutz der Umwelt und Biodiversität. Die Absatzzahlen der Pflanzenschutzmittel sind weiterhin auf einem hohen Niveau und es gibt Evidenzen für zu hohe Rückstände in der Umwelt und Schäden wie Rückgang der Bestäuber, Insekten, Weidevögel und den Verlust der Biodiversität als Ganzes. In 2016 haben wir unsere Empfehlungen für einen nachhaltigen Pflanzenschutz in einem Positionspapier veröffentlicht, das sgn. 5-Punkteprogramm für einen nachhaltigen Pflanzenschutz [5-Punkte-Programm / 5-point programme]. Die Grundprinzipien dieses Positionspapiers sind:1) Einsatz minimieren/Reduction of pesticide use, 2) Risiken identifizieren, quantifizieren und kommunizieren/Identification, quantification and communication of risks, 3) Risikomanagement optimieren/Optimization of risk management, 4) Unvermeidbare Auswirkungen kompensieren und/Compensation of inevitable impacts und 5)Externe Kosten internalisieren/Internalisation of external costs.
Aufbauend auf diese Prinzipien empfehlen wir bei der Überarbeitung der SUD Folgendes zu berücksichtigen:
1) Biozidprodukte in dem Geltungsbereich aufnehmen
2) Terrestrische Kompartimente stärker berücksichtigen
3) Gesamtansatze „Nachhaltiger Pflanzenschutz“ von der Basis des integrierten Pflanzenschutzes (IPM) herdenken
4) Hemmnisse einer erfolgreichen Umsetzung der SUD abbauen
(Konkretisierung, Verbindlichkeit, Nachhaltigkeit)
5) Ergänzende Maßnahmen für eine erfolgreiche Umsetzung der SUD ergreifen
(Verantwortlichkeiten, Umbau und die Anpassung der Anbausysteme, verbesserte Erhebung und Transparenz von Daten, finanzielle
Lenkungsinstrumente, Kompensationsmaßnahmen)
6) Externe Kosten internalisieren
Der deutsche Imkerbund begrüßt die Initiative ebenfalls….und viele viele andere auch.
Allein die unbelehrbare und rückwärtsgewandte Anwenderklicke, die Vasallen der Chemieindustrie, die Umwelt- und Artenzerstörer, also…..die Landwirtschaft, die will das nicht. Beugt euch….oder wie Rammstein sagen würden: Bück dich!!!
So ein SUD aber auch!!!
Übrigens, keine Zeit für einen längeren Kommentar, muss jetzt Raps spritzen gehen – solange es noch geht!
Ist das wieder Bauernbashing?
Gemüse, Obstbau sowie Weinbau benötigt gleichermaßen Pflanzenschutzmaßnahmen gegen vorallem pilzliche Erkrankungen und besonders auch in Hinblick auf die tierischen Gegenspieler (Schnecken).
moin das hat der niedersächsische Bauer gut beschrieben ich werde nachher unterschreiben mach’s gut
Das denke ich auch,
Braucht ein Bauer dazu Mut?
Wenn ja, dann braucht man sich nicht wundern, dass andere Leute über des Bauern Belange entscheiden.
Dann kommtes so weit..