Bauer Willi
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Elfenbein-Türme

Hier geht es nicht um Elfenbein, sondern um Bildung und Ausbildung.

Was mich in letzter Zeit zunehmend nervt und ärgert, ist die Tatsache, dass es gerade die Agrar-Professoren in die Medien schaffen, die sich besonders kritisch über die Landwirtschaft äußern. Besonders dann, wenn ein Teil davon Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesregierung ist und diese berät. Nun möchte ich nicht in Abrede stellen, dass einiges von dem, was kritisiert wird, nicht auch kritikwürdig ist.  Wenn aber beispielsweise ein Göttinger Professor „verdeckte Ermittlungen“ bei den Tierhaltern fordert, muss man sich schon fragen, ob man seinen Nachwuchs nun ausgerechnet dort studieren lassen sollte.

Andere Herren halten die Landwirtschaft insgesamt für nicht zukunftsfähig und auch eine Halbierung des Fleischkonsums für unvermeidlich. Wie die konkreten Maßnahmen aussehen und wie sich das auf die Struktur der Landwirtschaft auswirkt, wird medial nicht erläutert. Aber wahrscheinlich hört man das in der Vorlesung.

Nun ist es ja nicht so, dass alle deutschen Agrar-Professoren und -professorinnen solche agrarkritischen Äußerungen machen würden. Aber wo sind denn all die Anderen? Sollten sich nicht alle Inhaber eines hohen Lehramtes in die politische Meinungsbildung einschalten? Und zwar so, dass sie auch gehört werden! Auch außerhalb des Hörsaals!

Wissenschaftler haben nach meiner Auffassung auch eine gesellschaftliche Aufgabe: ihren Mitmenschen zu erklären, warum das, was sie machen, sinnvoll ist. Warum wird die Wissenschaft, werden die Wissenschaftler attakiert? Weil sie passiv bleiben und sich nur dann empören, wenn ihnen Gelder gestrichen werden? Beides hätten sie dann übrigens mit manchen Landwirten gemeinsam… 😉

Wissenschaft ist nicht nur ein Amt, sondern sie sollte die Leidenschaft sein, systematisch die Zusammenhänge der Welt zu erfassen, diese Erkenntnis zu nutzen und damit die Menschheit wieder ein Stück weiterzubringen.  Was durch Versuch und Experiment als Tatsache bewiesen wurde, muss auch als Wahrheit anerkannt werden. Oft genug ist es aber das klassische Bildungsbürgertum, das die Risiken von neuen Technologien bis ins Absurde aufbläst. Und das gilt bei weitem nicht nur für den Agrarbereich sondern auch für viele andere Forschungsgebiete.

Doch warum überlässt man den Lauten das Feld? Die Stillen im Lande, die in aller Ruhe forschen und unseren Nachwuchs auf das wirkliche Leben, auf die Realitäten des Alltags vorbereiten, werden kaum beachtet, weil sie sich nicht zu Wort melden. Ich habe neulich Prof. Grethe auf einer Tagung gehört: (Zitat) „Wir müssen bei aller Kritik aufpassen, dass wir die Jugend, also diejenigen, die das alles mal umsetzen sollen, nicht verlieren“. Und da ist verdammt viel Wahres dran.

Nach meiner persönlichen Einschätzung kommt diese Einsicht schon fast zu spät. „Wir wollen uns dem medialen Druck, den ständigen Anfeindungen nicht mehr aussetzen“ höre ich oft von denjenigen, die die Zukunft der Landwirtschaft gestalten sollen und sich allzu oft dann gegen die Übernahme des Hofes aussprechen.

Liebe Professoren, vielleicht denkt ihr mal darüber nach, unseren jungen Leuten mehr Mut zu machen, ihnen die Begeisterung für den tollen Beruf des Landwirten in die Herzen zu pflanzen. Vermittelt ihnen nicht nur Wissen, sondern ein gesamtheitliches und eigenständiges Denken quer über die Disziplinen.

Zeigt ihnen nicht nur wie man ein Boot baut, sondern vermittelt ihnen die Sehnsucht nach dem großen, weiten Meer.

Und seid bitte unbequem…

Euer Bauer Willi

 

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88 Kommentare

  1. Alfons Balmann sagt

    … und kein Prof. reagiert… ?

    1. Wozu auch? Was ist denn Kritik? Jeder Verbesserungsvorschlag ist Kritik am Bestehenden. Leider wird im Artikel kein einziges Mal unterschieden zwischen konstruktiver und destruktiver Kritk. Das Beiratsgutachten zur gesellschaftlich akzeptierten Tierhaltung war eine Ansammlung konstruktiver Vorschläge – auch wenn sich nicht alle einfach umsetzen lassen und Zielkonflikte zu beachten sind.

    2. Ist es Kritik an der Landwirtschaft, wenn den Konsumenten empfohlen wird, ihren Fleischkonsum um die Hälfte einzuschränken? Der Wiss. Beirat fordert keine Reduktion der deutschen Tierhaltung, sondern höchstens eine Lösung der negativen Umwelteffekte in den Viehhaltungshochburgen.

    3. Ist es wirklich eine Kritik an der Landwirtschaft, wenn Kollege Spiller fordert, dass die QS-Initiative unangemeldete Kontrollen durchführt, damit ihre Zertifizierung mehr wert ist, als etwas, was auf dem Papier steht? Es gibt übrigens unzählige Belege, dass Regeln nur dann einen Wert besitzen, wenn sie auch überprüft werden. Die Ökoskandale der letzten Jahre mögen als Beispiel dafür dienen.

    4. Was wäre denn keine Kritik? Wenn jemand sagt: Super, so kann es noch 20 Jahre weitergehen? Dabei ist so sicher wie das Amen in der Kirche, dass sich die Welt permanent verändert. Immerhin hat der oben angesprochene Beirat in dem Gutachten hervorgehoben, dass hinsichtlich Ressourceneffizienz in den vergangenen Jahrzehnten enorm viel erreicht wurde.

    Vielleicht noch etwas zum gesellschaftlichen Engagement der deutschen Agrarwissenschaftlerinnen und Agrarwissenschaftler und insbesondere der Agrarökonomen: Sie haben in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur gelernt und bewiesen, dass sie auf höchstem internationalen Niveau forschen und publizieren können, sondern haben sich gerade in den letzten Jahren enorm engagiert, ihre Erkenntnisse in die Öffentlichkeit zu tragen. Leider ist das oft für viele unbequem und führt zu vielen Anfeindungen. Dazu gehören übrigens nicht nur Publikationen, die „landwirtschaftskritisch“ sind, sondern etwa auch das Engagement vieler Agrarökonomen gegen NGOs, die moderne Technologien und Institutionen verteufeln, wie etwa bei der Debatte um die „Agrarspekulation“.

    • Bauer Willi sagt

      Hallo Alfons
      hab ich Dir „auf den Schlips getreten?“ Musst Du nicht, denn Du diskutierst ja hier mit. Und meldest Dich auch sonst zu Wort. Aber wo sind die Beiträge in FAZ, Zeit, Spiegel und Focus? Da werden nur Spiller, Grethe und Taube zitiert, wenn sie wieder was kritisches raushauen. Das meine ich mit meiner Kritik. Und wenn dann ein Göttinger Professor was über Pflanzenschutz schreibt, steht der allein im Regen.

      Kritik ist erlaubt und richtig, aber nicht immer nur Kritik. Das DLG-Papier zeigt auch, dass Landwirte zu Selbstkritik fähig sind. Aber wo bleibt die Unterstützung der Landwirte seitens der Wissenschaft? Da lese ich vielleicht mal was in top agrar…aber die wird nicht von unseren Mitbürgern gelesen. Das ist nicht die Öffentlichkeit, die ich meine. Und dass sich Agrarökonomen öffentlich und für jeden lesbar gegen NGO´s positioniert haben ist meiner Aufmerksamkeit vollkommen entgangen.

      Und noch was: Nicht nur lehren, sondern auch den Studenten Mut machen. Gehört zwar nicht zum Lehrstoff aber „mein“ Professor konnte das und das hat mir als Student sehr gut getan.

      Ist aber auch schon eine Weile her…

      Bauer Willi

      • AdT sagt

        „Und dass sich Agrarökonomen öffentlich und für jeden lesbar gegen NGO´s positioniert haben, ist meiner Aufmerksamkeit vollkommen entgangen.“

        Vielleicht wären konkrete Beispiele für Aussagen von Umwelt- und Tierschutz-NGOs nicht schlecht, die wissenschaftlich unhaltbar oder zumindest in der Wissenschaft stark umstritten sind. Sonst kommt man schnell ins Meinungsgeplänkel, das aus Unmutsäußerungen über die Gesamtsituation besteht. Dass Umwelt- und Tierschutz-NGOs als einzige auf der Welt ein finanzielles Interesse haben und dabei auch noch gemeingefährlich sind, Kinder blind machen, weiß ich inzwischen. Ich denke, nicht nur ein AdT hat es gerne handfester.

      • Alfons Balmann sagt

        Hallo Willi,

        ich fühle mich nicht auf den Schlips getreten. Aber was im Spiegel etc. veröffentlicht wird, bestimmen ja nicht alleine die Wissenschaftler. Hier ein Verweis auf „unsachliche“ ? Auseinandersetzungen mit NGOs: http://www.foodwatch.org/de/informieren/aktuelle-nachrichten/unsachliche-kritik-an-bundespraesident-gauck/

        An der Entstehung des DLG-Papiers waren Agrarwissenschaftler ja nicht unbeteiligt. Auch ist ein erheblicher Teil der Verfasser des Tierwohlgutachtens DLG-Mitglieder. Auch wenn Wissenschaftler natürlich nur einen kleinen Teil der Mitglieder ausmachen, sind viele in DLG-Ausschüssen aktiv. Es ist also beileibe nicht so, dass Wissenschaftler nur im Elfenbeinturm sitzen und kritisieren.

        Kürzlich wurden übrigens die Mitglieder der deutschen und östereichischen Agrarökonomengesellschaften GEWISOLA und ÖGA zu ihrer Einstellung zu Transferaktivitäten befragt. Die Ergebnisse sind noch nicht veröffentlicht, aber sie sind mit Blick auf die Thematik Elfenbeinturm recht interessant.

        Es gibt mit Blick auf den Punkt Kritik noch ein anderes Problemchen: jedes Lob eines Landwirts wird allzuoft von anderen als Kritik empfunden.

        VG

        • Mark sagt

          Herr Balmann , selbstverständlich ist Kritik an der Landwirtschaft zulässig, genauso muss jedoch auch die Kritik an der Agrarökonomie zulässig sein. Und es muss die Frage gestellt werden, welchen Anteil der in der Kritikt stehenden Landwirtschaft die Agrarökonomie hat. Wer hat denn in der Standorttheorie die Wanderung der Tierhaltung in die Gunststandorte mit gleichzeitiger vertikaler Integration gepriesen. Wer hat denn von den Bauern permanent die optimalen Intensitäten, Betriebsgrößenwachstum und die Erhöhung der Arbeitprodutkivität durch Adaption des technischen Fortschritts gefordert um international wettbwerbsfähig zu bleiben? Eine Million kg Milch je Arbeitskraft, dass war (und ist) die ökonomische Marke für Arbeitproduktivität, nach der Zeit für Tierbetreuung hat niemand gefragt. Jetzt scheint das plötzlich alles falsch zu sein. Jetzt sind die Bauern industrielle Landwirtschaft, Massentierhalter und Umweltverschmutzer, und die scheinheiligen Agrarökonomen schleichen sich auf die andere Seite (ausdrücklich einschließlich der scheinheiligen DLG)!

        • AdT sagt

          Ich glaube, Bauer Willi, Deine Kritik an Agrarwissenschaftlern ist nicht besonders stichhaltig. Die Kritik von Umwelt- und Tierschutz-NGOs beruht vor allem auf Wertfragen. Die NGOs mögen sich dabei auf wissenschaftliche Ergebnisse berufen. Das müssen nicht mal besonders umstrittene Ergebnisse sein. Vielmehr hängt die Beurteilung von Gefahren und Risiken landwirtschaftlicher Methoden mit der Interessenlage zusammen. Das gilt natürlich auch für Bauern und ihre Interessenverbände. Dass z.B. Pflanzenschutzmittel ökologisch „Nebenwirkungen“ haben, ist im Grundsatz unbestritten. Landwirte möchten ihren Handlungsspielraum nicht durch eine Regulierung der PSM-Anwendung einengen lassen. Sie befürchten Gefahren für die Ertragsstabilität und damit finanzielle Nachteile. Umweltschützer betonen die Gefahren für ökologische Güter bei Laissez-faire gegenüber PSM-Einsatz. Letztlich ist die Sichtweise sehr wohl eine Frage der persönlichen Meinung. Wissenschaftler werden ihre persönliche Meinung und ihre persönlichen Überzeugungen haben und diese auch äußern – diese jedoch öffentlich herauszustellen, wäre dann aber keine wissenschaftliche Verlautbarung. Für telegene Wissenschaftler, die ihre Zukunft außerhalb der Wissenschaft sehen, wäre das ein Weg. Für die anderen eher nicht. Und dass die Ernährungssituation in afrikanischen Ländern mit der Intensivierung der Land- und Fleischwirtschaft in Europa steht und fällt, dürfte eine unbewiesene Behauptung des DBV sein. Warum sollte ein Wissenschaftler sich (unbezahlt) als Vertreter anderer Leute Interessen einsetzen – noch dazu als DBV-Testimonial? Völlig verständlich also, dass es anscheinend nur wenige tun.

  2. Der große Irrtum in unserer Gesellschaft besteht heutzutage darin zu glauben, Probleme wären allein schon dadurch gelöst, dass man darüber redet. Es handelt sich um eine neue Variante von Magie, die über uns hereingebrochen ist: Hokuspokusfidibus, wenn ich die Missstände in der Tierzucht lauthals anprangere, sind sie damit auch schon verschwunden. Abrakadabra, wenn ich sage, dass ich gegen Massentierhaltung bin, wandeln sie sich auf magische Weise ratzefatze um in Biohöfe. Der Zauber funktioniert auch anders herum: wenn ich über etwas nicht rede, gibt es das nicht. Wölfe, die Schafe fressen, gibt es nur, wenn das auch in der Zeitung steht. Jaja, das Wort ist heutzutage stärker als die Tat. Ein paar Zaubersprüche genügen. Harry Potter lässt grüßen.

    Im Internet funktioniert das ja auch. Man braucht nur die Hate-Speech-Kommentare zu löschen und schon lieben sich alle Menschen. Der Schein ersetzt die Wirklichkeit.
    Wow, lasst uns die Menschheit neu erschaffen: demokratisch, solidarisch, ökologisch, kooperativ, liebevoll, im Einklang mit der Natur und mit den Mitmenschen. Wortgewaltig, wie wir sind, schaffen wir das. Spieglein, Spieglein an der Wand, wir sind die Besten im ganzen Land.

    Was, ihr Bauern lebt immer noch in der Wirklichkeit? Ihr habt mit richtig echten Schweinen zu tun und nicht nur mit Fotos von Schweinen und Internet-Schweinen? Tja, dumm gelaufen.

    Aber mal im Ernst: Das Christentum bringt den Menschen seit zweitausend Jahren bei, dass das Wort mehr ist als die Tat. Da war nämlich im Anfang das Wort und so weiter. Da ist es doch kein Wunder, dass die Menschen im Westen inzwischen mehr an Worte als an Taten glauben.

    • AdT sagt

      Nein, die Bauern sind Merkellogiker. Wenn Menschen mit Zuständen nicht einverstanden sind, hat man ihnen diese nicht ausreichend erklärt.

      Viele Bauern setzen einen drauf: Die Verbraucher folgen blind gegnerischen Interessengruppen, die einfach den „falschen“ Text unter die Bilder setzen. Wenn unter dem Bild mit dem Kastenstand zuerst gestanden hätte: „Kastenstand: schützt die Ferkel und ist für die Sau eine Art Fetisch, so etwas ist Städtern bekannt“, wäre es alles ganz anders gelaufen.

      Früher gab es die Bilder gar nicht. Wir müssen die Medien nötigen, sie nicht zu veröffentlichen.

      • Mark sagt

        Doch, Anwälte sind Meckerlogiker die in jeder Suppe ein Haar zu finden glauben. Dieses benutzen sie dann als Spielwiese zum Ausleben ihrer paranoiden Schizophrenie. Am schlimmsten trifft es die Anwälte ohne Mandat.

      • Es ist vollkommen richtig, wenn endlich mal drauf hingewiesen wird, dass die Versorgung von Millionenstädten mit Fleisch und Getreide als Kehrseite Massentierhaltung und Agrarfabriken hat. Das sind die beiden Seiten derselben Medaille.

        Wenn man von der Gegend, wo die Massentierhaltung sichtbar wird, in die Stadt zieht, wo sie unsichtbar ist und sich dann als Städter anklagend gegen die Bauern wendet, muss man sich nicht wundern, wenn sich als Folge davon die Zahl der Schweine pro Stall versechsfacht. Das ist vollkommen logisch. Wer so handelt, hat seinen Anteil an der Massentierhaltung.

        Das Problem ist, dass der Stadtbewohner nicht in diesen Spiegel gucken will, der ihm vorgehalten wird, sondern lieber sein Ego pflegt, das ihm suggeriert, er selber hätte mit Massentierhaltung und Agrarfabriken nicht das Geringste zu tun, weil er ja selber nicht im Stall arbeitet oder auf dem Schlachthof und überdies ja auf dem Wochenmarkt kauft.

        Wenn zudem Betriebe wie der von Gabriele Mörixmann Schwierigkeiten haben, dann entlarvt sich die Heuchelei des Stadtbewohners doch noch vollends. Die Stadtbewohner, die sich lautstark gegen Massentierhaltung aussprechen, müssten doch Schlange stehen und dieser Frau das Fleisch doch förmlich aus den Fingern reißen.

        • Ich seh das so sagt

          Dasselbe gilt auch für jene Harry-Potter-Logiker, die aus ihren Betonwüsten heraus den Bauern vorwerfen, daß die Insekten und Käfer in Feld und Flur immer weniger werden, während sie sich grad mit Gelsencreme einreiben. 🙂

        • Stadtmensch sagt

          Aha, da spricht der Landbewohner, der selbstlos gegen „industrielle Tierproduktionsanlagen“ kämpft, weil sie ihm die Aussicht, die Ruhe und die reine Luft vermiesen. Ihn peinigt das schlechte Gewissen weil er weiß, dass sein Häuschen kostbare Ackerfläche versiegelt. Eine Möglichkeit mit sich selbst wieder ins Reine zu kommen besteht darin, die Schuld dem gedankenlosen, städtischen Fleischkonsumenten zuzuweisen. D.h., wir bauen „Feindbilder“ auf und moralisieren – gute christliche Tradition – alles wie gehabt. Dabei sind Moralpredigten auch in Zeiten sog. absoluter Rationalität, das Mittel der Wahl. Ausformulierte Kausalketten oder Wirkunszusammenhänge führen immer zu schönen und zulässigen Verallgemeinerungen: Gier und Egoismus sind nicht kompliziert.

          • Ich spiegele zurück, was als Vorwurf seitens der selbsternannten Weltverbesserer auf mich kommt. Nicht-Weltverbesserer werden sich gar nicht angesprochen fühlen. Im Übrigen zähle ich mich selbst auch nicht zu den Weltverbesserern.

            Weltverbesserer sind mit ihrer Aufmerksamkeit immer bei Anderen, nur nicht bei sich selbst. Weltverbesserer treten auf mit dem Anspruch, andere Menschen in ihrem Sinne verändern zu wollen. Damit sprechen sie den Anderen das Recht auf Eigenständigkeit ab. Das nenne ich Anmaßung.

            • Stadtmensch sagt

              Es ist ein Jammer, dass man mit Typen wie ihnen im gleichen Boot sitzen muss. Die rudern einfach nicht, obwohl weiter vorn schon der Wasserfall rauscht. Ich weiß nicht wie ich das nennen soll, aber Kai Pohl (berühmter Poet) hat diese „Kaputten“ mit sehr treffenden Versen beschrieben:
              https://www.mixcloud.com/rebootfm/grenzpunkt-null-reloaded-23-nulpentango/
              ab Minute 23

              😉

              „Ihr Endzeitphilosophen mit euren vom Todestrieb glasigen Augen“

            • AdT sagt

              Stadtmensch, vielleicht isser gar nicht so. Mit ihm kann man bestimmt Pferde retten.

            • AdT sagt

              „Weltverbesserer“ – wer ist denn hier der Gesinnungspolizist? Sie haben lichte Momente, in denen Ihre Beiträge sehr intelligent klingen. Dann scheinen Sie wieder, Klischees sehr verhaftet zu sein und spontane Assoziationen und Ressentiments von sich zu geben. Und verwerfen Sachargumente mit Hinweis auf die vermutete Motivation derer, die sie vertreten. Kann man es sogar als „Unwerturteil“ über die Person bezeichnen? Jedenfalls ist es nicht sachorientiert (soweit man die Ablenkungsbeschäftigung hier als sachorientiert ansehen kann).

            • Wenn hochtechnisierte Stadtbewohner sich als naturverbundene Tierliebhaber generieren ist das genauso ein Schwindel wie wenn hochtechnisierte Bauern sich als tierliebe Naturfreunde darstellen. Es sind alles nur Scheingefechte, um davon abzulenken, dass es, genau genommen, die Technisierung ist, die sowohl Stadtbewohner wie Bauern in die heutige Situation mit Agrarfabriken und Massentierhaltung geführt haben.

              Wenn man wirklich diskutieren wollte, müsste man zugeben, dass die Menschen mit Natur, wie sie ist, überhaupt nichts am Hut haben, weder Stadtbewohner noch Bauern. Man müsste zugeben, dass wir bereits seit der landwirtschaftlichen Revolution vor 10.000 Jahren in einer „unnatürlichen“ Situation leben, die mit jeder Generation noch „unnatürlicher“ wird.

              Das Einzige, was von einem „natürlichen Leben“ heute übrig ist, ist bei näherer Betrachtung, der Fleischverzehr, und der soll nun auch noch abgeschafft werden. Das liegt aber in der menschlichen Logik, denn der Mensch stellt alle in der Natur herrschenden Prinzipien auf den Kopf.

              Es ist nicht unnatürlich, Fleisch zu essen. Es ist unnatürlich, Tiere und Pflanzen zu seinen eigenen Zwecken beliebig zu verändern, sprich zu züchten oder per Gentechnik zu verändern. Damit wird Tieren und Pflanzen jeglicher Eigenwert abgesprochen. Sie haben nur noch einen Wert in Bezug auf den Menschen.

              Das eigentliche Problem ist nicht, dass wir als Menschen Fleisch essen. Das eigentliche Problem ist, dass jeder von uns davon überzeugt ist, dass Lebewesen wie Tiere und Pflanzen (und manchmal auch Menschen) vom Menschen in Besitz genommen und beliebig verändert werden dürfen. Wir glauben das nur, weil wir über die Technik verfügen, die diese Inbesitznahme möglich macht.

              Die ganzen Diskussionen zwischen Stadtbewohnern und Bauern finden nur statt, damit jeder einen Grund hat, sein eigenes Leben weiter zu technisieren und mit einem kleinen Ablasshandel (vielleicht Fleischverzicht, vielleicht ein Obolus) genau so weiterzumachen wie bisher.

              Trotz allem denke ich, dass unter den Bauern mehr Tierliebhaber und Naturfreunde sind als unter den Stadtbewohnern, weil sie immerhin ein Interesse haben, sich konkret mit der Materie (sprich mit dem Acker und dem Schwein) zu befassen. Vermutlich sind es am ehesten die Tierliebhaber und Naturfreunde unter den Bauern, die dann irgendwann aufgeben müssen. Übrig bleiben die Technisierer und eine Handvoll von Bauern, die den Anschein von Natur und Tierliebe aufrechterhalten.

              Warum soll ich rudern, wenn das Geräusch gar nicht, wie behauptet, von einem Wasserfall kommt, sondern von einem Flugzeug, das den naheliegenden Flughafen ansteuert? 🙂

              Im übrigen drückt sich die Todessehnsucht des Menschen eben gerade in der Technisierung aus. Überall wo technisiert wird, verschwindet nach und nach das Leben. Zum einen manifestiert sich das als Artensterben, in der Massentierhaltung und zum dritten auch in unserer eigenen Entwicklung. Je mehr der Mensch vercyborgisiert, desto unlebendiger wird er.

              Wer den Finger auf diese Problematik legt, wird sogleich von allen Seiten als „kaputter Typ“ bezeichnet. Von mir aus.

            • Inwiefern verhält sich denn der Weltverbesserer, der seine Mitmenschen nach seinen eigenen Vorstellungen „verbessern“ will anders als der Bauer, der seine Nutztiere nach seinen eigenen Vorstellungen „verbessern“ will?

              Die Grundhaltung ist dieselbe, der Unterschied besteht nur darin, dass der Bauer das TIER und der Weltverbesserer den MENSCHEN zum Objekt degradiert. Sowohl der Bauer wie der Weltverbesserer versuchen in ihrem Sinne “ an Stellschrauben zu drehen“. Sowohl der Weltverbesserer wie der Bauer setzen ihre eigenen Vorstellungen, wie der ANDERE zu sein hat, absolut, um sich damit über den ANDEREN, ob nun Mensch oder Tier, hinwegzusetzen.

              Für den Veganer, der durch seinen Veganismus die Welt verbessern ist, ist der Bauer bzw. der Mitmensch gerade so ein Objekt wie für den Bauern die Kuh, die er durch Züchtung zu mehr Milchleistung bringen will. Als Erziehungsmethode ist der Veganismus gerade so fragwürdig wie die Züchtung. Ob man die Welt auf „materiellem“ Weg (Züchtung) verändern will oder auf „geistigem“ (Erziehung, Gehirnwäsche) macht keinen so großen Unterschied.

              Weder der Bauer noch der Weltverbesserer sind in der Lage, andere Lebewesen in Ruhe zu lassen und so zu nehmen wie sie sind.

              Der Weltverbesserer (Veganer) wirft dem Bauern die Haltung vor, mit der er selber auftritt. Das überzeugt eben überhaupt nicht.

            • AdT sagt

              Meinetwegen. Und was hat das jetzt für eine Relevanz? Reden Sie so was auch, wenn Sie einen trinken gehen? Puh…

      • bauerhans sagt

        der verbraucher kauft billig und gut!
        ein paar wenige „gegnerische interessensgruppen“ finden „haare in der suppe“ ,weil sie damit trefflich knete machen lässt.
        durch „cum ex“ wurden verbraucher massiv betrogen,nur eine finanzbeamtin hatte es erkannt,ist dem verbraucher aber „zu hoch“ und zu wenig emotionen.

        • Ich seh das so sagt

          Die „Euribor“-Malversationen nicht zu vergessen.

          Bauern und der Agrarbereich sind halt anscheinend leichter zu regeln und (nachdem jeder sowieso Bauer kann) auch von Hinz und Kunz leichter zu maßregeln als der Bankenbereich oder der LEH-Bereich.

          Biste erst mal ein Quasi-Monopol oder zumindest ein Oligopol und haste noch die „Ehre“ too big to fail zu sein, kannste tun und machen was du willst.
          Keiner kann dir, aber sie können dich alle mal …

      • Paulus sagt

        Hallo Anwalt, Deine Aussage >Früher gab es die Bilder gar nicht. Wir müssen die Medien nötigen, sie nicht zu veröffentlichen< haut mich jetzt glatt vom Stuhl. Ich stehe den Medien nun wirklich kritisch gegenüber aber das geht mir nun doch zu weit. Es kann doch nur so sein wie Du es selbst treffend beschreibst: Man muss den Menschen sachlich und wahrheitsgemäß erklären warum bestimmte Zustände so sind wie sie nun mal sind. Ohne Vorbehalte und ohne Schönfärberei.
        Den hier des Öfteren genannten Erfinder der trivialen Philosophie für die LW sprechen zu lassen ist nicht mehr drin; der hat sich schon auf zu vielen Gebieten verzettelt.

        • AdT sagt

          War ironisch gemeint. Lassen wir Bilder sprechen. Solange es welche gibt, ist es gut, dass sie veröffentlicht werden. Dass gewisse Praktiken nicht zum Spaß gemacht werden, sondern aus wirtschaftlichen Gründen, ist ohnehin jedem klar. Da muss man nix erklären. Wer Bilder von Kastenständen dann schön findet, kann sie sich ja gerahmt in die Küche hängen. Ich wollte mal Weinlagen zu meinen Lieblingsweinen fotographieren, um sie eventuell in der Küche aufzuhängen. Ist ja irgendwie vergleichbar, war aber meiner Freundin zu spießig. Kastenstände hätten so einen industrial style – ist aber wohl nur was für ganz überzeugte Fleischesser.

  3. AdT sagt

    Liebe Professorinnen und Professoren, „zeigt ihnen nicht nur wie man ein Boot baut, sondern vermittelt ihnen die Sehnsucht nach dem großen, weiten Meer.“

    Begeistert für den Kastenstand, so wie „Massentierhaltung aufgedeckt“: Die Behauptung (von Stern TV), dass Sauen 44 % ihres Lebens in Kastenständen oder Ferkelschutzkörben eingesperrt werden, ist falsch. Es sind, tatatataaaaa, nur 40 %!

    – Ach sooo!

  4. Astrid sagt

    Kontrollen könnten nur von unabhängigen Tierschützerinnen etwas nützen, alle anderen machen die Augen zu, weils bequemer ist.

    Precht sagt, das Essen von Tieren hat sich bald erledigt, weil dann Fleisch aus Nackenzellen gewohnen wird das billiger sein wird als das Fleisch von getöteten Tieren.

    Die Veränderung geht hin zur Landwirtschaft = Pflanzenwirtschaft.

    Landwirtschaft ist gut. Tierqualwirtschaft ist es nicht, denn da werden die Tiere getötet und das oft nur für den Mülleimer und natürlich für Geld, denn dafür tun wir alles.

    Es geht um Veränderung … Veränderung macht Angst und ist unbequem … deshalb wehren sich viele Menschen dagegen.

    • Mark sagt

      „Kontrollen könnten nur von unabhängigen Tierschützerinnen etwas nützen, alle anderen machen die Augen zu, weils bequemer ist.“ Wie würden diese „Kontrollen“ denn ablaufen?

    • Paulus sagt

      Mein Gott, Astrid. Um 14:05 h schon 8 Pluspunkte. Ich frage mich wer hier so alles mitliest?
      Nur weil es diesen Wanderprediger Precht in Gebiete drängt, bei denen seine Expertise eher zweifelhaft ist, muss man sein halbgegartes doch nicht glauben. Es wird es wohl noch verdammt lange dauern bis dieser Retortenfraß im großtechnischen Maßstab hergestellt werden kann. Und was machen wir währenddessen?
      Berufen wir eine übergeordnete moralische Instanz zur Kontrolle der Tiere, oder beenden wir die Viehwirtschaft damit das Problem aus der Welt ist?
      Bei der letztgenannten Variante bitte zuerst mal gründlich nachdenken; trifft übrigens auch für die Variante mit dem Bioreaktor zu. Ich meine das jetzt so in Bezug auf die Pflanzenwirtschaft.

      • Ehemaliger Landwirt sagt

        Jetsch verrecksch Herr Lehrer, de Paulus het Astrid um 3 Punkde üwerholt. 😉 🙂

  5. Andreas Müller sagt

    Sind das hier die Elfenbeintürme?

    “Sustainable Food – Local Solutions to Global Problems?”

    RLC workshop on “Sustainable agriculture and rural transformation: meeting farmers’ needs in socio-ecological systems”

    https://www.zef.de/index.php?id=1741

    • Andreas Müller sagt

      Teilnehmer mit Format sind herzlich Willkommen:

      The panelists will talk about sustainable food production and organic agriculture as one competitive solution for the environmental, social and food security challenges of the 21st century. They will share their vast expertise and experiences and elaborate on how to successfully integrate local sustainable food production into globalised markets, on challenges and obstacles as well as their personal motivation.

      The RLC invites everyone to attend this event on Wednesday, 14 June, at 6:00 p.m. at the Old Town Hall of the City of Bonn. Please register by 13 June via e-mail: event-office-international@bonn.de.

  6. Student sagt

    Mir fällt hierzu eine Professorin der Universität Hohenheim ein. Sie setzt sich schon lange für eine wissenschaftliche, objektive Berichterstattung im Bereich Fleischkonsum und Tierhaltung ein. In einer kurzen Sendung des SWR zum Thema Fleischkonsum hatte sie einen Auftritt und nannte viele wissenschaftliche Fakten. Der Moderator hat jedoch nicht so ganz verstanden das Wissenschaft keine Meinung ist, was er in einem Kommentar a la „das ist Ihre Meinung zu dem Thema“ am Ende der Sendung deutlich gemacht hat. Leider gibt es die Seite mit dem Video scheinbar nicht mehr, evtl. lässt es sich noch irgendwo im Archiv finden. Die Professorin hat zudem auch ein Buch geschrieben, was sehr empfehlenswert ist. Sie stellt darin alle wichtigen wissenschaftlichen Fakten zu dem Thema dar, mit hervorragenden Quellenangaben.
    https://www.amazon.de/Fleisch-essen-Aufkl%C3%A4rung-Ulrike-Weiler/dp/386489123X

    • Ich seh das so sagt

      Mich würde sehr interessieren, wie sie das bewerten, was sie im etwa im Bereich Pflanzenbau, Pflanzenschutz, Ökonomie lernen – z.B. hinsichtlich Aktualiät und Breite der Lehrmeinung.

      Es wäre toll, wenn sie vielleicht sogar den einen oder anderen Professor oder zumindest Assistenten bewegen könnten uns seine Sicht zum Thema nahezubringen.

    • Inga sagt

      Vielleicht liegt das an seiner engen Wohnung, er braucht Platz, wenn er die in
      seiner Behausung nicht findet dann eben in seiner Freiheit und verwechselt seine Meinungsfreiheit mit Recht haben!!!
      Oder es liegt an seiner Nichtauslastung!?!
      Zu viel Freiheit und zu wenig Verantwortung, vielleicht muß das auf diese Weise kompensiert werden!?!.

      Genau wie die oben genannte Journalistin vom SWR, die die Fakten schilderten Professorin von Hohenheim fragte, und das ist Ihre Meinung!

      Sie hat wohl noch nicht begriffen, dass was durch Versuch und Experiment als Tatsache bewiesen wurde, muss auch als Wahrheit anerkannt werden.
      (Und nicht zur Meinung degrantiert werden, oder?)

      Ist das jetzt die neuste Mode?
      Das darf doch wohl nicht sein, oder?

      Denn was durch Versuch und Experiment als Tatsache bewiesen wurde, muss auch als Wahrheit anerkannt werden.
      Und zwar für immer, nicht nur für eine gewisse Zeit oder wenn es wieder einmal Mode ist?

  7. AdT sagt

    Dass es Fachleute in die Medien schaffen, die etwas kritisieren, liegt wohl in der Natur der Berichterstattung. Wenn in den Nachrichten berichtet würde, was alles gut läuft, müsste man zu lange auf den Spielfilm warten.

    Natürlich ist auch nicht alle Kritik an Umständen in der Landwirtschaft der Weisheit letzter Schluss. Aber welche wissenschaftlichen Ergebnisse, ob pro status quo oder contra, sind denn überhaupt „anerkannt“, gelten als unumstößliche Wahrheit?

    – Bei Glyphosat fällt mir zum Beispiel die Kritik des IARC ein (was mich noch nicht zum Gegner von Glyphosat macht).

    – Professor Spiller (Uni Göttingen) sprach nach meiner Erinnerung nicht von „verdeckten Ermittlungen“, sondern von höherer Kontrolldichte mit unangekündigten Kontrollen. Landwirte echauffieren sich über zu große Milde der Justiz (oder des Gesetzgebers) gegenüber Stalleindringern. Gerade sie verweisen darauf, dass doch der Staat für Kontrollen zuständig sei. Jetzt doch keine Kontrollen? Was denn nun?

    – „Andere Herren halten die Landwirtschaft insgesamt für nicht zukunftsfähig“: Selbst die DLG, in der auch die Agrochemie vertreten ist, sieht den Pestitizideinsatz kritisch.

    – „…halten eine Halbierung des Fleischkonsums für unvermeidlich“ – das entspräche aber den Ernährungsempfehlungen aller einschlägig anerkannten Organisationen (DGE, USDA, WHO, Krebsforschungsgesellschaften). Jeder darf essen, was und so viel er will. Man darf es aber auch kritisieren. Eine millionenfach für richtig empfundene individuelle Entscheidung kann gesamtgesellschaftlich falsch sein. Kritik am Fleischkonsum ist daher mehr als berechtigt. Und diese Kritik fußt sogar auf ziemlich anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen (ich nannte bereits einige der Organisationen). Die Lobbyisten beten ja selbst immer vor: „Es ist nicht schädlich. Man muss es eben nur in Maßen genießen.“ Eben! Aber eine solche Vernunft ist in Wahrheit der Feind der eigenen Interessen.

    Menschen nehmen Kritik an Dingen, mit denen sie sich identifizieren, als besonders heftig und häufig wahr. Umgekehrt nehmen sie Befürwortung nicht wahr oder sehen es als normal an, so wie es ihrer Ansicht nach nun mal zu sein habe. Sollte es wirklich so sein?

    Schon mal überlegt, welch allgegenwärtiger Fleischpropanda sich Vegetarier und Veganer ausgesetzt sehen? Und welchen Fake sie sich gerade aus der Fleisch- und Agrarbranche anhören müssen, über die angebliche Notwendigkeit tierischer Produkte? Und die angeblichen Gesundheitsrisiken veganer Ernährung, welche aber bei Beachtung einiger Kleinigkeiten auf einfachste Weise gänzlich ausgeschlossen sind, sodass die großen Vorteile sofort zum Tragen kommen? Die allermeisten Veggies ertragen diesen Unfug mit Fassung, sie sind ihn ja gewohnt. Die Medienkritik aus der Agrarbranche hat schon längst trumpeske Züge angenommen.

    • Inga sagt

      Die Landwirtschaft hat Zukunft, man kann sie nicht abschaffen,

      man kann nur ienen Bauernhof abschaffenode rshcließen!

      Das Land muß bewirtschaftet werden!
      Nur welche Form ist dafür richtig!

      Vieleicht kann man diese Frage nur interdisplinär beantworten!?!

  8. Ich seh das so sagt

    Es ist bedauerlich, aber m. M. sind die selben Phänomene auch bei uns in Österreich feststellbar. In den 1980er Jahren bis etwa zum EU-Beitritt 1994 gab es seitens der (einzigen Agraruni Österreichs) BOKU in Wien jede Menge von Professoren und Assistenten, die sich ziemlich regelmäßig mit Artikeln, Kommentaren, Studien, Diplomarbeiten, Berechnungen, Fallbeispielen etc. in Zeitungen und Fernsehen zu Wort meldeten, vor allem nicht nur in Fachzeitungen. Professoren wie Köttl, Haiger, Welan, Schneider, Kattinger u. a. waren zu der Zeit vielen Bauern nicht nur namentlich bekannt sondern von Vorträgen vor Ort oder in Interessensgemeinschaften. Sie sind vielleicht auch selbst manchen dt. Lesern noch ein Begriff. Da war auch irgendwie was los, da wurde diskutiert, man hatte das Gefühl von „Bewegung“ im Agrarbereich.

    Seit die meisten von diesen in Pension sind ist es völlig still geworden ! Seither findet sich in Zeitungen oder anderen Medien, selbst in Agrar- und Fachjournalen nahezu nichts mehr an Informationen von dort – sei es nun von Professoren oder Assistenten. Wenn sie heute einen Bauern fragen, ob er irgendeinen Professor/Assistenten namentlich nennen kann, werden sie keine Antwort bekommen. Weil man kennt keinen mehr, vermutlich weil auch kaum einer davon in den letzten 15 Jahren einen lebenden Bauern zu Gesicht bekommen hat, geschweige denn mit ihm gesprochen hat oder auf einem bäuerlichen Betrieb war.
    Selbst in den neuen Medien (z. B. YouTube) muß man sich durch Sinnloses oder Belangloses wühlen um halbwegs interessante Vorträge zu finden, und die sind dann auch meist mehrere Jahre alt – von der medialen Qualität des Dargebotenen ganz zu schweigen.

    Ich kann mir die Gründe dafür nicht wirklich erklären (vielleicht ein wenig von Folgendem):
    -) haben keinen Zeit wegen stressigem Unibetrieb (zu viele Studenten)
    -) was interessieren uns die Bauern
    -) warum sollen wir die Agrar-Welt erklären, wenn wir sie selbst nicht kennen oder verstehen (wollen)
    -) wir werden uns doch nicht im postfaktischen Zeitalter in Unwägbarkeiten begeben zwischen Politik, Medien, NGO´s, Fachverbänden, Bauern – ist doch viel zu mühsam

    • Ein interessanter Hinweis! Welche Philosophie stand in diesen Zeiten vor EU-Beitritt im Vordergrund?

      Nach meinen Beobachtungen mag zum Beispiel die Wachstumspolitik in den Anfängen noch Sinn gemacht zu haben.

      Diese wurde nach meiner Auffassung jedoch in den Jahrzehnten danach zugunsten des Handels missbraucht.

      Es ist zum Beispiel völlig sinnentleert, dass eine staatliche Quote für die begrenzte Milchabnahme verhängt wird, während das Motto „Wachse oder weiche!“ propagiert wird.

      Das führte geradezu planmäßig (2015) zum rapiden Preisverfall.

      Fast zeitgleich, als in den 90ern die Industrie mit LEAN-Konzepten die Massenproduktion in bisheriger Form in Frage gestellt hatte, ist offensichtlich die Landwirtschaft in den gnadenlosen „Taylorismus“ übergegangen.

      Taylorismus bedeutet hier in diesem Sinne nicht nur Massenproduktion, sondern auch strenge Arbeitsteilung. Das bedeutete nach meiner Beobachtung auch die Teilung bzw. Trennung von Denken und Arbeiten.

      Also Akademiker denken – und Landwirte haben auszuführen.

      Der Befehl: Strukturwandel

      Genau das hatte ich schon durch Anleitungen mit „nicht Wissensvermittlung“ in Verbandsorganisationen erlebt. Das Ergebnis war in einigen Fällen fatal.

      Diese Beobachtung würde genau zu diesen Beschreibungen passen, dass kein Interesse daran bestand, Landwirte akademisch im direkten Kontakt zu unterstützen. Vielleicht sollten sie nicht zu viel wissen? – Zumindest bis die Preiskriegsspirale nicht mehr umzukehren war.

      Die oft genannten betriebswirtschaftlichen Argumente (Fixkostendegression) sind bei genauer Betrachtung, zumindest aus heutiger Sicht, hoch problematisch. Es fehlte die ganzheitliche Betrachtung.

      Genau unter diesem Halbwissen leidet meiner Meinung nach die Mehrzahl der Landwirte nach wie vor. Selbst wenn sie es verstehen, kommen sie als einzelne aus dieser Spirale nicht mehr heraus. Unter diesem Druck sind auf Dauer Regelbrüche vorprogrammiert.

      Wenn ein Plan dahinter stand, war er genial – nur eben auf Kosten der Landwirte (und einiger Tiere).

      • Ich seh das so sagt

        Ich habe aber auch Positiveres in Erinnerung:
        -) Das Fallen der Regime von geregelten Preisen (Milchmarktordnung, Getreidemarktordnung …) wegen nicht mehr in der Öffentlichkeit vertretbarer Kosten und Ineffizienz
        -) Das wirklich starke Drängen zum Schließen der europäischen Eiweißlücke, wodurch in vielen Ländern erstmals seit Jahrzehnten wieder Soja und v.a. Raps angebaut wurde (nebst Erbsen, Pferdebohnen etc.) – bis die USA dem Treiben im Abtausch v.a. gegen Stahl- und Autoexporte ein Ende setzten
        -) Es war auch ein intensive Zeit der Suche nach Produktionsalternativen und inner- und außerlw. Einkommensquellen (z.B. Kooperationen, Urlaub am Bauernhof ….)

        Ich würde meinen, es gab auf die Frage „Wo geht es hin“ für viele Bauern Antworten, Angebote, Möglichkeiten und vor allem wurden die eben auch wissenschaftlich begleitet, mit Fakten unterlegt und (fach-)medial diskutiert.
        Heute ist auf diese Frage viel Schweigen im Walde. Es melden sich zwar oft unnötigsten Besserwisser und Die-Welt-in-140-Zeichen-Erklärer. Bestand hat aber davon wenig, und wie die Beiträge der letzte Tage gezeigt haben Glaubwürdigkeit, Durchdachtheit, Zuverläßigkeit oder gar fachliche Qualität noch viel weniger.

        Es ist – wie sie auch beschreiben – ein Bewegen auf kein Ziel zu, dazu noch ohne Richtung und ohne Plan(barkeit). Das schafft eigentlich den meisten Frust. (Wir wissen zwar nicht wo wir hinwollen, dafür sind wir schneller dort – Georg Kreisler, österr. Kabarettist).
        Wie sie m. M. nach richtig bemerken, die Bauern sind das viel weiter, sind auch viel offener und suchen ernsthaft. Nur dem was angeboten wird fehlen zuvorderst die o.a. Attribute.
        Auf Sand zu bauen, erscheint gegenüber der Situation noch als vergleichsweise sichere Bauweise.

  9. Friedrich sagt

    Wie war das gestern mit der Wahrheit ? Dessen Geld ich krieg , dessen Lied ich sing ! So war es schon bei den Nazis und so ist das heute auch . Nichts gelernt, oder ? Wir sind heute in der ganzen Wirtschaft nur noch von theoretischen Klugscheißern umgeben. Praxis haben die alle nicht mehr. Ständig wird das Rad von diesen Leuten neu erfunden , aber es hilft nicht weiter. Neulich bei einer Info der Berufsgenossenschaft wurden neue Arbeitsoveralls gepriesen. gut gepolstert und dicker Stoff , aber zu warm und zu unbeweglich. Für einen Sauenhalter bei bis zu 30 Grad in den Ställen führt so etwas zum Kreislaufkollaps. Also auch danneben. Dann wurden wieder viele Vorschriften dargestellt . Auf die Frage eines Sauenhalters zur freien Abferkelung und Arbeitsschutz , da Sauen auch sehr aggressiv seien können , wußte der Mann keinen Rat. Auch deshalb wollen wir Sauenhalter den Ferkelschutzkorb behalten , um beim Ferkelfangen schutz zu haben. So etwas würden wir uns von einer Berufsgenossenschaft wünschen. — In unserer Schweineorganisation gab es eine Umfrage bei Betriebsleitern ab 40 Jahren zur Hofnachfolge. Nur bei einem Drittel gab es noch einen Nachfolger und das ist überall auf den Höfen so. Wer will sich diesen Kontroll- und Vorschriftenwahn noch aussetzen. Ganz zu schweigen von der Öffentlichen Niedermachung. Auf den Höfen wird in Generationen gedacht und auch still entschieden. Den Niedergang der „Bäuerlichen Familienbetriebe “ haben unsere GRÜNEN und die Mainstreammedien zu verantworten, sowie die großen Parteien SPD und CDU die Stimmen damit fangen wollten. Soll sich keiner wundern wenn die Maschinen und Ställe noch größer werden und keine Bauern mehr in den Dörfern sind. Jedem Junglandwirt muß schon bei der Berufsentscheidung zum Bauern schon das Bundesverdienstkreuz überreicht werden. Leider ist es ja umgekehrt . Unsere Politiker überreichen sich ja gegenseitig das Bundesverdienstkreuz.

    • Da ist ja jemand richtig sauer! Was meinen Beobachtungen tatsächlich entspricht ist eine Art der Beratung und Belehrungen in der Landwirtschaft – auch akademische – tatsächlich etwas vom Elfenbeinturm haben.

      Das behaupte ich nicht pauschal, jedoch konnte ich erleben, wie eine teure und teilweise staatlich finanzierte „Beratungsindustrie“ einen Wasser- und Bodenverband als Maschinenring (damaliges Sonderrecht in Hessen) hat förmlich absaufen lassen.

      Nur zur Richtigstellung, der Verband wurde von selbst Landwirten verwaltet. Im seichten Daherreden mit gegenseitigen Schuldzuweisungen waren alle vorne dran. Bei der Frage nach umsetzbaren Lösungen waren alle weg.

      Erst als ich mich sprichwörtlich von außen einmischte, konnten die „Aufräumarbeiten“ beginnen. Die Geschichte ist hier nachlesbar: https://www.dirk-feldhinkel.de/projekte/wasser-und-boden-verbände-in-hessen-und-landwirtschaft/

      Während ich die betriebswirtschaftliche Arbeit machte, waren andere damit beschäftigt sich in der Presse nach vorne zu drängen. – Natürlich auch mit Federn meiner Arbeit geschmückt. Danach wurde ich mit allen Mittel wieder aus dem Umfeld gedrängt, obwohl sehr sinnvolle Projekte bereits begonnen wurden. Fehler aufdecken? – Ein absoluter Störfaktor.

      Hier meine Kritik an den Kommentator: Schuldzuweisungen, vor allem an die Politik ist sehr leicht.

      Wenn jedoch jemand aus vollem Herzen etwas für Sie tut, dann lassen Sie oft denjenigen fallen und schützen denjenigen der Sie, man könnte sagen, argumentativ regelrecht betrügt. Man muss nur das sagen, was Sie gerne hören wollen. Geht es dann schief, zieht man sich schmollend zurück und gibt allen anderen die Schuld.

      Tue ich Ihnen unrecht? – Gott sei Dank! Ich hatte es leider anders erlebt.

      Welcher Mechanismus dahinter steht, ist mir längst klar. Doch welcher Landwirt interessiert sich wirklich dafür, was grundlegend schief läuft? Landwirte sind selbst Teil des Systems, stellen über Verbände Forderungen an die Politik und hatten diese offensichtlich zu lange bekommen.

      Was wollen Landwirte selbst ändern? Wie soll das Boot aussehen, auf dem Ihr segeln wollt? – Und eine Frage noch, seid Ihr eine Mannschaft, die wirklich für ein Ziel zusammenhält?

    • AdT sagt

      – Die Nazis,
      – „die“ NGOs,
      – „die“ Mainstreammedien, öffentliche Niedermachung…
      Getretener Quark wird breit, nicht stark (Goethe). Sie haben ja viel Zutrauen in die Medienkompetenz und Urteilsfähigkeit Ihrer Mitmenschen.

  10. bauerhans sagt

    auch unter professoren gibts populisten,der besagte aus gö wurde aber auf einer veranstaltung von seinen studenten „zurück gepfiffen“.

    • In der Vergangenheit hatte ich unter anderem Dissertationen (Doktorarbeiten) oder Aufsätze zu betriebswirtschaftlichen Themen in der Landwirtschaft durchgearbeitet. In der Tat hatte ich auch die eine oder andere Botschaft herausgelesen, die ich als „politisch gewollt“ interpretiert hatte.

      Die heutige politische Kehrtwende zur Nachhaltigkeit widerspricht dem vorherigen Gebot des Wachstums und wird sicher wieder seine „akademische“ Bestätigung finden. Diese offensichtlichen Widersprüchlichkeiten baden in der Tat die Landwirte aus – oder kosten viel Steuergeld. Als einzelner Betriebsleiter kann man den verschiedenen strukturellen Verwerfungen (Produktionsdruck durch Preisverfall) kaum entrinnen.

      • Ich seh das so sagt

        Das Bedauerliche ist doch auch, daß von EU, Unis, Ministerien etc. zahlreich und auch vermutlich teure Studien gemacht werden über mögliche lang- oder kurzfristige Entwicklungen der LW in der Zukunft. Nur als „einfacher“ Bauer hört/liest/erfährt man darüber gleichsam nichts mehr. Zumeist werden diese Studien/Konzepte ja nicht mal mehr öffentlich vorgestellt. Es scheint, als lebe man in den Tag hinein und schaut sich die Entwicklungen eben vom Elfenbeinturm aus an.

        • Diesen Verdacht habe ich schon sehr lange. Es sind nicht nur die Erfahrungen aus der Zusammenarbeit mit Maschinenringen, sondern vielmehr die Gespräche mit Landwirten selbst.

          Ich habe oft das Gefühl, dass die skeptische Verwunderung in eine erleichterte Offenheit wechselt, wenn sich jemand ernsthaft für die Probleme der Landwirte interessiert.

          Interesse bedeutet für mich nicht Lobhudelei aber auch keine theoretischen Belehrungen. Ich könnte hier kaum ein wenig mitreden, wenn ich nicht quer durch die matschigen Höfe in die Ställe gehen würde und mit offenen Augen und Ohren Fragen stellen würde. Das genaue Zuhören ist entscheidend.

          Das was ich höre und sehe ist ausgesprochen hilfreich und bestätigt, dass Landwirte oft viel weiter sind, als man so „theoretisch akademisch“ glaubt.

          Die Landwirte müssen nach meiner Meinung wieder gegen den entfachten Konkurrenzkampf zueinander finden und ihre Erfahrungen und Wissen zusammenwerfen. Viele gute Ideen scheitern vermutlich an dem fehlenden Rückhalt von Einzelnen (- oder an der Resignation).

          Beginnen können Sie mit Ihren Interessenvertretungen, die bisher leider Fehlentwicklungen nicht nur nicht verhindert, sondern sogar ideologisch unterstützt hatten. Dort brauchen Sie keine passiven Funktionäre, sondern selbstbewusst aktive „Funktionierende“. Sie haben immer das Recht, die Dinge zu hinterfragen. – Übrigens auch bei Akademikern.

          • Bauer Willi sagt

            Ja, es wäre hilfreich, wenn wir selbstbewusste und aktive Funktionäre hätten…Die paar wenigen werden aber auch noch „sauer gefahren“…
            Bauer Willi

            • Das verstehe ich sehr gut. Die Arbeit in Gremien war für mich oft eine hartnäckige verschleißende Arbeit gegen Sturheit und Besitzstandswahrung.

              In schlimmen Fällen leider auch mit wirtschaften im kleinen Klub zum eigenen Vorteil. Ein Fall wurde in der regionalen Presse in Gießen aus der Gerichtsverhandlung bekannt. Hier wurde sogar ein Schadensersatz fällig. Ohne meine Überprüfungen wären diese Vorfälle kaum aufgedeckt worden.

              Das Schlimme dabei ist, dass diese Einzelfälle das Ansehen der Landwirte und auch das Vertrauen untereinander vernichten.

              Dabei hatte ich auch Landwirte an meiner Seite, die zuverlässig loyal und sehr anständig mehr gemacht hatten, als sie mussten.

              Dazu musste allerdings ich diese „Jungs“ etwas aus ihrer Passivität heraus holen.

              Heute haben sich in unserer Region Maschinenringe durch den Größenzuwachs etwas überholt. Aber eben auch das Misstrauen ist ein schwerwiegendes Problem. Heute arbeiten trotzdem einige gut in kleinen Gruppen zusammen und helfen sich.

              Leider sind die „Guten“ oft die stillen und lassen zu viel machen. Deshalb mein Plädoyer dafür, diese nicht aufzugeben, geduldig nach den „Guten“ zu suchen und anzusprechen. Man wird immer wieder überrascht.

              Jedenfalls freue ich mich, wenn beim Joggen auf dem Feldweg ein Schlepper mit Feldspritze (und roten Felgen) neben mir eine kurze Bremsspur hinlegt und danach jemand mit mir einen Plausch hält.

  11. Mark sagt

    Das angesprochene Problem trifft in erster Linie auf die Agrarökonomie zu. Diese tritt seit über 20 Jahren auf der Stelle, bahnbrechende neue Erkenntnisse sind auch nicht mehr zu erwarten. So ist die Hauptaufgabe der Agrarökonomieprofessoren, die eigene Daseinsberechtigung zu sichern. Sie bedienen sich dabei zweier Strategien:
    1. man beziehe Extempositionen (unter wissenschaftlichem Deckmantel)
    2. man bediene den Mainstream

    Beides mag die Daseinsberechtigung der Elfenbeinturmbewohner (ETB) sichern, es bringt aber niemanden weiter. Wenn diese ETB´s dann noch in diversen Gremien sitzen und Politik beraten, wird es kritisch, da sie die Folgen ihrer „Beratung“ später nicht zu verantworten haben (entschieden hat ja dann die Politik).

  12. Ehemaliger Landwirt sagt

    Gestern war in den Badischen Neuesten Nachrichten ein Bericht über ein Beispiel für einen zukunftsfähigen Bauernhof in Karlsruhe Rüppurr zu lesen. Landwirte müssen heute breit aufgestellt sein: Brot backen, Joghurt herstellen, Kindergartengruppen über den Hof führen, so die aussage.

    Wenn ich so die abgebildete Bäuerin (Diplomagraringenieurin) ansehe, der Frau ist die Arbeit in das Gesicht geschrieben. Die Begeisterung junger Frauen für diesen Beruf – wenn sie diese Frau anschauen – wird sich in Grenzen halten, zumal die Medien schelte und Dauerbeschimpfungen der Bevölkerung seinesgleichen sucht, wie oben beschrieben.

    Von einem möglichen Hofnachfolger war nichts zu lesen, obwohl es sich um einen „zukunftsfähigen“ ÖKO-Hof handeln soll.

    • Schmeckt gut sagt

      Schönes Thema: Zukunftsfähigkeit. Habe gerade mit Kollegen hierüber einen Gedankenaustausch gehabt: In Belgien gibt es zur Zeit noch etwa 2000 Erdbeerbetriebe. Es wird offen diskutiert wie viele es in 20 Jahren noch sein werden. Was meint ihr? Setzt die Zahl tief genug an, denn die Beeren werden zu fast 100% über Händler und Genossenschaften verkauft.

      • Ehemaliger Landwirt sagt

        2016 war der Bedarf an Erntehelfer bereits um 10% gesunken, dieses Jahr kann man wegen der Frostschäden keinen Trend ablesen, sicherlich sogt der Frost, dass mancher vorgesehener Hofnachfolger sich anders orientiert.

        Die Preise waren bei der Tunnelware auskömmlich, soweit ich das mitbekommen habe. In den Normalkulturen rechnet man im Raum Langförden mit einem Erntebeginn um den 10. Juni. Dann wird es sich zeigen, ob die Ernte sich noch lohnt.

        War letztes Jahr auf einem Spargel und Erdbeerbetrieb, der Verkauft seine Ware im Hofladen und 10 Verkaufsständen, nur was er dort nicht absetzen kann, Vermarktet er über die Genossenschaft.

        Originalton, wenn er alles über die Genossenschaft verkaufen müsste, muss er sofort aufhören.

        • Schmeckt gut sagt

          Kann ich nachvollziehen. Deshalb ist das hier gewählte Thema auch so wichtig. Wenn die Unis (Wissenschaftler/Professoren…) uns aktive Bauern und noch wichtiger unsere Hofnachfolger mit unsicheren, weil wechselnden Lehrmeinungen, überfordern, was sollen dann die vor einer Hofübernahme stehenden, gut ausgebildeten, jungen Landwirte denken? Hofübernahme in diesen Zeiten ohne sichere Zukunft? Dann doch lieber zu VW. Und kommt mir jetzt nicht mit dem Dieselskandal. Der wird sachlicher abgearbeitet, als die Probleme in und mit der viel komplexeren Materie Landwirtschaft.

        • Lieschen Müller sagt

          Aber die Läden quellen doch über von Gemüse und Obst. „Unsere Sklaven“ in Griechenland, Spanien, Ägypthen sind sehr billig. Der Erhalt der Landwirtschaft in Dtl. wird entweder über massiven Export (Fleisch, Milchpulver) oder Verteuerung der Transporte (Maut, Treibstoff) ergeben.

  13. Martin Grube sagt

    Moin.
    Vielleicht habe ich ein etwas naives Demokratieverständnis, aber es gibt doch Wahlkreise.
    In fast jedem davon arbeiten Bauern nach Recht und Gesetz. Warum gehen die Abgeordneten nicht in den Wahlkreis und fragen die Menschen für die sie dort sitzen?
    Braucht es dann noch einen wissenschaftlichen Beirat? Vielleicht… Aber nicht in der Gewichtung wie jetzt.

  14. Eva-Maria sagt

    Mich hat folgender private Ausspruch eines höheren landw. Politikers stutzig gemacht: „Der Strukturwandel in der Landwirtschaft geht viel zu langsam.“

  15. Johanna sagt

    Lieber Herr Bauer Willi,
    ich finde, das ist ein sehr schöner, sehr wahrer Kommentar. Aber ich glaube eben auch, dass es sehr sehr viele Professoren und Professorinnen gibt, die selbst nicht mehr für die Landwirtschaft brennen. Wie soll so jemand eine Leidenschaft in der nächsten Generation entzünden? Hier in Österreich könnte man die landwirtschaftliche Ausbildung bereits in sehr jungen Jahren starten, und das dann bis zum Master auf der Uni dirchziehen. Doch bemerkbar wird, je weiter man die Bildungsleiter hochsteigt, desto weiter entfernt man sich oft vom Bauernstand und der Praxis. Landwirtschaft ist Hirn, Herz und vor allem Hand. Das wird in höheren Bildungseinrichtungen oft vergessen.

    • Es mag sicher auch ein wenig in der Natur der Sache liegen, dass Akademiker Betriebsblindheit mit Lehrbuchblindheit begegnen. Das sollten sich Akademiker jeden Tag bewusst machen, wenn sie ihre Wissenschaft ernst nehmen wollen. Zur Wissenschaft gehört es nämlich dazu, Theorien und Schlussfolgerungen auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. Deshalb ist dieser Hinweis immer berechtigt.

      Waren es nicht Akademiker, die der Landwirtschaft strukturelles Wachstum als Überlebensgarantie mitgegeben haben?

      Mit pseudobetriebswirtschaftlichen Argumenten ist ein vernichtender Preiskrieg daraus entstanden.

      In geradezu widersprüchlicher Weise kritisiert man jetzt den durch den Markt dargebotenen Fleischkonsum. (Wenn er tatsächlich steigend ist.)

      Toller akademischer Ansatz:
      Der Konsum sinkt – das Überangebot steigt – der Preis fällt – und Landwirte produzieren nach „akademischer Anleitung“ noch mehr um vom Ertrag leben zu können – der Preis fällt noch mehr – zwischendurch die Suche nach dem Schuldigen, war es der Verbraucher oder war es doch de Politik?

      Noch nie habe ich es erlebt, wie die einfachsten Grundlagen der Marktwirtschaft „akademisch“ so auf den Kopf gestellte wurden, wie in der Landwirtschaft.

      Der Eindruck, der mir entsteht ist, dass eine (gewechselte) „politische Botschaft“ durch Akademiker glaubwürdig verkauft werden soll. – Anstatt die Fehler der Vergangenheit ordentlich aufzuarbeiten und sauber zu korrigieren.

      Das finde ich ausgesprochen „unakademisch“.

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