27 Kommentare

  1. Ich seh das so sagt

    Über jede deiner Frage werden Bücher und wissenschaftliche Abhandlungen geschrieben, vieles in Fach-Chinesisch. Ich bin kein Experte, aber ich will es mit ein paar Antworten versuchen:
    a) Wer legt den Preis fest: das wüßten wir Bauern auch oft gerne. Die Standardantwort: der Markt, also Angebot u. Nachfrage. Viel wichtiger oft aber: die Erwartungshaltung und die Spekulation (volle/leere Lager, Wetter, Krisen irgendwo auf der Welt, Anbaustatistiken der Hauptproduktionsländer, ….). Es gibt einen (1) Weltmarktpreis für die wichtigsten lw. Commodities (Weizen, Soja, Kaffee, Zucker, Baumwolle ..). Der wird je nach Frucht meist an einer Hauptbörse durch oben genannte (reale oder irreale) Faktoren ermittelt. Die größte Börse ist die CBOT (Chicago board of trade), die wichtigste europ. Börse ist die MATIF (in Paris). Regionale Börsen richten sich im wesentlichen nach diesen Vorgaben, können aber leicht differieren (meist durch Zuschläge für Transportkosten).

    b) Der Preis gilt für Brot-Weizen mit bestimmten (rund 10 verschiedenen) Qualitätsparametern. Preis aktuell 170 € heißt je Tonne netto, für CBOT meist Dollar je Bushel. (Meine eigene Meinung “Vernünftige” Preise wären etwa 200 €/to). Unter diesen Anforderungen ist es automatisch Futterweizen, also nicht mehr für Lebensmittel geeignet. Der wird dann zumeist auch für Futter(mittel) verwendet, kann aber auch z.B. zu Biosprit verarbeitet werden.

    c) Jeder Bauer kann private Abnahmeverträge vereinbaren mit wem er will (Mühle, Bäcker, Handel …) oder auch nicht. Zur Zeit der Ernte fallen halt üblicherweise die Preise für die Bauern, weil in kurzer Zeit viel Angebot da ist. Manche versuchen daher eben Verträge vor der Ernte zu vereinbaren = fixe Qualitäten und fixe Mengen (25 oder 50 to oder ein Vielfaches davon je Vertrag) zu einem fixen Preis (wie oben manche anführen). Problem: wenn z.B. durch Dürre (siehe Bericht von Bauer Willi) die Qualitäten nicht erreicht werden, kann der Vertrag nicht erfüllt werden – heißt meist massive Abschlagzahlungen.

    d) Schwarzmeer-Region: Die Ukraine (als “Kornkammer”) und auch einige osteurop. Länder sind große Produktionsländer von lw. Gütern, die üblicherweise die Ernten nach Rußland verkauft haben. Da es aber seitens der EU seit Jahren ein Embargo gibt wg. Ukraine-Konflikt, gehen die Warenströme eben nach Westen und befüllen dort einen eher engen Markt (je nachdem wie Frankreich und Deutschland ernten). Folge: Preisverfall

    Das sind kurze Antworten auf komplexe Fragen – aber es reicht vielleicht mal dafür, daß eben LW auch komplexer ist als es manche mit einfachen Lösungen gerne darstellen. Hoffe sind können damit vorerst mal was anfangen.

    • Stadtmensch sagt

      Ukraine: Beste Böden für die Erzeugung von Futtergetreide:

      http://www.faz.net/aktuell/wissen/ukraine-die-kornkammer-europas-12838136.html

      “Aber auch die Schwarzerden selbst werden zum Problem. Seit Beginn des Jahrhunderts hat die Mächtigkeit der Lössböden teilweise stark abgenommen. Schuld ist Erosion. Durch übermäßige Beanspruchung und falsche Bewirtschaftung wird die Erde von Wind und Regen davongetragen und verschwindet in Flüssen und Meeren.

      „Dieses Problem wird in der Ukraine unterschätzt“, sagt Strubenhoff. Eine Studie der Food and Agriculture Organization der Vereinten Nationen und der Weltbank fand heraus, dass rund 500 Million Tonnen ukrainischen Ackerbodens jährlich erodieren. Der Wertverlust liegt geschätzt bei einem Drittel des gesamten landwirtschaftlichen Bruttoinlandprodukts.”

    • Zenzi sagt

      @Ich seh das so : Super, danke für die Erläuterungen. Sehr interessant. Zum Weizen: Plant ihr eigentlich beim Anbau, dass ihr am liebsten Brot-Weizen aus eurer Saat gewinnen möchtet, oder wißt ihr schon im Voraus, dass euer Boden die Brot-Weizen-“Kriterien” evtl nicht erreichen würde? Sind diese Kriterien weltweit gleich oder evtl in Asien / Afrika weniger streng?
      Könnt ihr bei der Ernte selber die Qualität feststellen und demnach entweder an eine Mühle (Brot-Weizen) oder an den Futtermittelhändler liefern, sofern ihr nicht Eigenbedarf habt? Das würde eigentlich auch bedeuten, dass der Futtermittel-Weizen garnicht in Konkurrenz zum Brotweizen steht, weil irgendwas muss ja mit der Ernte gemacht werden, wenn es nicht mehr zum Brotbacken taugt. Ich glaube absolut, dass die LW ein komplexes Gebiet ist!

      • Ich seh das so sagt

        a) Ein viehhaltender Betrieb wird auf jeden Fall das Getreide (aber auch Mais, Sojabohnen oder andere Früchte), das er zur Fütterung das Jahr über braucht selber anbauen. Marktfruchtbetriebe produzieren (wie der Name sagt) für den Markt: also Brot-Weizen oder noch höherwertigere Spezialweizen (z.B. Hartweizen für Nudeln ….). Für all diese Weizen gibt es verschiedene Sorten, die für bestimmte Standorte gut passen und aus denen der Bauer für seinen Betrieb auswählen kann – darum ist auch das Anbau-Versuchswesen von (oftmals auch kleinen) Saatgutfirmen so enorm wichtig ! Weil alles wächst halt einfach nicht überall.

        b) Die Kriterien sind an sich (meines Wissens) weltweit gleich, es ist oft eher die Frage wie sie gehandhabt werden und wie viele Kriterien auch wirklich erfüllt werden und nicht nur am Papier. Große Händler könnten ihnen ein Lied davon singen, welcher Dreck einem da oft untergejubelt wird (oder zumindest versucht wird).

        c) Die Qualitäten werden bei der Ablieferung = Übernahme durch den Käufer mittels (hoffentlich) geeichter Geräte festgestellt. Wer keinen Vertrag hat (vielleicht weil er selber die Ware lagert und später im Jahr verkauft, in der Hoffnung einen besseren Preis zu erhalten), kann diese Qualitätsfeststellungen sich auch z.B. im Lagerhaus machen lassen (oder er hat sich selbst solche Prüfgeräte mal angeschafft).

        d) Richtig: Futterweizen für Tiere steht nicht (oder zumindest nicht zwingend) in Konkurrenz mit Brotweizen (auch wenn dies immer wieder so behauptet wird).
        Genau das ist/war auch der zentrale Punkt vieler Diskussionen z.B. bei Biosprit. Wenn es auf Grund der Qualitätskriterien nicht (mehr) als Lebensmittel verwendet werden kann oder auch als Futtermittel auf Grund der hierfür geltenden Qualitätskriterien nicht mehr verwendet werden kann oder schwieriger zu verkaufen ist – weil siehe a) oder wie 2016 und vermutlich auch heuer durch die Witterung viel mehr anfällt als gebraucht wird – sollte es immer noch ein Ventil geben, wo diese Mengen dann trotzdem noch einer sinnvollen Verwendung zugeführt werden können (Wertschöpfung Biosprit aus dem Inland statt Treibstoffe aus Saudi-Arabien).

        Seitens der Landwirtschaft gilt aber immer die Abstufung Teller-Tiere-Tank.
        Wenn aber die Preise soweit im Keller sind (wie in den letzten 4-5 Jahren), daß mit der Produktion für den Teller der Bevölkerung nichts mehr für den eigenen Teller überbleibt und den Bauern zudem noch nicht mehr die geringste Wertschätzung für das Produkt, für die Arbeit entgegengebracht wird (30% der Lebensmittel werden weggeworfen, sind aber gleichzeitig jedem immer noch zu teuer), sagt man sich halt irgendwann: macht euch den Sch…. doch selber oder holt ihn euch doch aus dem Ausland, wenn ihr glaubt damit glücklich zu werden.

        Und genau das sind dann die Themen die man Gott sei Dank bei “Bauer Willi” diskutieren kann. Im Dialog stellen sich Dinge dann oft ganz anders dar als man vorher geglaubt hat oder wie einem versucht wird weißzumachen.

  2. Schweinebauer Piet sagt

    Moin Willi, der Preis zieht schon an und die Ernteprognosen gehen runter

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