Bauer Willi
Kommentare 22

Keine Bauchnabel-Schau

Die Analyse

Unbestreitbar erkennen immer mehr Landwirte und landwirtschaftliche Organisationen die Chancen der Internet-Vernetzung und der sozialen Medien. Das Lieblingsmedium ist Facebook, wo nicht nur Landwirte sondern auch Organisationen ihre eigenen Seiten erstellen. Auch werden Gruppen formiert,  es werden fleißig Freunde gesucht, Beiträge geteilt, gelikt und kommentiert. Soweit so gut. Soziale Vernetzung führt aber oft zur Bildung von gleichgesinnten Kreisen. Man bleibt im Wesentlichen unter sich. Im Sinne einer erfolgreichen Öffentlichkeitsarbeit bringt es die Landwirte jedoch nicht weiter.

Nach der Facebook-Logik sollte heute jeder Landwirt 280 persönliche Freunde haben, wenn jeder Bürger in Deutschland einen Landwirt persönlich kennen würde. Aber 280 Freunde außerhalb der Landwirtschaft! Wenn dies so wäre, würde nicht nur jeder Bürger einen persönlichen Bezug zu einem Landwirt haben, sondern auch jeder Landwirt hätte einen direkten, persönlichen Bezug zu den Alltagsansichten von „Otto und Ottilie Normalverbraucher“. Wie z.B. dass die große Mehrheit der Bürger den Umwelt- und Tierschutz in für wichtiger halten als die Versorgung mit Nahrung. Das ist in weiten Teilen der Landwirtschaft noch nicht wirklich angekommen. Und so erwartet die Mehrzahl der Landwirte immer noch die Anerkennung dafür, dass sie das Volk satt machen. Doch die Menschen haben dieses Problem nicht, weil die Regale immer gut gefüllt und die Produkte preiswert sind. Ihre Kritik richtet sich gegen die Produktionsmethoden. Da sie diese nicht aus eigenem Erleben kennen, verlassen sie sich auf die Medien und sozialen Netze außerhalb der Landwirtschaft. Es ist eben ihre „mediale Wirklichkeit“. Das ist vollkommen normal und jeder von uns reagiert so. Doch nur bis zu dem Zeitpunkt, wo er die Realität mit eigenen Augen sieht  und persönlichen Kontakt zu jemandem hat.  Es ist leicht, über die Polizei zu schimpfen, wenn man keinen Polizisten selber kennt.  Beamte gelten als stur und umständlich, bis man selber mit einem freundlichen Beamten zu tun hatte. Dann ändert sich das Bild. Meistens, zumindest.

Es ist wichtig und hilfreich, sich auch über die sozialen Medien zu vernetzen und es unterstützt den Gedanken, dass man gemeinsam stark ist. Wirklich etwas erreichen wird die gesamte Agrarbranche aber erst dann, wenn ihre Botschaften auch außerhalb gehört werden. Sonst bleibt es eine Bauchnabel-Schau.

Die Konsequenzen

Raus aus den eigenen Netzen und ran an die Journalisten. Laden Sie den Lokalredakteur zu sich auf den Hof ein. Lassen sie sich ein Thema einfallen, das ihn und die Leser interessieren könnte.  Sagen Sie ihm: „ich wollte Ihnen mal zeigen, wie wir Kartoffel pflanzen, Rüben säen, Gülle ausbringen, Kühe melken, Schweine füttern“. Solche einfachen Dinge kennt heute kaum noch einer.

Meinen sie, er weiß, dass Sie eine Schlagkartei führen oder eine Nährstoffbilanz machen? Ihre Feldspritze regelmäßig zum TÜV muß? Mit Sicherheit nicht und die Leser auch nicht. N-min-Proben sind für ihn böhmische Dörfer. Erklären Sie, welche Unkräuter und Ungräser im Weizen stehen.  Wahrscheinlich hält er Ehrenpreis für eine Blume und Fuchsschwanz für etwas, was am Opel Manta hängt.

Sie haben schon mal das Lokalradio angesprochen? Ein Fernseh-Team eingeladen? Warum eigentlich nicht? Haben Sie Angst, Fehler zu machen? Und wenn, wen stört es? Blamiert haben Sie dann nur sich selbst, nicht die „Innung“ und das ist schnell vergessen. Sie werden übrigens  erstaunt sein, wie freundlich Menschen sein können, wenn sie Ihre persönlichen Gäste sind. Ich weiß das aus eigener Erfahrung.

Euer Bauer Willi

(Aufrufe 788 gesamt, 1 heute)

22 Kommentare

  1. Sabine sagt

    Meiner Erfahrung nach sind die meisten Leute, die sooo wahnsinnig tierlieb sind, dies nur in der Theorie. Ich bin mit meinen zwanzig Zierhühnchen nun wirklich keine Landwirtin und schon gar keine Massentierhalterin, aber alleine ein Grundstück zu finden, wo man unangefeindet seine Hennen samt Hahn unterbringen kann, ist schon ein Lottogewinn. Ich habe Züchterfreunde, wo Anwohner vergiftetes Brot über den Zaun geworfen haben oder denen hat der werte Herr Nachbar, der so große Stücke auf “alles Bio” legte, den Rechtsanwalt auf den Hals gehetzt, weil seine Zuchthähne sich erdreisteten auch am Wochenende und an Feiertagen zu krähen. Meine Hühner sind laut Aussage eines ansässigen Immobilien-Heinis ein Wertminderungsgrund für die Einfamilienhäuser im Umkreis und überhaupt, die Geflügel-Grippe, Salmonellen, Papageienkrankheit, der Mist und der Krach, den die machen…
    Meine Tiere sind geimpft, bei mir schaut der Zuchtwart vorbei, die Tiere werden regelmäßig vor den Shows vom Tierarzt untersucht und weder der Stall noch der Misthaufen stinkt. Wahrscheinlich sehen meine Tiere öfters einen Arzt, wie Nachbars Fiffi, der sich neuerdings verdächtig oft kranzen muß. Trotzdem wollen einige Leute, das die Viecher wegkommen. Die selben Leute, die von den Landwirten die Freilandhaltung fordern… bis die Kuh mal Muh sonntags sagt.

    • Bauer Willi sagt

      Herrlich. Ja, so sieht die Realität aus. Im Alltag ist es mit der Akzeptanz der Tierhaltung schnell vorbei. Schon krass, dass es Dir als Kleintierhalter schon so geht. Danke für den Kommentar.
      Bauer Willi

      • Sabine sagt

        Sicher es gibt auch Leute, die an meinem Zwergengarten stehen bleiben und sich an meinen Hühnchen erfreuen und oft ergeben sich interessante Gespräche und Gespräche, die mir verraten, dass viele Leute nicht darüber nachdenken, wo Ihr Essen herkommt. Von: “Ich dachte, die Hennen brauchen einen Hahn, um Eier zu legen” oder “Ich dachte, es gibt Hühner nur in Weiß und Braun… wegen weißer und brauner Eier”. Es gibt übrigens auch andere Eifarben, ohne Färbemittel aus dem Supermarkt. Trotzdem hören viele alte Züchter auf und wir finden kaum Nachwuchs. Weil für die Zucht, braucht man einen Hahn und nicht jede Rasse ist geräuscharm. Grade meine Zwerghühner sind recht kommunikativ. Das macht einen Teil ihres Charms für mich aus. Meine Hühner erzählen mir viel, besingen lautstark ihre Eier und meine Hähne tanzen, locken die Hennen mit frisch ausgegrabenen Würmern und würden wahrscheinlich vor Stolz platzen, wenn sie nicht regelmäßig ihren Stolz herauskrähen könnten. Es gibt aber noch (!) sehr viele liebenswerte Rassen in allen Größen, teilweise mit spektakulären Farben und diversen Temperamenten vom Schmusehuhn bis zu ehemaligen Kämpferrassen. Um diese Biodiversität (auch ein Wort neuerdings heiß in der Theorie diskutiert wird) zu bewaren, wäre es wichtig mehr Hobbyhalter zu gewinnen. Viel Zuchtvereine bemühen sich die alten Landschläge und Leistungsrassen zu erhalten. Solange ein krähender Hahn jedoch eine Zumutung für die Nachbarn darstellt und Gerichte Hühnerhalter dazu verdonnern ihre Hähne “schalldicht” einzusperren, um die Sonntagsruhe nicht zu stören, werden wir das nicht schaffen. Manche alte Rassen sind inzwischen seltener als Pandas oder Tiger. Ein Landwirt, der von Hühnern leben will, kann keine Erhaltungszucht leisten und die Zuchtindustrie tut es nicht. Ich hoffe, das der “Englische Hühner-Hype” zu uns rüber schwappt. Da ist es neuerdings sehr chic, eine Truppe bunter Hühner im Garten zu haben oder ausgediente Legehennen zu adoptieren. Wenn so eine ehemalige “Arbeitshenne” ihre Mauser hinter sich hat, legt sie ja wieder recht ordentlich, mehr als ausreichend für Privathalter. Viele haben auf dem Weg schon entdeckt, dass – wie die meisten Nutztiere – Hühner recht amüsante Haustiere sind. Schöner Nebeneffekt für die Tierschützer hier wäre, dass wenn jeder, der einen Garten hat, wie einst Wittwe Bolte drei Hühner und einen Hahn hätte, bräuchten wir weniger von den großen Produzenten. Und, wie der British Hen Welfare Trust zeigt, sind auch viele dieser großen Produzenten froh, wenn sie ihre Arbeitshennen, nicht nach 17 Monaten zum Schlachter karren müssen, sondern ihnen ein neues Zuhause mit Familienanschluss organisieren können. Denen sind IHRE Tiere eben auch nicht egal. Wir als Verbraucher zwingen die in den 17 Monats-Rhythmus von neu einstallen und ausstallen.
        Würden wir mit dem Ei im Supermarkt auch die Mauserphase und die geringere Produktion danach mit bezahlen, würde es wohl keinen Produktionsbetrieb geben, der sich dagegen sträubt, die Tiere durch die Mauser zu füttern.

        • Ja, die Lärmbelästigung. Diese Art von Beschwerde kommt vermutlich von den Leuten, die zu jeder Tageszeit auch am Sonntag mit allerlei lärmenden Kleingeräten Hof und Garten in Ordnung halten. Solche Leute würden wahrscheinlich auch den Gesang der Wildvögel verbieten lassen, von dem sie im Frühjahr zur Unzeit geweckt werden. I.d.i.o.t.e.n allerorten. Leider.

          Vielen Dank, Sabine, für den informativen und unterhaltsamen Bericht über Hühnerhaltung!

  2. Martin Grube sagt

    Tja Bauchnabel und so…

    Gehört dazu auch so etwas öffentlich zu machen, oder ist dass dann zu viel Jammern?

    Unser Betrieb gehört zu den glücklichen Gewinnern, die mal wieder zur EU Agrarstrukturerhebung ausgelost wurde.

    Sind auch nur 43 Seiten durch die man sich arbeiten soll. Natürlich im März. Da hat man viel Zeit für sowas!

    Gleichzeitig wurde unser letztes und dieses Jahr von der Greening Stasi ( Angestellte der Bewilligungsstelle) besucht und befunden, dass wir alles erfüllt haben.
    Trotzdem hält das Land Niedersachsen immer noch die Gelder fürs Greening und für die Emissionsarme Ausbringung von organischen Dünger (rechtzeitig beantragt 12 Seiten Formulare) zurück…

    Ich bin gerade dabei zu überlegen ob ich nicht mit der Agrarstrukturerhebung zu warten bis das Geld auf meinem Konto ist.

  3. Michael Beckers sagt

    Ich habe einmal den Fehler gemacht und einem Besuch der Grünen Fraktion unserer Stadt im beisein der Presse zugestimmt. “Wenn man Vernünftig mit ihnen redet wird man schon zu ihnen durchdringen” dachte ich mir. Denkste, der Reporter hat einen Artikel dazu geschrieben der zwar kurz war, aber vor sachlich falschen Behauptungen und “ansichten” strotzte. Trotz einer Richtigstellung 2 Tage darauf war der Imageschaden nicht mehr zu reparieren. Ich führe auch heute noch gerne und regelmäßig Besuchergruppen von außerhalb der Landwirtschaft über unseren Hof, darunter auch regelmäßig Kindergartengruppen, aber mit Hardlinern die gegen die konventionelle Landwirtschaft sind unterhalte ich mich nurnoch auf neutralem Boden. Leider verstehen diese Leute sehr gut Angriffspunkte zu finden und diese öffenlich auszuschlachten.

    • Ich hatte mal einen Chef, der darauf bestand, die “Schlußredaktion” für Artikel, Interviews etc. zu sein und sich die Veröffentlichung ohne seine Zustimmung verbeten hat. Zumindest lokal hat es funktioniert.

  4. Heike Müller sagt

    Wichtig ist es auch, sich über Facebook mit seinen Abgeordneten (Landtag, Bundestag und Kreistag) zu vernetzen.
    So erfahren auch diese ganz beiläufig, was gerade bei uns in Stall und Feld so los ist und welche Probleme uns gerade umtreiben.
    Ich bin immer wieder erstaunt, wie viele Facebook-Freunde außerhalb der Landwirtschaft zwar selten “liken”, mich aber bei persönlichen Treffen auf Postings ansprechen.
    Und ich bin mir sicher, dass ich kein Einzelfall bin.
    Natürlich ist überall noch Luft nach oben, aber wir sollten unser Licht auch nicht unter den Scheffel stellen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert