Bauer Willi
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Was ist Wahrheit?

Inspiriert durch einen Mail von Bauer Fritz, der hier auch schon geschrieben hat, habe ich mir jetzt ein paar eher philosophische Gedanken dazu gemacht, wie es um die Wahrheit bestellt ist. Hat jetzt nicht nur was mit Landwirtschaft zu tun, aber irgendwie doch auch. Wer es mit geistiger Arbeit nicht so hat, kann ja gleich wieder wegklicken.

Unsere Welt ist komplex. Viele, zu viele Informationen stürmen auf uns ein, ob wir es wollen oder nicht. Überschrift lesen und die Meinung steht. Komplexität ist eher unerwünscht, weil es uns zwingt, in Zusammenhängen zu denken, den Grund dahinter herauszufinden. Viele suchen einfache und schnelle Erklärungen für Dinge, die man weder schnell noch einfach erklären kann. In der Landwirtschaft gibt es dazu viele Beispiele: Monokulturen, Nitrat, Gentechnik, Subventionen. Alles keine Themen, die man in fünf Minuten umfassend darstellen kann. Von verständlich machen erst gar nicht zu reden. Das gilt auch für Flüchtlingskrise, Brexit und das Phänomen Trump, Erdogan oder Victor Orban. Mir geht das jedenfalls so. Wir lesen, hören oder schauen oft nur noch, was unsere bereits vorhandene Meinung bestätigt und sind kaum noch in der Lage, uns eine eigenständige Meinung zu bilden.

Was passiert aber mit einer Gesellschaft, in der sich jede Gruppe, und sei sie noch so klein, ihre eigenen Wahrheiten “bastelt”? Wenn Empörungen und Skandale “fabriziert” werden um daraus Kapital für die eigenen Interessen zu schlagen? Dabei werden oft Grenzen bewusst überschritten, um die Aufmerksamkeit noch zu erhöhen. Damit meine ich sowohl bestimmte politische Parteien als auch bestimmte Organisationen. Eine faire Diskussion, eine Suche nach tragfähigen Lösungen soll nicht zustande kommen und so das Fundament unserer Diskussionskultur unterminiert werden. Das macht es so gefährlich.

Unsere Gesellschaft baut darauf auf, die Realität mit objektiven Mitteln zu beschreiben, um herauszufinden, was die Wahrheit ist. Wahrheit kann und darf nicht sein, worauf sich die Mehrheit einigt. Wenn Überzeugungen über Fakten siegen, wenn die Realität so verbogen wird, das sie nicht mehr erkennbar ist, riskieren wir die Grundlagen unseres Zusammenlebens.

Wahrheiten können sich ändern, Wirklichkeiten nicht. Es ist möglich, dass wir uns in einigen Jahrzehnten verwundert die Augen darüber reiben, dass wir Dinge, die wir heute so sehen, damals für richtig gehalten haben. Beispiele gibt es in der Geschichte dafür genug. Es geht darum, dass wir jetzt und heute versuchen, der Wahrheit näher zu kommen. Mit Realität, mit Objektivität, mit wissenschaftlichen Fakten.

Zwei plus zwei IST vier. Oder hat jemand eine andere MEINUNG?

Euer Bauer Willi

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65 Kommentare

  1. Gephard sagt

    2+2 ist allerdings nicht in jedem Zahlensystem 4. Im Dreiersystem ist das Ergebnis 11. Es gibt niemals eine Wahrheit. Und auch bei der Wirklichkeit ist es nicht so ganz klar, dass es wirklich(!) nur eine einzigen gibt.

  2. Paulus sagt

    Als einfach strukturierter Naturwissenschaftler existiert objektive Wahrheit für mich nur,
    sofern sie numerisch oder als Resultat reproduzierbarer Experimente zu beweisen ist und subjektive Wahrnehmungen ausgeschlossen sind.
    Den Faktor Messungenauigkeit lasse ich mal unbeachtet.

    Die Deutungen der Sozial- und Geisterwissenschaften und vor allem der Theologie erfüllen keine wissenschaftlichen Kriterien und sind somit als subjektiv anzusehen. Damit möchte ich die Notwendigkeit der vorgenannten Fakultäten nicht in Abrede stellen. Was z.B. den Bereich der Ethik betrifft haben sie selbstredend Einfluss auf mein Denken, Tun und Handeln auch im Bereich der Technik.

    Die Medien können einen Anspruch auf Objektivität nicht oder allenfalls nur äußerst bedingt erfüllen. Selbst die Vorzeigekandidaten unter den sogen. Wissenschaftsjournalisten unterliegen doch erkennbar einem gewissen Zeitgeist. Mein Vertrauen in die Medien, NGO’s und Parteien tendiert gegen Null. Es fällt mir zunehmend schwer explizit Wahrheitsgehalte an deren Aussagen zu finden. Statt Wahrheiten zu transportieren werden Emotionen hervorgerufen, zumindest wird es versucht.

    Also bleiben wir bei absoluten und relativen Wahrheiten und Unwahrheiten. Wahrheit war nach meiner Wahrnehmung noch nie das, was die Mehrheitsmeinung betraf. Und wenn die Vertreter/innen der politischen Parteien Realitäten verbiegen oder gar leugnen, wie es zunehmend der Fall ist, geht das irgendwann unkontrolliert nach hinten los.
    Im Gegensatz zu Willi vertrete ich die Auffassung, dass dies eher kein hochgestochenes philosophisches Thema ist. Hat doch nur was mit gesundem Menschenverstand zu tun.

    Meine Mittagspause ist jetzt beendet und ich habe noch die kalt gewordene Bockwurst auf dem Teller.
    1. Schlinge ich sie noch schnell selbst herunter?
    2. Lasse ich mir Alufolie geben und bringe sie unserem Hund mit?
    3. Landet sie bei Refood?
    Die Wahrheit kann man sich jetzt aussuchen; es könnte aber auch eine ganz andere sein.

    • Bauer Willi sagt

      Hallo Paulus
      zur Bockwurst kann ich jetzt nichts sagen 😉 Frage: wie kommen wir wieder dazu, das auch unbequeme Wahrheiten akzeptiert werden? Wo sind die Wissenschaftler, die sich dafür einsetzen, dass ihre Ergebnisse als wahr anerkannt werden? Im Bereich Mathematik wird die niemand anzweifeln, aber bei anderen Naturwissenschaften werden Ergebnisse ja instrumentalisiert. Ich erlebe es immer wieder, dass man dann schnell als Lobbyist abgestempelt wird… Ich bin da ratlos…
      Bauer Willi

    • bauerhans sagt

      mein essen wertschätze ich so,dass ich es niemals kalt werden liesse,um bei bauerwilli was zu schreiben!

      • AdT sagt

        Wenn ich jetzt sagen würde, mir ist aber Bauer Willi wichtiger als mein Tofu, weiß ich genau, was ich mir anhören müsste… Komm, sagt es!

        • Bauer Willi sagt

          Tofu ist wichtiger als Willi!

          Das ist die Wahrheit!!! 🙂 🙂

          Bauer Willi

        • bauerhans sagt

          bauer willi kam mal des weges und ich hatte sogar mein essen mit ihm geteilt,so bin ich.

        • @ AdT
          Oups, was sind denn das für Fake News? Oder waren es Fake News, als Sie behauptet haben, dass Sojazeugs nicht zu Ihrem veganen Esskörbchen gehört, weil es so schlecht schmeckt”
          Ja, was denn nun?

      • Inga sagt

        Das ist eine falsche Wahrheit,

        wo liegt der Focus?

        Bei Bauer Wili und nicht beim Essen!

        also wertschätzt du das Essen weniger als Willi, oder?

  3. rebecca sagt

    Vielleicht sollten wir weniger nach der Wahrheit suchen, bzw uns für Wahrheiten anderer interessieren, sondern selber mehr denken.

    Ein Rentner wird wegen Pfandflaschen für 1,44 Euro die er aus einem Container gefischt hat vor Gericht gezerrt.
    Gleichzeitig bekommt ein Mann der in 108 Fällen Kinder missbraucht hat zwei Jahre auf Bewährung.

    Die Verteidigungsministerin und ihre Partei wollen die Bundeswehr noch weiter und mehr ins Ausland schicken, sie werben massiv um Rekruten, stellen immer mehr Minderjährige ein.
    Dabei hat die Verteidigungsministerin sieben Kinder und nicht ein einziges ist bei der Bundeswehr.

    Jahrelang wurde im Geheimen von einer kleinen Gruppe Menschen ein Abkommen ausgehandelt hat was 500 Millionen Menschen betrifft. Nachdem Details durchsickerten protestierten viele Menschen dagegen. Nur dadurch hat die Bevölkerung von den Inhalten erfahren die von Medien und Politik totgeschwiegen wurden.

    Dann leht sich ein kleines Land dagegen auf, und die Politiker und Menschen die jahrelang die Demokratie mit Füßen getreten haben schreien wie undemokratisch das sei und durch die Medien geht ein entsprechender Aufschrei.

    Erst vor wenigen Tagen, Die große Koalition und alle im Bundestag vertretenen Parteien enteignen mit der Autobahnprivatisierung das deutsche Volk. Und keinen interessierts.

    Im Gegenteil Merkels Umfragewerte steigen.

    Wir leben in einem Irrenhaus. Das ist die Wahrheit.

    • AdT sagt

      Ist was dran. Bei dem Fall mit den Pfandflaschen beschäftigt mich gerade die weltbewegende Frage, ob der Renter überhaupt Diebstahl begehen konnte. Diebstahl ist die Wegnahme fremder beweglicher Sachen. Fremd ist eine Sache, die im Eigentum eines anderen steht. Fraglich ist, in wessen Eigentum sich die Flaschen befanden: 1. des Flaschenkäufers, der das Eigentum durch Einwerfen in den Container aber aufgegeben haben dürfte (Derelinktion), 2. des Altglasrecyclers oder 3. des Flaschenvertreibers. Das dürfte davon abhängen, ob es sich um sog. Individualflaschen oder Einheitsflaschen handelte. Individualflaschen (z.B. Coca Cola): Eigentum beim Hersteller –> kein Diebstahl, da der Rentner die Flaschen in den Pfandkreislauf zurückführen wollte; Einheitsflaschen (Deutscher Brunnen) –>; Eigentum möglicherweise vom Flaschenkäufer auf den Altglasrecycler übergegangen; dann ginge die Diebstahlsprüfung weiter. Möglicherweise spielten vom BGH noch nicht entschiedene Fragen eine Rolle und der Staatsanwaltschaft war es wichtig, offene Fragen einer Klärung zuzuführen. 😉

      • Ehemaliger Landwirt sagt

        Die Frage ist, in was für einem Container waren die Pfandflaschen?

        Wären sie in einem Altglascontainer, dann würden sie bei uns dem Landkreis gehören, genau so gehört der Müll, ab dem Zeitpunkt des Abstellens des Behälters zur Abfuhr, dem Landkreis.

        Wenn die Flaschen in einem Abfallcontainer waren , ist das Vorgehen der Behörden wenig verständlich.

        • AdT sagt

          Vielleicht hat der Referendar bei der StA auch Hausfriedensbruch geprüft (mit einem Körperteil in befriedetes Besitztum der Abfallverwertungsgesellschaft eindringen, befriedet zumindest außerhalb der “Geschäftszeiten”/Einwerfzeiten).

          • Ehemaliger Landwirt sagt

            Bei genauer Prüfung findet man in unserem Paragraphendschungel immer etwas. 😉

      • Paulus sagt

        Deine juristische Betrachtungsweise geht den Flaschensammlern zum Glück am Arsch vorbei.

      • Bauer Willi sagt

        Ein anderes Beispiel ist das “Entwenden” von Lebensmitteln aus dem Container des Supermarktes. Rechtlich gesehen wohl ein Diebstahl, aber hat ja durchaus etwas ethisch gutes, weil es damit der Vernichtung entzogen wird. Kniffelig…
        Bauer Willi

        • AdT sagt

          Die Frage ist: Ist es unvegan, weggeworfenes Fleisch zu essen (soeben weggeworfen, schadlos verpackt, MHD unproblematisch)? Nicht, dass ich fleischhungrig wäre. Oder sollte es einem Fleischesser geschenkt (verkauft) werden, damit er dafür weniger Fleisch kauft? Ich kann die Packung ja abputzen und die Herkunft verschweigen. Oder ist die Herkunft ein aufklärungspflichtiger Umstand wie die Eigenschaft eines Unfallwagens, so dass ich ein Problem mit der Wahrheit bekomme, wenn ich es nicht tue? Oder ist die Wahrheit zweitranging?

          • Bauer Willi sagt

            Mir ging es mehr um die Frage, ob “Mülltaucher” (umgangssprachlich für diejenigen, die aus den LEH-Containern etwas herausholen), strafrechtlich verfolgt werden sollten.
            Bauer Willi

            • AdT sagt

              Ich weiß. Wenn es Diebstahl ist und der Geschädigte Strafantrag stellt, muss es verfolgt werden. Auch hier ist die Frage, ob es überhaupt Diebstahl ist. Diebstahl setzt immer voraus, dass jemand Eigentümer der entwendeten Sache ist. Das ist bei Abfall nicht zwingend der Fall. Dessen will man sich ja entledigen (Eigentum daran aufgeben). Zwar gibt es eine abfallrechtliche Verantwortung z.B. der Stadt oder der städtischen Abfallentsorgungsgesellschaft. Diese abfallrechtliche Veranwortung ist aber nicht gleichbedeutend mit Eigentum wie auch Besitz nicht gleichbedeutend mit Eigentum ist (so ist ein Mieter ein “unmittelbarer Fremdbesitzer”). Beim LEH besteht die Besonderheit, dass die LEH-Unternehmen häufig kommerzielle Verträge mit Entsorgern schließen. Wenn der Abfall für den LEH oder den Entsorger einen wirtschaftlichen Wert hat, wird in den Verträgen geregelt sein, ob durch Verbringen in die Tonne Eigentum des Supermarktes zunächst fortbestehen oder auf den Entsorger übergehen soll. Ich habe so einen Vertrag noch nicht bearbeitet, geschweige denn gesehen. Wenn also Diebstahl begangen wird, ist es keine Frage der Strafbarkeit, sondern der Opportunität ihrer Verfolgung und der Frage der Schuld. Der Handel hat ein Interesse daran, dass nicht zu viele Menschen aus Mülleimers essen, damit handelbare Güter nicht dem Handel entzogen werden. Daher kann man auch das Mülltauchen durchaus mit einem, jetzt kommt ein Wort für den Fingerphilosophen: sozialethischen Unwerturteil belegt sehen und an der Strafbarkeit festhalten. 🙂

            • Inga sagt

              also diese Rentner denken alle Flaschen in ene Containern währen Individualflaschen, die dem Gertränkehersteller gehören und so von ihm das Pfand zurück bekommen, wenn der Käufer keinen Wert darauf legt.
              Ob das Pfand pro Flasche unter dem Wert der Flasche liegt?

              Er wird dann dafür belohnt, dem Eigentümer, die Flaschen zurückzubringen.

              Aber gibt es denn für Einheitsflaschen (Deutscher Brunnen) (Eigentum möglicherweise vom Flaschenkäufer) auch Pfand?
              Wenn ja,dann ist der Abfüller doch daran interessiert, dass die Flaschen zurück kommen, und der Rentner wird dafür belohnt!

              Und ein LEH Markt sollte das tolerieren, oder.

  4. Mark sagt

    Wahrnehmung und Wahrheit
    Vor langer Zeit bat mich ein alter Bauer um die Reparatur seiner Wasserleitung. Sie war eingefroren und geplatzt. Während der Arbeit erklärte er mir: ” Das Eingefrieren einer Wasserleitung wäre nicht schlimm, schlimm wäre , das die Leitung beim Auftauen platzt. Bäuerliche Wahrheit…..

    • Ehemaliger Landwirt sagt

      Der Mann hat sicherlich die Wasserschäden beim auftauen gemeint.

      • Inga sagt

        Der Bauer dachte falsch,
        Wahrheit ist doch, dass die Leitung beim gefrieren platzt, weil das Eis darinnen sich ausdehnt.
        Beim Auftauen läuft es eben aus der geplatzen Leitung?
        Es ergibt einen Wasserschaden!
        Dieser ist die Wirklichkeit, oder?

  5. Friedrich sagt

    Wahrheiten haben immer ihre Zeit. Unterm Kaiser gabs eine Wahrheit , die aber nur mit der Zeitung oder mit dem gesprochenen Wort verbreitet wurde. Dann kamen die Nazis mit einer anderen Wahrheit. Der Propagandaminister mit dem Volksempfänger und Zeitungen , sowie Großkundgebungen brachte schon schneller die gleichgeschaltete Wahrheit unters Volk. Heute gehts in Sekunden. Jedes Wort wird zerlegt und ausgeschlachtet. Alle, die Einfluß auf die Medien und das Internet haben, können ihre Wahrheit verbreiten. So stelle ich mir oft die Frage , ob z. B. die Klimaerwärmungspanik richtig ist , oder ob die Menschen nur mit der Energieumstellung die Wirtschaft ankurbeln sollen ? Was sind 150 Jahre Wetteraufzeichnungen um zu dieser Aussage zu kommen ? Wie soll ich die Aussage beurteilen , daß wir auf ein Temperaturniveau von vorindustrieller Zeit kommen sollen ? So ergeben sich für mich viele Fragezeichen. Es gibt ja auch auch die Aussage das , daß EEG nur eine Umverteilung von unten nach oben ist ?

    • Schweinebauer Piet sagt

      Ja ist es wahr, dass CO2 schuld an einer Erwähnung ist und bringt das EEG etwas? Ja für die untere Schicht wird das Leben teurer, wollen die Grünen vielleicht das und nicht den Umweltschutz? ???

      • Inga sagt

        Das alles können falsche Wahrheiten sein!
        Eventuell auf falsche Ideologien (von Politik oder Wirtschaft gegründet) gestützt!
        Diese flasche Wahrheiten solen etwas bewriken?
        Die Wirklichkeit verändern?

      • Ehemaliger Landwirt sagt

        >> und bringt das EEG etwas?<<

        Das EEG bringt nix, aber die EE Anlagen, die durch die Förderung gebaut wurden.

  6. Altbauer Jochen sagt

    Wahrheiten und Irrtümer kann man vielleicht nur im zurückschauen
    auseinanderhalten. Nach vorn gesehen gibt es “Möglichkeiten”.
    Was uns dann als Wahrheit oder als Irrtum erscheint liegt daran
    wie positiv bzw. negativ diese Möglichkeiten gestaltet werden.
    Ob es bei den unterschiedlichen Interessen, Mentalitäten und
    Glaubenseinstellungen unserer Weltbevölkerung “eine Wahrheit ” gibt ?
    Ich habe meine Zweifel.

    • Andreas Müller sagt

      “Was zur Position (Weltanschauung) passt, wird bevorzugt angenommen und auch gerne weitergegeben. Und was nicht ins eigene Weltbild passt, wird in seiner Aussagekraft heruntergespielt, vielleicht sogar der Lächerlichkeit preisgegeben oder gleich ganz als Fake oder Lügenpresse abgetan.”

  7. Bauer Fritz sagt

    Hallo Willi
    danke daß dich mein Schreiben zu diesem Artikel inspiriert hat.

    2+2 = 4 , oder ?
    In einem m. M. lesenswerten Interview spricht Konrad Paul Liessmann u.a. über Wissen, über digitale Unsicherheit, gegen Tablets für alle in Schulen. (http://derstandard.at/2000058809898/Philosoph-Liessmann-Wir-haben-immer-weniger-im-Kopf)

    Hier ein paar Auszüge:
    -) Die Manager der Internetkonzerne aus dem Silicon Valley schicken ihre Kinder bevorzugt in Waldorfschulen, an denen digitale Geräte verboten sind, weil das Ablenkungs- und Zerstreuungspotenzial durch diese Geräte massiv verstärkt wird und wichtige Lernprozesse, in denen es um die grundlegenden Kulturtechniken, die Entwicklung von Fantasie und Kreativität, die Erkundung der realen Welt geht, dadurch sabotiert werden.

    -) Der Grundirrtum besteht darin, dass man vergisst, dass Lernen im Wesentlichen ein sozialer Prozess ist, ansonsten könnte man die Schulen auflösen und jeden zu Hause oder im Garten vor sein Tablet setzen.

    -) Wer produziert denn diese sogenannten Fake-News? Das sind doch gerade die digital Kompetenten! Vor Fake-News schützt nur eins: handfestes traditionelles Wissen, jenes Wissen, das eine Schule, die glaubt, kompetenzorientiert vorgehen zu müssen und deshalb “Fakten” aus dem Unterricht verbannt hat, nicht mehr vermitteln will. Darum ist das Ganze ein sich selbst reproduzierender Prozess. Digitale Kompetenz, die Fake-News erzeugt, wird bekämpft mit digitaler Kompetenz, die selbst Fake-News darstellt.

    -) Die digitalen Kommunikationsmedien produzieren ja in hohem Maße Unsicherheit. Wenn man nicht mehr weiß, nach welchen Algorithmen Informationen gefiltert, ob Likes von Menschen oder von Bots vergeben, ob Nachrichten digital gefälscht oder manipuliert wurden, dann steigt die Bedeutung des menschlichen Faktors.
    Plötzlich sind wieder Menschen interessant, die mit solchen Fragen umgehen können, weil sie ein bisschen nachgedacht, geforscht und ein paar Bücher gelesen haben und weil sie zum Beispiel historische Kenntnisse haben. Allein dieses Wissen würde uns davor bewahren, jeder Dummheit, jedem Hype, jeder Empörung und jedem Fake auf den Leim zu gehen.

    -) Was geschieht mit uns als Personen, wenn das Gedächtnis ausgelagert wird? Wenn Bildung die Formung einer Persönlichkeit ist, dann ist Wissen nur dann Bestandteil dieser Bildung, wenn es bei mir ist oder in und an mir seine Spuren hinterlassen hat. Das heißt nicht, wie oft behauptet wird, dass man sich dann alles merken müsste. Wer ein Gedicht von Rilke gelesen und sich mit ihm intensiv auseinandergesetzt hat, kann auch dann zu einem anderen werden, wenn er den genauen Wortlaut wieder vergisst.

    -) Jeder ist heute ständig darauf angewiesen, immer irgendwo nachzuschauen, schnell etwas zu googeln und zu nehmen, was ihm die Algorithmen, denen blind vertraut wird, bieten. Wir haben aber immer weniger im Kopf, und das Wissen hinterlässt auch keine Spuren mehr in unserer Seele. An jeder Talkshow kann man beobachten, dass die Menschen, auch und gerade die Eliten, immer weniger wissen. Deshalb auch dieses haltlose Meinungsgelaber und Bekunden von Affekten und Emotionen, diese Hilflosigkeit und Aufgeregtheit gegenüber den Fake-News, die man nicht mehr überprüfen kann, weil weder Vernunft noch Urteilskraft funktionieren, und auch kaum Grundkenntnisse, etwa in Statistik, Naturwissenschaften oder politischer Geschichte vorhanden sind, um die Umtriebigkeiten im Netz adäquat einschätzen zu können.

    Entschuldige, ist ein bißchen lang geworden.
    Aber es sind für mich viele Sätze dabei, denen glaube ich auch Alois, als einer der die Bäuerlichkeit (nach Millendorfer) als Wert an sich für wichtig hält, einiges abgewinnen kann. (Lernprozesse in grundlegenden Kulturtechniken, handfestes traditionelles Wissen, Bildung die Spuren in mir hinterläßt …). Und es geht ja auch dir immer wieder um die Frage, wer Landwirtschaft vermitteln kann und soll. Dr. Google wohl sicher nicht, wo ja auch gestern viele Poster sich einig waren, daß von den 80 Mio. dt. Hobbybauern 95% an der Realität scheitern würden, obwohl sie Tag für Tag schreiben, daß sie es doch besser wissen als die Bauern selbst.

  8. AdT sagt

    Fehlvorstellungen beginnen schon mit Fehlschlüssen aus einfachen Sachverhalten. Was mir auffällt: Immer wieder ziehen Menschen aus zum Teil sehr überschaubaren Indizien (z.B. Äußerungen in einer Korrespondenz, die sie für wichtig halten) Schlussfolgerungen, die diese Indizien gar nicht hergeben. Allenfalls deckt sich das so vorgestellte Geschehen mit den Indizien, mit denen sich aber ebenso auch das “Gegenteil” deckt. Darauf hingewiesen, fällt es manchen wie Schuppen von den Augen, einigen fällt es sogar schwer, das einzusehen. Passiert auch natur- und ingenieurwissenschaftlich ausgebildeten Menschen.

    Wie verhält es sich erst bei komplexen politischen, geschichtlichen und auch naturwissenschaftlichen Sachverhalten? Mein Fazit: Ein Weltbild kommt ziemlich unabhängig von objektiven Anhaltspunkten zustande.

    Ein Schulbeispiel aus der Vernehmungslehre ist der sog. Knallzeuge. Der Knallzeuge gibt an, wie sich der fragliche Verkehrsunfall zugetragen habe. Gefragt, wo er sich denn an der Kreuzung befand und in welche Richtung er ging, stellt sich heraus, dass der Zeuge den Unfall gar nicht gesehen haben konnte, sondern sich erst auf den Knall hin umgedreht und sich ad hoc seine Vorstellung vom Hergang gebildet hat. Daher ist zunächst die Wahrnehmungsfähigkeit von Zeugen zu klären – soweit man die überhaupt im Nachhinen klären kann, was eher selten möglich sein dürfte.

    • Paulus sagt

      Hallo AdT, das glaubst Du doch wohl selbst nicht. Kein ernst zu nehmender Naturwissenschaftler oder Ing. wird sich in einem SV-Gutachten auf Indizien berufen. Das bleibt allein den Juristen überlassen die diese Klaviatur durchaus virtuos bedienen.

      • Was machen denn die ernst zu nehmenden Quantenphysiker anders, als sich auf Indizien zu berufen? Mit den Higgs-Teilchen bewegen sich die Forscher im Bereich der Abstraktion einer Abstraktion und was sie uns bieten sind keine Sachverhalte, sondern Interpretationen von nicht direkt beobachtbaren Sachverhalten, die der Otto Normalverbraucher nur noch glauben kann, weil keiner einen LHC im Keller hat, um das Behauptete zu überprüfen.

        Und dann bieten sie mit Relativitätstheorie und Quantenphysik auch noch zwei Welterklärungsmodelle an, die nicht mal miteinander vereinbar sind und ergehen sich in völlig spekulativen String- und Viele-Welten-Modellen, um die Widersprüche aufzulösen. Dagegen ist der “Knallzeuge” ja direkt noch ein Ausbund an Seriosität.

  9. Unsere Gesellschaft baut auf Mythen auf und Mythen bilden sich aus dem, was alle gern glauben wollen. Einander fremde Menschen arbeiten bloß zusammen, weil sie an dieselbe Geschichte glauben. Mythen sind der Kitt unseres Zusammenlebens. Nicht Fakten. Oder Realität.

    Mythen sind übrigens keine Lügen. Ein Teil der Fakten (der Realität) wird in den Mythen verwoben, ein anderer Teil wird übertrieben, wieder ein anderer Teil wird ignoriert. Und dann wird noch einiges dazu erfunden. Nenn mir fünf Fakten und ich erzähle dir damit sieben verschiedene Geschichten. Woran die Menschen sich erinnern, sind die Geschichten und die Schlagwörter. Die Fakten werden vergessen, da uninteressant.

    In den Geschichtsbüchern stehen die Geschichten so, wie die Sieger der Geschichte sie im Rückblick aus Gründen der Selbstdarstellung gern haben wollten. Deshalb haben sie ja den Geschichtsschreibern den Auftrag gegeben. Mit objektiver Wahrheit hat das herzlich wenig zu tun.

    Denkst du etwa, in der Bibel steht eine wahre Geschichte? Trotzdem prägt dieses Buch unsere abendländische Geschichte, und das, obwohl es darin von Widersprüchen nur so wimmelt.

    Dass man die Realität mit objektiven Mitteln beschreiben kann, ist übrigens auch ein Mythos. Was man mit angeblich objektiven Mitteln beschreiben kann, ist bloß eine reduzierte und mathematisierte Form von Wirklichkeit. Wissenschaft richtet sich darüber hinaus zudem bereitwillig nach den Interessen der Geldgeber. Sonst wär’s doch gar nicht möglich, dass wir heute so viele einander widersprechende Studien haben. Selbst die Mittel sind nicht objektiv, da sie ja schon in einer bestimmten Absicht und zu einem bestimmten Zweck entwickelt wurden.

    Der größte Mythos, den wir haben, ist übrigens Geld. Geld funktioniert bloß, weil alle Menschen daran glauben. Wenn die Menschen morgen aufhören würden, an Geld zu glauben, hättest du im Geldbeutel ein paar wertlose Fetzen Papier und auf dem Konto irgendwelche Zahlen ohne den geringsten Gegenwert. Da kannst du am besten sehen, welche Macht der Glaube hat.

    • Zenzi sagt

      Mit dem Geld sagst du was. Und es wäre einfach zu ersetzen, wie manche “Transition-Towns” z.B. in England zeigen. Geld ist das Tauschmittel auf das sich die Gemeinde einigt. Funktioniert zumindest im Kleinen und die Wertschöpfung bleibt im direkten Umfeld.
      Die Bibel halte ich für das größte Märchenbuch.
      Gefährlich finde ich die von der US-Regierung anerkannte Gruppe (!) der “Kreationisten”, die sich immer mehr in Europa verbreiten. Unsäglich!

    • Nicht zu vergessen die Sozialisierung eines jeden, die seine Wahrheit oder Sichtweise bestimmt. Der Mensch macht sich sein Bild aus seiner eigenen Erfahrung und dem, was er in seinem Leben und seiner Zeit gesehen hat, siehe Höhlengleichnis. Weil es mit Geld und billiger Energie in den letzten siebzig Jahren funktioniert hat, ist die Geld- und Energieillusion größer denn je. Nur wenige können sich vorstellen, dass sich das alles ganz schnell in Luft auflösen kann, so wie auch nur noch wenige ihre Wahrheit aus der Thermodynamik oder anderen Naturgesetzen ableiten.

      • bauerhans sagt

        “….die seine Wahrheit oder Sichtweise bestimmt.”

        diese werden heute von suchmaschinen und sozialen netzwerken bestimmt.

    • bauerhans sagt

      geld hat nix mystisches,sondern ist ein unabdingbares tauschmittel,sein wert wird allerdings ständig manipuliert.

      • Geld hat seinen Weg als Tauschmittel angefangen, im Laufe seiner Geschichte aber eine andere Bedeutung bekommen. Der Geldmenge entsprechen schon lange keine realen Werte mehr. An der Börse werden nicht die realen Werte eines Unternehmens verhandelt, sondern Geschichten, die jemand über das Unternehmen in Umlauf bringt. Erzähl eine Erfolgsgeschichte, und wupps, steigen die Aktienwerte ins Unermessliche.

        Von einem Tauschmittel ist man überdies nicht existenziell abhängig, der größte Teil der Menschen ist heute jedoch existenziell vom Geld abhängig. Da sich die Bauern mit Nahrungsmitteln selbst versorgen und deshalb von allen Berufen am ehesten ihre Unabhängigkeit hätten bewahren können, hätten sie die “Macht des Geldes” brechen und die “Händler” beizeiten in die Schranken weisen können. Haben sie aber nicht getan. Stattdessen sind sie heute von Handelsketten und Subventionen abhängig.

        Die Natur läuft in Zyklen ab und fängt jedes Jahr neu an. Wie die Ernte im vorvergangenen Jahr oder vor dreißig Jahren war, interessiert die Natur nicht. Wer aber vor dreißig Jahren eine Million verdient und die gut angelegt hat, hat heute zwei Millionen. Geld verwandelt die zyklisch-natürliche Lebensweise in eine lineare, in der es inzwischen für Nachfahren wesentlich drauf ankommt, ob sie in eine reiche oder arme Familie hineingeboren werden, wo die Väter, Großväter und Urgroßväter den Reichtum erwirtschaftet haben. Deshalb ist es heute so, dass 10% der reichsten Familien über 50% des Volksvermögens besitzen und die 50% der unteren Skala gerade mal 1%.

        Dass Geld ein Tauschmittel ist, ist eben auch bloß so ein Mythos. 🙂

        • bauerhans sagt

          “in der es inzwischen für Nachfahren wesentlich drauf ankommt, ob sie in eine reiche oder arme Familie hineingeboren werden”

          es kommt wesentlich darauf an,wie jemand gestrickt ist und wie die familie sich kümmert,hat erstmal nix mit arm und reich zu tun.

          • Das stimmt definitiv nicht. Wenn einer 10 Millionen oder gar eine Milliarde erbt, hat dieser Nachkomme weitaus mehr Möglichkeiten in seinem Leben als ein Nachkomme aus einer Hartz IV-Familie. Das schon allein deshalb, weil die reichen Familien ihren Kindern von Anfang an in Sachen Bildung mehr mit auf den Weg geben und die besten Lehrer engagieren können. Von den Möglichkeiten, die die geerbten Millionen und Milliarden bieten, ganz zu schweigen.

            • Bauer Fritz sagt

              Da bin ich aber trotzdem eher der Meinung von Bauer Hans. Gerade im Bezug auf Bildung. Es ist egal in welche Familie jemandes Kind hineingeboren wird, wenn die Eltern einen bleibenden Wert in der Bildung (auch in der Herzensbildung oder soziale Kompetenz wie es heute heißt) sehen und nicht (nur) im Wert von Geld.
              Mag sein, daß es oft Eltern sind, die von ihren eigenen Eltern oder Großeltern mitbekommen haben, daß die Geschichte mehr als einmal gezeigt hat, daß Vermögens- und Geldwert oft über Nacht verloren gehen können. Erworbene Bildung kann nur mehr werden, nie weniger.

              Nachdem der Zugang zu Bildung im Rahmen der Schulpflicht grundsätzlich für jeden gleich ist, liegt es doch eher an dem, was die Eltern ihren Kindern als wichtige Werte weitergeben – geistige Werte, menschliche Werte, religiöse Werte oder eben (allzu oft alleinig ) Geldwerte.

              “Nicht alles was einen Wert hat, muß auch einen Preis haben” (Wolfgang Ambros – österr. Liedermacher)

            • “Nicht alles, was einen Wert hat, muss auch einen Preis haben.”

              Doch. Darauf läuft die Entwicklung hinaus. Immer mehr Bereiche von dem, was noch vor ein paar Jahrzehnten als Wert lief, wird heute vermarktet. Unsere Gesellschaft hat nicht mal Respekt vor Kindern, sondern bereits die Kinder werden als Konsumenten wahrgenommen, analysiert,manipuliert und ausgewertet.

              Die alten Leute werden heute wunderbar versorgt, wenn sie genügend Geld haben, sich die einzelnen Dienstleistungen samt liebevoller Zuwendung zu kaufen. Nicht mal die ach so christliche Diakonie macht irgendwas umsonst, jeder Handgriff wird abgerechnet.

              Wenn eine Familie kein Geld hat, dann kommt das Kind auf eine Grundschule, wo es nicht mal mehr richtig lesen und schreiben lernt, weil zu viele Problemfälle in einer Klasse sind, während die betuchten Eltern sich die Schule für ihr Kind aussuchen.

              Big Data dient nur dazu, noch mehr Märkte zu erschließen, d.h. sämtliche Nischen, wo es noch so was wie Werte gibt, auszumachen und diese Werte in marktgängige Produkte zu verwandeln.

              Erworbene Bildung bedeutet heute überdies nichts mehr. Sondern es kommt drauf an, welche Schulen, Studien, Abschlüsse, Praktika einer hat und wie er sich bei Facebook darzustellen vermag.

              Ihr Kommentar an anderer Stelle weist doch darauf hin: zum einen wird das Gedächtnis ausgelagert, zum anderen werden Inhalte nur noch maschinell verarbeitet, aber nicht mehr intrinsisch von den Menschen. Also beschwören Sie mit diesem Kommentar doch ein Bild, das keine Gültigkeit mehr hat.

            • Bauer Fritz sagt

              @Marian
              “Erworbene Bildung bedeutet heute überdies nichts mehr.” – da meine ich (oder hoffe es zumindest) daß sie doch etwas zu schwarz sehen.
              “Wer nichts weiß, muß alles glauben” wäre dann quasi der Endpunkt einer fertigen Ausbildung der Armen, gegenüber der von gebildeten Eliten.

              Ich will da hoffen, daß “Selber denken macht Kopfweh” weiter Ansporn sein soll, durch Bildung eigenständig in jede Richtung zu werden, sich ändernde Gegebenheiten selbst bewerten und einordnen zu können und zu wollen, sich eine eigene Meinung zu bilden und diese argumentieren und “verteidigen” zu können – gerade auch mit Fakten und nachweisbaren Wahrheiten.

              Mir erscheint das der wichtige Unterschied vom eigenbestimmten Leben eines mündigen Bürgers zum fremdbestimmten Leben eines (herangezogenen) Stimmviehs.

              Und mir fällt eben auf (wie im Beitrag von Willi oder auch in dem von mir angeführten Interview), daß zunehmend mehr Warner/Mahner sich zu Wort melden, daß sich inzwischen viele/mehr Gedanken machen über – sagen wir mal – die Geister, die man unkritisch rief und sehr lange noch unkritischer werken ließ, sodaß man nun von den “Segnungen” speziell des social-media-Bereiches wirklich nicht mehr überzeugt ist und sich ja auch – wie in den beiden Aussagen, die ich o.a. habe – eher schon Sorgen über die zerstörerische Wirkung auf Gesellschaft und gesellschaftliche Grundlagen macht. Wahrheiten können nicht ein Erzeugnis von Mehrheiten sein, speziell nicht wenn sich diese Mehrheiten womöglich noch aus anonymen “Daumen hoch” oder Daumen runter” bzw. “Likes” oder “Hates” bilden.

            • Die Entwicklung läuft darauf hinaus, dass der einzelne Mensch weder auf ein allgemein verbindliches Wissen bauen kann noch dass Menschen einander noch irgendwas glauben. Das ist die Erfahrung, die nun jeder von uns mit dem Internet macht. Das Internet demontiert jedes verbindliche Wissen, da wird in bestimmten Kreisen sogar die Erde wieder als Scheibe salonfähig.

              Die Demontage dessen, was wir bislang als Wissen für einigermaßen sicher gehalten haben, sowie die Demontage des Vertrauens des Menschen in andere Menschen ist die Vorbedingung für die Etablierung der Künstlichen Intelligenz, der die Menschen ihr Vertrauen dann nachwerfen, nicht nur weil das Wissen der KI vorgeblich allumfassend und nicht von persönlichen Interessen geleitet ist, sondern auch, weil die Menschen im Meer der Informationen völlig die Orientierung verloren haben und sich an jeden Strohhalm klammern werden, der irgendeine Art von Sicherheit verspricht.

              Was die Entwicklung der Menschheit in diesem dritten Phasenübergang nach Feuerbeherrschung und Agrarisierung angeht, kann man gar nicht schwarz genug sehen. Aber viele Menschen lieben ja schwarz. Es ist die Farbe von Erdöl, Kohle und Industrialisierung 🙂

          • AdT sagt

            @ Marian
            Internet(seiten) sind grundsätzlich nur ein Medium. Ein Medium unter anderen. Es gibt seriöse Medien nach wie vor, seit gut 2 Jahrzehnten auch im Internet vertreten.

            Ich sehe aber die Gefahr, dass sich einige Menschen verzetteln und auf abtrünnige Pfade kommen. Es sind ja nun einige (Bullshit-)Medien wegen der niederschwelligen Verbreitungsmöglichkeit im Internet hinzugekommen. Einige der anfälligen Menschen sind und bleiben Kautze, die dank Internet ihre “alternative” Meinung eben leichter pflegen und sich dadurch abgrenzen und besonders schlau fühlen können. Gern wird in eine Mainstreamwidersprechens-Sucht verfallen oder in Verschwörungstheorien geflüchet. Denn diese kann einem niemand nehmen (widerlegen). Das geht dann von relativ harmlos (nur dumm) bis hin zum gewaltbereiten Reichsbürger oder Salafisten (von mir aus auch zum gewaltbereiten Tierrechtler, wobei mir aber nicht bekannt ist, dass einer jemanden erschossen hätte).

            Allerdings bietet Digitalität, von den wertvollen Information und Kommunikationsmöglichkeiten mal abgesehen, eine Pluralität und Multipolarität an Bullshit – anders als (staatliche) Propaganda im vorigen Jahrhundert. Das gefährdet heute staatlich erzwungene Unrechts-Ordnung, was zu anderem/weiterem Unrecht und Chaos führt (Arabellion). Es wird aber langfristig dazu führen, dass sich die Wahrheit durchsetzt. Damit meine ich universelle Werte: Demokratie, Säkularität, Individualität, Gleichberechtigung. Auch der Populismus läuft sich tot. Die Trumps und Farages entzaubern sich und nerven schnell. Das ist jetzt Glauben, Hoffnung, und zwar durch die eurozentrische Brille gesehen. Aber diese Werteorientierung ist vielleicht das Verbindliche, das es braucht.

            • Ich weiß nicht recht, was ich von dieser Antwort halten soll. Weiter oben behaupten Sie, dass ein Weltbild ziemlich unabhängig von objektiven Anhaltspunkten zustandekommt, und jetzt behaupten Sie, dass universelle Werte sich durchsetzen werden. Heißt das, dass universelle Werte sich unabhängig von objektiven Anhaltspunkten durchsetzen?

              Da fällt mir u.a. Hammurabi ein, jener babylonische Herrscher, für den eine Dreiklassen-Gesellschaft aus Bürgern, Gemeinen und Sklaven ein universeller Wert war. Mythen wirken eben gerade dadurch, dass sie den Anspruch auf Universalität erheben. Aber komischerweise wandeln sich Mythen im Laufe der Zeit, und man hält heute nicht mehr für universell, was man früher für universell gehalten hat.

              Willi und Alois haben diesen Blog doch wohl aufgemacht, um einen Akzent zu setzen gegen die offensichtlich vorherrschende Mainstream-Meinung, dass man für vier Euro ein glückliches Hühnchen kaufen kann. Oder dass Bauern per se Tierquäler sind. Und da setzen Sie Ihr Vertrauen in eben diesen Mainstream?

              Demokratie, Säkularität, Individualität und Gleichberechtigung sind erst mal nur schöne Schlagworte. Es kommt sehr darauf an, welcher Geist in der Flasche wohnt, auf dem diese hübschen Etiketten kleben. Erdogan wurde auch “demokratisch” gewählt. Wie Trump. Warum gilt Trump dem Mainstream als Populist und Erdogan nicht?

              Die Athener waren übrigens der Meinung, dass eine Demokratie, in der die Herrscher durch Wahlen bestimmt werden, keine Demokratie ist, denn Wahlen führen automatisch zu einer Volksherrschaft, in der nur ein kleiner Teil des Volkes herrscht und die alte (Erb-)Elite nur durch eine neue Elite ersetzt wird.

              Deshalb sagt Aristoteles, dass die Ämterbesetzung durch Losverfahren geschehen muss, wie das im alten Athen übrigens der Fall war. Sagt Aristoteles nun was Wahres oder nicht?

            • bauerhans sagt

              “Warum gilt Trump dem Mainstream als Populist und Erdogan nicht?”

              erdogan gilt als diktator,trump sagt nicht nur,was er denkt,sondern handelt auch danach,sofort und direkt.

            • AdT sagt

              Wir haben hier doch alle unterschiedliche Weltbilder, sind aber doch der Meinung, dass Demokratie – mit individueller Freiheit, begrenzt durch Gleichberechtigung – die bestmögliche Staatsform ist, weil am “unideologischsten”. Nicht? Jedenfalls kommt sie dem Freiheitsdrang der meisten Menschen, der Regierten, am nächsten. Auch kommt sie ohne Gesinnungs-, Sitten- und Religionspolizei sowie Hetze gegen andere Länder und ihre Staats- und Wirtschaftsform aus. Das können auch weniger analytisch geschulte und denkende Menschen erkennen.

              Die Repräsentation im Losverfahren finde ich durchaus diskussionswürdig. Demokratie ist für mich nur Regierungsaustauschmöglichkeit. Direkte Demokratie (im Bund und in Ländern) lehne ich ab.

  10. Zenzi sagt

    Tja, deswegen ist ja Mathematik so schön und man setzt ein “was zu beweisen war” unten drunter. Die Buchstabenmathematik ist da schwieriger und jedem sein Gehirn schon unberechenbar – leider, und trotz Metadaten.
    Wirklichkeiten geraderücken, beweisbare Fakten, belegbare Argumente aufführen ist eine “Kunst” für sich. Oft angegriffen werden die “Wahrheiten”durch “Verschwörungstheoretiker” (auweiha) oder fehlgelenkte Gruppierungen a la PEGIDA, Reichsbürgerpipapo.

    Geraderücken können es z.B. Ethiker, Philosophen, Naturwissenschaftler und selbstredend Menschen wie Du & Ich, wenn wir die Zusammenhänge nicht nur von unserem eigenen Erlebnishorizont auf das Gesamtwerk projezieren.
    Es wäre gut, wenn Auseinandersetzungen, Kritikfähigkeiten schon in der Schule gelernt werden würden, in den Familien gepflegt, im Verein, Freundeskreis, der Arbeit umgesetzt.

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