Bauer Willi
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Burn-Out-Engel

Burnout. Gehört hat diesen Begriff wohl jeder schon einmal. Aber selbst erlebt, was dann im Kopf abgeht? Die Situation, dass sich das Gehirn verselbstständigt? Dass der Kopf nicht mehr zur Ruhe kommt? Der Umstand, der schließlich auch Gedanken aufkommen lässt, dem Leben ein Ende zu bereiten?

Schuldzuweisung und das Verleugnen der Realität sind der Nährboden für die fatale Negativspirale ist, die geradewegs in den Burnout führt. Wer beschuldigt, der überträgt seine eigene Verantwortung an andere und steuert nichts mehr selbst.

Diese Schicksale sind schlimm. Aber umso mehr müssen wir die Ursachen benennen, damit nicht noch mehr diesem Wahnsinn folgen. Menschen, die im Burnout angekommen sind, haben sich übernommen, sich zu viel vorgenommen. Aber sie haben selbst die Entscheidungen getroffen, die zu der ausweglos erscheinenden Situation geführt haben.

In der Landwirtschaft ist es oft der Druck, erfolgreich zu sein, sich der Familie, den Altenteilern oder auch den Nachbarn gegenüber zu beweisen. Immer höhere Ernten, immer höhere Erlöse, der Aufbau eines neuen Betriebszweiges können süchtig machen. Wenn dann doch einmal der erhoffte Erfolg ausbleibt, sucht man nach den Ursachen. Man hat den Beratern, hat der Politik geglaubt, die mit oft einfachen Rezepten und der entsprechenden Förderung den Eindruck erweckt haben, dass mit der Entscheidung, die den Betrieb oft über viele Jahre finanziell bindet, alles besser würde. Doch wenn sich dann die Rahmenbedingungen ändern, merkt man, dass man sprichwörtlich „auf das falsche Pferd“ gesetzt hat. Aber die Entscheidung hat man selbst gefällt. Die Enttäuschung über den Verlust des Vertrauens macht es so bitter. Doch die Berater und Politiker ziehen weiter. Wie damals bei der Telekom-Aktie, die als Volks-Aktie hochgepuscht wurde und dann abstürzte. Danach wollte es keiner gewesen sein. Man selbst hatte vertraut und verloren.

Arschloch-Engel

Ein Symptom des Burnouts ist es, diejenigen zu attackieren, die einem die Wahrheit sagen. Man bezeichnet sie deshalb auch als „Arschloch-Engel“. Ein harter Begriff, der es aber auf den Punkt bringt. Sie sind Engel, weil sie dem Verzweifelten den Ausweg aufzeigen, dieser sie aber als Arschlöcher wahrnimmt, weil sie unbequem sind. Aber es nützt nichts, sich in diesem Elend zu suhlen und auf „die Anderen“ zu zeigen.

Es ist Zeit, dass die wachsende Zahl der resignierten oder resignierenden Bauern diese „Arschloch-Engel“ wahrnimmt. Es gibt nicht viele davon, aber es gibt sie. Meist sind sie im engeren Familien- oder Freundeskreis zu finden. Ihr Tun besteht darin, dem Verzweifelten neuen Mut zu machen, ihn dazu zu veranlassen, die Reset-Taste zu drücken und ihm klar zu machen, dass er ohne professionelle Hilfe aus dieser Situation nicht wieder herauskommt. Das kann oft auch die Einnahme bestimmter Medikamente bedeuten, denn ein Burnout ist eine Krankheit. So wie man bei einem gebrochenen Arm ganz selbstverständlich einen Gips bekommt, so braucht dann auch die Seele eine externe Stütze, einen Gipsverband, der bis zur Heilung darum bleibt. Um den Arm, aber auch um die Seele.

Und dazu gehört auch: runter vom Gas. Es langsamer angehen lassen. Ja, das ist sehr, sehr schwer, weil da wieder dieses Gefühl des Versagens in einem hochkommt. Das alles muss man vergessen.

Die Adventszeit heißt ja die „stille Zeit“. Vielleicht gibt sie Anlaß, um einmal in sich hineinzuhorchen. Gelegenheit, sich bewusst zu werden, dass da der ein oder andere Engel ganz in der Nähe ist, der sich um einen bemüht und es gut mit einem meint.

Bedenke: Du hast nur das eine Leben!

Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit von

Alois, Fritz und Willi

 

 

 

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66 Kommentare

  1. Der Brandenburgbauer sagt

    Moin, in dem ein oder anderem Beitrag hatte ich ja schon darauf hingewiesen wie ernst mir dieses Thema ist. Zur Karstellung, ich war zweimal, stationär in psychatrischer Behandlung,
    im Volksmund in der Klapsmühle. Darüber zu reden habe ich null Probleme. Ich habe viele Erfahrungen gesammelt aber zu vor sehr viel durchgemacht. Es geht nicht ohne ärztliche Hilfe,es geht nicht ohne Medikamende. Es geht nur über Gespräche,Therapien und alles was
    noch so zum Heilungsprozess beiträg. Das erstemal brauchten die“ Profis“ ca. ein halbes Jahr
    um mich wieder auf den alten Stand zubringen. Beim zweiten“ Bournaut“ habe ich die tägliche Hilfe über ein Jahr in Anspruch nehmen müssen. Bei der Entlassung hat mir der Chefarzt der Klinik wortwörtlich geantwortet, wenn sie ihr Leben nicht grundsätzlich neugestalten ,wissen wir Ärzte nicht ob wir ihnen noch einmal helfen können.
    Geben sie entlich ihren Job auf und suchen sich etwas anderes. Setzen sie andere Schwerpunkte. Arbeit ist nicht alles, da gibt es noch mehr. Das hat gesessen . Nun kam die schwierige Phase der Umorientierung. Heute muß ich sagen es war ganz schwer aber es hat mir sehr gut getan.

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    • Paulus sagt

      Hallo BB, alle Achtung und es ehrt dich! Als Klapsmühle würde ich allerdings eher Umgebungen oder Umstände bezeichnen in denen man sich „vor“ einer Therapie befindet und die einen genau da hinbringen. Da gilt es ggf. rechtzeitig auszubrechen und ich kann aus eigener Erfahrung nur jedem zu einer schonungslosen Analyse des eigenen Daseins raten, sofern es sich als unbefriedigend darstellt.
      Ist jetzt kein dummes Geseihere von mir, aber ich habe selbst schon tiefgreifende Konsequenzen in Kauf genommen, bewusst und mit dem erstaunlichen Resultat, dass es anschließend zu einer höheren Stellung, höherem Einkommen und mehr Zufriedenheit führte. Ist nicht ganz einfach und erfordert nicht nur Mut sondern auch Rückhalt in der Family.
      Jetzt zitiere ich noch den Spruch eines ehem. Fußballtrainers nach einem verlorenen Spiel: „Lebbe geht weiter.“ Den habe ich mir gemerkt.

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  2. Ich dachte das kam sehr oft früher in der jungen DDR vor, als die Bauern (nicht enteignet aber ) entrechtet wurden, dass die Zahl in diesen Tagen auch so hoch ist?

    Bei den Bauern ist ja auch noch der familiäre und gesellschaftliche Druck, nebendem Betrieblichen nch dazu!

    So,
    nun mal, ich denke in der Weihnachtszeit kommt das eventuell häufiger vor,

    egal Bauer oder nicht,

    wo wendet man sich hin, um da Hilfe zu rufen
    für Körperliche Gebrechen ruft man 112 an
    aber bei

    seelischen Gebrechen?
    Welche Nummer ruft man da an?

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  3. Tiwas sagt

    Burnout, die chronische emotionale Erschöpfung, kommt in allen Berufen vor, es ist nicht den Landwirten vorbehalten. Ein schleichender Prozess, der mit den Signalen „chronische Müdigkeit“, „Reizbarkeit bis hin zu Neigung zu Aggression“, „Stimmungsschwankungen“, „zunehmende Ungeduld“, „Ärger über sich selbst“ und dem „Gefühl, fremdbestimmt zu sein und nur noch zu funktionieren“ einhergeht. Zur emotionalen kommt dann noch die körperliche Erschöpfung bis zum gesundheitlichen Kollaps. Tinitus, Herzbeschwerden, das Zusammenfallen des Knochengerüsts und viele andere Symptome kommen zum immer lauter werdende nervösen Unterhall der Psyche dazu. Angst stellt sich ein, Angst vor dem Versagen, vor dem Scheitern, vor dem Verlust von Vermögen und Ansehen, vor dem Verlust der Gesundheit.
    „Wer hat mir das eingebrockt?“ Diese Frage stellt sich Jedem auf Kurz oder Lang.
    Wer in der Lage ist, diese Frage in erster Linie mit „Ich selbst!“ zu beantworten, ist schon einen Schritt auf dem Weg raus aus der Krise.
    Wer aber anderen den schwarzen Peter zuschiebt, vergrößert und verlängert sein Leid.
    „Schuld haben die Berater, Schuld hat der Konsument, Schuld hat…“ Tja, dann nur so weiter.
    Waren nicht auch Überheblichkeit, falscher Stolz, Gier und Dünkel mit im Spiel? Wer hoch fliegt, stürzt auch tiefer.

    Wer der „Legende vom Wachstum ohne Ende“ aufgesessen ist, sich übernommen hat und dann schmerzlich feststellte, dass die Prognosen falsch waren, die Zukunft so nicht gemeistert werden kann, der muss umplanen.

    Ein Burnout zwingt denjenigen zum Kassensturz, der sich vordem allen Symptomen und Überlegungen verweigert hat.
    Dann erkennt auch der Störrichste: Du hast nur ein Leben!

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    • Obstbäuerin sagt

      In meiner Wahrnehmung verläuft der Prozess etwas anders (vielleicht auch nur hier). Am Anfang stehen drohende wirtschaftliche Probleme wie Preisverfall, neue Auflagen, Verbot wichtiger Hilfsmittel, Lohnsteigerungen usw. Wenn das dann tatsächlich eintritt, kommen Probleme in der Produktion, finanzielle Schwierigkeiten und Überarbeitung dazu. Daneben existiert von Anfang an die Angst, es könnte nicht mehr zu bewältigen sein. Zusätzlich ergießen sich im öffentlichen Raum Missbilligung des Berufsstandes und Verurteilung der Produktionsweise (falls man konventionell unterwegs ist) und wenn der Betroffene dann kurz vor oder um die 60 ist, er keinen Betriebsnachfolger hat und keine weiteren Einkommensmöglichkeiten da sind, dann ist das ein tatsächliches und kein gefühltes Dilemma.

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      • Der Brandenburgbauer sagt

        Moin, Ihr müsst endlich verstehen, den Betroffenen ,den Menschen in den Fokus zu stellen, sonst landet man in einer Sackgasse.

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      • Stadtmensch sagt

        Gäbe es für den\die Betreffenden die Möglichkeit, sich in eine Genossenschaft o. Erzeugergemeinschaft einzuklinken? Oder sowas wie „Baumpatenschaften“. Für Summe X pro Jahr wird ein Baum samt Ertrag an Anwohner verpachtet. Vielleicht einen Teil der Anlage als „öko-Experimentierfeld“ für Praxissemester entsprechender Studiengänge oder für Leute, die ein FÖJ (Freiwilliges Ökologisches Jahr) machen wollen. Klingt zwar nicht nach Big-Business, aber die Perspektive weitet sich vielleicht wieder etwas?!

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        • Obstbäuerin sagt

          Danke für Deine Anteilnahme, Stadtmensch aber es war nur eine verallgemeinernde Beschreibung der Situation, in der sich auch viele Obstbauern befinden. Manche mehr und andere weniger. Das hängt dann wieder von den wirtschaftlichen Umständen des einzelnen Betriebes ab. Da wir Mitglied einer Genossenschaft sind, haben wir trotz aller Probleme noch ein bisschen mehr Rückhalt.

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    • Thomas Apfel sagt

      Guten Abend,
      es gibt keine „Legende vom Wachstum ohne Ende“ sondern handfeste ökonomische Gründe für den Zwang ein Wachstum der Bruttowertschöpfung im Betrieb zu generieren. Es gelingt sicherlich Einzelbetrieben Nischen zu finden, die eine höhere Wertschöpfung von der Fläche ermöglichen und somit eine für eine kurze Flucht aus dem Wachstumszwang helfen.
      Generell zwingt schon die Inflation die meisten Betreibe in das Hamsterrad des Wachsens oder Weichens. Zudem gibt es in der Landwirtschaft eine Besonderheit: sie steht je nach Blickwinkel am Anfang bzw. am Ender der Wertschöpfungskette. Das bedeutet, der Urproduzent steht am Ende der Geldverteilungskette: er ist (wie ein Kollege es formulierte) „Restgeldempfänger“ und das ist weltweit so.
      In der statistischen Beobachtung des Geschehens kann man das an folgenden Fakten festmachen: Die Bruttowertschöpfung der Landwirtschaft stagniert (mit leichten Schwankungen) seit 27 Jahren bei rund 15 Mrd. €. Die Aufwendungen für die Vorleistungen haben sich in diesem Zeitraum etwa verdoppelt. Das ist eine schleichende Entwertung der Betriebe weil die Wertschöpfung inflationsbereinigt seit Jahren sinkt.
      Die einzige Möglichkeit gegenzusteuern ist auf Dauer eine Ausweitung der Produktion. Ist so auch geschehen. Im oben genannten Zeitraum sind rund 300.000 Betriebe (fast 2/3) von der Bildfläche verschwunden. Die durchschnittliche Betriebsgröße hat sich im o.g. Zeitraum verdoppelt. Die gestiegene Wertschöpfung je Betrieb konnte nur auf diesem Weg ein Einkommen generieren welches halbwegs die inflationsbedingten Steigerungen der Lebenshaltungskosten ermöglichte. Wer das im Grundsatz ändern will, muss dieses Wirtschaftssystem schon abschaffen wollen!
      In allen anderen Wirtschaftszweigen hat die Wertschöpfung einen deutlichen Aufwärtstrend, sonst würde es Deutschland insgesamt gesehen auch nicht so gut gehen.

      • Tiwas sagt

        Thomas Apfel, Sie schreiben, es gäbe „handfeste ökonomische Gründe für den Zwang ein Wachstum der Bruttowertschöpfung im Betrieb zu generieren.“ Das geht laut Ihrer Wahrnehmung nur über Erhöhung der Masse. Welche anderen Wege gäbe es denn, anders zu wachsen bzw. die Lebenshaltung auf gewohntem Niveau zu halten oder zu heben? Könnten Sie nicht Klasse produzieren und einen höheren Preis durchsetzen? Haben Sie wirklich schon alle Möglichkeiten durchdacht, oder sehen Sie nach reiflicher Überlegung „nur auf diesem Weg“ eine Lösung? Was ist mit der Nische? Ist das Nichts? – Haben Sie es denn schon versucht? Statt das System und die Misere, in der es bisher schon scheinbar so nicht funktioniert hat, zu verdoppeln? Statt sich einem selbstmörderischen Zahlungsdienst, einer lebenslangen, oft aussichtslosen und ungnädigen Kandarre in Richtung Burnout zu verschreiben? War es die Perspektivlosigkeit? Oder die technikverliebte Überheblichkeit, jetzt „ein ganz Großer“ zu sein? Haben Sie es nicht den anderen Versagern gezeigt, indem Sie wuchsen, statt zu weichen? Haben Sie der „schleichenden Entwertung der Betriebe“ einfach unbewegt zugeschaut und sich dann entschieden, das Elend zu verdoppeln? Haben Sie wirklich geglaubt, dass das Wachstum kein Ende hat? Andere Frage: Haben Sie Ihr Ziel denn erreicht? – Vielleicht schreibe ich ja zu Jemandem, der mit der Entscheidung zu wachsen sein Glück gemacht hat?

      • Alois Wohlfahrt sagt

        @Thomas Apfel
        Es geht um den Mensch und nicht um die Rechtfertigungen zum Wachstum. Jeder Mensch ist anders, jeder Mensch möge sein Element finden, wo und wie er sich wohlfühlt. Jeder Mensch, und auch jeder Bauer möge den Mut haben, sich sein Element zu suchen. Das heißt, ich bin nicht gezwungen nach Betriebswirtschaftslehre oder nach der Tradition usw., sondern ich sollte mich fragen, was ich gerne tue und was mir gut tut.
        Eckhard von Hirschhausen hat dies in seiner Pinguingeschichte sehr schön auf den Punkt gebracht:
        https://youtu.be/tOxywMaE8GY

        • Thomas Apfel sagt

          Motivationstrainigseminare können sicher dem einzelnen Menschen auf die Beine helfen, sie setzen aber die objektive Realität nicht außer Kraft.
          Und daher finde ich geradezu unanständig, dass den 300.000 Familien die aufgeben mussten von dem „erfolgreich“ übriggebliebenen Drittel erklärt wird, dass eigentlich jeder selbst Schuld an seiner Lage ist .

      • fingerphilosoph sagt

        „In allen anderen Wirtschaftszweigen hat die Wertschöpfung einen deutlichen Aufwärtstrend ….“ Falsch. Es sind Blasen, hinter denen keine realen Werte stehen. Werden alle niedlichen Zahlenspiele weggelassen, leben wir gesamtwirtschaftlich schon seit einer Weile von der Substanz.

    • Liberaler sagt

      Bauer Fritz,
      hammer Video 🙁
      Es liegt wohl nicht an den mangelnden Subventionen sondern an der wetterbedingten und sonstigen Extremsituation mit der nicht jeder fertig wird.

      Hier blicken gewerbliche Sauernhalter, die auch keine Subventionen bekommen, auch in den Abgrund. Z.Glück gibt es jetzt die Fristverlängerung und für 2019 sieht es nicht so schlecht aus.

      Als ich das Video gesehen habe musste ich an unsere „Schachsinns Agrablogger“ denken die herum schreien „Wir machen euch satt“. Wer als Depressiver solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr.

      Ein Lösungsansatz der Druck von den Schultern nimmt wäre in Schleswig Holstein zu finden. Dort gibt es ein Sorgen Notruf, wo man sich helfen lassen kann, indem z.B. ein Helfer und/oder Berater unbürokratisch hilft. Allein das Angebot nimmt schon die Last von den Schultern. Weil das geliebte Vieh auch bei Krankheit und Versagen versorgt wird.

      Wenn dies alles diskret verläuft, sinkt auch die Hemmschwelle sich zu melden. Denn Bauern sind auch Tratschtanten.

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      • Ehemaliger Landwirt sagt

        Beim badischen landwirtschaftlichen Hauptverband gibt es auch ein Sorgentelefon, nicht nur in SH.

        Die Frage ist nur, wie die Schreihälse # Wir haben es satt # den Betroffenen hilft,
        haben sie Einblick, dann lassen sie es uns wissen.

        • Liberaler sagt

          Sehr geehrter ehemaliger Landwirt, das ist ein Missverständnis.
          Meine Sorge war, dass wir in einer unruhigen Zeit leben und das Internet ist aus meiner Sicht die Hauptursache für menschliche Dramen dieser Zeit.

          Es ist überhaupt nicht gesund, wenn wir immer mehr Schrei und Prahlhälse haben, die täglich zeigen wie toll die sind und was sie alles können. Was wirklich in der Bilanz steht, weiß man nicht.

          Es würde bei allen Themen, der Branche gut tun, wenn man gemäßigter und kollegialer auftritt. Aber das bleibt Wunschdenken…

          • Ehemaliger Landwirt sagt

            Das Internet ist sicher nicht an den menschlichen Dramen schuld, zumindest hat es bei mir nicht zu einer negativen Stimmung geführt.

            Auf Schreihälse kann ich auch gern verzichten, das Internet ist halt Anonym, da kann jeder mit deiner „Weisheit“ prahlen, anderen dumme Ratschläge geben, seine eigene Unfähigkeit ist anderen ja nicht bekannt.

            Beim dritten Abschnitt bin ich bei ihnen, ich hoffe, dass sie sich das selbst zu Herzen nehmen.

            • Liberaler sagt

              Zitat:
              „Beim dritten Abschnitt bin ich bei ihnen, ich hoffe, dass sie sich das selbst zu Herzen nehmen.“

              Sie glauben gar nicht wie gut ich mit Kritik umgehen kann und auch bereit bin mich zu ändern. Allerdings sind die Mechanismen im Netz so, dass eine sehr ruhige Sprache überhaupt nicht wahrgenommen oder gelesen wird. Und wenn ich Dampf ablasse ist das ein Ergebnis von Empörung, Herr Ehemaliger Landwirt. Und wenn man das macht ergeben sich dann auch entsprechende Gegenreaktionen die genau so heftig sind.

              Ohne Bauer Willi kritisieren zu wollen: Auch hier war die Entstehungsgeschichte ein WUTbrief. Wäre es eine Sachexpertise gewesen, würde es diese Seite nicht geben.

              Wie gesagt, das Internet ist in der Depressionsbekämpfung nicht hilfreich sondern gefährlich. Bei dieser Meinung bleibe ich und natürlich kann man und will ich auch es nicht wieder abschaffen.

              Ich bin auch froh jetzt wieder was schreiben zu können, um mich von der Grünen Bärbock im ZDF bei Illner zu erholen. Das lenkt mich sogar ab und so kann das Netz auch positiv wirken. Es gibt immer viele Seiten…

            • Ehemaliger Landwirt sagt

              Ich stimme mit ihnen überein, dass man eine Depression nicht mit dem Internet heilen kann, bin jedoch der Meinung, dass das Netz keine Depression auslöst.

              Es gibt viele Arten wie man Landwirtschaft betreiben kann, wenn ein Betrieb eine Nische gefunden hat, Gratulation. Mann solle nicht glauben, das diese Nische für alle machbar sind. Was mich immer stört, sind die Klugscheißer die meinen alles besser zu wissen, als derjenige der die eigene Betriebs-Situation besser kennt.

    • Ehemaliger Landwirt sagt

      In keiner anderen Berufsgruppe begehen so viele Menschen Selbstmord. Frankreich sind es ca. 600 Jährlich. Das gleiche Phänomen gibt es auch in den anderen europäischen Ländern. In Deutschland begehen mindestens 500 Bauern Selbstmord, 400 in Belgien und in Italien gibt es auch viele Fälle. In in Rumänien gibt auch viele. Es ist ein europäisches Problem.

      So zeigt sich das klagen auf höchstem bäuerlichen Niveau!

  4. Paulus sagt

    Wie so häufig hier ist es mal wieder klagen auf höchstem bäuerlichen Niveau. Wer den Anforderungen nicht gewachsen ist hat schlicht etwas falsch gemacht. Ich hätte mich z.B. niemals auf so etwas wie einen Gemischtbetrieb oder Milchwirtschaft, verbunden mit Altenteilern und sonstigen möglichen Verpflichtungen, ohne eine gesunde vielversprechende wirtschaftliche Perspektive und unter Berücksichtigung eines angemessenen privaten Ausgleichs eingelassen. Das sich bestimmte Dinge durchaus ändern können, hat man dabei ins Kalkül zu ziehen. Ist in der übrigen Wirtschaft auch nicht anders.
    Die paar Landwirte die ich näher kenne, sind Ackerbauern und liegen monatelang schlicht und ergreifend auf dem Sack. Die amüsieren sich über mich, würden niemals mit mir tauschen und deren vermeintlichen Stress möchte ich gerne haben. Burnout bei Bauern? – wohl nur weil immer noch Standesdünkel, Nachbarschaftsgehabe und Selbstverlogenheit eine wesentliche Rolle spielen.
    Hört endlich auf zu jammern und zu klagen, es nimmt euch keiner mehr ab.

    PS. Ich bin bis heute darüber entsetzt, dass ein Bauer Willi immer wieder zwischen Bauern und ganz normalen Menschen unterscheidet. Vielleicht helfen ja der Advent und ein imaginärer Engel um darüber mal nachzudenken.

    • Dorfkind sagt

      Das sind ja komische Ackerbauern, die Sie näher kennen, Paulus (oder haben die Kieskuhle in der Fruchtfolge?)! Mein Mann ist auch Ackerbauer und der ist noch weit entfernt davon „auf dem Sack“ zu liegen. Im Büro türmen sich die Papierberge, die abgearbeitet werden müssen (von März bis Mitte November hat mein Mann 5 freie Tage gehabt, da ist einiges liegen geblieben), Rübenmieten zudecken, abdecken, Rüben fahren, Vorgewende drillen, Maschinen reparieren, Gebäude reparieren/renovieren, Düngebilanz, Agraranträge, etc., etc. Klagen tut hier niemand. Es wäre aber ganz entzückend, wenn Sie sich Ihre Kommentare verkneifen könnten, auf Schlauberger können wir ganz gut verzichten…

    • Ehemaliger Landwirt sagt

      So geht es dir jetzt besser?

      Will mich nicht immer beklagen, ein Vorteil als Landwirt hat man schon, man hat keinen Blödmann als Vorgesetzten.

      Ich kenne zwei Ackerbauern,
      der eine arbeitet als Hausmeister und bewirtschaftet den ehemaligen Elternbetrieb im Nebenerwerb.
      der andere arbeitet als Landmaschinenmechaniker und bewirtschaftet seine
      60 Hektar zum Teil nachts.

      Übrigens, Bauern werden auch als normale Menschen angesehen, zumindest wenn die Bevölkerung keine Kenntnis vom Beruf des Bauern hat.

    • Arnold Krämer sagt

      Was willst du machen, wenn die Ahnentafel bis 1650 im Flur hängt.
      Dann gibt es nicht nur den kühl ökonomisch denkenden Kopf.

      Und da wo die Frau Lehrerin ist, kann man sich „versteckte Arbeitslosigkeit“ schon mal leisten.

      Die Lage in den Familien ist schon sehr, sehr unterschiedlich. Die allgemeine Aussendarstellung und Aussenwahrnehmung entspricht immer weniger den Realitäten(Plural)!!

    • Ferkelhebamme sagt

      „Wie so häufig hier ist es mal wieder klagen auf höchstem bäuerlichen Niveau. Wer den Anforderungen nicht gewachsen ist hat schlicht etwas falsch gemacht.“
      Wie arrogant und überheblich… Sagen Sie das den Ferkelerzeugern hier ins Gesicht! Nein, bei dem Kegelkollegen Mitte 40 geht das nicht mehr, hat sich letztes Jahr den Strick genommen. Vllt. der Frau und den Kindern? Gejammert hat der eben nie! Oder Otto, der kommt aus seiner prekären wirtschaftlichen Situation nicht mehr heraus, muss gerade alles verkaufen, inkl. Haus und Hof. Seit Generationen in Familienbesitz, nie auf der faulen Haut gelegen. Oder Karl und Monika, Ferkelzüchter mit wahnsinnig viel Herzblut, steigen (rechtzeitig) aus, haben schon neue Jobs, aber zufrieden damit? Theo und Hubi, gestandene Bauern, engagiert an der „Front“, Demos, Politiker-Gespräche, Öffentlichkeitsarbeit, Ortsverein-Vorsitze: total frustriert, weil die Uukunftsaussichten schwarz sind, die Politik nur rumeiert. Die jammern nicht öffentlich. Nur wenn man sie unter 4 Augen spricht, haben gestandene Männer Tränen in den Augen. Sagen Sie es Ihnen ins Gesicht, aber bitte nicht über die Forke jammern, die dann in Ihren Rippen steckt.
      Schöne Weihnachten!

        • Genau, jeder Hof ist anders, befindet sich in einer anderen Situation und jeder Familienkonstellation auch!

          Das kann man mit einem normalen 8 Stunden/Tag Arbeitsplatz, wo nur eine Fachrichtung zu bearbeiten ist und sich dann auf den Feierabend und nächsten Urlaub freuen kann,
          recht wenig zu tun!

          Ein Bauernhof hat fachübergreifende Themen zu bearbeiten, die dann mit dem Familiendruck ganz andere Sorgen machen, und das kann dann eher zum Bourn-Out oder vielleicht auch Depressionen führen, denke ich.

          Den es belastet nicht nur Körper (aber weniger wie früher) sondern auch Geist und Seele.

      • Obstbäuerin sagt

        Hallo Ferkelhebamme, solche Schicksale machen betroffen und leider gibt es davon in unserem Umfeld auch welche.

      • Alois Wohlfahrt sagt

        @Ferkelhebamme
        Wir haben unseren Text ganz bewusst austariert. Was Paulus hier etwas unsanft herausstellt, das steht im Endeffekt auch in unserem Text. Die Verantwortung liegt natürlich bei jedem selbst. Und diese Einsicht ist im wahrsten Sinne „notwendig“. Weil diese Einsicht die Not wendet. Weil nur dadurch die nötige Kraft entsteht, die schlimmen Situationen zu ändern. Das ist sicher einfacher gesagt, als es bei vielen, undendlich komplexen Zuständen ist. Wenn z.B. Überschuldung und persönliche Probleme entgleist sind. Und jeder Fall ist anderst, und kann auch nur individuell gelöst werden. Aber umso wichtiger ist es zu erkennen, dass durch diese Übernahme von eigener Verantwortung das Dilemma auch verhindert wird. Darum ist es mir ein persönliches Anliegen das Jammern, Beschuldigen und „bashen“ mehr ins Bewusstsein zu bringen. Ich thematisiere das mittlerweile auch auf den Versammlungen, wo ich eingeladen bin zu sprechen. Schon viel zu lange ist in der öffentlichen Kommunikation der Bauern und der landwirtschaftlichen Verbände das Beschuldigen zur Tagesordnung geworden. Die Botschaft ist immer diesselbe: Ich muss oder kann mich ja nicht ändern, oder ich muss keine Entscheidungen treffen, weil der Andere ist ja Schuld. Mit so einer geistigen Grundhaltung kann man Glück haben, aber auch ins Unglück rennen. Darum ist es so wichtig, dass wir Bauern endlich lernen eigene Ziele zu entwickeln. Welches Leben will ich haben? Wie soll mein Hof in die Zunkunft gehen? Wenn ich die Weisheiten der landwirtschaftlichen Berater, der Politik, der Verbände einfach so als Wahrheit nehme und selbst keine eigene Entscheidung treffe, dann ist das auch eine Entscheidung. Nämlich diese, sich auf andere zu verlassen. Geht es schief, dann ist man im Zweifelsfalle verlassen. Wir bringen also dieses Thema hier im Blog, nicht um zu jammern oder Mitleid zu bekommen. Sondern um das Bewusstsein darüber zu schärfen. Und um darüber zu diskutieren.
        Alois

        • Thomas Apfel sagt

          Guten Abend Alois,

          Ihre Sicht,dass Bauern sich vorrangig mit dem Beschuldigen von Andern beschäftigen und andere ,bashen´ ist wohl eher Ihrem Standpunkt in der Debatte zuzuschreiben. Die Diskussionen und Anfeindungen denen die (ich betone: Konventionelle) Landwirtschaft ist zu großen Teilen ausgesetzt ist, wird genau mit Beschuldigen und Bashing von der „Grünen Seite“ der Gesellschaft betrieben. Die Marktabgrenzungsaktivitäten insbesondere des BÖLW befeuern die Debatte ständig. Und ich finde es unlauter gegenüber Denen die bislang aufgeben mussten, denn die persönlichen Entscheidungen können wenn die anderen Umstände passen schon über Erfolg oder Misserfolg entscheiden. Die Mehrzahl der Hofaufgaben der letzten 30 Jahren sind weniger individuellem Versagen sondern Nationaler und zunehmend Europäischer Politik geschuldet. Insbesondere zu dieser Zeit ist es notwendig immer wieder darauf hinzuweisen, dass es der BIO- Branche um ein möglichst großes Stück vom Subventionskuchen geht und in dieser Diskussion die betrieblichen und persönlichen Probleme die insbesondere Inhaber konventioneller Tierzuchtbetriebe erleiden gewollte Kollateralschäden sind. Wir sollten eher über die „Richtige Form der Landwirtschaft der Zukunft“ diskutieren als das Wirken der objektiven ökonomischen Gesetze mit „Individualschuld“ zu vernebeln.

        • Ferkelhebamme sagt

          Ja, Alois, jeder ist seines eigenen Glückes Schmied. Solche, wie du sie beschreibst, nennen wir Mehlmützen. Einen kenne ich leider auch persönlich: machen, wie man es immer gemacht hat, nie modernisiert, neue Auflagen und Gesetze ignorieren, wirtschaftlich schon lange am Ende. Viel Klagen und Jammern, und Schuld sind immer die anderen: die Berater, die angeblich falsch beraten haben, die, die ihn angezeigt haben wegen der uralten Mistplatte, der Nachbar, der einen Brunnen gebohrt hat und ihm das Wasser wegnimmt, obwohl er schon seit Jahren Probleme mit Wasser hat etc, etc. Da haben schon einige Arschloch-Engel gesprochen, vom Steuerberater bis zum Kollegen. Doch die Einsicht ist nicht da und es ist absehbar, dass das böse enden wird; wahrscheinlich nicht nur wirtschaftlich, sondern auch psychisch.
          Doch die Mehlmützen sind meines Erachtens eher die Ausnahme, der „moderne Landwirt“ ist Unternehmer und schaut sehr genau, was Zukunft hat. Der entscheidet selbst und verlässt sich nicht nur auf einen Berater. Bleiben wir bei den Sauenhaltern: die wissen, was sie im Leben wollen:Ferkel züchten! Wie soll der Hof in die Zukunft gehen? Ja, da hakt es gerade, in Deutschland gibt es gerade keine Zukunft und Schuld hat die Politik! Das darf und muss gesagt werden, die Ferkelerzeuger sollten nicht nur jammern, sondern schreien! Aber das tuen die eben nicht. Es ist nicht die viele Arbeit, die sie fertig macht, es ist die Fremdbestimmung. Wir können die Preise nicht selbst bestimmen, irgendwann ist die letzte Schraube gedreht und vorbei mit noch mehr Kosten sparen und effizienter werden, und werden mit Auflagen, die jedes Augenmaß verloren haben, überzogen. Was eben auch nicht mit der normalen Wirtschaft zu vergleichen ist, Paulus. So einfach ist das nicht. Einfach aufgeben, was man sich in Jahrzehnten mühsam aufgebaut hat? Wegen dieser irrationalen Politik? Weitermachen mit der Flucht nach vorn, ins geschlossenes System z.B.? Mit der Verantwortung der Familie gegenüber, meist 3 Generationen? Das führt schon mal in die totale Erschöpfung. Es ist sowohl fatal, die Schuld nur bei anderen zu suchen, als auch, diese nur bei sich selbst zu suchen und den Mund zu halten. Wie du schon sagst Alois, die Hintergründe sind oft sehr komplex.

      • Der Brandenburgbauer sagt

        Moin, Ferkelhebamme,Deine Schilderungen machen sehr betroffen. Für mich stellt sich die Frage, wurden denn keine ärztlichen Profis zur Hilfe inanspruch genommen? So eine situation von der fachlichen Seite mal abgesehen kann keiner für sich alleine lösen. Du hast in diesem Moment fast niemanden mehr der dich versteht,nicht mal im engsten Familienkreis. Du findest auch selbst nicht den Mut den ersten Schritt zumachen,einen Arzt oder eineKlinik aufzusuchen, Du willst nur Deine Ruhe haben. Dadurch verschlimmert sich die Situation immer mehr und du schottest dich immer weiter ab bis garnichts mehr geht. Es gibt für den Betroffenen keinen Ausweg mehr wenn keine Hilfe von außen erfolgt. Diese Situation verstehen die aller wenigsten.

        • Ferkelhebamme sagt

          Besagter Kegelkollege war in Behandlung. Trotzdem der Supergau. Ein geselliger, lebenslustiger Typ, nach Außen stark, kein Jammern oder Klagen-innerlich zerbrochen.

  5. Aber ja,
    denn es werden ja auch noch ein paar Babys geborgen.

    Seid die Storchenpopulatiuon zurück geht, geht auch die Bevölkerungspyramide auf dem Kopf, die Anzahl der Geburten geht zurück, weil es weniger Störche gibt,
    hast du das nicht gewußt, Ehemaliger Landwirt?

    Ein Beweis, der Storch bringt die Babys! 🙂

    Das selbe Phänomen werden wir in den Entwicklungsländern dann mal sehen,
    haben es die Schwellenländer nicht schon beweisen, oder?

    Kann Wolfgang Nellen das bestätigen?

    • Ehemaliger Landwirt sagt

      Werde mal in dem Dorf nachfragen, ob die vielzahl der Störche sich auf die menschlichen Geburtenrate auswirkt.
      In meinem Ort ist die Geburtenzahl im steigen, obwohl es bei uns keine Störche gibt. Vielleicht kommen die Störche bei Nacht, wenn ein rechtschaffener Mann schläft. 😉

      • Du kannst doch nicht nur so weit denken, wie der Kirchtum Schatten wirft.
        Storche fliegen auch über Landesgrenzen,

        die Industrialisierung auch!

  6. Arnold Krämer sagt

    „Burn-Out“ hat nach meiner Erfahrung/Einschätzung immer etwas zu tun mit fachlicher und/oder zeitlicher Überforderung. Die Frage ist dann, wer oder was überfordert mich? Bin ich es selbst, der zu hohe Ansprüche stellt, mir selbst etwas zutraue, was ich nicht, andere aber vielleicht doch können? (Die Menschen sind nun einmal unterschiedlich organisiert und „laufen“ unterschiedlich schnell). Bin ich getrieben von übertriebenem Ehrgeiz, angestachelt von Familienmitgliedern, angespornt durch das Vorbild der Berufskollegen in der Nachbarschaft oder den Hochglanzberichten in top agrar oder ist es der Vorgesetzte, der von mir zuviel in meinem Arbeitsverhältnis/an meinem Arbeitsplatz abverlangt, das ich nicht zu leisten in der Lage bin. In letzter Konsequenz fehlt es an ausreichender Selbstkontrolle und der Fähigkeit „Nein“ zu sagen. „Nein“ zu dem konkreten Arbeitsplatz, auf dem ich abhängig beschäftigt bin, „Nein“ zu diesem oder jenen Betriebszweig, „Nein“ zu dieser oder jenen Betriebserweiterung, die z.B. ständige Fremd-AK erfordert, „Nein“ zu was auch immer! Ein klares und konsequentes „Nein“ setzt voraus, dass ich weiß, was ich kann oder auch nicht kann, und dass ich weiß, was ich will, ein gesundes Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen habe. Dann, und auch nur dann, bin ich in der Lage, mich auf die wirklich wichtigen Dinge im Betrieb/in der Familie zu konzentrieren, oder aber auch andere Menschen für mich arbeiten zu lassen, für Entlastung zu sorgen, ohne dabei wirtschaftlich in die Knie zu gehen.

    • Arnold Krämer sagt

      Oft oder immer? sind die psychischen Probleme eines Burn-Out-Landwirts auch verbunden mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten, deren Ursachen ebenfalls parallel ins Blickfeld kommen müssen. Und damit sind wir beim eigentlichen Dilemma. Der klassische Agrarberater versteht nichts oder zu wenig von Psychologie und der „Engel“ nichts oder zuwenig von den Dingen, die zu einer wirtschaftlichen Gesundung beitragen können. Es gibt nach meiner Erfahrung nur sehr wenige Personen im Agrarumfeld, die in einer solch komplexen Situation kompetent weiterhelfen können.
      Der wirtschaftliche Aspekt ist jedoch enorm wichtig auch für eine psychische Gesundung. Viel und hart zu arbeiten ist selten ein Problem, wenn finanzieller Erfolg damit verbunden ist. Dann kann man kompensieren (z. B. Jagd im Baltikum), Aushilfskräfte finanzieren, entlastende Technik kaufen usw.. Landwirte, die wirtschaftlich gesunde Unternehmen führen sind nach meiner beruflichen Erfahrung wesentlich resistenter gegenüber Stress und anderen äußeren „Anfeindungen“.

  7. Der Brandenburgbauer sagt

    Moin, nur einmal zur Klarstellung. Diese Krankheit kann jeden treffen. Das Ihr Drei Euch dieses Thema vorgenommen habt, finde ich sehr gut. Ob Experte hin oder her ,darum geht es nicht. Es ist noch immer in vielen Kreisen ein Tabuthema. das hier in dem Blog darüber geredet werden soll ist ein guter Anfang.

  8. bauerhans sagt

    die telekom-aktie war damals im auftrag des finanzministers so massiv beworben worden,dass viele,die insbesondere keine erfahrung mit börse hatten,meinten,es wäre eine absolut sichere sache.
    als es dann abwärts ging,haben die sich nicht gekümmert,danach gabs nur noch trotzreaktionen,jammern und geschimpfe auf ron sommer.
    wer entscheidungen trifft,sollte grundkenntnisse haben,jammern hilft nicht.

    burnout ist eine begleiterscheinung unserer zeit,die durch ständigen wettbewerb und insbesondere persönliche selbstüberschätzung entsteht.
    wer davon betroffen ist,muss eigenwillig professionelle hilfe annehmen,ähnlich wie bei alkohol oder drogen.

    was ich bis heute nicht verstanden habe,dass bauern immer ihre höfe auf die zukunft des nachfolgers ausrichten „müssen“.
    viel wichtiger ist es,dass nachfolger einen eigenverantwortlichen bereich des betriebes übernehmen,wo „der alte“ sich raushält.

    • Ehemaliger Landwirt sagt

      Es war damals bekannt, dass die Grundstücke der Telekom maßlos überbewertet waren. Dennoch hat man diese Aktie als Volksaktie unwissenden Anlegern angedreht und jetzt wundert man sich, wenn der Bürger sein Geld für Negativzinsen aufs Sparbuch legt.

      • Brötchen sagt

        ehemaliger Aktien sind immer Risiko! Immobilien sind auch Risiko.
        z.b. nach der Wende waren ja einige ganz schlau und haben investiert und haben sich das Objekt und die Lage nie angesehen. Eigentum verpflichtet, muss man sich drum kümmern. bloss gut, das es so ist.

        • Ehemaliger Landwirt sagt

          Auch die Landwirtschaft ist ein Risiko, ein Frostjahr wie 2017 macht mehr Geld zunichte, wie ein paar Aktien.
          Wer mit seiner zukünftigen Rente nicht zufrieden ist, kommt um das Aktensparen nicht herum. Bei guter Streuung ist das Risiko überschaubar.

          Ps. Ich habe vor vielen Jahren 5.000 Hektar für 5.000 DM in Südamerika angeboten bekommen, hätte ich die damals gekauft, wäre ich der größte Grundbesitzer hier im Forum. Ob die Fläche noch was Wert wäre, kann ich nicht sagen, da ich dieses Geschäft nicht gemacht habe.

          • Brötchen sagt

            ehemaliger bei Aktien ist klar. bei Immobilien übernimmst du Verpflichtungen. damals mir den Abschreibungen auf Immobilien im Osten sind einige in privatinsolvenz geraten…schauspieler usw.

            mit dem Land kannst du auch auf die Nase fallen, wenn du plötzlich für was haftest.

          • bauerhans sagt

            „5.000 Hektar…. in Südamerika“

            ein onkel haute in den 1950er jahren ab,weil er finanziell was „ausgefressen“ hatte und meldete sich in den 1960er wieder:
            er könne einige tausend ha weideland in argentinien erwerben,um dort rinder und pferde zu halten,allerdings fehle ihm die knete.
            von der familie hatte keiner angebissen,eine hamburger kaufmannsfamilie hatte es wohl erfolgreich durchgezogen.

    • Der Brandenburgbauer sagt

      Moin, wir sollten das Thema heute nicht mit der Telekom – Aktie verwässern, dazu ist es zu ernst.

    • Henner sagt

      Es gibt ein altes Sprichwort: wir haben den Betrieb nicht von unseren Eltern geerbt
      sondern von unseren Kindern gepachtet. Wenn ich rein wirtschaftlich denken würde
      müsste ich alles verkaufen, aber Geld ist nicht alles. Landwirt ist der schönste Beruf und ohne Lebensmittel gib es kein Leben leider vergessen es heute viele.
      Eine besinnliche Weihnachtszeit aus dem schönen Hessen.

      • Du hast ihn von den Kindern geliehen,
        weil du die Verpflichtung hast,
        ihn an sie weiter zu geben,

        Wenn nun die politische Situation nicht zulässt, dass die Kinder diesen Betrieb genau wie du oder deine Eltern weiter zu bewirtschaften, dann muß er eben als Wert weitergeben werden.

        Was hat er dir
        dir und deinen Vorfahren, als der Spruch entstanden ist gegolten?

        Nahrungsmittelgewinnung, und -unabhängigkeit, Geborgenheit und
        Auskommen.

        Vielleicht auch Frieden !?!

        Warum wird er von so vielen Leuten so idealisiert?

        Was hatten die Alten früher für eine Lebenserfahrung damit gemacht, damit der Spuch zur LEbenweisheit geworden ist??

  9. Liberaler sagt

    Ich gehe mal davon aus, dass alle Drei genannten keine Psychologen sind sondern bestenfalls teilweise selbst betroffen waren.

    Es ist höchst fragwürdig so etwas ins Netz zu stellen, ohne einen Sachkundigen das checken zu lassen.

    Ich bin auch kein Fachmann, glaube aber, dass diese Krankheit nicht immer ein Ergebnis von zu hohem Erfolgsdruck ist, und nur Vollgasbauern vorbehalten ist. Auch Halbgas oder Standgasbauern können erkranken weil sie älter und leistungsschwächer werden.

    Es ist ein komplexes Thema und sollte immer mit Fachleuten diskutiert werden. Darüber sprechen ist gut. Wenn ich das mal bekomme, liegt das an den vielen Arschlöchern in der Gesellschaft und ich glaube nicht, dass da „Arschloch Engel“ kommen oder helfen.

  10. Obstbäuerin sagt

    Da offenbart sich wieder die Frage: Kann jeder vom Tellerwäscher zum Millionär werden? Waren es die äußeren Umstände gepaart mit Zufall und Glück oder meine individuelle Leistung? Umgekehrt gilt natürlich das Gleiche. Liegen die Ursachen für das Desaster in der Landwirtschaft im persönlichen Unvermögen des Bauern oder sind es die äußeren Umstände, die das begünstigen. Meine Erfahrung in drei Wirtschaftssystemen lässt mich diese Frage eindeutig beantworten. Alle hier angeführten Gründe (Nachbarn, Altenteiler, Familie usw.), die für den Druck verantwortlich sein sollen, spielen hier im Osten eher eine untergeordnete (oder gar keine) Rolle und doch ergeht es uns nicht anders als vielen Kollegen im Westen. Natürlich wird es auch den einen oder anderen geben, der tatsächlich falsche Entscheidungen getroffen hat, die dann zu dem Problem führen aber es sind zu viele betroffen. Die Ursachen nur in sich selbst zu suchen, verhindert dann eine gemeinsame Problemanalyse, die für alle eine Lösung bringen könnte. Schuld finde ich in diesem Zusammenhang nicht die richtige Wortwahl.

    • Der Brandenburgbauer sagt

      Moin ,in vielen Deinen Argumenten kann ich Dich nur unterstützen.Ich bin auch der Meinung, das es zwischen Bournaut und Depression kaum große Unterschiede gibt. Bournaut ist gesselschaftsfähiger , da ist mann überarbeitet. Bei Depression denken die meißten an, der ist verrückt,das ist ein Jammerlappen oder der
      ist viel zu sensiebel. Die Arbeit spielt bei beiden Auslegungen eine ganz entscheidende Rolle.

      • Brötchen sagt

        bb manche Fachleute äussern die Meinung das es Burnout eigentlich nur sehr selten gibt. meist ist es eine Depression oder ein suchtproblem, oder beides.

      • Gephard sagt

        Du kannst auch ohne Überarbeitung eine (Erschöpfungs-)Depression bekommen. Da besteht kein kausaler Zusammenhang. Burnout ist ein gesellschaftsfähiger Modebegriff, der immerhin vielen hilft, sich dazu zu bekennen. Irgendwann kommt dann aber der Punkt, wo man sich mit dem Begriff Depression anfreunden muss.

  11. Altbauer Jochen sagt

    Wohl wahr, man hat nur das eine Leben.
    Wenn man in jungen Jahren auf dem Hof in Vaters
    Fußstapfen tritt, hat man 25-30 Jahre um für den Sohn
    die Weichen zu stellen.
    Wohin steuert man? Kann man sich gegen den Trend stellen
    und trotzdem bestehen ?
    Sicher gibt es individuelle Lösungen für den einen und den anderen,
    in der Mehrheit wird man sich kaum gegen die Gesamtentwicklung
    wehren können. Ob man will oder nicht.(Oder man gibt auf)
    Es ist eine Herausforderung dabei die menschliche Seite
    des Lebens nicht zu verlieren.
    -Für das eine Leben- und für eine Zukunft der eigenen Kinder.
    Allen eine glückliche Weihnachtszeit !

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