Bauer Willi
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Nahaufnahme: Bäuerinnen heute

Ein Blick von außen. Vielen Dank an Herrn Eiynck, der uns diesen Beitrag “einfach so” geschickt hat und den wir gerne veröffentlichen.

Wenn Sozialwissenschaftler oder Philosophen sich zur modernen Landwirtschaft äußern, ist die Fundamentalkritik meistens vorprogrammiert. Das muss nicht so sein. Als der Lingener Museumsleiter Andreas Eiynck (Dr.phil.) von der Idee des Heimatvereins Messingen hörte, vier Bäuerinnen aus dem Dorf in einer Ausstellung vorzustellen, erklärte er sich spontan bereit, die Fotos und Texte für dieses Projekt zu liefern. Getrieben von der Neugier des Forschers, mit publizistischem Spürsinn und mit Interesse am Leben auf einem modernen Agrarbetrieb begab sich der bekannte Erforscher historischer Bauerhöfe an die Arbeit. „Ich wollte mir ganz unvoreingenommen ein eigenes Bild machen – jenseits von der hochglänzenden Lobbyarbeit der Agrarverbände und den Horrorbildern von Peta“, berichtet der studierte Ethnologe.

Den Fotoaufnahmen gingen zahlreiche Vorgespräche und Interviews voraus. Wie funktioniert heute ein landwirtschaftlicher Betrieb? Wie erfolgt die Arbeitsteilung, etwa zwischen den Generationen und zwischen den Ehepartnern, zwischen Familienangehörigen und Fremdkräften? Welchen ökonomischen Zwängen sind die Agrarbetriebe derzeit unterworfen und wie können sie auf die neuen Herausforderungen reagieren? Wie stehen die Betroffenen selber zu Reizthemen wie intensive Tierhaltung, Gentechnik oder multiresistente Keime im Stall?

Ursula Kottebernds vom Heimatverein, selbst Hoferbin und Bäuerin auf einem Familienbetrieb in Messingen, organisierte für die Ausstellung vier „Agrarmodells“: die Milchviehhalterin Mechthild Exler mit ihrem Nebenerwerbsbetrieb, die Sauenhalterin Marlies Wobbe, die wie ihr Ehemann Rudi erst als Quereinsteigerin zur Landwirtschaft kam, ferner Silvia Langenhorst, die durch die Heirat auf einen Bauernhof im Emsland kam und heute Legehennen in Freilandhaltung betreut, sowie schließlich Elisabeth Kottebernds, die auf ihren Lehrbetrieben in Lengerich und Emsbüren die Hähnchenmast und die Sauenhaltung erlernte.

„Erstaunt hat mich der hohe Grad der Technisierung in allen Bereichen. Dadurch wird die viele Arbeit erleichtert, aber die Technik trägt auch zum Wohlbefinden der Tiere bei. Und die Verantwortung dafür müssen die Bäuerinnen rund um die Uhr 365 Tage im Jahr wahrnehmen. Davor darf man schon Respekt haben!“ zieht Eiynck ein persönliches Fazit. Und: „In den Familienbetrieben denkt man immer auch schon an die nächste Generation – Agrarskandale entstehen ganz woanders“.

Doch nicht nur bei der Arbeit im Stall und mit den Tieren werden die Bäuerinnen dargestellt, sondern auch mit ihren Familien (meist leben drei Generationen auf dem Hof), in der Freizeit und bei ihren Hobbys. So entsteht ein Lebensbild irgendwo zwischen „Landlust“ und „Top-Agrar“. Ein moderner Bauernhof ist keine Landidylle, aber er bietet doch viele Möglichkeiten zur individuellen Entfaltung – im Beruf wie in der Freizeit. Auf die Mischung kommt es eben an. Bäuerin Silvia Langenhorst, die früher bei der Post arbeitete, fasst es so zusammen: „Bäuerin ist nicht ein Job wie jeder andere, sondern das Leben und Arbeiten auf einem Bauernhof ist etwas ganz besonderes.“ Wer es nicht glaubt, kann sich die Bilder ja einmal ansehen.

Die Ausstellung ist nach einer ersten Station in Messingen nun vom 24.4. bis zum 24.7. 2016 auf dem Mühlenhof in Münster (http://www.muehlenhof-muenster.org/sonderausstellungen/) zu sehen, am 18. September beim „Tag der Landwirtschaft“ im Kreis Steinfurt auf der Surenburg und am 10. November bei den Lengericher Landfrauen im Saal Schrichte in Wettrup.

 

 

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