Bauer Willi
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Im Dialog: Fragen eines Bauern an den WWF

Der WWF ist eine Nicht-Regierungs-Organisation, die sich für Natur- und Artenschutz einsetzt.  Frau Fleckenstein ist Leiterin des Fachbereich Landwirtschaft und Landnutzungswandel beim WWF Deutschland. Ich habe mich mit ihr unterhalten.

Bauer Willi: Ich finde auf der Seite des WWF viele Hinweise, wie „man“ Dinge verbessern sollte. Ich bin Landwirt und muss von meinem Betriebe leben. Was soll ich als rheinischer Ackerbauer aus Sicht des WWF anders machen?

Fleckenstein: Der WWF setzt sich für den Erhalt und die Förderung der Artenvielfalt ein und die ist weltweit – auch in Deutschland – bedroht. Eine der Hauptursachen für den massiven Artenrückgang bei Pflanzen und Tieren ist die intensive Landbewirtschaftung. Ich kenne Ihren Betrieb nicht und kann daher nicht beurteilen, welche Maßnahmen sie für den Erhalt der Artenvielfalt bereits umsetzen. Wir würden uns aber sehr freuen, wenn Sie auf Ihrem Betrieb, der Artenvielfalt den Vorrang geben würden. Viele gute Ideen und Vorschläge finden Sie dazu in folgender WWF Studie: http://www.landwirtschaft-artenvielfalt.de.

Bauer Willi: Sojaanbau ist ja in aller Munde. Ich lese immer wieder, auch beim WWF, dass für den Sojaanbau Regenwald abgeholzt wird. Nun wächst Soja ja nicht im Regenwald, sondern in den Subtropen. Woher kommt also diese Nachricht?

Fleckenstein: In Südamerika wurden und werden leider immer noch Regenwaldflächen in großem Umfang zerstört und in Sojafelder umgewandelt. Dies betrifft zum Beispiel den Atlantischen Regenwald in Brasilien, Paraguay und Argentinien. Häufig folgt nach der Rodung zunächst die Rinderweide und später dann das Sojafeld. Auf Satellitenbildern kann sehr genau nachgewiesen werden, in welchen ehemaligen Regenwaldgebieten heute Sojaflächen liegen. Aber Sie haben Recht, nicht nur die Regenwaldgebiete sind bedroht, sondern Lebensräume mit hoher Biodiversität, wie zum Beispiel der Cerrado in Brasilien oder der Gran Chaco in Argentinien und Paraguay. Hierfür engagieren wir uns und gemeinsam mit unseren Partnerorganisationen vor Ort entwickeln wir Konzepte, wie dieser Zerstörung entgegengewirkt werden kann. Maßnahmen sind z.B. Landnutzungsplanungen, die mit den betroffenen Gemeinden durchgeführt werden. Eine andere Möglichkeit ist die Stärkung von Zertifizierungssystemen. Gemeinsam mit Produzenten, Verarbeitern, Wissenschaftlern und Nichtregierungsorganisationen unterstützt der WWF den Runden Tisch für verantwortungsvolles Soja, um eine Ausbreitung von Sojafeldern in Regenwälder und Graslandschaften zu verhindern.

Bauer Willi: Hier im Rheinland werden meines Wissens 30 ha Soja angebaut. Alternativen wären für unsere Region Erbsen, Bohnen und Lupinen. Ackerbohnen habe ich schon mehrfach angebaut, habe es aber aus vielerlei ackerbaulichen aber auch ökonomischen Gründen wieder aufgegeben. Wenn wir Bauern also wieder mehr Eiweiß aus heimischen Pflanzen anbauen sollen, wie soll das gehen?

Fleckenstein: Meines Wissens werden wieder vermehrt Leguminosen in Deutschland angebaut. Es scheint also gute Gründe für den Anbau zu geben. Ich kann Ihnen nicht sagen, warum es bei Ihnen nicht funktioniert hat, aber natürlich haben Sie Recht, Bäuerinnen und Bauern werden nur mehr heimische Eiweißpflanzen anbauen, wenn sie es wollen und können und Absatzmärkte finden. Im Rahmen der Arbeit zu Soja hat der WWF folgende Ansatzpunkte: Reduzierung des Fleischkonsum (80 % des Sojas gehen in die Fütterung), Einsatz von Alternativen von Soja in der Fütterung (hierzu haben wir Studien in Auftrag gegeben und veröffentlich zur Milchviehfütterung, Schweinefütterung und Geflügelfütterung: www.wwf.de/soja ) und wenn Soja weiter eingesetzt wird, dann bitte gentechnikfreie, nach Mindeststandards zertifizierte Soja, wie ProTerra oder RTRS non GM.

Darüber hinaus haben wir – gemeinsam mit dem Verband zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen (UFOP) und anderen – ein Dialogforum für nachhaltigere Eiweißfuttermittel initiiert. Ziel des Forums sind die Diskussion und Erarbeitung von Lösungsstrategien und die Entwicklung eines Maßnahmenkatalogs zum Einsatz von nachhaltigeren Eiweißfuttermitteln in Deutschland gemeinsam mit den Akteuren der Wertschöpfungskette, wie Lebensmittelwirtschaft (Molkereien, Einzelhandel, Fleischerzeuger) und Futtermittelhandel, zivilgesellschaftliche Akteure wie Verbände, Forschung und Wissenschaft, Umwelt-NGOs und Vertreter aus Bundes- und Landesministerien. Sie sind herzlich eingeladen mitzuarbeiten.

Bauer Willi: Gentechnik ist in der Gesellschaft akzeptiert. Nur grüne Gentechnik steht in der Kritik. Es gibt Kartoffeln, die von einem staatlichen Institut durch Einfügen von Resistenzgenen aus der Wildkartoffeln widerstandsfähig gegen Kraut- und Knollenfäule gemacht wurden und nicht mehr gespritzt werden müssen. Es handelt sich um eine Übertragung von einer Kartoffel in eine andere. Mehrere Tausend Tonnen Fungizide würden eingespart. Diese Kartoffeln dürfen aber nicht vermarktet werden. Wie steht der WWF dazu? Gibt es aus Ihrer Sicht Anwendungen von grüner Technik, die Sie akzeptieren?

Fleckenstein: Der Einsatz gentechnisch veränderter Organismen wird vom WWF weltweit weder befördert noch unterstützt. Der WWF setzt sich stattdessen für den Erhalt von gentechnikfreien Optionen für alle Agrargüter ein und fordert die Anwendung des Vorsorgeprinzips, wo immer auf der Welt gentechnisch veränderte Organismen eingeführt werden sollen. Aus diesem Prinzip heraus lehnt der WWF Deutschland gentechnisch veränderte Organismen in Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei ab, solange Schäden für Natur und Mensch nicht ausgeschlossen werden können.

Weltweit sind von 1986 bis 1995 56 gentechnisch veränderte Kulturen im Anbau getestet worden, davon sind bislang 9 Kulturen kommerzialisiert (die obengenannte Kartoffel ist noch nicht mitgezählt). Dabei haben 57 % der GMO Pflanzen eine gentechnisch veränderte Herbizidresistenz und 15 % eine Schädlingsresistenz und 28 % beinhalten beide Resistenzen. Insbesondere die weitreichenden Folgen der Herbizidresistenz bei Problemunkräutern sind in den USA bekannt und dokumentiert. Aber Resistenzen stellen sich auch vermehrt in Argentinien und Brasilien ein. Dies führt dazu, dass Landwirte mittlerweile wieder auf gentechnikfreie Sorten umstellen und über entsprechende Bodenbearbeitung entgegen wirken.

Bauer Willi: Auf der Homepage des WWF tauchen immer wieder die Begriffe „Pestizide“ (es sind Pflanzenschutzmittel), „verseuchtes Grundwasser“ (eine Seuche ist laut Wikipedia eine ansteckende Infektionskrankheit) und „Monokulturen“ auf (ich baue 4 Kulturen in einer Fruchtfolge an). Ich und meine Berufskollegen fühlen uns durch diese Schlagworte angegriffen. Ich habe Landwirtschaft studiert, kenne mich also mit Landwirtschaft aus. Ich habe viele Gesetze, Regelungen und Vorschriften einzuhalten, werde vom Staat überwacht und kontrolliert. Doch auch darüber hinaus unternehme ich vieles, um die Artenvielfalt nicht nur zu erhalten sondern auch zu fördern. Was mache ich falsch? Wenn ich nichts falsch mache, warum berichten Sie nicht darüber?

Fleckenstein: Wir berichten über viele gute Beispiele in der Landwirtschaft. Jedes Jahr vergibt der WWF z.B. den Ostseepreis. In diesem Rahmen werden Bäuerinnen und Bauern in allen Ostseeanrainerstaaten ausgezeichnet, die sich aktiv für eine umweltverträgliche Bewirtschaftung einsetzten. www.wwf.de/ostseepreis . Uns geht es mehr darum, gute Projekte zu initiieren und umzusetzen, denn über die Landwirtschaft zu klagen.

Bauer Willi: Viele der von mir erzeugten Lebensmittel landen anschließend in der Mülltonne. Ich habe diese mit erheblichem Aufwand und Kosten produziert. Der Handel hat seine Verluste in meinen Erzeuger-Preis schon mit eingebaut. Wie stehen Sie dazu?

Fleckenstein: Im Schnitt werfen wir in Deutschland jede Sekunde 313 Kilogramm genießbare Nahrungsmittel weg. Auf das Jahr hochgerechnet ist es derzeit so, als würden wir Mecklenburg-Vorpommern und das Saarland in einen riesigen Acker umwandeln und die eingefahrene Ernte einfach wegwerfen. Zusätzlich befeuert dieser riesige Essensberg unnötigerweise den Klimawandel. Daher befasst sich der WWF intensiv mit dieser Thematik. Im Juni hat der WWF die Studie „das große Wegschmeißen“ veröffentlicht: http://www.wwf.de/themen-projekte/landwirtschaft/ernaehrung-konsum/das-grosse-wegschmeissen/ , hier werden die Auswirkungen und Umweltwirkungen der Lebensmittelverschwendung in Deutschland aufgezeigt. Verbindliches Ziel müsse es werden, die Verschwendung in den kommenden Jahren um die Hälfte zu verringern. Das kann nur gelingen, wenn das zuständige Landwirtschaftsministerium nicht mehr nur die Verbraucher sondern alle Akteure im Lebensmittelsektor berät, wenn es darum geht, Lebensmittelverschwendung einzudämmen. Der WWF hat daher die Online-Petition „Lebensmittelverschwendung stoppen“ unter http://www.wwf.de/lebensmittelverschwendung/ gestartet.

Bauer Willi:  Frau Fleckenstein, vielen Dank für das Interview. Sie hatten ja jetzt Gelegenheit, die Vorstellungen des WWF ausführlich darzustellen und mit zahlreichen Links auf die Arbeit des WWF aufmerksam zu machen. Ihre Antworten zeigen mir persönlich, dass wir im Dialog bleiben müssen. Doch jetzt bin ich gespannt auf die Kommentare der Leser.

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15 Kommentare

  1. Schweinebauer Piet sagt

    Tropischer Regenwald steht, wie der Name schon sagt, in den Tropen, also in der Äquatorzone. Die Sojabohne ist eine Frucht, die in subtropischen und anderen semiariden Gebieten gedeiht. In den Tropen ist es ihr viel zu nass. Demzufolge ist die häufig zu hörende Behauptung, dass der Regenwald der Sojabohne geopfert wird, unsinnig.
    Gegen die Gentechnik gibt es viele emotionale Vorbehalte aber es gibt keine naturwissenschaftlich fundierten dagegen. Auch die Behauptung, es sei nicht zu verantworten, Gensequenzen über Artgrenzen hinweg zu transferieren, ist nicht zu halten. Es sind inzwischen unzählige Beispiele dafür bekannt, dass in der Natur Gensequenzen Artgrenzen übersprungen haben. Es kommt also in der Natur vor, demzufolge sollte es auch in der Züchtung zulässig sein.
    In der klassischen Züchtung werden durch radioaktive Bestrahlung von Samen Mutationen in der Hoffnung provoziert, dass dabei eine erwünschte Eigenschaft herauskommt. Im vergleich dazu, ist die Gentechnik zielgerichtet und damit vorzuziehen.

    • Biobauer Andreas sagt

      zur Info : es gibt nicht nur tropischen, sondern auch subtropischen Regenwald, oder sollte ich schreiben “gab”? Bis er den Sojaäckern geopfert wurde, damit deutsche Bauern den Chinesen Milch und Schweinefleisch liefern können.

      • Schweinebauer Piet sagt

        Moin Andreas, dann mach doch mal bitte eine Berechnung, wie wir uns auf der Erde ernähren sollen. Mio. Angaben reichen. Also wo was angebaut werden müsste und was wir essen sollen. Das interessiert bestimmt viele. Am Besten immer mit einer Spalte für den geretteten Regenwald, wenn dann noch das eingesparte CO² aufgeführt ist, rettest Du die Erde.

      • Gülle-Doktor sagt

        https://de.wikipedia.org/wiki/Regenwald

        Hallo,

        unter obenstehendem Link können Sie Ihr Halbwissen über den Regenwald vervollständigen.

        Daraus geht hervor, dass das Klima, in dem in Brasilien der Regenwald gedeiht, Sojabohnen nicht zuträglich ist. Die Behauptung, dass Regenwald der Sojabohne geopfert wird, ist rein ideologischen Ursprungs. Einzig Savannen-Standorte sind für den Anbau von Sojabohnen geeignet.

        Aber Rodung von Regenwald hört sich dramatischer an als Rodung von Savannen.

  2. Alex sagt

    Über das “der Artenvielfalt Vorrang geben” bin ich auch gestolpert. Nicht falsch verstehen, gerne mehrjährige Fruchtfolge und mal nen Blühstreifen – bin ich absolut für zu haben. Aber “Artenvielfalt Vorrang” finde ich ein bisschen…doll. Wo soll das hinführen? Dazu will ich mich jetzt hier gar nicht auslassen…

    Ansonsten wirklich viele Allgemeinplätze, austauschbare Antworten mit vielleicht einem wahren Kern aber viel heißer Luft dazwischen. Und dafür, dass so viele Lebensmittel weggeworfen werden, können die Bauern ja nix. Ich behaupte das sind eher diejenigen, die in der Hinsicht sensibilisiert sind. Einfach weil sie wissen, wie viel Mühe die Herstellung macht. Was sollen sie da beraten werden? Die wenigsten geben ihre Ware irgendwohin ab, wo sie noch irgendein Mitspracherecht haben. Sie können nur Qualität liefern. Und die wenigen mit Hofladen können noch ein freundliches “Aber alles schön aufessen, gell?” mitgeben…

  3. Weserwirt sagt

    Gute Idee, Bauer Willi, mit dem WWF zu sprechen.

    Aber Dialog auf Augenhöhe?

    Die Artenvielfalt hat Vorrang vor der Nutzpflanzenproduktion?
    Ackerbohnen werden schön geredet.
    Kein Antwort auf Diktionen wie verseuchtes Grundwasser.
    Keine Anerkennung der fachlichen Arbeit der Landwirte.
    Dann Allgemeinplätze zur Nahrungsmittelverschwendung.
    Werden so die WWF-Anhänger erschüttert und zur Wahrnehmung der Landwirtschaft bewegt?

    Da ist noch Luft nach oben.

    • Bauer Willi sagt

      Hallo Weserwirt,
      immer mit der Ruhe. Zu Leguminosen komme ich noch. Und ich wollte die Antworten nicht selbst kommentieren, das will ich den Lesern überlassen. Übrigens sind viele Antworten durch “rechte Maustaste, kopieren, einfügen” der Homepage entstanden. Keine tolle gedankliche Meisterleistung und auch keine wirkliche Auseinandersetzung mit meinen Fragen. Da ist wirklich noch Luft nach oben, aber für den WWF!
      Bauer Willi

      • Biobauer Andreas sagt

        vielleicht hättest Du besser den BUND gefragt, oder redest Du mit denen schon gar nicht?

        • Bauer Willi sagt

          Hallo Andreas
          verstehe die Frage nicht. Warum wäre der BUND besser gewesen? Die Frau Fleckenstein habe ich halt neulich persönlich kennengelernt und da hab ich sie einfach gefragt, ob sie mit mir das Interview machen will. Mehr steckt da nicht dahinter. Wenn Du einen kompetenten Ansprechpartner beim BUND hast: lass es mich wissen. Ich bin zu allen Schandtaten bereit 🙂 Der Rheinländer sagt: ich bin vor nix fies 🙂
          Bauer Willi

    • Sandra Schobel sagt

      mich hätte ja mal interessiert, wie sie gegen E 10 und Rapsextraktionsschrot argumentiert hätte…

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